22.07.2017 mit Volldampf auf den Monte CalvagioneDer Monte Calvagione oder besser bekannt unter dem Namen Monte Generoso, was zu Deutsch so viel wie "Der Grosszügige" bedeutet ist ein 1700m Hoher Berg der südlichen Voralpen und gehört zur Ersten Reihe der grösseren Gipfel nördlich der Poebene und Mailand und ist damit für seine Aussicht auf die Alpen wie Monte Rosa, Matterhorn, Mon Viso oder den Appenin und mit ein bisschen Glück und Fantasie sogar das Meer. Seit 1890 führ eine Bahn von Capolago im Tessiner Mendrisiotto auf den Gipfel. OK nicht ganz zum Gipfel nur bis Vetta von wo es noch ca 100HM zu Fuss bis auf den Gipfel sind. Die Wechselvolle Geschichte der Bahn mit Ihren Höhen und Tiefen und ihrer ungewöhnlichen Rettung durch einen Lebensmittel Grossverteiler möchte ich in diesem Bericht nicht eingehen. Dazu gibt es irgendwann noch einen Bericht welcher die Elektrotraktion, die Bahn und die Geschichte behandelt. Hier geht es nur um Dampf und zwar in Rauhem Mengen, denn am Monte Generoso dampf es seit 1981 Dampft es auf dem Monte Generoso wieder regelmässig. 6 mal im Sommer am Morgen und einmal am Abend kann man sich eine Fahrt mit der ältesten in regelmässigem Einsatz stehenden Dampflok der Schweiz auf den Gipfel stossen lassen. Die Fahrt kostet 80.- was nicht grad ein Schnäppchen ist. Dafür bekommt man 1,5h Dampflokaction mit zwei Wasserhalt's und viel Russ.
Die Dampflokomotive H 2/3 2 stammt aus dem Jahre 1890 und wurde durch SLM gebaut. Sie ist eine Original Lok aus dem Eröffungsjahr der Bahn und damit schon eine Seltenheit. Viele andere Bahnen können ihre Fahrzeuge aus der Eröffnungszeit nur auf alten vergilbten Schwarzweissbildern anschauen.
Ich hatte mich für die Abendfahrt enschieden, welche aber zur Talfahrt mit Elektro geführt wird.
Quitschend und rottelnd geht es los ab den SBB Bahnhof Capolago. Die Strecke wäre noch rund 200m länger bis Capolago Lago, dorthin fährt aber nur ein Zug pro Tag um die Leute abzuholen, welche mit dem einzigen Kursschiff pro Tag dort hin gelangen.
danch überfährt die Bahn die Gotthardbahn ehe die Steigung beginnt.
Danach unterfährt die Bahn die Autobahn A2, die Gotthardroute.
Danach folgt die Bahn den Felsen entlang mit 220 Promille steigung richtung San Nicolao.
Das ist auch der spektakulärste Abschnitt der Strecke mit einem Tiefblick auf Mendrisio bzs Foxtown.
Ehe der Zug im knapp 200m langen San Nicolao Kehrtunnel verschwindet. Der Tunnel ist der längste von von 5 Tunnels welche der Zug auf seiner Fahrz zum Gipfel durchfährt.
Hinter dem Dampfzug folgt in Sicherem Abstand der Löschzug mit der Feuerwehr welcher allfällige Brände bekämpfen kann welche durch Funkenflug verursacht werden. Und ja sowas gibts, bei einer Fahrt sogar 3mal. Die Lokomotive ist die neuste Anschaffung der MG und stammt Occasion vom Rochers de Naye welche die Maschine wiederum Occasion vom Brienzer Rothorn hatte.
Danach ist das erste mal Wasserfassen und schmieren angesagt was ca 10min dauert.
Getankt wird über einen Feuerwehschlauch.
Danach gehts weiter über die Ausweichestelle San Nicolao auf den zweiten Streckenabschnitt. Die Bahn besitzt übrigens nur 800mm Spurweite und Zahnstange System Abt. Welches hier in der Konstellation eine Pionieranlage darstellte und dafür sorgen sollte, das Bergbahnen günstiger gebaut werden konnten. Im Hintergrund der Löschzug und die Diesellok 2 mit dem Fahrleitungsreparaturzug.
Danach gehts wieder in die Steigung.
Der zweite Abschnitt ist zwar der Längste, aber auch der langweiligste für den Fahrgast. Grösstenteils verläuft die Strecke im Wald. Es wird nur ein Tunnel durchfahrten dafür eine Drücke und ein Bahnübergang.
Hier wird die Fahrstrasse auf den Monte Generoso überfahren Welche zum Leidwesen der Bahn auch bis nach Bellavista führt und praktisch nur von Italienern genutzt wird.
Brücke über die Strasse
Die Strasse wird nach ca 2/3 der Strecke nach Bellavista mit einem Bahnübergang ohne Schranke passiert. Vor allem an schönen Wochenenden kommt es hier schon zu recht brenzligen Situationen, denn viele der Italiener die hier mit dem Auto hochfahren können sich nichtmal im Traum vorstellen, dass auf Eisenbahngeleisen auch mal Züge fahren.
Nach ein paar Bögen im Wald erreicht man Bellavista wo einst das Gleichnamige Hotel stand.
Hier ist das zweite mal Wasserfassen angesagt. Übrigens die Bahn besitzt kein einziges Lichtsignal, Keine Zugsicherung, keine Blockstrecken, keine Schranken und keine einzige elektrischen Weichen. Die ganzen 9km Strecke werden nur auf Sicht gefahren und per Funk abgesprochen. Bei Maximal 14km/h auch kaum ein Problem. Mit der Dampflok sind sogar nur deren 9 übrigens in den Ausweichen und auf den Flachen abschnitten ist die Zahnstange nur einlamellig.
Zeit mal die Dampflok anzuschauen. Es handelt sich hierbei um die erste reine Zahnrad Dampflok von SLM. Das heisst, die Räder sind auf den Achsen lose gelagert und gaben keinen eigenen Antrieb. Der Antrieb erfolgt nur über das Zahnrad. Ohne Zahnstange kann sich die Lok keinen Meter aus eigener Kraft bewegen. Die Maschine ist nur 5,5m lang und bringt rund 14 Tonnen auf die Waage, macht aber einen Lärm wie eine grosse Güterzuglok (Bsp. BR44)
Ein weiteres Highlight ist die Diesellok Hm 2/3 1 welche den Löschzug schiebt. Wer die Lok genau anschaut merkt, dass der untere Teil mit dem Fahrgestell aussieht wie eine Dampflok. Das kommt nicht von Ungefähr, denn die Lok war bis 1953 eine Dampflok und die Schwester von der heute noch im Einsatz stehenden Lok 2. Man entschied sich Anfangs 50er Jahre 2 Loks von Dampf auf Diesel umzubauen. Dabei wurden die Loks mit Saurer Dieselmotoren eusgerüstet welche anstelle der Zylinder über ein Schaltgetriebe und eine Bildwelle das Dampflok Fahrgestell antreiben. Damit ist die Lok Nummer 2 eine Diesellok von 1953 aufgebaut auf eine Dampflok von 1890. Kurios.
Weiter gehts auf den Dritten und letzten Abschnitt zum Gipfel vorbei am ehem. Bistro Bellavista von welchem bis 1939 eine Strassenbahn dem Hang entlang bis zum Hotel Bellavista führte. heute steht nur noch die Remise und die Trasse als Fahrweg.
Der dritte Abschnitt ist landschaftlich der Schönste.
Zuerst geht noch durch lichten Laubwald ehe der Zug im Bellavistatunnel verschwindet.
Auch wenn der Tunnel recht kurz ist, so ist er für den Fahrgast recht unangenehm da es sich hier um einen liegenden Kamin handelt und man recht viel Russ schlucken muss.
In den Tunnel.
Danach gehts dem Grat entlang mit Ausblick ins....
....Valle di Muggio.....
....oder den Lago di Lugano.
Hier werden nochmals 2 kleine Gipfel mit Tunnels durchfahren.
Der Pianconetunnel ist relativ Flach.
Bevors wieder mit Anlauf in die Steigung geht.
Mit Ausblick nach Mailand und in die Poebene.
Auf dem letzten Kilometer musste der Dampfzug wieder stoppen.
Und der Löschzug anrücken.
Die Böschung war innerhalb von 1Minute in Brand geraten.
Zur Sicherheit wurde dieser dann auch gleich noch Bewässert.
Die letzten Meter werden durch viele Schaulustige begleitet. Knapp bevor der nächste Elektrozug am Gipfen ankommt ist auch die Dampflok oben.
Letzten Meter zur Bergstation.
Geschafft!
Dampfzug auf dem Gipfel mit 2 Elektrozügen und dem neuen Restaurant von Mario Botta
Die Dampflok hat erstmal pause bevor dann zum gemütlichen Teil über geht, denn ab jetzt gehts nur noch 1332 Höhenmeter Talwärts um genau zu sein.
Führerstand der Lok. Ziemlich rustikal und Original von 1890. Die Lok war übrigens seit der Umstellung auf Dieselbetrieb 1954 in Capolago auf einem Denkmalsocken aufgestellt und wurde nach 25 Jahren Stillstand und vor sich hinrosten wieder in Betrieb genommen.
Der Löschzug verdrückte sich recht schnell wieder, denn die Dampflok kann ohne Feuer zu entfachen zu Tal fahren.
Am Nachmittag folgt auch die Dampflok welche zur Talfahrt eigentlich nur noch mit der Betriebsbremse welche als Gegendruckbremse fungiert bremsen muss.
Talfahrt vor Bellavista
Einfahrt in Capolago
In der Talstation zusammen mit dem Hinterherdrängelnden Elektrozug.
Und ab gehts in die Remise
Bis zum nächsten Jahr.
Jedenfalls ist es die 80.- Wert wenn man bedenkt, dass neben Lokführer, Heizer, Zugführer auf dem Dampfzug noch 5 Personen der Feuerwehr sowie der Maschinist des Löschzuges für maximal 52 Fahrgäste rund 1,5h arbeiten. Schön dass es sowas noch gibt! Passt sehr gut zu dieser historischen Bahn mit ihrer wechselvollen Geschichte.
Wer mal etwas aussergewöhnliches machen will kann hier bedenkenlos zugreifen und mit der ältesten in Regelbetrieb stehenden Dampflok der Schweiz auf den Berg rattern.
Video in Spielfilmlänge kommt noch.
Album:
http://www.stahlseil.ch/gallery/main.ph ... mId=443975