Die Attraktivität des Kaunertaler Gletschers hat leider um einiges nachgelassen, seit die DSB weg ist. Im Wesentlichen war es wie folgt, wobei ich vom Winterbetrieb (bzw. Spätherbst) ausgege:
Der Kaunertaler Gletscher ist m.E. der landschaftlich reizvollste - ggf. zusammen mit dem Pitztaler. Die winterliche Gletscherstraße ist allein ein kleines Abenteuer. Durch die Straße landet man mitten im Schigebiet: keine Schlangen an den Zubringern, kein ewiges Gelatsche vom Parkplatz zur Bahn. Es gibt zig kleinere Parkplätze auf verschiedenen Höhe, wo man überall quer einsteigen kann, oft auch offpiste. Insgesamt eine wundervoll dezente Erschließung, die im Gegensatz zu allen anderen Gletschern Tirols in einem harmonischen Einklang zur Landschaft steht und nirgendwo negativ auffällt. Im Gegenteil: man kann sich hier noch guten Gewissens an der Ästhetik der Bahnen erfreuen, da alles in einem gesunden Größenverhältnis zur Umgebung steht. Landschaft tun natürlich der Gepatschstausee und der Gepatschferner (bei der Auffahrt) ein übriges, genau wie der geniale Blick von der Bergstationen nach Süden und Westen.
Die Abfahrten runter an die Ochsenalm KSB I sind ziemlich lang. Insbesondere die schwarze von der Wiesjaggl DSB runter war sportlich fordend, landschaftlich wundervoll abseits gelegen und bot diverse Tiefschneevarianten. Die KSBs wiederum ermöglichen einen schnellen und komfortablen Aufstieg, auch dank Wetterschutz. Als KSB 4 haben sie die optimale Größe.
Das Schigebiet ist insgesamt interessant verwinkelt, v.a. durch die Nörderjochlifte, aber auch die KSB Kette und dem Karleskogel SL. Alle Lifte führen zu sinnvollen Hochpunkten, die ein tolles Panorama ergeben und jeweils die tollen Starthänge - anders als anderswo - nicht aussparen, so dass einen diese für die teilweise gletschertypisch eher flachen Mittelstücke entschädigen.
Insgesamt durch aus spannenden Abfahrt mit ausreichender Steilheit und außerhalb des Gletschers recht interessantem Trassé. Einige nette Tiefschneerouten, insgesamt von der Erschließung her einfach ein cooles Feeling da oben. Sehr nettes, meist junges Klientel, kein Piefke-Saga-Effekt (
- im Gegensatz zu beinahe allen anderen Tiroler Gletschern!). Daneben war v.a. die Wiesjaggl DSB mit ihrer großen Überfahrtshöhe und den horizontal in die Felsen montierten Stützen ein Erlebnis, auch wegen dem genialen Überfahren des Grates und der aufgeständerten Bergstation.
Insgesamt ein faszinierender Ort, Ambiente, Style - passt alles. Die SL haben mich nie gestört, da ich diese als Lifte sogar meist bevorzuge. Was fehlt, ist sowas wie der hintere Brunnenkogel mit seiner Abfahrt. Richtig sportliche Pisten sind leider etwas selten. Durch den Wegfall der Wiesjaggl DSB fehlt ein wesentliches Element, dass insgesamt zu meiner Einschätzung führte. Die Lücke lässt mich den Kaunertaler Gletscher jetzt weniger gut bewerten. Die Landschaft bleibt genial, aber infrastrukturell muss etwas passieren. Zwischenzeitlich war der Gletscher für mich auf Platz II in Tirol gerutscht, weil die ebenfalls genale Landschaft am Pitztaler mit zusätzlich Brunnenkogelpiste (unschlagbar!) und Schweizer Weg mir trotz der Nachteile (Tourihafter, kap.schwache SSB) überwiegend erschienen. Die neue EUB hat nun auch den Pitztaler herunter gestuft, so dass ich mich aktuell nicht entscheiden kann. Dazu kommen die wundervollen Stunden am Hintertuxer letzten Sommer, der aber insgesamt nicht meinem Stil entspricht. Aktuell könnte ich mich nicht wirklich entscheiden. Ist halt alles kein Tignes.
Beim Kaunertaler gehts mit wie beim Stelvio: eigentlich absolut genial, aber aufgrund der ganzen Rückbauten fehlt der letzte Kick.