Teil 25: Aufstieg zur Alpe AreraTag 6, Teil 1 <- Inhaltsverzeichnis -> Tag 6, Teil 3 Nachdem wir uns talwärts eine zweite Fahrt mit dem Korblift natürlich nicht entgehen ließen und Thomas K. Zustand weiter stabil blieb, stand einer Fortführung der Tour Richtung Alpe Arera nichts mehr im Wege. Bereits in der Planungsphase hatten wir über dieses Gebiet gerätselt, über das nur sehr wenig brauchbare Informationen zu finden waren. Der Verdacht eines größeren LSAPs lag nahe. Den Kartenlegenden nach sollten die Liftanlagen immerhin knapp die Zweitausender-Grenze erreichen.
So begann am späten Vormittag unser Aufbruch Richtung Oltre il Colle, auf schlecht befahrbaren Nebenstraßen gelangten wir zuerst über Trafficanti und Cornalba zum nächsten größeren Ort Serina. Erst von dort weg war die Straße nach Oltre il Colle wieder halbwegs gut ausgebaut.
Die Gegend rund um Oltre il Colle schien nicht wirklich touristisch interessant zu sein. Davon zeugte auch unser nächstes Ziel. Die Abzweigung kurz vor Zambla nach Plassa am Fuße des Pizzo Areras war leicht zu übersehen und die „Piste“ dorthin zwar stellenweise asphaltiert, jedoch hatte man die Straße seit einigen Jahren verfallen lassen. Ab und an betrübte diese Tristesse doch etwas – vor allem, wenn sich die Berggipfel in Nebelschwaden hüllten und die ganze Stimmung mehr an graue Novembertage erinnerte. In Plassa angekommen, wurden wir bereits von verfallenden Hotelkomplexen empfangen, die scheinbar noch als Appartements bewohnt wurden. Der Campingplatz am Hang war ebenfalls eher ein Ziel für Bergsteiger und Mountainbiker als für Erholungssuchende. Mit einem Satz formuliert: In diesem Teil der Bergamaskischen Alpen sagen sich wahrlich Fuchs und Hase gute Nacht!
Am Ende der offiziellen Straße fanden wir einen Parkplatz vor und ein Schranken samt Fahrverbot machte uns deutlich, dass ab sofort kein motorisiertes Weiterkommen mehr möglich war. Kurz vor dieser Endstation fielen uns noch zwei über die Straße gespannte Seile auf, die von einer Liftanlage stammten. Ein weiterer Einblick auf die Trasse war aufgrund des verwachsenen, aber auch steilen Geländes während der Durchfahrt nicht mehr möglich. So keimte wenigstens die Hoffnung auf, dass die Anlagen noch nicht abgebaut waren, ein schwerer LSAP Fall war spätestens ab diesem Zeitpunkt mehr als deutlich. Nach einem kurzen Studium der Wanderkarte erschien uns ein Fußmarsch zur "Mittelstation" am Sinnvollsten. Auf dem Weg dorthin galt es aber nicht wenige Höhenmeter zu überwinden und hinter dieser Belastung für Thomas K. stand ein großes Fragezeichen. Nach kurzer Beratschlagung beschlossen wir, wie könnte es auch anders sein, den Aufstieg doch zu riskieren. Ein Fahrweg führte anfangs gleichmäßig steil in Richtung Mittelstation, jedoch etwas zu weit links, sodass wir uns nach kurzer Zeit an einem Abzweigungspunkt für einen Pfad entschieden, der uns direkterer Linie zum Ziel führen sollte. Da man vermutlich in dieser Region Beschilderungen eher als Luxus empfindet, fiel die Orientierung nicht immer leicht – so manche weitere Weggabelung oder auch nur ein Wegabstecher - sorgten für die eine oder andere kurzfristige Orientierungslosigkeit. Zu alledem gesellte sich trübes Wetter, die Alpe Arera hing in dichten Wolken und auch wir blieben nicht von durchziehenden Nebelschwaden verschont. Richtig aufpassen hieß es kurz vor der Mittelstation, eine auf dem ersten Blick unscheinbare Wiese, stellte sich als eine einzige begrünte Schutthalde heraus, die von Stützmauern und tiefen Gräben durchzogen war. Das musste wohl das ehemalige Bergbaugebiet gewesen sein, das auf unserer Karte eingezeichnet war. Nun sollte es aber nicht mehr lange dauern, bis erste Seile unseren Pfad kreuzten …
Der erste Kontakt mit einer Sesselbahn auf der Alpe Arera. Die Lichtverhältnisse waren alles andere als optimal.
Ein Photo bergwärts beweist, dass die Mittelstation war in unmittelbare Nähe gerückt war.
Wir schlugen aber nicht den direkten Weg ein, sondern holten etwas weiter nach rechts aus und gelangen etwa auf Höhe der Mittelstation zu diesem Schlepplift.
Die Talstation besteht aus einem lieblos zusammengenagelten Bretterverschlag - es ist offensichtlich, das alles dem Verfall preisgegeben ist.
Ausfahrtrollenbatterie
Nun gut, damit hätten wir zumindest die obligatorische Herstellerfrage geklärt. So sehen also ältere MEB Schlepplifte aus.
Ein Blick ins Innere offenbarte ebenfalls keine besseren Ansichten. Diesen Lift kann man für immer abschreiben.
Manchmal konnte man sogar durch Löcher in der weißen, wabernden Suppe bergwärts blicken, bis zu den Bergstationen der Lifte oder gar dem 2512m hohen Pizzo Arera reichte es jedoch nie.
Eines wussten wir bereits aus dem Fund von Valcanale, sprich der Presolana Ski Karte, dass wir aufgrund der eingeschränkten Fernsicht nur einen Teil des Tellerliftes sahen. Anhand der uns zur Verfügung stehenden Karten und Alpenkönigs Höhenmessers dürfte die Höhendifferenz etwa 450 Meter betragen haben. Überhaupt konnte die Alpe Arera beachtliche Höhendifferenzen aufweisen, während die Talstation der ersten Sektion auf 1150 Meter lag, erreichten die zweite Sektion der Sesselbahn und der Tellerlift die Zweitausender Grenze. Den Dreh- und Angelpunkt der Alpe Arera, also die Mittelstation, hatten wir auf Höhe der Talstation der zweiten Sektion mit 1530 Meter vermessen. Wie weit und in welcher Form es tatsächlich eine Abfahrt von der Alpe Arera nach Plassa gegeben hat, darüber können wir nur mehr Vermutungen anstellen. Das Gelände stellte sich unterhalb der Mittelstation nur mehr als bedingt pistentauglich heraus, möglicherweise diente der Fahrweg im Winter abschnittsweise auch als Piste. Fakt ist jedoch, dass es der Karte nach eine Talabfahrt gegeben haben muss. Zudem gab es weitere Pläne für einen Ausbau, zwei Schlepplifte sind als projektiert eingezeichnet und soweit unser Auge in der Nebelsuppe reichte, hat man diese jedoch nie verwirklicht.
Aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse beschränkten wir uns auf das Gebiet rund um die Mittelstation. Auf den ersten Blick möchte man einen Haufen Schrott vermuten, doch der Kenner entdeckt sofort, dass es sich hier um die Überreste eines Seilliftes handelt.
Wie lange dieses Teil wohl schon vor sich hinrostet? Damit wandten wir uns wieder den interessanteren Anlagen zu und erkundeten die erste Sektion der Sesselbahn etwas genauer.
Blick von der Bergstation auf die Strecke. Bei der hinteren Stütze kreuzte unser Steig die Trasse des Sesselliftes, dahinter fällt das Gelände wesentlich steiler ab.
Die Gitterstützenbauweise der ersten Sektion in Nahaufnahme. Der Hersteller wird später aufgelöst. Eine Vorahnung?
Italo-Style pur - Beton meets Stahl
Entgegen unseren ersten Vermutungen handelt es sich um eine DSB.
Der Schaltschrank der ersten Sektion
Da das Innere der Talstation nicht ganz abgeschottet war, konnten wir einen Blick auf den Antrieb werfen. Der Zustand bedarf keiner weiteren Worte ...
Ein Blick in Richtung zweite Sektion lässt ebenfalls keine Hoffnung schöpfen.
Die Sesselhalde in voller Ausdehnung, die auf dem freien Platz zwischen erster und zweiter Sektion eingerichtet worden war. Die Sessel schauen, obgleich ihrer ungeschützten Aufbewahrung, noch recht passabel aus. Eine Info für alle diejenigen, die das Schigebiet demnächst mit wenigen Eigenmitteln wieder reaktivieren wollen.
Die Talstation der zweiten Sektion ist nichts anderes als ein aufgeständerter Betonsäulenbau, der mit Wellblech verkleidet wurde. Auf unserer Hässlichkeitsskala unter den Top 3 zu finden.
Das Innere der luftigen Station
Ein weiteres Prachtstück italienischer Niederhaltertradition, Hersteller MEB, selbe Ausführung wie die Seggiovia Monte Vodala in Spiazzi.
Die Antriebseinheit einen Stock höher. Schnell hatten wir wieder den Zugang nach oben gefunden. Angesichts der schon etwas mitgenommenen Leiter ein gar nicht so ungefährliches Unterfangen.
Interessantes Detail am Rande. Dem Typenschild nach wurde die zweite Sektion erst 1980 errichtet. Unserer Vermutung nach schaufelte vorher der lange rechte Schlepper das Schivolk bergwärts. Die ältere untere Sektion diente aber schon damals als Zubringer.
Nochmals die für die Ewigkeit gebauten Betonklötze
Bevor wir den Rückweg antreten, erkunden wir noch das letzte Arera Überbleibsel. Querfeldein marschieren wir zu dem links der Mittelstation gelegenen Schlepplift.
Die Bergstation des zweiten Arera Schleppers. Wiederum ein MEB, aber noch lange nicht so verrottet wie der andere.
Trasse des Schleppers mit Talstation in der Bildmitte. So übel erschienen uns die Hänge auf der Alpe Area gar nicht, abgesehen davon, dass sie fast alle südseitig gelegen waren.
Ein letzter Blick zurück zu den Ruinen der Alpe Arera - wir verließen den Berg in jener Stimmungslage, den auch das Wetter widerspiegelte.
Im Abstieg blickten wir auf den gegenüberliegenden Monte Alben (2019 Meter) und die Ortschaften Zambla (links) und Oltre il Colle (rechts). Ein Besuch der unterhalb des Monte Alben gelegenen Conca dell' Alben hätte sich durchaus gelohnt, wussten wir dort doch von der Existenz von zwei Liftanlagen. Obwohl wir in unseren Unterlagen nur Schlepplifte eingezeichnet hatten, sprechen
Aufnahmen der italienischen Kollegen von einer durch einen Felssturz zerstörten Sesselbahn.
Bedrohliche Stimmung auf dem Passo della Crocetta mit Zambla, dem Sattel in der Bildmitte. Inzwischen hatte es zu regnen begonnen.
Wieder am Ausgangspunkt angekommen, erkundete Alpenkönig zum Abschluss die Talstation der ersten Sektion.
Damit zur Auflösung des Herstellers - wie man dem gelben Schild am Stahlträger entnehmen kann, wiederum eine MEB Konstruktion.
Strecke der DSB, die durch steiles Wald- und Felsgelände führt. Auf unserer gesamten Tour die einzige MEB Bahn mit Gitterstützen, nur der Niederhalter bot ein gewohntes Bild.
Kassa geschlossen!
Nachdem Thomas K. Alpenkönig wieder aufgelesen hatte, fuhren wir die Holperstrecke zurück nach Zambla. Das Arera Massiv würde derzeit das bleiben, was es momentan ist – ein Dorado für Bergsteiger und Tourengeher. Valcanale, das auf der anderen Seite des Pizzo Areras liegt und von Alpenkönig am Vortag besucht wurde, war ebenfalls schon längst LSAP. Was letztendlich tatsächlich geschehen war, entzog unserer Kenntnis, die Zeit reichte nicht aus, um die näheren Umstände ausfindig zu machen.
Soll man übrigens den letzten Plänen Glauben schenken, plant man eine Straße auf die Alpe Arera, außerdem soll die zweite Sektion revitalisiert werden....
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