26.1.08: Airolo – Schattenkrieg
Pistenplan
Airolo kennt man meistens von den Staumeldungen am Radio. Das Skigebiet ist eher wenigen bekannt. Mich zog es vor allem dorthin, weil der Süden in letzter Zeit einiges an Schnee abgekommen hat und ich endlich auch einmal auf der Alpensüdseite Snowboarden wollte. 4. Saisontag, zum 4. mal mit Snow&Rail-Kombibillet: 56 Franken für Skipass und mehr als 4 Stunden Zugfahrt, ein Spottpreis – an anderen Orten kostet die Tageskarte alleine deutlich mehr. Also nix wie los. Die Fahrt von Baden über Zürich nach Airolo mit dem Zug dauert bloss 2 Stunden. Die Gotthard-Bergstrecke ist sowieso ein Erlebnis für sich, ausserdem konnte ich während der Fahrt noch ein Referat vorbereiten – demnach keinesfalls verlorene Zeit.
Billett – heute kein teurer Spass
9 Uhr 10, Bahnhof Airolo. Rasch bemerkte ich, dass auch im Nordtessin die italienische Lebensweise Einzug gehalten hatte. Laut HP sollte es einen Pendelbus geben, finden konnte ich ihn jedoch vorerst nicht. Von ein paar Einheimischen erfuhr ich, dass der „pullmalino“ um 9 Uhr 45 käme, man nimmt es eben etwas gemütlicher. Dafür sind alle (mehrheitlich jüngeren) Angestellten ausgesprochen freundlich, sowohl vom Chauffeur als auch an der Kasse wird man herzlich und kollegial begrüsst.
Bahnhof Airolo
Blick auf 1. Sektion
Pistenplan, offen war aber alles
Von der Talstation aus führt eine Luftseilbahn mit 100er-Kabinen nach Pesciüm. Von dort ging ich gleich mit der stützenlosen 2. Sektion hinauf zum Sasso della Boggia. Elegant führen einem diese Luftseilbahnen (Baujahr 1994) in die Höhe, in den Kabinen spürte ich irgendwie das italienische Feeling unter den Leuten.
Blick auf Strecke Comascne
Pesciüm und darunter Verkehrsknoten Airolo
Gotthard – der Pass der Pässe
Als erstes fuhr ich auf der schwarzen 7 hinunter. Oben gab es zwar einige apere Stellen, die vermutlich vom ständig wehenden Wind verursacht wurden. Sonst aber eine tolle Piste mit 2 ideal zu fahrenden Steilhängen. Unten beginnt der Schlepper nach Comascne – die längste Anlage im Gebiet. Die Trasse verläuft mehr oder weniger einer Krete entlang, dies mit 2 Kurven. Die Stimmung hier ist recht melancholisch, denn links dominieren schroffe Felswände und die Sonne scheint kaum hierhin. Die Piste scheint völlig naturbelassen, dank der Vielzahl der Kuppen kann man sich bei jeder Fahrt eine neue Route suchen.
links Skilift Comascne, rechts Skilift Pesciüm
Mittelstation Pesciüm, ohne Dach
Obere Sektion der Luftseilbahn
stützenlos!
Sasso della Boggia - stylisch
Stimmungsfoto
Nach einer Fahrt am kleinen Pesciüm-Lift wechselte ich über die 2. PB-Sektion in die andere Geländekammer des Skigebiets, die 1994 im Rahmen der Totalerneuerung neu erschlossen wurde. Hier erreichte endlich auch die Sonne die Pisten. Die Hauptanlage auf dieser Seite ist die VonRoll-Bahn von Ravina nach Varozzei, mit 255 m.ü.M. der höchste Punkt im Skigebiet. Sie bedient insgesamt 3 schwarze Varianten. Das tönt aber nach mehr als es ist. Hier wurde einfach überall, wo es ging, ein Pistenstück angelegt, die Zwischenverbindungen sind mit bedrohlich engen Ziehwegen hergestellt. Alles etwas Stückwerk. Dazu gibt es den Skilift Ravina-Casinello, der auch als Rückbringer nach Pesciüm dient und zwei rote Pisten bedient. Problematisch ist der letzte Hang vor Ravina. Obwohl hier alle Pisten vereinigt werden, scheint er schon länger nicht mehr präpariert worden sein. Auf gut Deutsch ein einziger „Hördöpfelblätz“. Die Skigebietskonzeption ist insofern gelungen, als dass alle Lifte sehr gleichmässig ausgelastet werden, da jeder Lift seine eigene „Funktion“ hat. So gibt es nur geringe Wartezeiten.
Verbindungspiste nach Ravina
Talstation der 4KSB
unterer Abschnitt
Blick von einer Piste auf Ravina
Bergstation
Skilift Casinello mit Kurve
Wem es bis jetzt aufgefallen ist: Die Namen hier tönen nicht wirklich italienisch. Das liegt daran, dass die Region Airolo-Quinto ihren eigenen Italienisch-Dialekt hat, der auch etwas Rätoromanisch und Deutsch abbekommen hat. Nur schade, dass man sich heutzutage schämt, im puren Dialekt zu sprechen.
Zoom auf Airolo mit dem kleinen Lift auf der gegenüberliegenden Talseite
4KSB und SL Casinello
Strecke 4KSB
rote Piste Casinello
Nach dem Picknick an der Sonne, die bereits wieder im Begriffe war, zu verschwinden, „testete“ ich die rote Talabfahrt. Schlangenförmige Ziehwege wechseln sich mit Pistenstücken ab, dazu führt sie mitten durch den Weiler Nante und auch einmal über die Strasse! Erstaunlich die Schneesituation, obwohl wie im ganzen Gebiet keine künstliche Beschneiung vorhanden ist, kamen nur wenige Steine zum Vorschein.
Start der roten Piste 1
Nante, Tessiner Bergdorf
Strassenüberquerung
zurück an der Talstation
Als ich wieder ins Skigebiet hinauffuhr, war um etwa halb zwei Uhr schon fast das ganze Gebiet wieder im Schatten. Die Sicht war schnell äusserst diffus, obwohl der Himmel höchstens leicht bewölkt war. Da die linke Seite mit ihren schlecht präparierten Pisten nun nicht mehr schön zu fahren war, blieb ich hauptsächlich am Sasso della Boggia. Hier waren die Sicht- und Pistenverhältnisse eindeutig am besten. Am Comascne-Lift konnte ich nochmals mit der südlichen Mentalität Bekanntschaft machen. Hier stört es niemanden, wenn mitten am Lift ab- und aufgebügelt wird. So hatte ich auf einmal einen „Partner“ neben mir auf dem Bügel, der nicht bis zur Talstation hinunterfahren wollte.
Talstation Pesciüm
Mittelstation, ein Bettonklotz
nochmals auf der 4KSB
Comascne-Lift mit Piste, jetzt wieder etwas bessere Sicht
Sasso della Boggia
Alle Lifte blieben nun vollständig im Schatten, so fuhr ich schliesslich um 16 Uhr mit der letzten Fahrt vor Betriebsschluss nochmals zum Sasso della Boggia, um über die schwarze 8 nach Airolo zu fahren. Diese Talabfahrt ist ähnlich wie ihre rote Schwester trassiert. Wegen der guten Verhältnisse erstaunt es nicht, dass auch die untere PB-Sektion als Beschäftigungsanlage diente. Dafür war nun aber keine Zeit mehr, den hier ist überall um 16 Uhr Betriebsschluss. Also wieder mit dem Pullamlino zurück zum Bahnhof und ab in den Norden. Wieder mal nervig war die unausweichliche Fahrt mit dem Cisalpino von Arth-Goldau nach Zürich, da seine Kapazität einfach hinten und vorne nicht reicht, und zwar was Personen und Gepäck angeht. Das aber nur am Rande.
Talabfahrt, im Hintergrund Mittelstation Pesciüm
Shuttlebus zum Bahnhof zurück
Fazit: Mainstream-Lifte, -Pisten und –Gäste sucht man vergeblich. Schade, dass das Skigebiet fast rund um die Uhr im Schatten liegt. Ansonsten vor allem tolle Lifte, insbesondere die Pendelbahnen haben es mir angetan, und auch die VonRoll-Quattro ist nicht ohne. Die Pisten reichen gut für einen Tag, für mehr wäre es doch etwas langweilig. Dennoch hat das Skigebiet durch das zerklüftete Gelände seinen eigenen Charakter, was einen Besuch auf jeden Fall lohnenswert macht.