Ein paar (oder ein paar mehr
) Worte zur Theorie des Schifahrens:
Schifahren kann - wie jede Art von Fortbewegung - letztendlich als "energetisches" System gesehen werden. Einerseits muß der Schifahrer Kraft / Energie aufwenden (wofür genau, darüber gleich), andererseits wirken Kräfte / wirkt Energie auf ihn ein.
Im Gegensatz zur Fortbewegung bergauf oder auf der Ebene hat der Schifahrer ja mal von vornherein den Vorteil, über ein gehöriges Maß an kinetischer Energie zu verfügen, da er ja (meist) mit dem Lift wo hinaufgefahren ist und nun zum Abfahren die Schwerkraft zur Verfügung hat. (Bin mir sicher, daß meine Theorie - rein physikalisch gesehen - möglicherweise begrifflich ein bißchen fehlerhaft ist, Korrekturen sind willkommen).
Bei Übertragungen von Schirennnen hört man immer wieder den Satz "Der Fahrer beschleunigt jetzt", was m.E. nicht richtig formuliert ist, Beschleunigen ist m.E. ein aktiver Vorgang und wird durch Energieaufwand des "Beschleunigers" verursacht, d.h. ein Schifahrer beschleunigt nur dann, wenn er Schlittschuhschritte macht oder mit den Stöcken anschiebt, wenn er "nur" die Schwerkraft auf sich wirken läßt, dann wird er einfach nur schneller. (Oder beschleunigt ein Gegenstand, wenn man ihn fallen läßt und er beim runterfallen schneller wird?).
Die nächste Frage, die sich beim Schifahren stellt ist folgende: Gibt es nun irgendwelche Kriterien, die darüber befinden, ob die angewendete Technik nur "besser" oder "schlechter", "richtig" oder "falsch" ist?
Prinzipiell könnte man ja sagen, das gibt es nicht und jeder fährt halt so, wie es ihm Spaß macht. Oder wählt den Stil, der ihm ästhetisch am meisten zusagt. Wäre eine Möglichkeit.
Kann man aber auch physikalisch betrachten.
Wie wir alle wissen, kostet Schifahren ja auch Kraft, obwohl wir die Schwerkraft zur Verfügung haben. Die dafür nötige Energie kann man theoretisch in 2 Bereriche aufteilen: erstens muß der Fahrer dem System Energie zuführen, um die Schi zu steuern, genauer gesagt, um eine Änderung der Richtung herbeizuführen (wobei "Richtung" unschaf definiert ist, die Richtung kann auch eine Kurve, sein, wenn der Schi z.B. seinen Radius fährt) in die die Schi gerade fahren, zweitens muß er Kraft aufwenden als Gegenkraft zu der in der jeweiligen Situation auf ihn wirkenden physikalischen Kräfte (fährt man einen Bogen auf der Kante der Schi, so wirken Fliehkräfte, die mit steigender GEschwindigkeit natürlich ebenfalls ansteigen).
Ein weiterer ASpekt des Schifahrens ist, daß die Fortbewegung ja sicher sein soll, die Schi also jederzeit unter Kontrolle zu halten sind, ebenso (im Rennsport) ist die Zeit ein Kriterium, in der man eine Strecke zurücklegt.
Gut:
Am stabilsten läuft ein Schi, wenn man ihn auf der Kante führt, weil dann keine quer wirkenden Kräfte auf ihn einwirken. Denn wenn der Schi nicht auf der Kante fährt sondern immer wieder ein bißchen seitlich abrutscht (rattert), dann wirkt mal eine Kraft auf dieSchaufel, mal auf das Schiende, was die Kontrolle erschwert und ZUSÄTZLICHEN Kraftaufwand zum Steuern notwendig macht. Gleichzeitig wird die Fortbewegung LANGSAMER, da ja ein Teil der einwirkenden Schwerkraft (die ja - wie oben beschrieben - den weitaus größten Teil der GEschwindigkeit bewirkt) durch das Seitwärtsrutschen quasi verpufft.
Eine Grenze des Fahrens auf der Kante wird aber doch durch die Schwerkraft gesetzt, da in steilem Gelände und auf harter Piste die Fliekräfte immens stark werden und natürlich eine entsprechende "Gegenkraft" in der Oberschenkelmuskulatur nötig ist.
Der Radius der Forbewegung wird natürlich durch die Bauart des Schis bestimmt, ein "gerader" Schi kann praktisch nicht ständig auf der Kante gefahren werden, da ja sonst keine Bögen möglich wären, ein stark taillierter Schi (Slalomschi) fährt sehr enge Bögen, etc.
Ein aktiver Kraftaufwand ist nun nicht nur als Gegenkraft zur Fliehkraft nötig sondern auch zum Umkanten, d.h. ich muß dem System Energie zuführen, um von einer Kante auf die andere zu kommen und so eine Richtungsänderung hervorzurufen. Rein energetisch betrachtet ist dann natürlich jener Stil am "besten", der hier die geringste Menge an Energie benötigt. Im Verlauf der Geschichte der Schitechnik gab es zahlreiche Methoden, wie man einen Schwung auslöst (Hochentlastung, Tiefentlastung, Springen, Anstemmen.....), die jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf die nötige "Energiezufuhr" und auch auf den Umgang mit der vorhandenen kinetischen Energie haben (beim Anstemmen bremst man jedenfalls und "vernichtet" Energie).
Rein "energiemäßig" ist also Carven auf der Kante (keine kinetische Energie geht verloren) mit geringster Energieaufwendung beim Umkanten (bei der Richtungsänderung) ohne Hoch-Tief-Bewegung der ökonomischeste Stil, der den größten Teil der kinetischen Energie nutzt und die größte Kontrolle über den Schi zuläßt, da der Lauf auf der Kante ja der stabilste ist.
Prinzipiell kann man in jedem Schnee (auch im Bruchharsch) so fahren, je schwieriger die Verhältnisse sind, desto besser muß die Technik sein, da Bedingung für diesen Fahrstil eine absolut MITTIGE Position auf dem Schi ist, d.h. man darf weder mit Vor- noch mit Rücklage unterwegs sein, da das System dann sofort viel anfälliger für Störungen wird. Fährt man in Rücklage und es gibt nur eine kleine Querbeschleunigung (Abrutschen), so erhält das SChiende mehr Störenergie und man kann die Balance verlieren, ebenso bei zu viel Vorlage. Sieht man z.B: bei Bode Miller. Er fährt meist mit erheblicher Rücklage, was - wenn es gut geht - schnell sein kann, aber (wahrscheinlich) mehr Kraftaufwand bedeutuet und (sicher) ein höheres Sturzrisiko mit sich bringt.
Ähnlich ist es mit der Schwungauslöse: "gerade" Schi benötigen eine andere Form der Schwungauslöse als Carver, die auf der Kante gefahren werden. Bei letzteren reicht im Optimalfall einfach eine Minimalbewegung der Knie und den Rest erledigt die Schwerkraft, aber auch bei Carvern kann (bei mangelnder Technik, Kraft oder einfach in zu schwierigem Gelände) manchmal eine andere Form der Schwungauslöse (Hochentlastung, Springen,...)nötig sein. Jede andere Form der Schwungauslöse ist aber energieintensiver als das einfache Umkanten, was sich - je nach Gelände - natürlich aufsummieren kann. Was Carver oft nicht vertragen ist die Kombination aus Hochentlastung und Rückenlage, da der Schi dann vor oder nach dem Umkanten hinten viel zu viel Energie erhält und man einfach auf die Nase fliegt.
Hier kommt nun auch der Faktor STeifigkeit ins Spiel: "Weiche" Schi sind deshalb im Gelände einfacher zu Fahren, weil sie Fehler verzeihen. Gerät man mit einem weichen Schi in Vor- oder Rücklage, so schluckt das System Schi einen Teil der einwirkenden Querbeschleunigung (wenn man nicht genau auf der Kante fährt) und man kann noch die Balance halten, hat man einen harten Schi, so schluckt das System gar nichts und man muß mit der auf Schiende oder Schaufel einwirkenden Querbeschleunigung selbst fertig werden. D.h. man kann sehr wohl auch mit einem stocksteifen Schi im Gelände fahren, aber dann muß man technisch so gut sein, daß man wirklich immer 100% in Neutralposition fährt, also keine Vor- oder Rücklage hat.
Aus den genannten theoretischen Überlegungen lassen sich dann natürlich die Unterschiede zwischen verschiedenen Schimodellen nachvollziehen, ich hoffe nur, das war jetzt nicht alles zu kompliziert.