17. u. 18.3.07 - 4 Vallée, bumpety-bump (James Riddell)
James Riddell, Inferno-Race 1929 – Die drei Achsen von Siviez – Doppelter Kurven-Gletscherlift – Panoramaabfahrt nach La Chaux – Mont Fort: Für die Buben und die Mädchen – diffuses Licht am Nachmittag – Eine andere Welt am Plan du Fou – 1000 Meter Einsamkeit im Vallon d´Arby – Frühling in Verbier – Geländeübungen um Attelas – Chassoure: Finale furioso
Die beiden besten Schibücher, die meiner Ansicht nach je geschrieben wurden, stammen von dem Briten James Riddell, 1929 Sieger der zweiten Auflage des mittlerweile weltberühmten Infernorennens vom Schilthorn bei Mürren. 1957 erschien der Band The Ski Runs of Switzerland, gefolgt von The Ski Runs of Austria ein Jahr später. Kein anderes Werk dieser Art charakterisierte Schigebiete je so detaillreich und liebevoll wie diese beiden Bände bis hin zur Erklärung der Herkunft diverser Flurnamen. Sämtliche bedeutenden Gebiete der beiden Länder sind enthalten, und irgendwo im Schweizer Band taucht dieser Ausdruck auf: „bumpety bump“, und auf jeden Fall zutreffend ist er für die berühmten Buckelpisten an den Hängen von Mont Fort, Col des Gentianes und Chassoure. Ich hatte mich erst kurz vor unserer Wallis-Reise näher mit den 4 Tälern auseinandergesetzt, aber die weiten Buckelfelder waren mir schon in anderen Berichten positiv aufgefallen.
Überhaupt war dieses Schigebiet durch seine verwinkelte Topographie lange für mich etwas „sperrig“, im Gegensatz zu vielen anderen Orten, deren Panoramen ich – auch ohne je dort gewesen zu sein – schon lange verinnerlicht hatte, habe ich die Liftsysteme in den 4 Tälern zwischen Thyon und Veysonnaz auf der einen und Verbier und Bruson auf der anderen Seite eigentlich erst im Rahmen meines Aufenthaltes wirklich durchschaut.
Deshalb möchte ich nun hier zunächst meine Perspektive der schitechnischen Infrastruktur schildern.
Pistenplan 4 Täler
Das 1730 m hoch gelegene Siviez, in den 70-er Jahren vorübergehend auf Super-Nendaz umgetauft, liegt zwar nicht geographisch, dafür aber logistisch genau im Mittelpunkt des Lift- und Pistensystems der 4 Täler. Die Eigenheit dieses Ortes ist nämlich, daß jede der 3 Anlagen, die von dort starten, in einen eigenen Gebietssektor führen und die 3 Sektoren sind ihrerseits nur in der Schnittstelle Siviez miteinander verbunden.
Nach Osten startet man mit der KSB Copmbatzeline in Richtung Greppon Blanc (2700m) und hat hier Anschluß an die Pistengebiete von Veysonnaz, Thyon 2000 und Les Masses / Les Collons. Bis auf einen einmaligen Abstecher auf den Greppon Blanc haben wir diesen Sektor nicht befahren, hier gibt es hauptsächlich präparierte Pisten und viele Ziehwege, einzig die Geländeabfahrt L´Eteygeon vom Greppon Blanc nach Osten in Richtung Val d´Herens dürfte sehr attraktiv sein.
Die langsame DSB Siviez startet vom Ort aus Richtung Westen und stellt über Plan du Fou (2400m) und Prarion die Verbindung zum Tracouet und nach Nendaz her, allerdings nur, solange die westseitigen Hänge im Bereich von Prarion genug Schnee haben.
Von Siviez nach Süden zieht die 4-KSB Tortin (mit einer Kurve und einem Zwischenausstieg) in die gleichnamige Geländekammer und stellt den Anschluß zum weitläufigen Liftzirkus um Mont Fort, La Chaux, Attelas und Les Ruinettes her.
Mit einer Pendelbahn gelangt man von Tortin (2050m) zum Col des Gentianes (2950m) und weiter zum Mont Fort (3330m), mit einer EUB zur Chassoure (2740m). Der Mont Gelé (3023m, von Attelas (2727m) aus mit einer kleinen PB erschlossen) ist quasi von einem System von Aufstiegshilfen eingeschlossen und kann in beiden Richtungen umrundet werden, die Stationen sind (im Uhrzeigersinn): Tortin, Col des Gentianes, La Chaux, Les Ruinettes, Attelas, Lac des Vaux und Chasssoure.
Von Les Ruinettes aus erreicht man über Pistengelände das zersiedelte Chalet-Dorf Verbier, wesentlich interessanter ist die Route Vallon d´Arby, die von Lac des Vaux aus in ein ansonsten unberührtes Tal hinunter nach La Tzoumaz (1500m) führt, von dort hat man über den Savoleyres (2354m) wiederum Anschluß nach Verbier. Von dort aus gibt es noch (eingeschränkte) Pisten- und Liftverbindung hinunter nach Le Chable mit einem eigenen kleinen Schigebiet.
Erwähnenswert ist aber auf jeden Fall, daß zwei der 3 Achsen von Siviez aus nur für bessere Schifahrer geeignet sind (soferne nicht Bahnen zur Talfahrt benützt werden), lediglich der Sektor von Veysonnaz kann auch ausschließlich auf Pisten genutzt werden, die Fahrt nach Nendaz bedingt ab Plan du Fou die Benützung einer verbuckelten Route und die Buckelmeere vom Col de Gentianes und von Chassoure sind ohnehin Legende.
Am Morgen des 17.3.07 verabschiedeten wir uns zunächst von Chasseral und Snowotz, für die der Urlaub an diesem Tag zu Ende ging. Entgehen unserer ursprünglichen Planung, die für den heutigen Tag ja einen neuerlichen Besuch des Val d´Anniviers (St. Luc – Chandolin) vorgesehen hätte, hatten wir schon am Vorabend beschlossen, das noch bis zum Montag gute Wetter für einen Besuch der Hochregionen des Gebiets der 4 Täler auszunützen, deshalb versuchte uns die nette Stimme im Armaturenbrett nach Siviez zu lotsen. Allerdings zog sie es vor, anstelle der Normalroute eine Forststraße anzupeilen, die uns zwar an der Talstation einer sogenannten „portablen“ Pendelbahn (mit einer Nutzlast von 15 Tonnen!) vorbeiführte, aber dann letztlich doch wegen eindeutiger Verbotsschilder zurück zur Hauptstraße zwang und damit einen Zeitverlust von etwa 20 Minuten verursachte. Trotzdem fanden wir gegen 9 Uhr 30 noch problemlos einen Parkplatz, später kommende jedoch mußten auf der Zufahrtsstraße bis zu 1 km von den Talstationen entfernt parken.
Es war Samstag und an den Kassen einiges los, daher dauerte es wieder etwa 10 Minuten, bis wir unsere Zweitageskarten erstanden hatten, die Angst vor weiteren Wartezeiten an den Talstationen der Bahnen erwies sich jedoch als überflüssig, bei keiner der drei Aufstiegshilfen gab es Schlangen und so saßen wir bald in der KSB in Richtung Tortin.
Diese KSB ist einerseits der Zubringer zum Mont Fort, andererseits erschließt er eine flache Anfängerpiste, erwähnenswert sind eine Kurve (in der kurz ausgekuppelt wird) und ein völlig ebenes Stück knapp vor Tortin, hier gibt es etwa 300 m vor Bahnende einen Zwischenausstieg für die Talabfahrt und von Tortin aus kann man ebenfalls die Bahn zu diesem Zwischenausstieg benützen, um sich 300 Meter Schlittschuhschritte zu sparen.
Wir hielten uns in Tortin nicht lange auf und wählten gleich die Pendelbahn zum Col des Gentianes, hier machten sich die Menschenmassen aber doch negativ bemerkbar, in der Kabine wurde es schon reichlich eng, vor allem mit Rucksack hinten und Phototasche vorne war es nicht ganz unproblematisch.
Deshalb dauerte es wohl auch bis zum Col des Gentianes, bis die Nikon erstmals Höhensonne fühlen durfte, hier der erste Blick hin zum Mont Fort.
MF01
Oberer Bereich im Zoom
MF02
Offenbar hatten auch andere das gute Wetter noch nützen wollen, um den höchsten Punkt des Gebietes anzusteuern, die lange Schlange der Gipfelbahn war nicht sonderlich einladend, auch wollten wir endlich Schifahren, daher ging es zunächst mal hinunter zum Gletscherlift und mit diesem hinauf bis knapp unterhalb die Cabane du Tortin. Früher gab es hier auch Sommerbetrieb.
Gletscherlift, im Hintergrund Col des Gentianes
MF06
3 Pendelbahnen haben hier ihre Stationen.
MF08
Der Gletscherlift ist als Doppellift mit Kurve ausgeführt, die (talfahrenden) Bügel im Vordergrund gehören zu dem quer verlaufenden Lift unten am Gletscher
MF09
Die Kurve des Gletscherlifts
MF04
Vom Lift aus sieht man gut die Buckel der Mont-Fort-Abfahrt
MF05
Wir marschieren ein Stück bergauf zur Cabene du Tortin
MF10
Col des Gentianes mit einfahrender Gondel von Tortin
MF12
Hinter der Hütte geht es durch ein kleines Kar hinunter.
MF16
Talstation des Gletscherlifts
MF17
Die Schlange an der Mont-Fort-Bahn war noch nicht kürzer geworden, also entschlossen wir uns, die lange Abfahrt hinunter nach La Chaux zu machen.
Unterhalb der Steilhänge des Mont Fort breitet sich am Col des Gentianes ein ziemlich flaches Plateau aus.
MF19
Ziemlich flach und landschaftlich lohnend war dann die Abfahrt hinunter nach La Chaux (was sich auch an den doch vorhandenen Wartezeiten an der Gondel bemerkbar machte), ein kleiner Ausflug ins Gelände erwies sich wegen der harschigen Schneeverhältnisse der südwestseitigen Hänge nicht als sehr lohnend.
MF22
MF23
MF25
Ein Abstecher mit der Sesselbahn La Chaux II
MF26
MF29
Blick zurück in die lange Abfahrt vom Col des Gentianes nach La Chaux
MF28
Einfach prachtvoll das Bergpanorama (hier mit der SB La Chaux II)
MF30
Der alles dominierende Berg ist der Grand Combin (4314m)
MF31
Gegen 13 Uhr war es dann endlich soweit, die Schlange an der Gipfelbahn war merklich geschrumpft. Hier nochmal der Gipfelhang, rechts steil, aber die untere Hälfte gewalzt „für die Mädchen“ links noch steiler und bis unten ungewalzt „für die Buben“
MF20
Bevor es in die Buckel ging mußte aber noch das Gipfelpanorama ausgiebig betrachtet werden.
Grand Combin
MF33
Matterhorn
MF34
Blick hinunter nach La Chaux, etwa in der Bildmitte die Cabane du Mont Fort
MF39
Den obersten Teil der Abfahrt (für die Mädchen) legt man auf einem Ziehweg zurück.
MF35
MF37
Gondel mit Gletscherlift
MF36
Um zur Piste zu gelangen, muß man einige Stiegen hinuntersteigen, allerdings kann man auch von ganz oben rechts in eine Rinne steigen und so auf die Bubenabfahrt kommen, Helmut wählte diesen Weg, uns war er wegen Angst vor (dort schon von oben sichtbaren) Steinen
nicht ganz geheuer.
MF41
Aber nun waren wir endlich im Gelände. Wie immer kommt die Steilheit dieses Hanges am Bild nur unzureichend heraus, vor allem im obersten Teil war die Hangneigung aber schon durchaus beeindruckend und das im Zusammenspiel mit zum Teil ziemlich ausgewachsenen Buckeln.
MF44
MF49
Ein bißchen Zeit war aber wieder zur Betrachtung der Landschaft notwendig (nicht, weil es vielleicht so anstrengend gewesen wäre.....)
MF52
MF48
Ich fahre normalerweise gerne solche Strecken, aber an diesem Tag war ich ziemlich schaumgebremst unterwegs, es ist fast erschreckend, wie sehr man beim Schifahren doch auf die Funktion beider Hände angewiesen ist, vor allem in solchem Gelände machen sich technische Defizite natürlich rasch bemerkbar und so ein Doppelstockeinsatz hilft in den Buckeln beim drehen schon sehr, meine linke Hand war noch immer stark geschwollen und schmerzhaft und daher an diesem Tag fast nicht zu brauchen, ich fühlte mich leider ziemlich unsicher. Deshalb war ich über die nun angesagte Pause auf der Hütte mehr als froh und blickte andächtig zurück zur Bubenpiste
MF54.
Der ganze Gipfelhang, von der Cabane du Tortin aus gesehen.
MF58
Mont Fort Bahn, von der Tortin Hütte aus gesehen
MF59
Leider zog es während der Pause dann ein wenig zu, deshalb ließ der Kontrast bei der Abfahrt hinunter nach Tortin etwas zu wünschen übrig, aber ansonsten waren wir begeistert von fast 1000 Höhenmetern Buckelpiste ohne auch nur den Ansatz einer Präparierung.
MF62
MF63
MF64
Pendelbahn Tortin – Col des Gentianes
MF68
Abendstimmung (um 15 Uhr)
Und weiter ging es durchs Buckelmeer
MF69
MF70
MF71
MF72
Blick zurück
MF74
Als Abschluß (und um jede der 3 Achsen von Siviez zumindestens berührt zu haben) fuhren wir noch mit der KSB und einem der beiden etwas versetzt anschließenden Tellerschlepper hinauf zum Greppon Blanc, dieser Ausflug brachte jedoch keine besonderen Erlebnisse, auch waren wir nach den eigentlich doch eher ungewohnten langen Buckelhängen ziemlich müde, sodaß wir kein Problem damit hatten, den Schitag um 16 Uhr mit der schon ziemlich sulzigen Abfahrt nach Siviez zu beschließen.
to be continued