Stangenschlepplifte im SchwarzwaldPoma, Montaz-Mautino, Montagner, Giovanola hießen ihre Hersteller. Wer heute in den Schwarzwald zum Skifahren nach Muggenbrunn oder nach Ibach fährt, der kann sie noch finden: Stangenschlepplifte. Was bei den französischen Nachbarn in den Vogesen nach wie vor eine alltägliche, selbstverständliche Aufstiegshilfe für Skifahrer ist, ist im Schwarzwald zur Rarität geworden. Ganze zwei Exemplare dieses Anlagentyps französischer Bauart findet man im Schwarzwald noch. In beiden der eingangs genannten Orte steht einer davon. Vor dreißig bis vierzig Jahren sah das anders aus. Damals gab es mindestens elf Stangenschlepplifte im Schwarzwald. Ob sich einige Schwarzwälder Gemeinden in den 1960er Jahren wegen der guten Kontakte zu den französischen Besatzungstruppen oder einfach bloß wegen der Robustheit und des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses für diesen Anlagentyp entschieden, als sie der damaligen Mode folgten und ihre Skihänge erschlossen, wird heute niemand mehr herausfinden. Fakt ist, dass sich damals mit Stangenschleppliften für relativ wenig Geld jeder beliebigen Geländetyp mit simpel zu wartenden und relativ kapazitätsstarken Beförderungsanlagen erschließen ließ. Genauso unbestreitbar ist aber auch, dass Stangenschlepplifte wohl immer eine der unkomfortabelsten Beförderungsanlagen für Wintersportler gewesen sind, katapultieren sie ihre Benutzer doch nicht selten aus dem Stand auf eine Fahrgeschwindigkeit von 3,5 oder gar 4,0 Metern pro Sekunde und verfügen mangels Federung über ein relativ ruppiges Fahrverhalten.
Folgende Stangenschlepplifte im Schwarzwald sind nachgewiesen. Mir ist für keine der Anlagen das genaue Baujahr oder Stilllegungsjahr bekannt.
1. Ibach, gebaut um 1960, existiert und läuft noch.
2. Muggenbrunn Köpflelift, gebaut um 1960, existiert und läuft noch.
3. Altglashütten Schwarzenbachlift, Nachweis 1958, ersetzt durch DM-Schlepplift auf verlängerter Trasse.
4. Bernau-Innerlehen Köpflelift, Nachweis um 1965, ersetzt durch DM- oder Heuss-Schlepplift.
5. Furtwangen-Brend, Nachweis 1978, ersatzlos abgebrochen.
6. Grafenhausen-Rothaus, Nachweis 1976, ersetzt durch DM- oder Heuss-Schlepplift.
7. Hinterzarten Kesslerhang, Nachweis um 1960, ersatzlos abgebrochen.
8. Schönwald, Nachweis um 1960, unklar, ob ersetzt oder ersatzlos abgebrochen.
9. St. Peter, Nachweis um 1970, ersatzlos abgebrochen.
10. Todtmoos-Strick Kirchberglift, Nachweis um 1965, ersetzt durch Heuss-Schlepplift.
11. Wieden Neuhoflift, Nachweis um 1965, ersetzt durch Heuss-Schlepplift.
Karte dazu, © Google Maps (Klick für große Auflösung).
Ich will nicht ausschließen, dass es im Mittleren oder im Südschwarzwald in den 1960er Jahren noch ein paar mehr kurze Skihänge mit Stangenschleppliften gab. Nachweise hierfür fehlen mir jedoch. Im Nordschwarzwald gab es keine, warum auch immer. Und in den bekannteren Südschwarzwälder Skigebieten wie Feldberg oder Schauinsland auch nicht.
Mit dem Aussterben der Schwarzwälder Stangenschlepplifte hat sich auch die Anzahl dieser Spezies in Deutschland insgesamt erheblich verringert. Die Schwarzwälder Anlagen repräsentieren ganz Westdeutschland; außerhalb dieser Region sind mir keine westdeutschen Stangenschlepplifte bekannt. In Ostdeutschland haben dagegen einige Exemplare des slowakischen Poma-Lizenzunternehmens Tatrapoma überlebt, so z.B. in Waltersdorf oder in Geising im Erzgebirge. Der wohl längste und attraktivste Tatrapoma-Schlepplift und damit Stangenschlepplift Deutschlands, der Hohnekopflift im Harzer Drei Annen-Hohne, wurde 2001 stillgelegt und abgerissen.
Hier nun einige Bildnachweise für die Schwarzwälder Stangenschlepplifte in der oben aufgeführten Reihenfolge, d.h. zuerst die beiden noch bestehenden Anlagen (eigene Fotos), dann die historischen (Ansichtskarten). Hinter allen Vorschaubildern sind große Bilder im Format 1700x1200 verlinkt.
1. Skilift Ibach. Hersteller Montagner.Beim Ibacher Skilift, dessen Name mir nicht bekannt ist, handelt es gesichert um eine Anlage des Herstellers Montagner. Diese französische Firma kopierte das Stangenschlepplift-Konzept der Firma Pomagalski mit Sitz im Raum Grenoble. Wenn meine Vermutung zutrifft, dass alle Montagner-Stangenschlepper mit einem Querträger ganz oben auf der Pylonenstütze ausgerüstet wurden, lässt das den Schluss zu, dass auch die Stangenschlepper von Bernau, Grafenhausen, St. Peter und Wieden von Montagner geliefert wurden.
Die Ibacher Anlage ist nur ca. 300 m lang (im Internet steht 260m). Frequentierungsbedingt ist der Lift i.d.R. nur am Wochenende und unter der Woche nur am Trainingstag des Ibacher Skiclubs geöffnet. Außer den Skiclubmitgliedern verirrt sich kaum ein Skifahrer hierher. Bericht vom Januar 2010 mit mehr Fotos
hier.
Skilift Ibach 2009. Gesamter Skihang mit Lift.
Skilift Ibach 2009. Die gesamte Talstation wurde leider mit Alufarbe vollgepinselt; das klassische Stangenschlepper-Grün ist weg.
Skilift Ibach 2009. Bergstation.
2. Skilift Köpfle in Muggenbrunn. Hersteller Poma.Die Anlage sollte zum Zeitpunkt ihrer Errichtung (geschätzt um 1965) vermutlich den Muggenbrunner Campingplatz mit dem Vorgänger des heutigen Franzosenberglifts verbinden. Winkel- und sogar Wasenlift (ich meine den ersten Wasenlift noch mit Portalstützen) dürften bauartbedingt jünger sein als der Köpflelift. Warum ausgerechnet der Köpflelift als einer der beiden verbliebenen Schwarzwälder Stangenschlepper überlebt hat, ist offen.
Skilift Köpfle Muggenbrunn 2009. Talstation und nachgerüstetes Drehkreuz.
Skilift Köpfle Muggenbrunn 2009. Strecke.
Skilift Köpfle Muggenbrunn 2009. "Fliegende" Umlenkscheibe der Bergstation.
3. Skilift Schwarzenbach in Altglashütten. Hersteller wahrscheinlich Poma.Die Anlage erschloss ungefähr die Hälfte des heutigen Schwarzenbachhangs in Altglashütten. Sie wurde um 1975 durch einen mindestens doppelt so langen Doppelmayr-Bügelschlepplift ersetzt. Dazu wurden Lifttrasse und Piste nach oben in den Wald verlängert.
Schwarzenbachlift Altglashütten 1958. © Verlag Foto Faller, Altglashütten.
Schwarzenbachlift Altglashütten 1966. © Verlag Metz, Tübingen.
Schwarzenbachlift Altglashütten 1973. © Verlag H. Plamper, Titisee-Neustadt.
4. Skilift Köpfle in Bernau. Hersteller vermutlich Montagner.Der Stangenschlepplift Köpfle war vermutlich der erste Bernauer Skilift. Seine Talstation wurde vermutlich in den frühern 1960er Jahren neben dem damals funkelnagelneuen, todschicken Bernauer Kurhaus im Ortsteil Innerlehen errichtet. Einen Skilift am Campingplatz, der heute der Ausgangspunkt fürs Skifahren am Bernauer Spitzenberg ist, gab es damals noch nicht. Der Stangenschlepplift Köpfle wurde - geschätzt um 1975 - auf gleicher Trasse durch einen T-Stützen-Bügellift ersetzt (weiß nicht, ob DM oder Heuss). Bauartbedigt vermute ich, dass der oberhalb gelegene Portalstützenlift am Köpfle erst nach dem Stangenschlepplift gebaut wurde. Warum dann der Stangenschlepper-Nachfolger heute Köpfle II heißt und der oberhalb gelegene Portalstützenlift Köpfle I, erschließt sich mir nicht. Die Länge des heutigen Skilifts Köpfle II wird mit 430m angegeben.
Köpflelift Bernau 1971. © Verlag Foto Berger, Menzenschwand.
Köpflelift Bernau 1971, Vergrößerung. © Verlag Foto Berger, Menzenschwand.
Köpflelift Bernau ca. 1965. © Cramers Kunstanstalt, Dortmund.
Köpflelift Bernau hinter dem nagelneuen Kurhaus ca. 1965. © Verlag Schäuble, Bernau.
5. Skilift Brendturm in Furtwangen. Hersteller mangels Detailansicht der Anlage nicht identifizierbar.Der 1149m hohe Brend ist einer der besten Aussichtsberge des mittleren Schwarzwalds. Von hier gibt's sogar Alpenblick. Auf den Brend gelangt man über eine Straße von Furtwangen aus. Oben stehen Naturfreundehaus, Berggasthof und Aussichtsturm. Schon fast vergessen ist, dass es auf dem Brend auch einen kurzen Skihang gab. Dieser wurde von einem Stangenschlepplift bedient. Er muss bereits um 1985 demontiert worden sein. Öffentlich oder antiquarisch verfügbare Fotos vom Lift gibt es quasi keine. Bis heute erfreut sich das Hochplateau des Brend großer Beliebtheit als Langlaufgebiet.
Mehrbildkarte vom Winter am Brend 1978. © Verlag Kehrer, Freiburg.
Skilift Brend 1978 (Vergrößerung von der Mehrbildkarte). © Verlag Kehrer, Freiburg. Wer kann den Hersteller anhand der Schleppstange identifizieren?
6. Skilift Rothaus in Grafenhausen. Hersteller vermutlich Montagner.Rothaus dürfte den meisten Badenern eher durch die dort ansässige staatliche Brauerei bekannt sein. Den Skihang des Ortes kennen außer den Einheimischen wohl nicht viele Skifahrer. Er befindet sich im Ortsteil Brünlisbach nicht all zu weit vom Kurhaus Rothaus entfernt, das im Bildhintergrund im Wald zu sehen ist (durchschnitten vom Liftseil). Am Stangenschlepplift wurde schon damals Flutlichtbetrieb angeboten. Der Stangenschlepplift wurde irgendwann durch einen T-Stützen-Bügellift ersetzt (DM oder Heuss), der bis heute betrieben wird. Der heutige Rothauslift überwindet auf 480m Länge 91 Höhenmeter.
Skilift Rothaus Grafenhausen 1976. © Verlag Stork, Grafenhausen.
7. Skilift Kesslerhang in Hinterzarten. Hersteller vermutlich Poma.Der Skilift Kesslerhang war Hinterzartens erster "richtiger" Skilift. Er ersetzte einen Seillift auf gleicher Trasse, welcher nach seiner Demontage noch am Rinken zu neuen Ehren kam. Der Skilift Kesslerhang erschloss auf einer Länge von ca. 200m lediglich einen Buckel am Ortsrand von Hinterzarten. Der Thoma-Lift und das "Skizentrum Thoma" wurden erst später eröffnet und liefen dem Kesslerhang den Rang ab.
Skilift Kesslerhang Hinterzarten ca. 1965. © Verlag Metz, Tübingen.
Skilift Kesslerhang Hinterzarten 1968. © Verlag Die Bunte Stube, Hinterzarten.
Skilift Kesslerhang Hinterzarten ca. 1960. © Verlag Metz, Tübingen.
Skilift Kesslerhang Hinterzarten ca. 1970. © Verlag Bodan H. Bockelmann, Langenargen.
8. Skilift Höfleberg in Schönwald. Hersteller vermutlich Poma.Der Skilift Höfleberg wird Mitte der 1960er Jahre im Schönwalder Winterprospekt zusammen mit dem Dobellift erwähnt, als letzterer noch kein Doppellift war. Einen Skilift Höfleberg gibt es in Schönwald heute nicht mehr. Neben dem Dobellift gibt es heute in Schönwald den Skilift Rössle. Steht der auf dem selben Hang wie der damalige Stangenschlepper Höfleberg? Ich weiß es nicht.
Skilift Höfleberg Schönwald ca. 1965. © Verlag Metz, Tübingen.
Skilift Höfleberg Schönwald ca. 1965. © Verlag Metz, Tübingen.
9. Skilift in St. Peter. Hersteller vermutlich Montagner.Zu diesem Skilift liegen mir keinerlei Informationen vor. Die Anlage wurde - offenbar schon vor längerer Zeit - ersatzlos demontiert.
Skilift St. Peter ca. 1970. © Verlag Alber, Freiburg.
10. Kirchberglift in Todtmoos-Strick. Hersteller vermutlich Poma.Bei diesem Stangenschlepplift dürfte es sich um den Vorgänger des heutigen Todtmooser Kirchberglifts im Ortsteil Strick handeln. Im Gegensatz zu seiner Nachfolgeranlage muss sich der Stangenschlepper-Kichberglift seinerzeit einiger Popularität erfreut haben, was die z.T. bemerkenswerten Warteschlangen auf den historischen Fotos belegen. Die Länge des heutigen Kirchberglifts (Heuss) wird mit 600m angegeben. Auf den Pylonen des Stangenschlepplifts waren Flutlichtstrahler montiert. Auch am heutigen Kirchberglift wird Flutlichtskilauf angeboten.
Kirchberglift Todtmoos-Strick ca. 1965. © Verlag Trötschler, Todtmoos.
Kirchberglift Todtmoos-Strick ca. 1965. © Verlag Neumann, Lörrach.
Kirchberglift Todtmoos-Strick 1970. © Verlag Schöning, Lübeck.
Kirchberglift Todtmoos-Strick 1971, Vergrößerung. © Verlag Schöning, Lübeck.
Kirchberglift Todtmoos-Strick 1975. © Verlag Metz, Tübingen.
Kirchberglift Todtmoos-Strick 1971, Vergrößerung. © Verlag Metz, Tübingen.
11. Skilift Neuhof im Skigebiet Wiedener Eck. Hersteller vermutlich Montagner.Der Skilift Neuhof markiert zusammen mit dem ersten Wiedener Rollspitzlift den Beginn des späteren Skizentrums Wiedener Eck. Wahrscheinlich handelte es sich hier um den längsten ehemaligen Stangenschlepper im Schwarzwald, egal ob er damals nur die rund 700m bis zur Waldkante bedient hat oder wie sein Nachfolger, ein T-Stützen-Bügellift von Heuss auf gleicher Trasse, zusätzlich die ca. 200m Waldtrasse bis zur Bergkuppe. Der erste Rollspitzlift in Wieden war dagegen ein minimalistischer T-Stützen-Tellerlift von PHB. Die drei anderen Wiedener Anlagen (Wiedenerecklift, Eichbühllift, Heidsteinlift) wurden erst später gebaut. Ob es schon damals Probleme zwischen dem bäuerlichen Wieseneigner und dem Pächter für den Winterbetrieb gab, ist nicht überliefert.
Wer Vergleichsfotos des heutigen Neuhoflifts aus gleicher Perspektive betrachtet, stellt fest, dass sich dort in den letzten 40 Jahren bis auf den ersetzten Lift nahezu nichts verändert hat.
Neuhoflift Skigebiet Wiedener Eck ca. 1965. © Verlag Metz, Tübingen.
Neuhoflift Skigebiet Wiedener Eck ca. 1970. © Verlag Metz, Tübingen.