White Out am Alpenostrand – Stuhleck/Steiermark
Das Stuhleck, ein Gipfel (1782m) in den Fischbacher Alpen hat für die Skifahrer gleich zweierlei wichtige Funktionen. Zum einen ist es einer der ersten (wenn nicht der erste) mit Ski bestiegene Alpengipfel und zum anderen eignet sich das Stuhleck für alle Verhältnisse: bei Schönwetter genießt man die Fernsicht (bis nach Ungarn, das Pohorjegebirge bei Maribor und sogar bis zu den Karawanken) während man bei Schlechtwetter und/oder Lawinengefahr diesen Berg gefahrlos als Ausweichroute machen kann (Anm.: das gefahrlos gilt nur für die Standardrouten, einige der interessanteren Varianten sind bei Zeiten durchaus lawinengefährlich).
Letzteres war auch meine Überlegung bei der Wahl des Stuhlecks als heutiges Ziel. Zumal das Skigebiet (das nunmehr leider auf einer Seite bis ganz knapp unter dem Gipfel hinaufreicht) noch nicht geöffnet hat und somit Aussicht auf Powder bestand.
Kurzfristig konnte ich niemanden zum Mitkommen motivieren. Also fuhr ich per Zug nach Spital (770m) – dank der Semmeringstrecke gerade im Winter immer ein Erlebnis. Schneemässig war es mehr als vielversprechend – bereits die Weingärten rund um Baden waren ein klein wenig angezuckert. Ab Reichenau-Payerbach wuchs dann mit jeder Schleife/Tunnel/Kehre der Semmering-Bahnstrecke die Schneehöhe und zudem schneite es recht kräftig. Auf steirischer Seite lag dann (wie üblich) noch mehr Schnee – geschätzt so um die 60cm. Die vom Zug einsehbaren Bereiche der Semmeringschnellstrasse glichen eher einer Skipiste, denn einer 4-spurigen Autobahn.
Der Bahnhof war dann einigermassen romantisch verschneit (Anm.: Foto ist vom Nachmittag, da hatte es nur noch Schneegrieseln).
Spital/Semmering Bahnhof
Durch den tief verschneiten Ort ging es vom Bahnhof zur anderen Talseite des Mürztales. In den engen Gassen passierte mir dann ein kleines Missgeschick und ich wählte die falsche Abzweigung. Anstatt zur Übungsskiwiese (mein geplanter Einstieg, da ich nicht die Strasse bis zum mittleren Parkplatz rauf laufen wollte) zu gelangen kam ich zu den flachen Wiesen unterhalb eines Gehöfts. Das bescherte mir zunächst mal ordentlich mühsame Spurarbeit …
Aufstiegsspur: Im Wald abseits der Pisten herrschte noch Einsamkeit.
Schliesslich traf ich dann doch auf eine der Pisten und reihte mich in die dortige Aufstiegsspur ein. Die Frequenz an Skitourengehern war einigermaßen beträchtlich. Darunter auch einige echte Geschwindigkeitsfanatiker. Bedenklich aber auch, dass mich auch die gemütlichen SkitourengeherInnen reihenweise überholten. Egal ob jung oder alt – dick oder dünn – ich war weit und breit der Langsamste. Ich vertröstete mich mit den langen Anmarschweg vom Bahnhof, der mühsamen Spurarbeit sowie meinen relativ schweren Ski (im Vergleich zu den sonst üblichen reinen Tourenski) und erinnerte mich daran, dass ich vor 2 Jahren in Zermatt bei der Cima di Jazzi immerhin eine ganze Gruppe, die ordentlich Vorsprung hatte, überholte (allerdings war deren ältestes Gruppenmitglied sicherlich schon nahe der 80).
Ein geschlossenes – aber trotzdem tief verschneites – Skigebiet hat seine Reize. Die zahlreichen Schneekanonen hatten alle noch ihren Sommerschlaf (unter dicken Schneehauben). Am Rand der ausgeschlägerten Piste tauchten immer wieder schöne Winterskulpturen auf.
Waldwechte
Im Wald selbst war es angenehm windstill und der Schnee erschien viel versprechend. An der Waldgrenze angekommen („Ganzeben“, ca. 1640m) begann dann das typische Stuhleckwetter, d.h. starker Sturm und durch Schneetreiben/Schneefegen/Nebel stark beeinträchtige Sicht. Trotzdem wollte ich doch noch bis zum Gipfel gehen. Dieses Wetter ist hier nämlich tatsächlich fast die Norm. Bislang hatte ich hier erst ein einziges Mal herrlichen Sommerschein und kaum Wind (plus die oben erwähnte Bilderbuchfernsicht …).
Stuhleckwetter – Mittlerweile hat man die Dichte der Markierungsstangen (ca. alle 6-7m) drastisch erhöht. Daher ist es selbst bei White-Out-Bedingungen problemlos weiterzugehen. (Die neue Piste der 6er KSB ist übrigens etwas weiter rechts der Stangenmarkierung.)
Letztlich wurde es dann doch – trotz Sturm von hinten – anstrengend. Sind ja doch 1000 Höhenmeter und wegen der vielen Flachstücke auch einiges an Entfernungskilometer. Umso mehr freute ich mich auf diesen Anblick:
Alois Günther Haus
Immer wieder schön, wie sich der Anraum auf dem Gipfelhaus dezimeterdick bildet. Der geometrische weiße Fleck rechts unten ist übrigens der Geländewagen des Hüttenwirts (im Sommer führt eine Mautstrasse rauf).
Die Hütte selbst war leider noch nicht bewirtschaftet – lediglich ein Mini-Winterraum von der Größe einer Schuhschachtel bot etwas Zuflucht vor dem Sturm.
Über die Abfahrt ist an sich nicht viel zu sagen. Die oberste Strecke (runter bis zum Wald) war ein alpines „Absteigen“ im Sturm bei Sicht von bis zu 2 Markierungsstangen. Zudem hatte ich nur eine Sonnenbrille mit – kann man total vergessen (bin dann ohne „gefahren“, d.h. mit zugekniffenen Augen). Der Sturm war so heftig, dass die angefeuchtete Jacke außerhalb des Winterraums binnen Sekunden gefror und sich eine dünne, weiße Eisschicht auf der Jacke bildete. Ähnliches passierte auch mit dem Fotoapparat (ganz zu schweigen von den Fingern). Daher auch die etwas spartanische Ausstattung dieses Berichts mit Fotos.
Unten wäre der Schnee dann eigentlich sehr gut gewesen (ca. 70-80cm Neuschnee, zwar nicht ganz trocken aber dennoch würde ich ihn als Pulverschnee durchgehen lassen). Die Sicht im Wald war sowieso tadellos. Allein, das Gelände war viel zu flach. Selbst die steileren Stücke waren nicht zu fahren – nicht mal straigthline (nach wenigen Metern blieb man einfach stecken, ich war mit den Legend 8000 unterwegs, k.A. ob’s mit den Kneissl Tanker besser gegangen wäre). Wenigstens waren ca. 2-3 Spurbreiten mit Pistenbullies bearbeitet, darauf lag dann wieder so ca. 20-30 cm (verspurter) Neuschnee. Das liess sich zwar schön fahren, das erhoffte Schwelgen im frischen, unverspurten Pulverschnee war es allerdings nicht.
Trotzdem sollte man zufrieden sein – immerhin schreiben wir ja erst den 11. November!