War nicht gerade noch Winter? Was mache ich hier überhaupt? Warum ist mir so warm?
Der Anblick macht mich sprachlos, soll ich auf diesen Schneeresten rumdüsen, mitten in der Wüste?
Ich brauche eine Lösung, schnell.
Es soll ihn noch geben, den Winter. Weit entfernt, schwer erreichbar.
Mich erreicht die frohe Kunde von knietiefem Powder, unendlich breiten Carvingautobahnen, steilen Skiliften und so viel mehr.
Dort muss ich hin. Aber die Reise birgt Gefahren. Sie will gut geplant sein.
Doch die Vorbereitung gestaltet sich einmal mehr schwierig.
DIe Karten sind veraltet, die Bücher schon lange nicht aktualisiert.
Selbst mein Gebräu aus Eibisch, Venuskamm und Hahnesfuß hilft nicht weiter.
Ich kenne das Ziel, der Weg wird sich ergeben.
Nur der Untersatz muss dieses Mal stimmen. Ich rufe Fred an.
Fred hat eine Lösung. Wie so oft. Morgen kann es losgehen.
Fred hat nicht zu viel versprochen. Die Motorhaube so lang, da passen meine Ski sogar noch rein.
Wir starten den Motor, der Achtzylinder blubbert schön vor sich hin.
„Nur das Beste vom Besten“, sagt mir Fred zum Abschied.
Doch so ganz sicher bin ich mir nicht. Würde alles gutgehen.
Regen, Traktoren, Diktatoren - heutzutage kann einen alles stoppen.
Ein alter Glücksbringer wird es richten.
Ein paar schlaflose Nächte liegen hinter mir.
Ich bin froh, dass es endlich losgeht.
Könnte ich den Kopf nur mal ausschalten.
Es läuft gut. Fast schon zu gut.
Die Straßen sind leer, der Sound in meinem Straßenkreuzer fantastisch.
Fred hatte schon immer den Blick für's Detail.
Die ersten acht Stunden sind geschafft.
Der Rücken schmerzt, Freds alte Massagesitze grüßen.
Ein Schild weist auf ein Hotel hin, ich fahre an der nächsten Kreuzung raus.
Hatten wir das nicht schon mal? Wieder ein Wald, wieder ein schmaler Pfad.
Nach einigen hundert Metern eine Lichtung.
Das Schild heißt mich nicht willkommen.
Ich trete ein, alles sieht normal aus. Die Dame an der Rezeption ist beschäftigt.
Die Gäste vor mir diskutieren über eine falsch ausgestellte Rechnung.
Als sie endlich abgefertigt sind, wird ein Schild vor mir aufgestellt: Bin gleich wieder da.
Eine gute Stunde später halte ich den Schlüssel in der Hand.
Das seltsame Neonschild am Eingang kann man mir nicht erklären. Egal.
Ich falle todmüde ins Bett und träume von dem, was mich morgen hoffentlich erwartet.
Statt eines umfangreichen Frühstücks erwarten mich ein paar trockene Cerealien. Keine gute Basis für den Tag.
Die Dame an der Rezeption sitzt immer noch da. Meinen fragenden Blick quittiert sie gelangweilt mit „24/7“.
Sie gibt mir die Kaution zurück und ich bin wenige Minuten später wieder auf der Straße.
Wieder soll es eine lange Fahrt werden. Hoffentlich bin ich noch richtig.
Es wird voller. LKW-Kolonnen begleiten mich auf engen, kurvigen Straßen.
Der V8 blubbert weiter gemütlich vor sich hin. Doch dann wird es plötzlich leer und ich sehe ein Schild!
Mein Herz schlägt höher. Aber irgendwas fehlt.
Ich bin zu weit gekommen, um falsch zu sein.
Die Straße windet sich den Berg hinauf.
Ein Tunnel kommt in Sichtweite. Ich schalte das Licht an und tauche ein.
Zuerst wirkt es normal, doch dann beginnt eine Transformation.
Ich spüre einen leichten Druck im Kopf, mein Bild verschwimmt.
Der Tunnel wird immer bunter, der Druck immer stärker.
Meine Augen tränen, da höre ich eine Stimme aus dem Radio.
„Welcome to the KI-Länd.“ knarzt es mir da mit einem breiten schwäbischen Akzent entgegen.
Ein weißes Licht erfasst mich, für einen Moment fühle ich mich schwerelos.
Doch die Realität hat mich schnell zurück. Der Tunnel endet und eine trostlose Winterlandschaft taucht vor mir auf.
Hatte ich gehofft, hier am Ende der Welt alleine zu sein, sollte ich eines besseren belehrt werden.
Auf dem Parkplatz ein riesengroßes Chaos. Ich bahne mir meinen Weg zwischen den Leuten hindurch.
Niemand kann normal laufen, alls rutschen auf dem blanken Eis rum.
Der Niederschlag der letzten Nacht kam wohl in flüssiger Form runter.
Ich fahre wieder auf die Hauptstraße zurück. Und tatsächlich, direkt am Eingang zum Skigebiet ist ein Parkplatz frei.
Auf dem Weg zur Kasse kämpfe ich mich erneut durch die Massen.
Dann der Schock beim Blick auf die Preise...
Alles kostet ein halbes Vermögen, abgerechnet wird nach Liftfahrt.
Einen Sonderzuschlag gibt es on top, weil heute das bekannteste Event des Jahres ist.
Es hilft nichts, ich bin schon zu lange unterwegs.
Der Geldbeutel in der Hosentasche ist nicht mehr zu spüren, er scheint förmlich vor Erleichterung zu schweben.
Jetzt aber los. Ich höre die Menge jubeln, als ich aus dem Kassengebäude trete. Und dann sehe ich, was hier los.
Die Weltmeisterschaften im Gondelhechten. Heute das große Finale: hechten in die schwebende Gondel.
Ein bizzares Schauspiel. Körper fliegen durch die Luft, Gondeln schweben umher, Menschen jubeln.
Hier komme ich nicht weiter, ich brauche eine Veränderung.
Da tippt mir jemand auf die Schulter.
In Licht und Stille, flüstert sacht,
"Ich biete dir Einzigartiges, das die Zeit entfacht.
Ein Schlüssel zur Wahrheit, der den Yan bewacht."Ja, alles klar. Träume ich?
Doch was ich sehe, scheint real. Und dieser Name, Yan, das klingt interessant.
Eine kleine Münze, was ist der Preis?
Mein Gegenüber grinst und zeigt auf meinen Skianzug.
Ich habe keine Wahl, will ich hier nicht bleiben.
Wir einigen uns und wie aus dem Nichts erscheint eine kleine Box.
Ich bin definitiv an einem anderen Ort gelandet. Alles wirkt so normal.
Körper fliegen keine mehr durch die Luft, so viel ist sicher.
Ein Blick nach oben offenbart mir etwas. Tatsächlich, ein Sessellift von Yan.
Ich stehe mitten in der Schlange zum Einstieg und ernte ungläubige Blicke. Als ich die Kälte überall am Körper spüre, weiß ich wofür.
In Jeans und Jacke stehe ich da, so gar nicht bereit zum Skifahren. Das war der Preis für das Abenteuer.
Nur meine Ski hat man mir gelassen.
Ich frage meine Nachbarn in der Schlange, wo ich gelandet bin. Doch man versteht mich nicht.
Englisch? Kopfschütteln. Ich schaue mich um und habe eine Idee.
Alle osteuropäischen Länder gehe ich durch, bis mein Nachbar fröhlich nickt. Ich bin in Polen gelandet.
Ein Yan? In Polen?
Ich zücke das Handy und rufe einen Bekannten in den USA an, ein früherer Mitarbeiter von Yan.
Er hebt ab, klingt verschlafen.
Es geht auf den Einstieg zu, ich brauche schnell noch ein paar Infos.
Doch die Leitung ist lang, die Verbindung schlecht.
„Okay, die Kurzversion.“, bekomme ich zu hören.
1994 entstand das kleine Skigebiet in Zakopane. Ein Freund war damals auf der Suche nach einem Sessellift.
Der Anfängerbereich sollte erschlossen werden. Man wurde sich einig.
Und so ging eine der letzten Anlagen vor der Insolvenz nach Polen.
Glücklich scheint man nicht zu sein, dass ich hier fotografiere. Aber es ist mir egal.
Mein vergoldetes Ticket der Gondelhechter-WM wird akzeptiert, warum auch immer.
Was für eine Belohnung für den weiten Weg. Hätte doch Regen, Traktoren und und und...
Doch es nieselt nur leicht. Und bei dem Ansturm kann man gar nicht anders, als den Lift am Laufen zu halten.
Nun sind es nur noch zwei Anlagen plus mögliche Lizenzbauten, die wir hier in Europa fahren können.
Fasziniert sitze ich im Lift und beobachte die kleinen Details.
Meine Sitznachbarn schauen wahlweise auf mein Smartphone und die Jeans.
Viel Zeit bleibt ihnen jedoch nicht dafür, denn die Fahrt ist (zu) schnell wieder vorbei.
Ich hoffe darauf, dass der EInblick in den Maschinenraum nicht verstellt ist, doch hat man diesen vollgeräumt.
Ein ungewohnter Anblick, so weit im Osten.
Interessant das Herstellerschild, wenn auch nur eine Kleinigkeit. Statt „Yan Lift“ heißt es dort „Yan Chairlift“.
Langsam mache ich mich auf den Weg nach unten, im sulzigen Schnee mit eisiger Unterlage möchte ich nicht stürzen.
Auf den oberen, eher flachen Teil, folgt das untere „Steilstück“.
Ganz langsam taste ich mich von Stütze zu Stütze, mache hier und da ein paar Fotos.
Aufpassen muss ich auch, wenn ein Anfänger sich mal wieder überschätzt.
An der Talstation hat sich am Gewusel nichts geändert, als hätte man das Publikum mit mir transportiert.
Auch auf der Straße dahinter geht es vogelwild zu.
Ich stelle mir die Frage, wie ich hier wieder wegkomme.
Aber für den Moment genieße ich noch den Blick auf die Anlage.
Leider fehlt die monumentale Spannstation, aber kalifornische Schneemengen sind in Zakopane wohl auch nicht zu erwarten.
Ansonsten scheint vieles bekannt.
Ein lauter Knall schreckt reißt mich aus den Gedanken, wieder scheint jemand auf dem Eis gestürzt zu sein.
Ich habe alle Fotos im Kasten und der Regen wird wieder stärker. Ich muss weiter.
Während ich noch überlege, wie ich hier wegkomme, bemerke ich eine seltsame Figur aus dem Augenwinkel.
Im nächsten Moment ist die Figut wieder verschwunden. Und nun? Alles habe ich im Auto zurückgelassen.
Ich suche in den Hosentaschen ergebnislos nach einer weiteren Münze.
Die Menschen gehen ihrer Freizeitbeschäftigung nach. Mit meiner Aufmachung und den Blicken fühle ich mich fremd.
Da macht sich ein anderes Bedürfnis bemerkbar.
Ein kleines Schild zeigt auf eine Treppe, nur über das Eis erreichbar.
Es hilft nicht, ich muss mal.
Ich balanciere wagemutig auf dem Eis, immer bereit für den Sturz.
Nur wenige Schritte bis zur Treppe. Wobei dort noch mehr Eis wartet.
Irgendwie schaffe ich nach oben, mit letzter Kraft am Geländer festklammernd.
Was von außen wie eine schäbige Holzhütte aussieht, entpuppt sich von innen als ein langer, gefliester Gang.
Ich trete durch die Tür und wie von Geisterhand beschleunigt mein Körper.
Funken fliegen, es zischt laut und mir wird heiß. Ein großer Knall und ich tauche in gleißend helles Weiß ein.
Das Weiß lässt nach, es wird dunkel.
In der Ferne erkenne ich einen hellen Punkt.
Auf der Haut spüre ich einzelne Schneekristalle.
Wo auch immer ich gelandet bin, es hätte schlechter laufen können.
Der helle Punkt entpuppt sich als das Ende einer Höhle, eine Winterlandschaft breitet sich vor mir aus.
Endorphine fluten mein Gehirn.
Paradiesische Zustände sind es nicht, aber alles weit besser als das bisher erlebte.
Breite Waldpisten wechseln sich mit knietiefem Powder ab.
sKI-Land hat mich wieder.
Plötzlich höre ich lautes Miauen. Wilde Katzen im Skigebiet? Wäre mal etwas Neues.
Ich drehe mich um und sehe lauter Supermiezen.
Lauterbachs Rezept scheint zu wirken.
Die Miezen schießen an mir vorbei und ich bin wieder allerdings unterwegs.
Einmal tief durchatmen.
Keine weiteren Moment wie Alice bitte.
Und die Abfahrten wollen nicht aufhören.
Doch ihn ahne schon, dass es nicht ewig so weitergeht.
Und ich sollte recht behalten.
Nach einer halben Stunde werden die Beine schwer, selbst in sKI-Land geht es nicht ohne Lift.
Nach einer engen Kurve kommt die Talstation in Sicht - endlich.
Eine älteres Pärchen gesellt sich zu mir, auch sie müde von der neverending Piste.
Am Eingang zum Gebäude steht ein Schild: Téléski difficile.
Das ganze Gebäude vibriert durch den Antrieb.
Beim Anblick am Einstieg wird mir ganz anders.
Irgendwie kommen wir oben an. Hier hat jemand sein Meisterstück vollbracht.
Ich spüre meine Füße noch, mein Sitznachbar hat sein zweites Bein wieder und trotz fehlender Stücke im Seil sind wir nicht abgestürzt.
Die Leidensgenossen verabschieden sich und ich blicke auf einen unverspurten Hang.
Vor mir ein Wolkenfetzen, da kann ich einfach durchgleiten.
Doch was folgt, ist ein weiterer Knall. Neonlicht umhüllt mich.
Ich wollte doch nur Skifahren. Und jetzt?
Ich bin nicht mehr alleine. Und ich bin auch nicht mehr in den Bergen.
Meine Beifahrerin dreht sich zu mir und spricht in einer mir unbekannten Sprache.
Sie zeigt auf die Straße und nickt mir zu. Ist das der Ausweg? Wir fahren los.
Es fängt an zu schneien, als wir durch die Straßenschluchten fahren. Binnen Minuten ist die Fahrbahn mit Schnee bedeckt.
Wieder bekomme ich ein Zeichen von rechts und stoppe den Wagen vor einem Schnellimbiss. Da merke ich erst, wie hungrig ich bin.
Ich parke den Wagen direkt vor der Tür und wir steigen aus. Meine Begleiterin ist doppelt so groß wie ich, verrückte Welt.
Beim Eintreten erklingt eine bekannte Melodie. Eine Band spielt in einer kleinen Nische.
Es werden Burger serviert, was ich sehr begrüße.
Der Barkeeper scheint meine Begleitung zu kennen, mit einem kaum sichtbaren Nicken weist er uns Plätze zu.
Die Burger sind fantastisch.
Zum Abschluss gibt es noch einen Drink.
Etwas benommen verlasse ich die Bar und reiche den Autoschlüssel dankend weiter.
Meine Begleitung hat einen flotten Fahrstil, wir schießen förmlich aus der Stadt in die dunkle Nacht.
Ich nehme nur noch wahr, wie der Zustand der Straße immer schlechter, die Schlaglöcher immer tiefer werden.
Mit dem Rhythmus der Potholes falle ich in einen tiefen Schlaf.
Der Parkplatzwächter hämmert gegen meine Scheibe, schreit etwas auf polnisch und zeigt auf ein Schild.
Alles nur ein Traum...? Ich hebe entschuldigend die Hand, gebe den Parkplatz frei und mache mich wieder auf den Weg.
Dass sich mein schicker Straßenkreuzer stark verwandelt hat, merke ich schnell.
Einige Stunden später erreiche ich einen vereisten Parkplatz. Wegweiser zeigen in unterschiedliche Richtungen.
Rechts führt eine Straße nach oben, in der Ferne meine ich einen Lift zu erkennen.
Mit etwas Schwung schieße ich die alte Mühle in Richtung Talstation, doch mitten im Steilstück geht mir der Schwung aus.
Langsam rolle ich zurück. Links führt eine weitere Straße tiefer in das Tal hinein.
Am Eingang steht eine kleine Holzhütte, eine alte Frau bietet ihre Waren feil. Englisch? Ich ernte einen ungläubigen Blick.
Ein junges Pärchen kommt vorbei und hilft beim Übersetzen. Ja, irgendwo da hinten gibt es noch einen Weg zum Lift.
Die Straße führt an einem kleinen Bach entlang.
In meinem Nacken spüre ich noch die Blicke der alten Frau.
Doch als ich mich umdrehe, ist die Hütte bereits verschlossen.
Rechts, auf der anderen Seite des Baches, taucht eine kleine Ferienhaus-Siedlung auf. Und siehe da: ein Sessellift.
Ich war nicht falsch, fühlte mich aber immer noch beobachtet.
Bin ich hier nicht willkommen?
Zu dem kleinen Skigebiet scheint eine Feriensiedlung zu gehören. Der Parkplatz ist fast leer, es regnet leicht.
Der Weg zum Lift ist spiegelglatt. Es sind doch einige Leute unterwegs, aber wieder fühle ich mich fremd und beobachtet.
Das kleine Skigebiet bestand früher aus mind. drei Skiliften, die wohl mittlerweile außer Betrieb sind, und einem ESL.
An der Kasse werde ich freundlich begrüßt, wir verständigen uns per Handzeichen. Ski brauche ich zum Glück nicht.
Am Einstieg warte ich auf den Liftler, doch der signalisiert mir, ich solle einfach einsteigen.
Der alte Mostostal-ESL läuft richtig schnell.
Mit Jeans ist es doch nicht ganz so gemütlich, aber immerhin muss ich den vereisten Weg nicht zurück.
Die Trasse verläuft vollständig im Wald, kaum jemand ist zu sehen.
Sommerbetrieb scheint es auch zu gehen.
In der Ferne erblicke ich eine seltsame Gestalt, nein sogar zwei.
Mir kommen die Gestalten bekannt vor, in Zakopane gab es schon eine ähnliche Begegnung.
Anscheinend hat der Zirkus heute Freigang.
Die letzten Meter vor der Bergstation verläuft der Lift im Freien.
Vermutlich befördert man im Winter so gut wie keine Fußgänger, denn der Ausstieg ist nur für Skifahrer vorbereitet.
Auch die Liftler nehmen keine Notiz von mir.
Ich rutsche auf dem Sessel ganz nach vorne und bereite mich auf den Absprung vor.
Ein paar Meter surfe ich mit den Straßenschuhen durch den nassen Schnee.
Irgendwie komme ich runter, zum Glück gibt es keine steile Rampe.
Ich mache ein paar Bilder am Ausstieg, im nassen Schnee würde ich sowieso nicht weit kommen.
Die beiden Skilifte sind nicht mehr zu sehen. Bis auf die Bergstationen wurden wohl beide entfernt.
Also wieder zurück ins Tal, bevor ich komplett durchnässt bin.
Der Einstieg erfolgt ähnlich abenteuerlich, die Fahrt nach unten geht flott über die Bühne.
Im Tal folgt noch eine kurze Besichtigung der Station.
Danach schlittere ich auf dem Eis in Richtung des dritten Skilifts.
Leider ist auch dieser außer Betrieb. Liegt es nur am Schneemangel?
Zumindest hat sich der weite Weg gelohnt, bisher war es eine durchaus aufregende Reise.
Die nächste Nacht sollte deutlich entspannter ablaufen.
Die Weg zurück zur Hauptstraße zieht sich doch länger als gedacht und ich bin schon ziemlich erschöpft.
Ein schwarz-roter Schatten huscht an mir vorbei.
Plötzlich stemmt sich mein rechter Fuß wie fremdgesteuert auf die Bremse.
„So ist das mit euch Menschen. Immer die ganz großen Wünsche haben, aber dann nicht erreichbar sein.“, bekomme ich zu hören.
„Die ganze Zeit hetze ich dir schon hinterher, selbst Clowns und Affen konnten dich nicht stoppen.
Dazu diese ständigen Sprünge durch Zeit und Raum - in meinem Alter geht das gar nicht mehr gut.“, lässt mich der Zauberer wissen.
Ich parke das Auto am Straßenrand und kneife mich sicherheitshalber nochmal in die Seite - wach sollte ich sein.
Aber auch bereit für meinen großen Wunsch?
Der Zauberer mumelt bereits vor sich hin, unterbrochen von kleineren Flüchen. Dann beginnt sein Zauberstab zu leuchten...
Es brodelt um mich herum.
In der Ferne höre ich den Zauberer fluchen.
Er scheint immer noch wütend zu sein.
Als ich die Augen wieder öffne, fühle ich mich ganz leicht.
Das krasse Gegenteil hat sich eingestellt.
Und der Zauberer flucht weiter.
Ein wütender und erschöpfter Zauberer mit einem vermeintlich defekten Zauberstab.
Das kann noch heiter werden. Wird er den richtigen Wunsch noch finden?
Wieder ein dumpfer Ton, wieder ein neuer Ort.
Immer wieder höre ich, wie sich der alte Mann versucht zu erinnern.
Auch ich, berauscht von den Erlebnissen, weiß meinen eigenen Wunsch nicht mehr.
Doch beim nächsten Ziel kann man es durchaus aushalten.
Ist doch nur alles eine Show? Bin ich ein Darsteller, gar ein Selbstdarsteller?
Wie lange geht diese Vorführung noch?
Und interessiert sich überhaupt jemand dafür?
Ich habe das Gefühl, dass wir der Sache näher kommen.
Auch die Stimme aus dem Off wird leiser.
Und meine Erinnerung kommt so langsam zurück. Irgendwas mit steil und alt...
Und dann bin ich dort, wo ich eigentlich sein sollte, oder zumindest nahe dran.
Das, was ich aus dem Auto heraus sehe, erscheint nicht gerade das neueste Baujahr.
Der Zauberer sitzt neben mir, erschöpft sieht er aus, und sein Stab glüht noch nach.
„Du bist ein fast unmöglicher Fall“, sagt er zu mir.
„Tausend Ideen im Kopf, alle kaum realisierbar - selbst für mich. Magst du dir nicht ein anderes Hobby suchen?
Wie dem auch sei, mehr als das den alten SEBA kann ich dir heute nicht bieten. Bis bald!“, sagt er und verschwindet.
Der Hang schaut traurig aus. Der warme Wind weht mir leichten Nieselregen ins Gesicht.
Immerhin hat mir der Zauberer eine weite Fahrt erspart, den Lift heute nochmal in Betrieb genommen und etwas Schnee an den Hang gezaubert.
Für die Übersetzung hätte er aber noch bleiben können, denn mit Englisch komme ich im ersten Moment nicht weiter.
Der Lift kam aus dem bayerischen Wald und SEBA ist noch gut zu erkennen, auch wenn nicht mehr alles im Origialzustand ist.
Ich mache ein Bild der typischen Antriebsstation, was dem Bügelgeber am Einstieg überhaupt nicht gefällt.
Während er noch zetert und den Kopf schüttelt, habe ich den Bügel bereits unterm Hintern und beginne meine Fahrt.
Ohne einen bekannten Forumskollegen hätte ich den Lift nicht so schnell entdeckt - daher nochmal Danke an dieser Stelle.
Die ehemaligen Eigentümer wussten nicht mehr als „Tief im Osten von Tschechien“.
Aber auf Luftbildern und im Netz wollte er sich einfach nicht zeigen.
Für einen Moment freue ich mich auf die eine kurze Abfahrt.
Erneut bin ich nur in Minimalausrüstung unterwegs.
Leider ist dem fixen Stangenskilift schon die Grundlage entzogen worden.
An der Bergstation ist es schon vorbei mit dem Schnee.
Damit ich nicht gleich wieder Ärger bekommen, positioniere ich mich etwas abseits.
Für einen Moment sehe ich noch den Kopf des Liftlers aus seinem Häuschen hervorschauen, dann kann ich in Ruhe fotografieren.
Der Lift hat mindestens eine neue Stütze bekommen.
Das Original hatte derer nur drei.
Eine schöne Bügelrampe hat man ihm auch verpasst.
Ich rutsche die Piste hinab, mache hier und da ein Bild.
Es nieselt weiter.
Irgendwie könnte es sogar Spaß machen.
Bevor ich mich wieder auf den Weg mache, passe ich noch den Eigentümer am Parkplatz ab.
Er spricht etwas Deutsch und erkennt mich wieder - ich hatte natürlich im Vorfeld schon angefragt.
Die Frau wird per Telefon zugeschalten, übersetzt und wir tauschen uns länger über den Lift aus.
Vollkommen erschöpft falle ich in den Fahrersitz.
Ich hätte mir gerne noch ein Hotel genommen, aber nun würde ich am liebsten an Ort und Stelle einschlafen.
Gesagt, getan.
Das Klingeln des Handys reißt mich am nächsten Morgen aus dem Schlaf. Es ist Fred.
„Wo bleibst du?! Du bist schon seit zwei Wochen überfällig! Bring mir mein Auto sofort zurück“, schreit er mir durch das Telefon entgegen.
Zum Glück hat mein Auto den Ludicrous-Speed-Modus, sonst wäre ich verloren.
Einige Stunden später biege ich in Freds Straße ein.
Ich sehe ihn schon von weitem vor dem Haus stehen.
Er sieht nicht gerade glücklich aus.
Ich bin noch nicht mal ausgestiegen, da explodiert er förmlich.
Ob ich denn wahnsinnig bin, will er wissen.
Seinem Blick folgend, verstehe ich sofort was er meint.
„Ich habe definitiv was gut bei dir!“, lässt er mich wissen.
Reumütig nicke ich. Aber es war ein geiler Trip.
Fred kann wohl meine Gedanken lesen und schaut mich weiter böse an.
Natürlich weiß ich schon, wie ich aus der Nummer wieder rauskomme.
Wir machen das, was Fred am liebsten macht.
Party mit den Lemuren!