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Industrieschi im Zillertal - Teil II ./reportagen-f8/industrieschi-im-zillertal-teil-ii-t2950.html |
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Autor: | téléski [ Sa, 16.03.2013, 19:19 ] |
Betreff des Beitrags: | Industrieschi im Zillertal - Teil II |
Industrieschi im Zillertal - Teil II In der Z Arena oder dem Z 3000 konnte man ganz vereinzelt noch ruhige Ecken und Schlepplifte finden, wohingegen das Hochzillertal für mich die Krönung dessen darstellte, was ich beim Schifahren genau nicht erleben möchte. Heerscharen des Münchner Yuppie-Gschwerls fielen in meinen Gedanken jedes Wochenende über dieses Schigebiet her, das schon im Tal mit einer breiten Doppel-Zubringer-Schneise jegliche Hoffnung auf entspanntes Schifahren zunichte machen sollte. So war bisher meine Meinung und ich war extrem überrascht, als ich vor ein paar Wochen mit dem Gedanken spielte, diesem Gebiet auf Grund einer alten DSB und eines steilen Schleppers einen Besuch abzustatten: auf der Homepage werden sage und schreibe 23 Schlepplifte bei „nur“ 10 Sesselliften und 5 Gondelbahnen aufgerufen. Grund genug also, von diesem Schitag im zweiten und vorerst letzten Teil meiner kleinen Serie zu berichten. Nach der Einfahrt ins Zillertal am frühen Morgen bot sich das übliche Bild eines Samstags: die nicht enden wollende Autokolonne. Es sollte sich als Vorteil erweisen, dass das Hochzillertal schon bei den Öffnungszeiten ein wenig von der Norm abweicht, denn hier kann der Schitag bereits um 07:30 Uhr beginnen. Bei der Abfahrt von der Landstraße wird man zuerst von einem großen Parkhaus begrüßt, das an einen noch größeren Parkplatz anschließt. Aber es ist Samstag und es wird nicht so schlimm werden, rede ich mir weiter ein. Und an den Schleppliften hat man sowieso seine Ruhe, beruhige ich mich weiter. Auf dem noch relativ leeren Parkplatz kann ich mir eine Position in erster Reihe genehmigen und mich in Ruhe auf den Tag vorbereiten. Im Gepäck ist diesmal wieder die XD-7 und ein Standard Farbfilm aus dem Drogeriemarkt, demnächst möchte ich mal den Ektar 100 testen. Dafür, dass vermutlich nur noch ein paar Enthusiasten auf Film zurückgreifen, ist die Infrastruktur nach wie vor sehr gut erhalten: eine Handvoll Betriebe bieten in den Städten die Filmentwicklung samt Scans und Abzügen an und in den Drogeriemärkten werden diverse Kleinbild-Filme verkauft. Die Preise bewegen sich dabei für Film, Entwicklung und Standard-Scan im Bereich von 20 Euro, solche Ergebnisse wie das folgende Bild sind schon fast unbezahlbar. Die Tore fahren pünktlich um 07:30 Uhr nach oben, wenige Minuten später stehe ich in meinen Schi und lege ganz gemütlich die ersten Meter des Tages zurück. Die 23 Schlepplifte sind natürlich auch der Tatsache geschuldet, dass hier alle Übungslifte mitgezählt werden, sonst kommt man auf 12 Lifte - immer noch genug. Am Sonnenj. sammelt sich bereits die erste Menschentraube, die ich „links“ liegen lasse - die Panoramalifte sind mein Ziel und der Mizunlift gefällt mir deutlich besser als der Sechsersessel. Der Liftler ist auch schon da, könnte es also direkt losgehen, bis mein Blick auf die Betriebszeiten fällt: ab 9 Uhr sollte der Lift laufen. Die alte Girak Krössbichlbahn wird heute mangels technischen Defekts nicht in Betrieb genommen und so bleibt nur der Schnee-E., um an das Ziel zu kommen, erklärt mir der Liftler. Aber es geht hier relativ entspannt zu und so fahre ich wenige Minuten später bereits nach oben, Sonderfahrt mit dem Liftler. Nach einer kurzen Fahrt durch den Nebel läuft dann auch der Achtersessel und schaufelt mich zügig nach oben, raus aus der Suppe: Ein unendlich breit gewalzter Hang liegt jungfräulich vor mir (was davon gut und was schlecht ist, bleibt dem geneigten Leser überlassen), nur wenige sind bisher hier runter. Eine weitere Fahrt mit dem Achter fällt natürlich aus und einer der beiden Doppel-SL läuft bereits, während die nächste Bahn von Girak noch stillsteht. Also direkt runter… Interessante Kombination: links ein relativ moderner Leitner mit sich verjüngenden Stützen, rechts ein Wopfner mit - ich würde vermuten - Borer Gehängen. Beide vermutlich akut ersatzgefährdet, wenn man den Pistenplänen glauben schenken darf. Schade nur, dass diese beiden Schlepper nicht noch einen Tick länger sind und eine abwechslungsreichere, schmalere Piste bieten. Leider wird relativ schnell auch die bessere Piste links für ein Rennen gesperrt, weshalb ich mich nach einiger Zeit auf den Weg nach Hochfügen mache. Bisher habe ich vom Hochzillertal-Wahnsinn - außer dem nervigen Gedudel an der Bergstation der Zubringer - noch nicht wirklich viel mitbekommen. Aber schon bei der Anfahrt auf den Sechsersessel Sonnenj. wird mir klar, dass nicht alle Ecken so ruhig sein werden. Eine klassische Beschäftigungsanlage, entsprechend sieht die Piste auch bereits um 9 Uhr aus. Trotz der Massen ist es erstaunlich, dass hier noch Motive zu finden sind, die ein wenig Ruhe ausstrahlen. Ich bin auch sogleich wieder erstaunt, dass an den beiden Verbindungs-Vierersesseln noch nicht wirklich viel los ist und hier recht kurzweilige Pisten geboten werden. Auch gibt es hier die nächste schöne Aussicht, von einer überaus protzigen und hochmodernen Après-Ski-Destination abgesehen (immerhin was das Schnitzel sehr gut). Aber es ist etwas kurz nach 9 Uhr und das Schnitzel will sich, ganz platt gesprochen, erstmal verdient werden. Auch der Abfahrt nach Hochfügen merkt man so früh bereits an, in welchen Zustand sie dank Kunstschnee nachher übergehen wird. Ich belasse es dankend bei einer Fahrt, nun komme ich den eigentlichen Zielen näher. Der erste Blick fällt auf die grässliche Achtergondel, man könnte sagen fast schon typisch im 90er Stil in lila gehalten. Aber zum Glück gibt es hier noch jede Menge Schlepper und eine schöne alte DSB. Diese steht allerdings noch und so starte ich mit dem fast parallel verlaufenden Schlepper, der allerdings wenige Meter unter der steilen zweiten Sektion endet. Also wieder runter, vorbei an den Betonstützen-Schleppern, und an der DSB gewartet. Sofort sammelte sich eine kleine Traube hinter mir, die wollten wohl alle nicht mit dieser furchtbaren Gondel nach oben fahren. Die DSB fuhr an, stoppte, fuhr wieder an. So ging das einige Minuten, bis der Liftler verkündete, es könne noch eine gute halbe Stunde dauern. Murrend schnallten wir alle ab und liefen rüber zum lila Monstrum. Ich hatte nichts erwartet und bekam noch weniger geliefert. Zusammen mit einer Herrenrunde, die am Morgen schon nach Schnaps, billigem Parfum der nächtlichen Begleitung, noch billigerem Rasierwasser, Schnupfenmitteln und derben Witzen roch, ging es in einer Kabine nach oben. 2,2km und keinen Meter weniger galt es zu überstehen, innerlich verfluchte ich diesen ganzen Liftkram. Aber auch das schlimmste Erlebnis geht irgendwann vorüber und ganz oben bot ein ca. zwanzig Jahre alter Vierersessel etwas Abwechslung, die große Meute nämlich fuhr direkt wieder ins Tal. Auch wenn man etwas eingekesselt ist, hat doch der Ausblick trotz der Bebauung auf Grund der Weite seinen Reiz. Und die Bahn sorgt für etwas Ruhe hier oben. Könnte aber auch gut einen Achtersessel vertragen, die Ecke. Aber nun juckt es mich dann doch zusehends in den Zehen, immerhin möchte ich doch den alten Schlepper fahren und nicht weiterhin ranziges Rasierwasser riechen. Wummernd macht er sich schon bemerkbar, der Kollege… Neben den Panoramaliften sicher der Höhepunkt in diesem mehr oder weniger Industrieschigebiet. Die Piste neben dem Lift ist rassig sportlich und durchgehend steil, man muss sich nur die lila Bahn wegdenken. Und weil analog so schön ist, gibt es den Lift unkommentiert… Ein kurzer Seitenblick offenbart dann auch, dass die DSB mittlerweile läuft und genutzt werden darf. Auch wenn an den Hängen gegenüber modellierte Pisten gen Tal verlaufen, so kann ich doch der Winterstimmung ein bisschen was abgewinnen, das Licht ist auch nicht zu hart oder grell. Glaube in der Gondel war es, als ein eloquenter Herr die DSB als antiquarisch bezeichnete. Müsse man doch abreißen, so einen Scheiß. Aber gut, jeder hat so seine Ansichten. Schön lange zieht sich die Fahrt hin, vollkommen stressfrei zwischen den Bäumen entlang. Und ein paar nette Seitenblicke sind inklusive: Ich rutsche noch ein bisschen durch den Schnee in Hochfügen, immer möglichst abseits des Trubels. Das Schnitzel ist jetzt hoffentlich verdient und so geht es zurück Richtung Kaltenbach, vorbei an der vorhin erwähnten Hütte. Die Preise sind gehoben, es gibt Aufzüge, Magnum-Champagnerflaschen, viel Exklusives - hier fühlt sich der vermeintliche Jetset aus der bayerischen Provinzmetropole wohl. Den ganzen Schnick-Schnack einmal vergessen, bekomme ich für den Preis ein wirklich gutes Wiener Schnitzel. Immerhin. Aus dem Süden drückt nun jedoch immer stärker die Bewölkung über den Hauptkamm und ich breche schnell wieder auf, Fließband sei dank. Auch im vorderen Teil hat sich in der Zwischenzeit einiges getan, die ruhigere Stimmung vom Morgen ist natürlich verschwunden. Nur im „Hinterland“ sieht es noch ursprünglich aus... Aber ein Schlepper war doch noch auf dem Plan eingezeichnet, ganz am Rand. Für den wird es so langsam Zeit. Mit etwas Schieben erreicht man den „abgelegenen“ Neuhütten-Teil. Was ich bis dato nicht wusste: der Lift war bereits LSAP, nur noch das Liftlerhäusl samt Ausblick und Trasse war vorhanden: Eigentlich hatte ich mir das Ziel in den Kopf gesetzt, keine der modernen, kuppelbaren Bahnen zu fotografieren. Aber das war bereits nicht mehr zu erreichen, also konnte ich am zentralen „Umschlagplatz“ den Wahnsinn noch dokumentieren. Zum Finale ging es noch einmal zu den Panoramaliften, den Tag ausklingen lassen (das sagt man bereits gegen 13:30 Uhr, wenn man schon um 7:30 Uhr begonnen hat). Die alte Girak durfte nun auch ihre Runden drehen, das Licht wurde hingegen immer diffuser. Der Leitner lief deutlich langsamer als sein Nachbar, wie mir erst bei einer Fahrt auffiel. Trotzdem bevorzugten ihn alle, der rechte SL war größtenteils unbesetzt, auch wenn es das folgende Foto anders vermuten lässt, was aber das übernächste wieder richtigstellt - ein wenig zumindest. Es wird immer diesiger, die Stimmung fast surreal (soweit man davon an einem Ort wie diesem sprechen kann). Ohne mit der DSB zu fahren, möchte ich den Tag dann doch nicht beenden. Wartezeit ist auch hier ein Fremdwort, alles viel zu antiquarisch. Aber so sollte nun einmal eine Bergstation aussehen: Ein lange Querfahrt, der Mizunschlepper als erster Lift des Tages soll auch noch mit einem Bild gewürdigt werden. Niemand fährt hier, er läuft still und leise vor sich hin. Ein kurzer Rückblick, dann bin ich schon auf der sogenannten Goldpiste, ein Euphemismus von einer Talabfahrt. Ich hätte es besser wissen müssen, aber so war es die letzte Erfahrung des Tages, hier im Zillertal. |
Autor: | krimmler [ So, 17.03.2013, 13:49 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Industrieschi im Zillertal - Teil II |
Nette Sichtweise auf die vorhandenen Lifte und Pisten, es macht sehr Spaß den Bericht zu lesen. Die Höhenmeterfresser aus dem anderen Forum zeigen ja oft nur die kuppelbaren Lifte im "Standardbericht", aber hier kommen auch mal die netten Anlagen ins Bild Wann warst du dort? Für Kaltenbach sieht es ja noch richtig leer aus ! |
Autor: | Schwoab [ So, 17.03.2013, 15:01 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: Industrieschi im Zillertal - Teil II |
Sehr schön objektiv geschrieben! Vielen Dank! Ich finde es wirklich erstaunlich, dass die meisten Touristen diesen ganzen Wahnsinn überhaupt nicht zu bemerken scheinen... |
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