VI. Schisport in der Goldberggruppe vor 1970
Die erste (Spät-)Winterbesteigung eines 3000-ers in den Ostalpen erfolgte 1896 am Hohen Sonnblick durch Wilhelm von Arlt, ein Jahr später wurde auch der Hocharn im Winter bezwungen. Der Schi galt damals jedoch weniger als Sportgerät als einfach als Fortbewegungsmittel im hohen Schnee, erst nach der Jahrhundertwende wurde der "Abfahrtssport" beliebter, sodaß neben den großen Bergen des Alpenhauptkamms auch ihre niedrigeren Kollegen weiter nördlich winterliche Bergsteiger anzogen.
1923 wurden die Österreichischen Schimeisterschaften in Hofgastein ausgetragen, durchgeführt wurde eine Kombination aus Aufstieg und Abfahrtslauf (Tal - Schloßalm - Kleine Scharte - Maurachalm - Aeroplan - Kitzstein - Brandnerbauer) sowie einem Sprunglauf auf der Bilgeri-Schanze.
Im Büchlein "500 Sonntags-Skiabfahrten vom Wienerwald bis Zell am See" (Verlag A. Holzhausens Nachf. Wien, 1933) findet sich folgende Beschreibung einer Tour zum Silberpfennig (2597m), interessant ist übrigens die Routenführung über das Naßfeld:
1936 wurde - wieder im Rahmen der Österreichischen Skimeisterschaften - ein Damenabfahrtslauf veranstaltet und nach Ende des zweiten Weltkriegs wurde intensiv an der Nutzbarmachung des Winters als zweite Saison für das Gasteinertal gearbeitet.
Eine Ansicht der um den Wasserfall gruppierten Großhotels aus der Jahrhundertwende in Badgastein (aus: Hermann Kornacher, "Die schönsten Wintersportplätze", moderne verlags gmbh, München, 1966)
Schon im Dezember 1945 wurde der Sessellift von Badgastein (Schillerhöhe) auf die Reiterbauer-Heimalm im Graukogelgebiet (angeblich erster österreichischer Sessellift) eröffnet. 1946 wurde der Sessellift mit 180m Höhenunterschied zur Bellevue-Alm (1260m) an der Ostflanke des Stubnerkogels errichtet.
Bellevue-Lift, im Hintergrund der Gamskarkogel (aus 24 Skisterne, Bergverlag Rudolf Rother, München, 1965)
1947 wurde der erste Sessellift in Hofgastein zur Aeroplanwiese gebaut, 1949 wurde der Sessellift zur Heimalm bis Höllbrunn (1472m) verlängert (heutige erste Sektion des Graukogellifts), 1950 erfolgte der Bau der zweiten Sektion bis zur Reichebenalpe (1084m) unterhalb des Hüttenkogels.
Pistenorientierung am Graukogel (aus 24 Skisterne,....)
1950 wurde auch die Stubnerkogelbahn als Zweiseilumlaufbahn gebaut, hier ein Bild der ersten Gondeln, die dann Anfang der 70-er Jahre durch die berühmten Plexiglaskabinen ersetzt wurden. Die Eröffnung dieser Bahn hob die Besucherzahl in Badgastein stärker an als seinerzeit die Eröffnung der Tauernbahn.
Stubnerkogelbahn (aus 24 Skisterne,....)
Ab 1951 wurde auch die Schloßalm von Bad Hofgastein aus erschlossen, zunächst mit einer Kette aus Einersesselliften: 1. Sektion Kurgarten (845m) - Kitzstein (1297m), 2. Sektion Kitzstein - Haitzingalm (1757m), noch heute als DSB existent, 3. Sektion Haitzingalm - Schloßalm (1965m);
Schloßalm vor der weiteren Erschließung, von links nach rechts: Türchlwand, Hohe Scharte, Mauskarkopf, Kleine Scharte, Hirschkarspitze; (aus: James Riddell, "The Ski-Runs of Austria", Michael Joseph, LTD, 1958)
Die bisher genannten Anlagen bestanden im Gasteinertal, als 1958 nach zahlreichen anderen alpinen Schirennen während der 50-er Jahre (Österreichische Schimeisterschaften, Britische Armee-Schimeisterschaften, FIS Internationale Wintersportwochen, Lowlanders Ski-Championships (Belgien, Dänemark, England, Holland), mehrere Damenrennen (Silberkrugrennen)) endlich die Alpinen Schiweltmeisterschaften am Graukogel stattfanden (hier gewann der Österreicher Toni Sailer übrigens Goldmedaillen in Abfahrt, Riesentorlauf und Kombination sowie Silber im Slalom).
1957 dürfte auch der ursprüngliche Jungeralm-Sessellift (auf einer anderen Trasse als die heutige KSB) erbaut worden sein.
ESB Jungeralm (aus: Riddell, "The Ski-Runs of Austria",....)
ESB Jungeralm, im Hintergrund mittig Kreuzkogel und rechts Schareck (aus: Hans Schwanda, "Skiglück in den Tauern", Verlag Das Bergland-Buch Salzburg - Stuttgart, 1967)
Das Panorama des hinteren Gasteinertals von 1958 (aus: Riddel, "The Ski-Runs of Austria",...)
Anfang der 60-er Jahre wurden weitere Lifte am Stubnerkogel errichtet, ebenso in Dorfgastein (ESB Brandlalm, SL Wengeralm) und auf der Schloßalm, auch im Rauriser Tal kam es zum Bau der ersten Schleppliftanlagen, 1964 wurde die erste Sektion der Schloßalmsesselbahnen durch eine Standseilbahn ersetzt, sodaß sich 1965 folgende Auflistung ergab (aus: 24 Skisterne,....)
Hier ein Bild der ursprünglichen Standseilbahn Hofgastein-Kitzstein (aus einem Werbeprospekt "Salzburger Land", ca. 1974)
Ein weiteres Bild dieser Bahn, im Hintergrund (v. l. n. r.) Hörndl, Geißkarkopf und Tennkogel (Danke für den Hinweis an Klaus Bader) (aus: Hubert Neuwirth, "Skiparadiese Europas", Süddeutscher Verlag 1974)
1966 war bereits die Pendelbahn zur Kleinen Scharte oberhalb der Schloßalm in Planung, hier ein Panorama aus diesem Jahr (aus: Hermann Kornacher, "Die schönsten Wintersportplätze",...)
Der Hochalmlift auf der Schloßalm Mitte der 60-er Jahre (aus: Schwanda, "Skiglück in den Tauern",....)
Etwa aus dieser Zeit könnte auch die Aufnahme einer der Plexiglas-Kabinen der Stubnerkogelbahn stammen, sie wurden vom Salzburger Architekten Gerhard Garstenauer entworfen, (auf ihn wird in der Folge noch ausführlich eingegangen,) für das Gondeldesign erhielt er 1973 den Österreichischen Staatspeis für gute Form; im Hintergrund ist der Kreuzkogel zu sehen; (aus: DSV-Skiatlas 1982, Mairs Geographischer Verlag)
Das markante Massiv des Kreuzkogels bildet auch den Hintergrund für dieses Bild von der Stubnerkogel-Ostabfahrt, der abgebildete Schlepplift verlief im obersten Teil der Abfahrt südlich der Seilbahn und existiert heute nicht mehr (aus: ÖSV-Skiatlas 85,...)
Nun folgen noch einige Auszüge aus dem Buch "Skiglück in den Tauern" (Hans Schwanda, Verlag Das Bergland-Buch Salzburg - Stuttgart, 1967). Dieser Autor - ein österreichisches Pendant zu Walter Pause - hat in den 60-er Jahren viele Schiberge in Ost- und Westösterreich auf "liebevolle" Art beschrieben und illustriert und seine Bücher sind heute noch eine Fundgrube für für "Retro-Schifahrer" und Tourengeher. "Hauptberuflich" war er Inhaber eines Sportgeschäfts in der Bäckerstraße im ersten Wiener Gemeindebezirk, das heute noch von seinen Erben betrieben wird (
http://www.schwanda.at ). Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei seinem Enkel Bernd Schwanda für die Genehmigung der Verwendung von Texten und Abbildungen im Rahmen dieser Reportage bedanken. Sie geben ein schönes Bild vom Schitourismus dieser Zeit.
Die Erschließungen im Rauriser Tal (Hochalmbahnen unterhalb der Schwarzwand) erfolgten in den 60-er Jahren eher zaghaft und lagen auch außerhalb der eigentlichen Goldberggruppe.
Das Fraganter Tal war in den 60-er Jahren nur von Bauern bewohnt, einen nennenswerten Tourismus gab es nicht, lediglich die Vorarbeiten für die Kraftwerke der Tauern-AG brachten Neuerungen in das Tal.
Schließlich bleibt noch Heiligenblut als einziger Ort am Rande der Goldberggruppe mit größeren Lifterschließungen vor 1970 anzuführen. Während der kleine Ort am Großglockner schon seit Jahrhunderten als Wallfahrtsort und seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts während des Sommers zunehmend auch von Alpinisten besucht wurde, besann man sich in den 50-er Jahren auch auf die Möglichkeit, den Wintertourismus anzukurbeln. Riddell schreibt 1958 von zwei Kleinliften im Ortsbereich, allerdings wurde die Großglocknerstraße auch im Winter bis zur jetzigen Mittelstation Roßbach offengehalten und Kleinbusse ermöglichten aufstiegsloses Schivergnügen. In Planung war zu diesem Zeitpunkt bereits der Tauernberg-Schlepplift von 1700m bis 2080m. In den 60-er Jahren realisiert wurde die erste Ausbaustufe des Gebiets mittels einer Einsesselbahn in 2 Sektionen (Heiligenblut 1300m - Roßbach 1750m - (Heiligenbluter) Schareck 2556m, dem schon oben erwähnten Tauernberglift, dem Einsessellift Fallbichl aus der Wallackmulde (2236m) zum Schareckgipfel sowie 2 kurzen Schleppliften am Viehbichl beim Wallackhaus.
Wieder ein Auszug aus Schwanda, "Skiglück in den Tauern"
Die Bergstation des Schareck-Sessellifts (ÖSV-Skiatlas 85, Fink-Kümmerly+Frey)
Der Fallbichl-Sessellift, der bis 2006 in Betrieb war (Schwanda, "Skiglück in den Tauern",...)
Am Rande (im wahrsten Sinne des Wortes) zu erwähnen sind noch die Erschließungen von Mallnitz, hier wurde bereits in den 50-er Jahren der Einsessellift zur Häusleralm gebaut, in den 60-ern dann die Seilbahn zum Ankogel.
Häusleralm, im Hintergrund der Ankogel
Was war aber mit den "großen" Bergen im teilweise vergletscherten Bereich des Alpenhauptkamms?
Noch fern jeglicher Erschließungsgedanken werden sie nicht nur in speziellen Touren-Führern sondern auch in der "Standard-Skiliteratur" der 50-er und 60-er beschrieben.
Riddell schreibt 1958:
".... This point (Bergstation der Stubnerkogelbahn) is also the starting-place for short tours up to Pockhartscharte, Zitterauer Tisch (2461m), and Silberpfennig (2600m). To run down south-west form these areas into the Winkeltal brings you to Kolm-Saigurn, which ist the starting-point for longer tours up to the Hocharn (3254m), the Sonnblick (3106m) and the Schareck (3122m) - all of which are in the Hohe Tauern Group."
Unter "Touring from Böckstein" werden der (Sportgasteiner) Kreuzkogel, der Übergang nach Mallnitz über die Hagener Hütte sowie der Aufstieg auf die Hohe Geissel beschrieben.
Im Buch "24 Skisterne" des Bergverlags Rother, das übrigens eine Zusammenfassung von Originalbeiträgen in der Zeitschrift "der winter" darstellt, werden im Teilkapitel "Gipfelglück in der Goldberggruppe" nicht erschlossenen Schibergen immerhin 2 Seiten gewidmet, beschrieben sind die niedrigeren nördlichen Gipfel (Fulseck, Türchlwand, Hüttenkogel, Silberpfennig, Kreuzkogel), ebenso die "hohen" Berge Schareck, Sonnblick und Hocharn.
Für die drei letzteren wird jeweils das Naßfeld (Sportgastein) oder Kolm Saigurn als Ausgangspunkt angeführt, also auch das Schareck mit dem nach Süden abfließenden Wurtengletscher wurde praktisch nur von der Nordseite her begangen.
Interessant ist auch, daß am Kreuzkogel meist die Abfahrtsvarianten nach Westen (zum Naßfeld-Talgrund) und nach Norden (Richtung Böckstein) angeführt werden, nie jedoch die Firnhänge nach Süden ins Weißenbachbachtal.
Im Anschluß einige Beschreibungen und Bilder aus Schwanda, Skiglück in den Tauern.
Soweit der Zustand in den 60-er Jahren, vor allem im Gasteinertal bestand ein zu dieser Zeit durchaus modernes System an Aufstiegshilfen im Bereich der nördlichen Vorberge des Alpenhauptkamms, von Südwesten her hatte Heiligenblut begonnen, Liftanlagen zu errichten.
Die vergletscherten Hauptgipfel der Goldberggruppe - Hocharn, Sonnblick und Schareck - waren noch reine Tourenberge. 1964 wude jedoch der Baumeister Ing. Anton Kerschbaumer zum Bürgermeister von Bad Gastein gewählt, der als begeisterter Schifahrer und Tourengeher die Berge der Goldberggruppe ausgezeichnet kannte und von ihrem Potential für die touristische Entwicklung des Ortes überzeugt war.
to be continued