Teil 2: SappadaPistenpläne:
http://sdp.skiinfo.com/images/dppic/f49627.jpg oder
http://www.skiinfo.it/skimaps/detail_bi ... EITSAPPADASeiten des Ortes:
http://www.sappadadolomiti.comhttp://www.sappada-dolomiti.comhttp://www.sappada.infoVon Spittal aus fuhren wir das Drautal entlang nach Westen, um bei Oberdrauburg in Richtung Plöckenpass abzubiegen. Entlang der Straße herrschte tiefster Winter, links und rechts türmten sich hohe Schneemauern, dazu keine Menschenseele weit und breit, die wenig befahrene, nächtlich-einsame Route gehörte uns ganz allein. Nur ab und zu wurde die Szenerie durch einige vom fahlen Licht der Straßenbeleuchtung gespenstisch erleuchtete Siedlungen unterbrochen.
Um so größer war die Überraschung, als wir uns unserem Ziel, dem - wie wir vermuteten - kleinen, verschlafenen Örtchen Sappada näherten: Anstatt eines weltvergessenen Dorfes mit ein paar Albergos und ein paar Liften fanden wir einen hell erleuchteten Touristenort vor, mit Laserprojektion und Nachtski, zudem noch sehr deutschsprachig beeinflusst. An der Straße ein paar wenige Hotels der besseren Kategorie, ansonsten viele Privathäuser, jedes zweite zwar "a vende", doch machte der Ort einen alles andere als heruntergekommenen Eindruck.
Allerdings war in Sappada weit und breit kein dem studentischen Geldbeutel gerechter Gasthof zu entdecken - zumindest nicht entlang der Hauptstraße. Nach mehreren Versuchen fanden wir schließlich einige Kilometer talabwärts in Richtung San Stefano di Cadore ein Quartier, das unsere einfachen Ansprüche mehr als erfüllte und trotzdem nicht zu teuer war.
Geblendet von diesem späten Erfolg entschlossen wir uns zum Essen außer Haus, worauf die selbe Sucherei noch einmal von vorne los ging. Auf beinahe halbem Weg zwischen San Stefano di Cadore und dem Kreuzbergpass hatte dann aber auch diese Episode ein Ende und wir genossen Pasta zu einem Action-Reisser mit Steven Seagal auf italienisch, der im Fernseher in der Ecke lief.
Todmüde erreichten wir schließlich unser Hotel.
Am nächsten Morgen ging es nach einem italienisch-kargen Frühstück mit Cappuccino und genau einem kleinen Brötchen und/oder einem gefüllten Hörnchen pro Nase zunächst ins Zentrum Sappadas zum ESL Monte Ferro, den wir wie erhofft noch in Betrieb vorfinden durften - einer der letzten seiner Art, gebaut von Marchisio. Beste Schneeverhältnisse, eine klassische Waldabfahrt (beschneit!) und ein kultiger ESL, was will man mehr? - Naja, die Sonne hätte sich noch ein wenig mehr zeigen dürfen an diesem Tag, aber man kann nicht alles haben. Wartezeiten waren ebenfalls nicht vorhanden, obwohl der Ort auch bei Tag sehr lebendig und durchaus gut besucht zu sein schien - Skifahren scheint trotz dreier unabhängiger Skigebiete rund um Sappada nicht unbedingt zu den wichtigsten Beschäftigungen der Ortsgäste zu gehören.
Die Talstation des ESL Monte Ferro im Zentrum Sappadas
Einstieg und Spannstation im Tal
Stütze 1
Blick von der Talstation auf die Strecke. Hersteller ist Marchisio.
Umlenkscheibe und Spannwagen, dahinter die Kanister die wohl als Gewichte für die Bremstests während der Revision verwendet werden
Die Strecke führt großteils durch den Wald. Bodenabstand: minimal.
Einer der Masten gegen Ende des unteren Steilstücks im Detail
Weiter oben wachsen bereits Bäume in der Lifttrasse
Wir nähern uns der Bergstation
Ausstiegstelle
Antriebsstation am Berg
Der technikinteressierte Leser merke sich: Marchisio
Die beschneite Abfahrt am ESL wird mit diesem Gerät instandgehalten
Nach zwei Fahrten am ESL wechselten wir zu den Liften am Rifugio 2000 - notgedrungen mit dem Auto, da die auf dem Pistenplan verzeichnete Verbindungsabfahrt samt zugehörigem Skilift nicht mehr zu existieren schien.
Überhaupt vermittelt der Pistenplan wie so oft einen eher groben Eindruck des Gebiets. Wer die Detailverliebtheit anderer Skigebiete als Maßstab anlegt, erlebt einige Überraschungen und sollte keinesfalls Wetten über den Verlauf der Lifte eingehen - oder zumindest sicher sein, daß er den Einsatz problemlos verschmerzen kann. In diesem Fall ging es um einen Espresso, der für die Fehleinschätzung des Ortes der Bergstation der DSB Miravalle bzw. Talstation der Folgeanlage Hochbolt fällig war: Im Pistenplan sind die Trassen der beiden baugleichen Leitner-DSBs, die den Zugang zu einem kesselartigen Hochtal herstellen, in einem sehr deutlichen Winkel zueinander verzeichnet. In Wahrheit verlaufen beide Bahnen in einer Flucht quasi parallel hintereinander weg. Zudem handelt es sich bei der oberen Anlage um eine Tal-Berg-Tal-Sesselbahn mit Ausstieg aus beiden Richtungen bei der Mittelstation - ein Zustand, der im Pistenplan nicht ansatzweise angedeutet ist, da die Zwischenstation schamlos unterschlagen wird. Wer die Übertreibungen der Marketingstrategen manch nordalpiner Skigebietsbetreiber gewöhnt ist, rechnet nicht unbedingt mit derartigem Understatement.
Hat man diese Überraschung verdaut, wartet schon das nächste Kuriosum: Beim Anblick des steilen Doppel-Tellerschlepplifts mit Seilscheibeneinstieg (ebenfalls Leitner), der im Kessel noch als Beschäftigungsanlage errichtet wurde, drängt sich dem staunenden Kenner der Massenskigebiete unweigerlich die Frage auf, ob ein einzelner Bügelschlepplift nicht auch gereicht hätte. Hat es offenbar nicht, zur Freude des Liftfans wiederum, der nach spätestens zweimal fahren das Timing beim Einstieg verinnerlicht hat und sich den um die Umlenkscheibe flitzenden Schleppteller routiniert selbst angelt.
Nun war es an der Zeit, eine Pause einzulegen - aber nicht ohne vorher noch die verhältnismässig lange Talabfahrt auszutesten. Wieder oben angekommen, entschieden wir uns unter der Vielzahl der Möglichkeiten für das Rifugio 2000 und erlebten auch hier Unerwartetes. So hatte die SB-Theke um 11:20 Uhr noch geschlossen, was uns gestressten Entdeckern nach soviel Ungewöhnlichem etwas Zeit zum Entspannen und Betrachten des tiefwinterlichen Gipfelpanoramas rund um Sappada gab. Für einige Zeit versuchte sich sogar die Sonne gegen die Hochbewölkung zur Wehr zu setzen, allerdings ohne durchschlagenden Erfolg.
Nach einigen Minuten öffnete dann die Essensausgabe, allerdings ohne die beworbene Minestrone (dann halt Pommes mit Ketchup oder Würstel mit Kraut auf Plastiktellern für 7 Euro). Dazu etwas MTV vom Plasmabildschirm an der Wand. Dismissed in Italia, fast wie daheim - aber wo waren nur die grölenden deutschen Pauschaltouristen?
Kleiner Sprung zur DSB Miravalle, eine Leitner-Konstruktion
In Fortsetzung der DSB Miravalle stellt die baugleiche Tal-Berg-Tal-DSB Hochbolt den Anschluß und Rückbringer nach Sappada 2000 her
Sappada 2000. Am Grat die Ausstiegsstation der DSB Hochbolt, unten deren Talstation mit Antrieb, von der aus die Abfahrt nach Sappada und zur Talstation der DSB Miravalle startet.
Außerdem befindet sich im Hochtal von Sappada 2000 noch diese Anlage: Ein Leitner-Doppelskilift mit Tellergehängen und Seilscheibeneinstieg!
Am Ausstieg der Skilifte mit Namen Sambl 1/2
Dolomitenlandschaft - der dominierende Gipfel des Monte Siera (2448 m)
Der Leser könnte nun geneigt sein zu glauben, daß Sappada nach unseren Gesichtspunkten ein ziemlicher Reinfall war, doch dem war definitiv nicht so. Die Landschaft dieser östlichsten Dolomitenausläufer weiß durchaus zu begeistern, erst recht bei besten Schneeverhältnissen, dazu ein Marchisio-ESL und wenig bis gar nichts los auf den Pisten - wir wollen das Positive nicht unter den Tisch fallen lassen. Die Tageskarte für alle Lifte um Sappada gibts übrigens für faire 24 Euro.
Nach einigen weiteren Fahrten am Schlepplift mit spannendem Skitausch - übrigens eine hochinteressante Erfahrung, ich kann jedem verwöhnten Carver nur empfehlen, mal für eine oder zwei Abfahrten downzugraden auf herkömmliche Ski, es müssen ja nicht gleich trincerones 205 cm lange Blizzard Vollplast aus den Sechzigern sein, das Modell aus den Achtzigern aus der Garage tut's sicher auch - nach dieser weiteren netten Episode also gingen wir über zum letzten Gebiet des Tages.
Unterhalb der senkrechten Felswand des Monte Siera, der Sappada und Umgebung dominiert, wurde ein drittes Skigebiet erschlossen, bis vor kurzem noch durch einen weiteren Marchisio-ESL, der inzwischen aber einer modernen DSB von Leitner weichen musste, ergänzt von zwei älteren Tellerliften selber Marke, von denen einer auf steiler, exponierter Trasse bis beinahe direkt an die Felsen reichte. Wohl dem entsprechend war er zu unserem Bedauern auch vor einiger Zeit stillgelegt worden. Doch auch oder gerade wegen dieses Sachverhalts kam gerrit auf die Idee, zur Bergstation aufzusteigen. Viel verpassen würden wir dadurch nicht, das war schnell klar, denn außer dem zweiten Tellerlift mit dem Charakter eines Idiotenhügels und der etwas anspruchsvolleren aber nicht mehr als mittelschweren Talabfahrt gab es dort nichts weiteres zu sehen.
Der erste Versuch des Aufstiegs zu Fuß scheiterte nach wenigen Metern im Tiefschnee, doch wozu hatten wir schließlich Tourenski im Auto? Eine schnelle Talabfahrt und kurze Zeit später legten wir an selber Stelle die Felle an. Der Aufstieg - für mich völlig neu, für trincerone zumindest ungewohnt - gestaltete sich weniger anstrengend als gedacht, was vielleicht aber auch daran lag daß gerrit freundlicherweise die Spurarbeit übernahm.
Nach einer knappen halben Stunde hatten wir unser Ziel erreicht. Für kurze Zeit genossen wir das Panorama und schossen einige Fotos, bei leider inzwischen etwas tiefer hängenden Wolken und bereits merklichem Dämmerlicht. Anschließend folgte eine Genußabfahrt durch knietiefen Pulverschnee, die meinerseits nur durch die nicht mehr ganz fabrikneuen Tourenski getrübt wurde. Trotzdem an dieser Stelle noch ein fettes Dankeschön an gerrit, der diese und die noch folgende Aufstiegsaktion durch das Organisieren der entsprechenden Ausrüstung überhaupt erst ermöglichte.
Nach dieser Aktion fuhren wir durch das inzwischen verlassene Skigebiet ins Tal ab und mit dem Auto zurück zu unserem Hotel.
Erster neugieriger Blick auf unser späteres Aufstiegsziel
Daneben aber in etwas anderer Richtung verlaufend befindet sich ein ähnliches Exemplar noch in Betrieb: Sciovia Creta Forata (Leitner)
Die recht exponierte Trasse des stillgelegten SL macht uns neugierig
Die Bergstation hat man, wohl zum Schutz vor drohenden Naturgewalten aus der nahen Felswand, hinter einem großen Felsblock untergebracht
Der steile obere Streckenteil im Zoom
trincerone (links) und gerrit beim Aufziehen der Felle
So schnell kann's gehen: gerrit ist schon fast oben.
Letzte Stütze vor der Umlenkscheibe. Der Ausstieg erfolgte vermutlich etwas weiter unten.
Der Zugang zu den beiden Skiliften wurde einstmals durch einen Einersessellift (ebenfalls Marchisio) hergestellt, deren letzter Zeuge in Form von Stütze 12 bei der Talstation seinem Schicksal harrt
Auch zur Pistenpräparierung hat man ein schon etwas angegrautes Relikt im Einsatz, das jedoch durch einige neuere Modelle unterstützt wird
Am Abend kamen wir durch einen Insider-Tipp von gerrit in den Genuß köstlichster Spezialitäten aus lokalem Anbau, in Kombination mit einem guten Tropfen Wein ein beeindruckendes kulinarisches Erlebnis (insbesondere für Uni-Mensa-Geschädigte wie mich), das Pizza und Spaghetti schnell vergessen ließ und trotzdem preislich absolut im Rahmen war. Ein gelungener Ausklang eines nicht perfekten, aber sehr abwechslungsreichen und interessanten Tages.
Fortsetzung folgt...