Toggenburg, 7.3.2009 - Das Auge isst mitVormittags schlecht, nachmittags ein wenig besser - so hat Kollege Snowotz den Wetterbericht für den 7.3.2009 interprtiert. Meine Version: Vormittags noch ein paar Wolken, nachmittags dann richtig schön. Also wo soll's dann hin gehen? Wir haben uns darauf geeinigt, erst zur Mittagszeit Skifahren zu gehen und Grüsch-Danusa anzusteuern, das wenig wetterempfindlich ist.
Bei der Fahrt durchs Allgäu herrscht wirklich Schmuddelwetter: Null Grad, bedeckt mit Schneefall, auf den Wiesen 20 cm Schnee. Hinter dem Pfändertunnel dann andere Welt: Grüne Wiesen bei 5 Grad plus und Aufhellungen!
Blick nach rechts: Im Alpsteinmassiv sieht es nach richtig Sonne aus! Also spontan Blinker rechts gesetzt und in Richtung Toggenburg abgebogen! In Anbetracht des immer wieder durchwachsenen Wetters in diesem Winter sollte man Sonnentage in "richtigen" Skigebieten nutzen und nicht in sogenannten "Bamberl-Skigebieten" verplempern, wie Snowotz zu sagen pflegt. Also sind wir uns einig, dass es ins Obertoggenburg geht, was auf jeden Fall ein sonnenwürdiges Skigebiet darstellt.
Obertoggenburg ist ein klar strukturiertes Skigebiet: Von drei Talorten führt jeweils eine Bahnenkette nach oben. Im Bereich der Mittelstationen sind jeweils die Übungsgebiete angeordnet, wo eine familiäre Betriebsamkeit herrscht. Zwischen den Bahnketten gibt es keine Lifte, was dem Skifahren einen sehr naturnahmen Charakter verleiht. Landschaftlich ist das Gebiet äusserst ansprechend. Im Gegensatz zu den meisten anderen alpinen Tälern gibt es im unteren Bereich keinen dichten Wald, sondern in eher flachem Gelände eine parkähnliche Landschaft mit einzelnen Baumgruppen. Die obere Hälfte wird dominiert von den krassen Felsformationen der Churfirsten, welche aus teilweise unwirklich erscheinenden Kalbergen mit steilen Felsabbrüchen bestehen. Als "Tüpfelchen auf dem i" winkt dann auf Gamserrugg und Chäserrugg noch der Tiefblick ins grüne Rheintal, welcher beeindruckend ist. Es ist insgesamt eine völlig eigenständige Landschaft, welche so kein zweites Mal zu finden ist und dem Gebiet einen Charakter verleiht, der sich zwischen bizarr und urgemütlich bewegt. Dazu passt bestens, dass sich das Gebiet zwischen den Haupt-Bahnachsen weitgehend liftlos präsentiert und der familiäre Charakter vorherrscht. Was man hier kaum findet: "Idealhänge", auf denen sich kilometerlang carven und mit hoher Geschwindigkeit schwingen lässt. In Anbetracht der ungewöhnlichen Umgebung ist dies dort aber auch nicht Sinn der Sache. Im Toggenburg bietet sich das Skifahren in Form von "Safaris" durch die ungewöhnliche Landschaft an. Lange Abfahrten, die mittels längerer Flachstücke und Querfahrten von einem Sektor in den nächsten führen, die Steilstufen elegant überwinden oder durch eine hübsche Landschaft quer zur nächsten Ortschaft führen. Dabei sind kurze Schiebestrecken immer wieder erforderlich, bringen aber an ihren Enden auch regelmäßig Überraschungen in Form neuer Landschaftseindrücke oder attraktiver, naturnaher Pistenstücke. Schöne und steile Hänge gibt es immer wieder, diese sind aber regelmässig durch besagte Flachpassagen unterbrochen. Zusammen mit einer praktisch völlig fehlenden künstlichen Modellierung prägt der beschriebene Charakter des Gebiets das Areal als sehr naturnahes Skigebiet, zu welchem ein Massenbetrieb kaum passt. Allerdings ist die Zeit hier keineswegs stehengeblieben. Die Hauptanlagen präsentieren sich modern und leistungsfähig. Die anderen Lifte sind jedoch noch die erste Generation der Erschliessung.
Daraus folgt logisch der Schluss, dass dieses Gebiet nicht für "Kampfskifahren" taugt, sondern es in erster Linie un den landschaftlichen Genuss beim Skifahren geht. Frei nach dem Motto: "Das Auge isst mit!"
Die Bilder zeigen typische Motive eines Streifzuges durch das Gebiet:
^^ Blick aus der Oberdorf-KSB auf die verstreute Siedlung Wildhaus
^^ Eine Baumgruppe wird durchquert, links der Übungslift Thur
^^ Blick über den parkähnlichen, von den Churfirsten überragten, unteren Bereich zur Chäserugg-Bahn. Dazwischen ist liftloses Gebiet, das freilich von Abfahrten durchzogen ist.
^^ Bei der Station Oberdorf hilft der gleichnamige Schlepplift das Anschieben zur nächsten KSB-Sektion zu vermeiden. Hier ist schönes Übungsgelände mit einer angenehmen, gemütlichen Betriebsamkeit.
^^ Blick zur langen, zweiten KSB-Sektion zur Gamsalp, die sich immer noch in Parklandschaft präsentiert. Die Pisten sind hier recht anspruchsvoll.
^^ Deren Bergstation befindet sich dann schon in der rauen Umgebung des Gamserugg-Felsrückens.
^^ Nach rechts fällt der Blick auf den Felsrücken des durch eine Pendelbahn erschlossenen Chäserruggs, der sich durch seine bizarren Felswände auszeichnet.
^^ Vorn der lange Schlepplift Gamserrugg, hinten der ebenfalls Schlepplift-bestückte Chäserrugg. Man erkennt den an diesem Tag herschenden Mikro-Föhn. Hinter den Churfirsten - über dem Walensee - halten sich den ganzen Tag dichte Wolken. Diese enden aber beharrlich - und zum Glück - konsequent im Bereich der Churfirsten-Gipfel. Das Skigebiet bleibt komplett in der Sonne. Die Grenze sind exakt die Bergstationen auf Ganserrugg und Chäserrugg.
^^ Im Gamserugg-Schlepper fährt man direkt auf die Föhnwalze zu. Hier oben wird die Lifttrasse immer flacher und verblasener. Im krassen Gegensatz zur parkähnlichen Landschaft unten kommt es einem hier rau-antarktisch vor.
^^ Blick zurück auf das Alpstein-Massiv
^^ Über eine urige Quer-Abfahrt steuert man auf die Felswände des Chäserruggs zu ...
^^ ... wo man nach einer Fahrt mit dem Skilift Espel den Bereich der Mittelstation Iltios der Unterwasserer Bahnenkette erreicht.
^^ Dort stellt der lange Stöfeli-Schlepper die wichtigste Beschäftigungsanlagen dar - wieder in der parkähnlichen Landschaft.
^^ Die Fahrt ist kurzweilig, man kann die Kabinen der Chäserugg-Bahn beim Pendeln beobachten und sich an den bizarren Churfirsten erfreuen.
^^ Interessant: Genau in Verlängerung der Stöfeli-Lifttrasse befindet sich hoch droben die Bergstation der Chäserugg-Bahn.
^^ Rechter Hand die sehr breite Stöfeli-Hauptabfahrt und im Hintergrund die Alp Sellamatt, welche auf den ersten Blick eher an ein Langlaufparadies erinnert, als an eine wichtige Mittelstation des alpinen Skigebiets.
^^ Die Einfahrt zur schwarzen Stöfeli-(Chäserrugg-)Piste gibt sich wieder sehr urig und bizarr.
^^ ... sie ist dankenswerterweise auch nicht von ihrem natürlichen Quergefälle befreit. Hierher passt nur das Fahren in Natur und keine "Autobahn".
^^ Die spektakuläre Trasse der Chäserrugg-Bahn führt durch ein gewaltiges Felskar.
^^ Oben besitzt der Chäserrugg einen flachen, mit Schlepplift bestückten Gipfelrücken mit gewaltigem Tiefblick ins grüne Rheintal. So flach der Rücken ist, so steil bis senkrecht fällt er seitlich auf beiden Seiten ab. Sorglose Abstecher in seitliche Richtungen hätten fatale Konsequenzen. Vor dem Rheintal sieht man noch den etwas niedrigeren Gamserrugg-Rücken.
^^ Der Chäserrug-Lift und Wildahaus im Tal, 1000 Höhenmeter tiefer. Ganz rechts kann man den Steilabfall erahnen.
^^ Von der Stöfeli-Bergstation führt eine Hintenrum-Abfahrt durchs Felskar und stellt die Verbindung zum Sellamatt-Sektor dar ...
^^ ... wo die 4KSB Ruestel den Haupthang erschliesst.
^^ Von deren Bergstation hat man den besten Blick in das grandiose Felskar, das von der Pendelbahn-Bergstation überragt wird.
^^ Die Ruestel-Piste ist ordentlich steil.
^^ Nach der Flachpassage durch das scheinbare Langlaufparadies wird man mit der Kombibahn Sellamatt konfrontiert.
^^ Wir wählen die unbeschneite Herrenwaldpiste, welche hier ein veritables Steilstück aufweist. Ich hielte hier eindeutig eine Einstufung als schwarz gerechtfertigt.
^^ Blick auf die verstreuten Dörfer im Tal. Hinten mittig der Säntis, recht der Wildhauser Schafberg.
^^ Von der Kombibahn gehts direkt in den Tellerlift, der das Flachstück zur 4KSB Ruestel überbrückt.
^^ Dieser sehr neu erscheinende Tellerlift führt durch die verschneite Winterlandschaft.
^^ Die Pendelbahn als unbestrittener Star des Anlagenparks posiert vor dem Säntis als höchstem Gipfel der Umgebung.
^^ Als Talabfaht nach Unterwasser wähle ich die gelb markierte Abfahrt Burenwald (Bauernwald), da diese nicht gewalzt wird. Oben ist der Tiefschnee noch ganz gut zu fahren, unten wird er dann feuchter und schwerer.
^^ Die letzten Meter der Abfahrt führen dann durch einen engen Viaduktbogen der SSB-Trasse und mit einer letzten Kurve direkt vor den Eingang zur Talstation. Ein Wagen fährt gerade ein.
^^ Die Chäserrugg-Ostabfahrt ist extrem lang und beinhaltet unvermeidlich Flachstücke, die jedoch durch solche Einschnitte und Felsränder optisch versüsst werden. Die Piste präsentiert sich ebenfalls völlig natürlich. Ein paar Stockschübe lassen sich nicht vermeiden.
^^ Blick aus der hübschen Naturtrasse auf das gegenüber liegende Alpsteinmassiv.
^^ Unten Querfahrt nach Wildhaus über freie Wiesenhänge ...,
^^ ... die durch Baumgruppen und Häuser aufgelockert werden.
^^ Nochmal geht's per Pendelbahn nach oben ...
^^ ... wo die Spätnachmittagssonne lockt ...
^^ ... und die unberührte Schneedecke glitzern lässt.
^^ Einem letzten Kuchen im Gasthaus folgt die letzte Talabfahrt ...
^^ ... wo sich ein letzter Blick auf Wildhaus bietet ...
^^ ... und hinter uns Rodler die letzten Sonnenstrahlen erreichen.
Fazit: Ein aussergewöhnlicher Landschaftsgenuss, der sich mit intressanten Skiabfahrten erleben lässt. Für Skifahren als Selbstzweck gibt es freilich geeignetere Destinationen. Ich bin jedenfalls sehr froh, dass es mit Obertoggenburg auch von diesem Typus ein Skigebiet mit ordentlicher Grösse gibt.