Kolm-Saigurn, 19.1-21.1 2007 – Im Schatten von Kyrill
Nennt mich verrückt … Während viele wegen des Schneemangels vor Frust herumflennen, einige eifrig die Flugpläne nach Kanada studieren (dort hat es derzeit einen Top-Winter) und manch Abtrünnige gar den „Winter“ adé sagen und nach den Malediven flüchteten, begab ich mich abermals nach Kolm-Saigurn zum Eisklettern. Einige Leute vom Kletterforum climbing.de organisierten dort ein informelles Treffen und durch meine Teilnahme wollte ich dem Ganzen etwas multikulturellen Touch geben.
Das warme Wetter der vergangenen zwei Wochen sowie der aufziehende Orkan Kyrill ließen das Treffen dann zunächst einmal spannend Anlaufen. In der Nacht vor meiner Abreise erreichte Kyrill Wien und während einer etwas lauten Nacht konnte ich im Internet die Sperre des Bahnverkehrs in Deutschland nachlesen. Dementsprechend unklar war dann auch, ob ich überhaupt bis Salzburg (ab da hatte ich dann eine Mitfahrgelegenheit) komme. Glücklicherweise konnte in Österreich der Bahndienst – zwar mit etwas Verspätungen – aufrecht gehalten werden.
Noch am frühen Nachmittag erreichten wir dann Kolm-Saigurn, wo der Orkan zwar bloß als etwas starker Wind zu spüren war, in Verein mit den hohen Temperaturen und den starken Regen jedoch ordentlich am Eis der diversen Fälle geknabbert hatte. Ein erster Testlauf am – stark angegriffenen – Kolm-Sai-Hauptfall ließ uns jedoch hoffen, dass trotz der Wärme (es hatte dann auch Freitag nachts Plusgrade) noch genug kletterbares Eis übrig bleiben könnte.
Nachdem spätabends die letzten Nachzüger angekommen waren (zwei besonders Hartgesottene zogen es vor auf das Hüttentaxi zu verzichten und stiegen die 5km auf der völlig vereisten Zufahrtsstrasse zur Hütte mit Steigeisen (!) auf) zählten wir dann acht unverdrossene Eisbegeisterte, die sich auch von diesem verrückten Winter nicht ins Bockshorn jagen lassen wollten.
Samstags Vormittag kam dann doch ein wenig Ernüchterung auf: Die Fälle waren doch deutlich unter Mitleidenschaft gezogen. Trotzdem begannen wir am dünnen Eis des Vegetari zu testen – die Verhältnisse waren hier sicherheitstechnisch noch zu vertreten.
Dünne Eisauflage im Vegetari
Nach dem Vormittag an diesem Schatten eines Eisfalls wechselten wir dann über Stock (Latschen) und Stein (kleine Felswand mit Fixseil) zu einem anderen Eisfall, der landschaftlich traumhaft am hinteren Ende eines schmalen und tiefen Canyons liegt. Dort hat sich aufgrund des Mikroklimas das Eis deutlich besser halten können.
Blick in den Canyon (Sektor C, Graben 1) mit den Fällen Golliwog’s Cakewalk und Just Yak It. Letzterer war aus Sicherheitsgründen nicht mehr kletterbar (Eisschlag und Einsturzgefahr aufgrund von großflächiger Hinterspülung
Den Graben erreichten wir mittels Abseilfahrt von oben. Links eine Route, die wir „Die Dusche“ nannten. Zwischen der Abseilpiste und der linken Route ein Bereich, der gefährlich hinterspült ist – absolute No-Go-Area. Das Ganz war gerade noch an der Grenze zum Vertretbaren
Mike nach dem Vorstieg und dem Einrichten der linken Route „Die Dusche“. Das war seine letzte Kletterei an dem Tag. Nach der kalten Dusche ging’s für ihn gleich zurück zur heißen Dusche in der Hütte
Im rechten Bereich von Golliwog’s Cakewalk (WI 4-) fanden sich schöne Klettermöglichkeiten mit gutem Soft Ice.
Christian im unteren Bereich von Golliwog’ Cakewalk. Dahinter Yust Yak It in seinem furchterregenden Zustand (tatsächlich krachte einmal ein Teil des Falls mit lauten Donner hinunter).
Am Sonntag ging es dann als krönenden Abschluss zum Barbarafall. Dieser hatte sich erstaunlich gut gehalten und ermöglichte drei parallele Routen.
Eisklettern ist ein materialintensiver Sport. Das zusätzliche Gewicht im Vorstieg beträgt inklusive Bekleidung ca. 10-12 kg. Am Einstieg vom Barbarafall mit noch voller Montur
Nachdem wir anderen im letzten Drittel den Vorstieg verweigerten, wollte es Mike dann endgültig wissen und kletterte den Fall bis zum Ende des Eises (mit vollen Hosen bis über den Bauchnabel) ganz durch – inklusive atemberaubenden Bau einer Umlenkung im Felsgelände rechts neben dem Fall.
Am Nachmittag kam dann endlich der angekündigte (und ersehnte) Wintereinbruch. In dichtem Schneefall stiegen wir dann ab zur Hütte und traten die Heimreise an.