Seilbahnunglück Monte Mottarone vom 23.05.2021
Am Sonntag 23.05.2021 stürzte Kabine 3 der Luftseilbahn Stresa-Alpino-Monte Mottarone kurz unterhalb der Stütze 3 ca 400m unterhalb der Bergstation ab.
Da ich schon mehrfach mit der Bahn gefahren bin und auch mehrere Videos über die Bahn online gestellt habe, macht mich dieses Unglück betroffen.
Hier einige meiner Videos und Links.
https://www.youtube.com/watch?v=cclmDHWff4Qhttps://www.youtube.com/watch?v=R8x6Sv0qv0ohttps://www.youtube.com/watch?v=ghaNuMRD5Ngviewtopic.php?f=8&t=3742&p=49957https://www.alpinforum.com/forum/viewto ... &p=5092680https://www.alpinforum.com/forum/viewto ... &p=4958514Da meine Videos wohl die einzigen halbwegs qualitativ verwertbaren sind auf youtube wurden sie nun relativ oft geteilt und weiterverwendet. Ich habe aber via youtube Copyright Claim rigoros alles löschen lassen. Vor allem von Median die sonst auch alles per Claim blocken lassen.
Was wissen wir bisher:
Zur Anlage. Sie wurde von Piemonte Funivie gebaut und 1970 eröffnet. Sie besitzt 2 Sektionen wobei sich die beiden Antriebe in der Zwischenstation Alpino befinden. Das Unglück ereignete sich auf der Strecke der zweiten Sektion. Das Fahrzeug war mit 15 Personen beladen, davon 3 Kinder, kein Wagenbegleiter.
Technische Daten der Anlage:
Fassvermögen Kabinen: 47Personen
Baujahr: 1970
Umbauten: 2002 & 2014-2016
Streckenlänge 2998 m
Höhe Talstation 803 m
Höhe Bergstation 1355 m
Höhendifferenz 552 m
Max Fahrgeschwindigkeit 7 m/s
Anzahl der Stützen 3 Stk
Maximale Förderleistung 390 Pers/h
Antriebstation: Tal
Hauptantrieb: Frequenzumrichter
Notantrieb: Dieselhydraulisch
Spannstation Zugseil: Berg
Spannstation Tragseil: Berg
Betriebsmodus: Mit Wagenbegleiter oder Unbegleitet bis 35 Personen
Bergebahn: Ja Umlaufendes Zugseil
Fangbremse: Ja hydraulisch betätigt, gestufte Fangbremse. 2002
Was ist aus den Medien zu entnehmen?
Gemäss Medienberichten, fuhr Kabine von Alpino Richtung Bergstation und befand sich im Bereich der Einfahrtzone mit reduzierter Geschwindigkeit bergwärts zur Einfahrt in die Bergstation. Die Kabine 4 befand sich gleichzeitig wie für eine Pendelbahn üblich bei der Einfahrt in die Mittelstation Alpino. Gemäss Augenzeugenberichten, riss das Zugseil wobei nicht klar ist, ob das Seil selbst gerissen ist oder der Klemmkopf der Befestigung des Zugseiles abgerissen ist.
Das Fahrzeug rollte sofort rückwärts Richtung Tal und beschleunigte. Die Stütze 3 welche sich 123 Höhenmeter und 507m Streckenlänge unterhalb der Bergstation befindet, hebelte die Kabine vom Tragseil und diese Stürzte rund 100m einen Abhang hinunter und blieb an einem Baum hängen. Die Passagiere wurden teilweise aus der Kabine geschleudert und im Umkreis von ca 30m um die Kabine verstreut. Das Gegenseil wurde von der Kabine mitgenommen und bleib auf dem Seilfänger der Stütze 3 hängen.
Gemäss diesen Erkenntnissen gab es zwei Ereignisse, welche zu dieser Katastrophe führten.
Ereignis 1: Zugseilriss/Defekt Klemmkopf
Ereignis 2: Nicht funktionierende Fangbremse
Beide zusammen führten zur Katastrophe. Das Ereignis 1 mit dem Zugseilriss ist an sich schon ein Ding der Unmöglichkeit, da ich aber kein Materialspezialist bin lasse ich das mal Außen vor.
Viel mehr interessiert mich die Disfunktion der Fangbremse.
Das Laufwerk ist mit zwei Fangbremsen ausgestattet. Die Bremszangen der Fangbremse wirken auf das Tragseil und klemmen das Laufwerk bei einem Schlaffseil an das Tragseil. Die Bremszangen werden mit Tellerfedern geschlossen. Die Federpakete sind mit Hydraulikzylindern offen gehalten.
Die Fangbremshydraulik ist geregelt. Es befindet sich am Laufwerk eine hydraulische Pumpe welche über eine Rolle des Laufwerks angetrieben wird und je nach Fahrrichtung eine oder beide Fangbremsen auslöst. Die Auslösung kann einerseits über eine Handauslösung aus der Kabine und andererseits über Schlaffseil der Zugseilbefestigung ausgelöst werden. Die Betätigung wird über zwei Hydraulikventile direkt im Klemmkopf sichergestellt. Die Handauslösung wirkt über einen Seilzug auf die Hydraulik.
Das Laufwerk wurde 2002 durch Poma Italia (Ex. Agudio) geliefert und eingebaut.
Bilder:
Schlaffseilauslösung hydraulisch:
Hydraulikpumpe zum Abstufen der Fangbremse:
Der ganze Aufbau der Fangbremse und deren Hydraulik ist relativ komplex gelöst.
Für den unbegleiteten Betrieb gibt es gemäss zweier technischer Quellen eine Funktion welche es ermöglicht, die Fangbremse von Fern über die FUA wieder zu öffnen, falls diese aus Versehen durch einen Gast betätigt wird.
Weiter gibt es auf dem Fahrzeug eine Möglichkeit, das Fahrzeug als besetzt oder unbesetzt zu klassifizieren.
Die genaue Funktion dieses Schalters ist aktuell nicht klar. Auch nicht, was dieser für eine Auswirkung auf die Fangbremse hat.
Bei einigen Pendelbahnen gibt es, um Personalkosten zu sparen, die Funktion der Einwagenbetriebs. Das heißt, dass nur in einem der Kabinen Personen mitfahren dürfen. Der Kabinenbegleiter ist gleichzeitig auch Maschinist und steuert die Bahn von der Kabine per Fernsteuerung. Da aber kein Maschinist vorhanden ist, welcher die Bahn im Notfall wieder in betrieb setzen kann und so auch nicht die Fangbremse der leeren Kabine wieder öffnen kann, wird teilweise die Fangbremse des leeren Fahrzeuges unterstellt, heisst, sie kann nicht schliessen. Es dürfen in so einem Fall aber keine Personen in dieser Kabine transportiert werden. Wird auch für Dienstfahrten verwendet damit der letzte Bedienstete nicht die Nacht in der Gondel verbringen muss. Normalerweise wird das mechanisch an der Bremse selber unterstellt. Ist es auch möglich, dass das einfach über den Schalter betätigt wird?
Für mich stellt sich die ganz grosse Frage, war die Bremse unterstellt oder nicht? Das ist für mich die elementare Frage?
Wenn eine der Bremsbacken geschlossen hätte auch auch ins Leere gegriffen, so hätte sie bei der Talfahrt zumindest Metall auf Metall gerieben und so Lärm verursacht zusammen mit Funkenflug.
Was durch die Augen und Ohrenzeugen sicher in die Presse getragen worden währe. Es war aber nur von Pfeiffen (Zugseil dass leer durch die Station ins Spannfeld zurückschnalzt)
Jedenfalls hoffe ich, dass die Ursache für diese Katastrophe auf eine Fehlmanipulation zurückzuführen ist und nicht auf einen technischen Grund.