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Passo Stelvio [ 07.08.2010 ] // - tutt' apost' -Kamera: Canon 5a Mark I
Objektive: Carl Zeiss 50mm f/1.14
Carl Zeiss Tessar 300m f/4.0
Film: Kodak Retrochrome 40 ASA und Kodak Retrochrome 1200 ASA Die Nacht regnet. München regnet um Mitternacht. Salzburg regnet um 2.00 Uhr in der Früh. Der Nachtzug ist überfüllt, das Schaffnerabteil ist heute für mich. Innsbruck regnet um 4.30. Sommerschi? Selten war ich so spontan unterwegs. Als ich mich mit starli verabrede, sind es noch ca.45 Minuten bis zur Abfahrt des letztmöglichen Zuges. Packen, Taxi, Fahrschein, im Zug. Und doch einiges vergessen. Wo habe ich nur meine Handschuhe nach der letzten Tour gelassen? Im August war ich nicht mehr wirklich sicher. Heute das erste mal in meinem Leben Sommerschi. Also wirklich im Sommer. Alle male davor waren stets kurz vor dem 21. Juni oder kurz nach dem 22. /23. September. Regen in der Dämmerung, SMS, vor Burger King naht ein legendäres Gefährt, das mehr Straßen sah, als man sich denken mag, Forcella Entova wie das rumänische Hinterland.
Kennenlernen, etwas plaudern, Starli selbst schein auch noch müde. Ich habe Schwierigkeiten, wach zu bleiben. Landeck im morgendlichen Nieselregen nehme ich schemenhaft wahr, dann viele Kehre, die Südrampe des Reschens. Eine Straßensperre: der Passo Stelvio ist gesperrt!
Was?! Verdammt, das hatte ich schon mal... Starli bleibt ruhig. "Fahren wir den Umbrail.". Ach ja, richtig... wieder Kehren, langsam werde ich wach und bleibe es. Der untere steile Teil der Straße. Der Umbrail ist faszinierend. Schnell schraubt sich die Straße in die Höhe, und ist leerer und ruhiger als jene am Stelvio. Das lange Stück in dem Hochtal, bis heute ungeteert, weitere Kehren, dann ist es bald schon gar nicht mehr sommerlich auf den windigen Höhen um 2600, als Starli hält: vis-à-vis thront der legendäre Passo Stelvio!
Passo Stelvio und Trincerone. Weniger Meter passieren wir die geisterhaft verlassene Schweizer Grenzstation, dann folgen die letzten Kehre zum Passo Stelvio. Eine faznierende Hotelsiedlung, ganz dem Sommerschilauf verschrieben, der höchstgelegene Schiort Europas (Val Thorens ist allenfalls Nr. 2). Das einzige professionelle Schigebiet der Alpen, das noch heute ausschließlich im Sommer geöffnet ist. Wie faszinierete es mich einst im skiatlas zu lesen, dass die Schigebiete am Kaunertaler Gletscher und am Mölltaler Gletscher überhaupt erst im Sommer öffneten... heute schafft der Kaunertaler Gletscher selten auch nur den Sommeranfang im Schibetrieb zu erreichen...
Die Pendelbahn Passo Stelvio - Trincerone überwindet die 3000 Meter Marke, befördert zum Gletscherand, klassischer könnte es kaum sein. Die faszinierende Hölz-Bahn aus dem Jahr 1975 mit ihren eleganten Betonstützen ist Teil des grandiosen Ambientes an diesem Sommermorgen hier oben. Elegant und zügig gleitet die Bahn in Höhe, ein kurzes Umsteigen, dann schwebt die Kabine der zweiten Sektion Trincerone - Livrio, einer neuen Anlage aus dem Jahr 2000, über das Gletschereis.
All dies hier oben sind faszinierende Orte. Die Trincerone mit ihren futuristischen Hotels am Gletscherrand, dem Thoeni 3000, der gespenstisch verlassenen Pirovano, jener selbst betitelten ehemaligen "università dello sci estivo". Und ganz oben der Livrio, die Raumstation von Hotel auf 3200m, eines der höchsten Hotels der Alpen, vielleicht das futuristischste, ohne Zweifel eines der stylishsten, ein Ort wie kein Zweiter. Jenseits grüßen im frischen Neuschnee die endlos weiten Gletscherfirne unterhalb der Punta Spiriti, der Geisterspitze, dem Zentrum des letzten Sommerschigebietes der Alpen.
Noch ist der Schnee hart, wir fahren uns auf der recht leichten, aber schönen Piste am Sciovia Payer ein, hinab zur Talstation des Sciovia Cristallo. Beide sah ich noch nie in Betrieb, weder 2004 noch 2006. Dies Eiswelt hier oben fasziniert mich. Die Lifte mit ihren im Eis verankerten Stationen, die arktische anmutenden Container der spärlichen Infrastruktur, das entrückte Ambiente des Sommerschilaufs ist hier noch völlig präsent.
Arktische Station des Sciovia Cristallo.
Blick zurück auf den Sciovia Payer von der Bergstation des Sciovia Cristallo.Starli fragt mich, ob wir an der Bergstation des Cristallo ein Stück auf den Grat aufsteigen sollen. Ich bejahe, so etwas ist meistens interessant. Schon nach wenigen Schritten verstehe ich, dass "interessant" es nicht wirklich trifft. Das Panorama hier oben ist genial!! Völlig unerwartet fällt alles in die Tiefe, jenseits Cevedale, Adamello und Bernina...
Direkt vis-à-vis: die Cima Bianca in Bormio. Selten wird ihr Name so deutlich wie heute...
Das Tal zum Passo Gavia mit dem Schigebiet von S. Caterina. Am Horizont dahinter die Adamello-Gruppe und der Gletscher am Passo Tonale (in der Senke links).
Presenagletscher mit dem Sommerschilift, der aber bereits den Betrieb eingestellt hat (Passo Tonale).
Cevedale! Auf dem Gletscher links stand einst der Sommerschilift des Rifugio Casati. Dessen Stützen versinken heute im Eis, sind aber von hier aus nicht auszumachen.
Adamellomassiv mit seinen gigantischen Gletschern.
Bormios Schigebiet an der Cima Bianca. Faszinierend der Übergang der Jahreszeiten, deutlich die gigantischen Pistenremodellationen, die die Bergflanke in der jüngeren Geschichte dieses Schigebietes verunstalten. Im Hintergrund vermutlich die Spuren des gigantischen Felssturzes, der hier vor gut 20 Jahren das halbe Tal verschüttete.
Die schöne alte Agudio-Seilbahn, die die Cima Bianca erschließt und Bormio einst den Aufschwung brachte, läuft auch heute.
Berninagruppe.
::: Fortsetzung folgt.