Zunächst mal (vielleicht ist es bakannt) halte ich tendenziell wenig von pauschalen Anweisungen wie bei SPON: "Im Schnee sollte man überbelichten" oder so. Ich bin allerdings auch reiner Amateur, der auch nie in einem Photoclub etc. war. Insofern sind meine Erkenntnisse eher irgendwie erlernt und über die Jahre zusammengelesen. Sicher weder absolut vollständig noch stets allgemeingültig.
Meine Erfahrung ist, dass die verschiedenen Belichtungsmesser sehr unterschiedlich auf Lichtsituationen reagieren. Hinzu kommen die Eigenschaften des Sensors hinsichtlich Dynamikumfang und die Software der Camera, die ja, sofern man nicht in RAW arbeitet, teilweise bereits extrem viel verändert.
Die Grundidee mit der Überbelichtung im Schnee beruht auf der Tatsache, dass Belichtungsmesser in der Regel auf 18% Grau sensibilisert sind. Wenn ich also formatfüllend ein weißes Blatt Papier aufnehme und danach ebenso formatfüllend ein Schwarzes, werden die Bilder zunächst mal ähnlich hell, ca. 18% Grau werden. Daher ist es zumindest bei Diafilm so, dass man diese Erkenntnis möglichst berücksichtigen sollte, wenn man die Belichtung festlegt. Man belichtet also das weiße Blatt heller, damit es heller wird und das Schwarze unter, damit es dunkler wird. Bei meiner Olympus OM4TI muss ich die meisten Winterbilder dennoch nicht oder nur minimal überbelichten. Und zwar ganz einfach weil das Bild zwar aus Schneeflächen in der Sonne, aber zu einem erheblichen Teil auch auch aus Felsen, Schattenpartien, dunkelblauem Himmel etc. besteht. Da kommt das 18% Grau oft trotzdem einigermaßen hin. Wenn ich eine schattenlose, reine Schneefläche aufnehmen möchte, muss ich tendenziell tatsächlich 1-2 Blenden überbelichten, um nicht einen mittelblauen Matsch zu bekommen. Ich gehe da meist gefühlsmäßg je nach Motiv ggf. in Drittelstufen mit de Belichtung ins Plus. Viele meiner hier eingestellten Diascans sind heller belichtet, als der Belichtungsmesser vorschlug, aber dennoch natürlich nicht überbelichtet. Manche sind sogar trotzdem noch zu dunkel und per EBV halbwegs gerettet.
Bezüglich Digitalphotographie und Negativfilm gehen die Meinungen darüber auseinander. manche wollen den vollen Dynamikumfang nutzen und später die Helligkeit anpassen, andere sehen das anders und belichten trotzdem über. Zumindest wird das in vielen Foren so diskutiert. Ich persönlich belichte eigentlich nur bei Diafilm so genau und, ob man es glaubt oder nicht, bei Sonnenuntergängen sogar oft über, da die Dias sonst oft extrem dunkel werden. Aber auch da reagieren die Cameras nach meiner Erfahrung unterschiedlich. Z.B. eine Nikon FE2 tendiert da eher zum (zu) helleren Bild. Einer der wenigen verbiliebenen Vorteile des Films ist hier übrigens, dass der Kontrast in den Lichtern abflacht und es deswegen deutlich seltener zu Tonwertabrissen kommt.
Bei modernen cameras versucht man ja auch mit verschiedensten, teilweise sehr komplexen Belichtungsmessmethoden, mit der Automatic möglichst viele Situationen in den Griff zu bekommen (Gerrit's Matrixmessung z.B.) Ich nutze auch oft die Multispotmessung meiner OM4. Ansonsten kann man entweder die klassiche Lichtmessung machen oder eine Spotmessung auf eine Graukarte. Es gibt viele Wege.
Meine Digitalcamera neigt auch nicht so zum Überbelichten, so dass ich da kaum etwas verändere. Die Camera eines Freundes von mir zeigt aber genau die von Euch beschriebenen Symptome, nicht nur Schneeflächen sondern auch Gegenlichtstimmungen fressen sofort aus und müssen unbedingt wesentlich knapper belichtet werden. Ansonsten kann man die Aufnahme vergessen. Das scheint also extremst cameraabhängig zu sein. Ich verwende jatzt mal absichtlich nicht den Begriff unterbelichtet, da man ja nicht, nur weil man den Vorschlag der Camera nicht befolgt, auch unterbelichtet. Vielmehr belichtet man dann exakt richtig.
Das Bild von SPON ist mE übrigens ein gutes Beispiel dafür, wo ich in der Regel nicht reichlicher belichten würde, da relativ gleichmäßig helle und dunkle Partien im Bild verteilt sind. Das müsste die Automatic tendenziell recht gut hinbekommen.
Die wichtigste Erkenntnis habt Ihr ja auch alle bereits gezogen. Der Belichtungsmesser zeigt einen Wert an, den man oft auch richtig interpretieren muss. Als allgemeingültige Grundregel könnte man höchstens die gute alte Regel "never change a running system" heranziehen. Wenn Ihr mit den Ergebnissen zufrieden seid, die Ihr mit Eurem system erreicht, gibt es mE keinen Grund, aufgrund irgendwelcher für Euch nicht relevanten Pauschalaussagen irgendwelcher Leute oder Berichte, etwas daran zu ändern.
Was sich veileicht nicht immer in den Griff bekommen lässt ist, wenn der Dynamikumfang des Motives größer ist als der des Aufnahmemediums. Dann hat man nur noch die Wahl, entweder die dunkelsten Partien absaufen zu lassen oder die Lichter ausfressen zu lassen. Es sei denn man macht HDRs oder DRIs, aber das ist ein anderes Thema und spätestens dabei müsste ich an Andere übergeben.
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