Es ist ja in vielen Berichten schon durchgeklungen, dass die Trassierung von Liften ein ganz wesentliches Element für die „Ästhetik“ eines Liftes ist. Ich wollte das bewusst mal thematisieren, weil für mich neben tollen Abfahrten auch die Liftfahrten zu einem Ski-Erlebnis dazugehören, im positiven wie negativen Sinne.
Zudem bin ich der Meinung, dass sich über die Jahre hinweg die Erschließungspolitik merklich verändert hat und dies wiederum starken Einfluss auf die Lifttrassierung hatte. Der Grund hierfür ist nicht nur im technischen Fortschritt zu sehen sondern genauso in neuen Zielsetzungen. Ging es früher darum, einen
vor allem im Sommer interessanten Punkt zu erreichen (Gipfel, Scharte, Hütte etc.), so stand häufig schon seit den 70er Jahren die Erschließung von interessanten Skiarealen im Vordergrund.
Intensiviert hat sich dieser „Paradigmenwechsel“ meines Erachtens noch mal durch den zunehmenden Drang, große Skigebietsverbünde zu bilden. Dadurch steht nun die
Verbindungsfunktion im Vordergrund, wodurch sich die Lifttrasse nicht mehr nur an den topographischen Gegebenheiten orientiert, sondern – oft ausschließlich – die Randbedingungen des bestehenden Liftnetzes berücksichtigt.
Nur nebenbei… der Siegeszug dieser unsäglichen Wechsellaststützen ist ein deutliches Indiz dafür. Welche natürliche Geländeform entspricht bitte einer cosinus-hyperbolicus-Kettenlinie? Hier stehen nur noch technische/effiziente Gesichtspunkte im Vordergrund, eine Orientierung an den natürlichen Gegebenheiten findet so gut wie nicht statt.
Eine schöne Lifttrasse schmiegt sich meiner Meinung nach dem Gelände an oder bildet eine ästhetische Ergänzung dazu (wenn das jemand von Montain Wilderness läse…). Das ist aus Effizienzgründen natürlich nicht immer sinnvoll, aber darum geht’s mir hier nicht.
Ich bin gespannt auf Eure Meinungen! Als Teaser ein paar Beispiele, zunächst einmal von jenen Trassen, wo mir das Schaudern kommt.
Ein repräsentatives Exempel wäre z.B. die Verbindungsbahn
Hochgurgl – Obergurgl… wie eine Hochspannungsleitung an den Hang gezimmert! Ich erspar mir jetzt weitere verbale Ergüsse… die Bahn ist zweckdienlich, aber das ist auch schon alles an Positivem!
Knapp dahinter kommt für mich die neue
EUB am Mittelbergferner. Ja um Himmels willen, eine Trasse diagonal über den Gletscher, die hin und wieder mal wie ein Golfball zwischen den Bunkern am Boden aufspringt! So toll die Technik für lange Spannfelder sein mag (Balma forever!
), aber die Gletscherquerung macht den an sich tollen Endspurt in die Scharte beim Schweizer Weg völlig zunichte.
Als Illustration hier ein paar Bilder von Gerrits Bericht über den Notweg:
http://www.alpinforum.com/forum/viewtopic.php?t=19294
Um nicht nur auf Österreich rumzuhacken… auch andere können das! Die neue 4KSB
Padon II ist ein italienisches Beispiel dafür. Folgte die ehemalige Trasse in drei Sektionen (2x Schlepplift, eine DSB) dem Talboden des Arei und schließlich dem Wiesenrücken zum Padonpass, so fasst die neue KSB die ehem. DSB und einen SL aus Komfortgründen zusammen (was endgültig erst der Fall sein wird, wenn auch der erste SL umgebaut wird). Das hat nun zur Folge, dass sich die Trasse im unteren Teil zwischen Straße und Steilwand der Marmolada diagonal im Talboden einklemmt, um dann einen Ausläufer der Steilwand horizontal abzuschneiden und schließlich etwas versetzt zum eigentlichen Wiesnrücken den Padonpass zu erreichen. Ja brrr….!
Hier gibt’s eine schöne Monographie dazu:
http://www.funivie.org/pagine/speciali/ ... /index.htm
… und nun zu den meiner Ansicht nach sehr angenehmen Trassen:
Große Ästhetik zeichnet z.B. die zwei Sektionen vom
Rio Gere zur Forcella Staunies in Cortina aus. Die untere Sektion (Skydancer KSB) verläuft zunächst in einem kleinen Tal, um dann durch eine steile, erodierte Rinne eine Felsrippe zu erklimmen und schließlich am Rande eines leicht geneigten Hochplateaus zu enden. Man mutet den Gästen dann 30 Höhenmeter bis zur zweiten Sektion zu (DSB im Winter, Ovovia im Sommer), die über einen seitlich einlaufenden Kamm in das tief eingeschnittene, steile und sich nach oben verjüngende Kar der Forcella Staunies führt. Die Bahn zieht bis in die Scharte hoch und endet dort mit einer massiven Stützenkombination. Ein starkes Teil!
(Unten ein Bild der Skydancer-Trasse)
Das non-plus-ultra an einer bellezza von Lifttrassen ist für mich jedoch jene des
Rio Nero in Sansicario/Sestriere. Der Tellerlift schmiegt sich in drei Kurven wunderbar dem klothoidenförmigen Hochtal an. Im unteren Teil führt er über kuppiertes Gelände, um dann nach einer Doppelkurve in einem rasanten Aufstieg eine breite Scharte mit herrlicher Aussicht zu erreichen.
Hier zwei Bilder, eines von gegenüber aufgenommen (die Talstation ist am rechten Bildrand), das zweite nahe der Talstation.
So, jetzt mal sehen, was Ihr so daherbringt!