•Fraele[STROM FÜR MAILAND]Die Stadt Mailand braucht immer mehr Strom. Strom, welcher wie auch bereits in der Schweiz, aus weit entfernten Stauanlagen in den Alpen über Hochspannungsleitungen in die Stadt gebracht werden soll. Wir schreiben das Jahr 1940. Im hinteren Valle di Fraele, situiert in eine Seitental mit einer Scheitelhöhe von ca 1950 m.ü.M in einem Ecken zwischen der Schweizer Landesgrenze am Ofenpass, dem Zollfreigebiet Livigno und dem Oberveltlinischen Städchen Bormio, beginnen die ersten Vorarbeiten für den Bau einer riesigen Talsperre unterhalb dem Fraele-Pass welcher die Verbindung über Juf Plaun zum schweizerischen Ofenpass herstellt. Eine massive Beton-Gewichtsstaumauer soll hier die Gewässer aus den Bächen Alpe, Gavia, Frodolfo, Zebrù, Braulio und Forcola sowie nach dem Bau der Livigno Staumaumauer 1971 auch aus Wasser der Spölbaches, wofür aus dem benachbarten Livigno-Tal extra einen zuleitungs-Stollen erstellt wurde stauen.
Die Bauarbeiten laufen auf hochtouren , doch anfangs der 1940er Jahren weitet sich der verheerende 2. Weltkrieg überall in Europa aus. Die Bauarbeiten werden eingestellt. Wer weiss wie lang? Oder echt doch für Immer?
Doch der Aufschwung nach dieser Schlacht, welche die Welt mit tiefen Wunden kennzeichnete, setzte schon bald unerwartet schnell ein. In Norditalien breitete sich die Industrialisierung rasant aus, zahlreiche neue Fabriken entstanden und auch die Bevölkerungszahl stieg an. Somit wurden die Bauarbeiten an der neuen San-Giacomo Talsperre schnell wieder aufgenommen, so das anfangs 1950er Jahre die Stauanlage Lago di San Giacomo di Fraele erstmals die weiten Ebenen hinter ihr bis auf Kote des Fraele-Passes überfluten konnte.
Doch eigentlich wurde das Schicksal der Valle di Fraele schon weit vor dem Bau der San Giacomo Talsperre bestimmt. Denn bereits 1922 wurde am Talausgang mit dem Lago di Cancano di Fraele eine erste Stauanlage errichtet. Für die Baustellenerschliessung dieses ersten Stausees wurde eine steile Serpentinenpassstrasse von der Ortschaft Torripiano im Valdidentro-Tal über den Passo Torri di Fraele, dem natürlichen See Lago delle Scale vorbei gebaut.
Als dann die Bauarbeiten am San Giacomo-Stausee aufgenommen wurden, wurde dann die Strasse bis zur Baustelle derselbigen Staumauer und weiter bis zum Punkt 1952 „Passo di Fraele“ ausgebaut und für die Baustellenversorgung elektrifiziert (alle Lastwagen wurden elektrisch betrieben!) Die elektrifizierte Strasse reichte vom 50 km weit entfernten Bahnhof Tirano bis zu den Stauseen. Eigentlich hätte sich die einmalige Chance ergeben, über den Fraele-Pass weiter zum Val Mora Pass die vom 15. bis zum 17.Jahrhundert sehr wichtige Strassenverbindung zur Schweiz wieder aufleben zu lassen. Damals wurde zumindest ein Teil des damaligen regionalen inneralpinen Vieh- und Warenverkehrs über den Fraelepass abgefertigt. Diese ganze Warenkette führte von Davos über den Scaletta- und Casannapass nach Livigno und von dort über den Alpisella- und Fraelepass auf die veltlinische Addastraße, von der zahlreiche Passwege hinein in venezianisches Gebiet begangen werden konnten. An diese Bedeutung erinnern am Passo Torri di Fraele zwei alte Türme die zu einer Festung gehörten von welcher man das ganze Tal bis weit nach Bormio hinunter, kontrollieren konnte.
Kurz vor Bauvollendung der San-Giacomo Staumauer Talaufwärts, wurde festgestellt dass das Potential für eine energetische Nutzung der Valle di Fraele noch nicht vollends ausgeschöpft war. Elektrizität für die grossen Metropolen Norditaliens war gefragt wie eh und je. In der Valle di Fraele sollte noch längst keine Ruhe eintreten! Damit dies nicht geschehen konnte, wurden sofort Planungen für eine neue, massiv grössere Cancano-Talsperre aufgenommen. Kurz darauf begannen dann auch die Bauarbeiten für die neue Cancano-Bogenstaumauer. Schon auf halber Stauhöhe verschwand die alte Cancano-Mauer in den kalten Gewässern der neuen, grösseren Staumauer die einige Meter unterhalb der bestehenden errichtet wurde. Erstmals im Jahre 1956 wurde dann der neue Cancano-Stausee bis zur Mauerkrone aufgestaut und liess die alten Anlagen verschwinden, so dass sie künftig nur noch bei niedrigem Wasserstand sichtbar wurden.
Insgesammt können nun im Valle di Fraele 187 Millionen Kubikmeter Wasser für die Erzeugung von Elektrizität in den beiden Kraftwerken Premadio und Fraele aufgestaut werden, wovon diese in 63 Mio. m3 im San Giacomo Stausee und in 123 Mio. m3 im 2. Cancano Stausee gespeichert werden.Einzugsgebiet der Cancano-Stauseen:
http://www.a2a.eu/gruppo/export/sites/d ... ellina.pdfHomepage der Betreiber AEM Milano:
http://www.a2a.eu/gruppo/cms/a2a/it/soc ... acomo.htmlBesucht am Sonntag, 22.08.2010
^^Der Ausblick von der Mauerkrone des Cancano Stausees reicht bis zu den Skipisten an den Skiliften Cristallo & Payer.
^^Sehr hohe Bogenstaumauer Cancano. Was die wenigsten wissen: Staumauern werden meist ohne jeglichen Einsatz von Zug aufnehmenden Bewehrungen erstellt. 100% Beton.
^^unterwegs auf der Strasse der rechten Uferseite des Cancano-Stausees kurz vor der Talsperre San Giacomo.
^^Detailaufnahme der San Giacomo Staumauer. Eigentlich eine Gewichtsstaumauer, aber anderst als in der CH gewohnt. Hier nicht durchgehend ausbetoniert, sondern gespornt. Man sieht gut die Sanierungsmassnahmen der letzten Jahren der Mauer, die Stirnen der Spornen wurden mit Spritzbeton saniert.
Wassereinfluss des Fiume Braulio. Hier fliesst ein Teil des Schmelzwassers der Stelvio-Region in den San Giacomo Stausee.
^^Überlauf San Giacomo Stausee. Vor dem Bau der 2. Cancano Staumauer, befand sich gleich unterhalb der San Giacomo Mauer eine erste Zentrale, wo bereits Strom aus dem Gefällsbruch des San Giacomo Stausee bis zum alten Cancano Stausee produziert wurde. Die alte Zentrale steht heute noch, jedoch war sie heute nicht sichtbar, da sie vollständig überflutet war.
^^Wehr mit Blick über den San Giacomo Stausee.
^^Unten sind Fundamente für Baustelleneinrichtungen noch aus der Bauzeit des San Giacomos Stausee` sichtbar. Heute werden sie von den Fluten des Cancano Stausees umringt.
^^Kurz vor der Passhöhe Fraele.
^^Mondlandschaft am Fraele Pass. Hier ist auch eine Wasserscheide. Hinter mir fliesst das Wasser in den beiden Stauseen San Giacomo und Cancano der AEM Milano in den Mittelmeer, vor mir fliesst das Wasser im nur wenige Kilometer weiter vorne situierten Livigno Stausee der Engadiner Kraftwerke in das Schwarze Meer.
^^Auch am oberen Seeende hat es einige Ruinen der Mitarbeiterunterkünfte aus der Bauzeit.
^^Die beiden Hauptgebäude wurden etwas zurückgesetzt mit einem minimalistischen Nasszellen-Trakt verbunden.
^^Hauptdaten der San Giacomo Staumauer welche am 27. August 1950 eingeweiht wurde…
^^Und 2`300`000 Mannstunden Arbeit benaspruchte (!!)
^^Scheiteltunnel am Passo Torri di Fraele.
^^Passo Torri di Fraele. Die zahlreichen Spitzkehren machen diese Strasse obwohl eine grosse Zahl an Hm überwunden wird, recht Flach. Das Gefälle ist ungewohnt gering, in den Kurven jeweils fast kein Gefälle. Sämtliches Baumaterial wurde mit den „Elektrolastwagen“ von Tirano über diese Strasse zu den Baustellen geführt.