Tag 2 von 6, Colfosco - Passo Giau, 23.01.2007
* Wege in's Nichts *
Die Planung sah für den heutigen Tag folgendes vor: Dokumentation der beiden Leitner DSB-Anlagen "Forcella Nuvolao" am Passo Giau und "Forcella Staunis" bei Cortina. Noch in Colfosco beobachtete ich, daß alle Omnibusse des SAD mit Schneeketten unterwegs waren; dies ist ein untrügliches Zeichen der Notwendigkeit, welches nicht missachtet werden sollte. Also begann ich den Tag mit Ketten aufziehen. In Colfosco selber entdeckte ich den Schlepplift "Belvedere" ohne Gehänge; ein LSAP-Fall?
Des weiteren "kontrollierte" ich den Zustand der Talstation der alten Leitner ESB "Col Pradat". Bei dieser ist inzwischen der Einfahrbereich mit Brettern verschalt, allerdings scheint die Technik noch vor Ort zu sein.
In Corvara war der Südtiroler Straßendienst mit schwerstem Geschütz aufgefahren.
Kurzfristig entschloss ich mich den Passo Giau über Arabba anzufahren. Auf dem Weg dorthin wollte ich nach der Leitner 3SB "Pralongia" schauen.
Auf dem dortigen Parkplatz durfte ich mich noch besten Vortriebs Dank der Ketten erfreuen.
Kurz vor Erreichen des Passo Campolongo begann das Ungemach: Eine Schneekette verabschiedete sich. Der Bügel der RUD-Schnellmontagekette war direkt am Kettenschloss gebrochen. Auf den ersten Blick irreparabel. Ich beschloss dennoch die Fahrt fortzusetzen. In Arabba war der Winterdienst gerade mit "Aufmunitionieren" beschäftigt.
Der Schneefall wurde immer dichter.
Dennoch nahm ich optimistisch die Südrampe des Passo Giau in Angriff. Nachdem ich mich mehrfach mit nur einer Kette festgefahren hatte, wollte ich eine Notreparatur versuchen. Im Nachhinein die falsche Entscheidung, jedoch hatte sich irgendwie in meinem Kopf festgesetzt, dass ich vor Ort für meine Reifengröße keine Ketten erhalten würde. Wie dem auch sei, ich versuchte also mittels Bindedraht die defekte Kette auf mein Reserverad zu "stricken".
Das sah dann natürlich für alle Unbeteiligten recht lustig aus.
Die Fahrgäste des regelmäßig passierenden Skibus Pescul-Fedare drückten sich immer die Nasen an den Scheiben platt.
Auch der Schneefräsenfahrer staunte nicht schlecht.
Aber es half alles nichts: Mein Provisorium hielt keine zwei Kilometer! Entnervt brach ich diesen Versuch ab und machte mich auf den Weg nach Pescul. Dummerweise hatte ich mir nämlich morgens in Colfosco einen Dolomiti-Superskipass für schlappe 35,- Euro gekauft, den ich natürlich nicht völlig verfallen lassen wollte. Es war inzwischen 15:00 Uhr als ich in Pescul auf den Parkplatz der Bergbahn rollte. Das Schneetreiben hatte sich inzwischen in ein Gewitter mit Blitzen und Donner (!) gesteigert. Mutig ließ ich mich von zwei 4KSB bergwärts tragen.
Der viele Neuschnee und die gegen Null tendierende Sicht machten die Abfahrt zur Qual. Auf dem Weg nach unten entdeckte ich noch die Kurvenstation eines ansonsten abgebauten Schleppliftes.
Froh wieder am Parkplatz angekommen zu sein, kletterte ich in mein Gefährt um trockene Sachen anzuziehen und mich aufzuwärmen. Etwas planlos machte ich mich auf den Weg zurück nach Arabba. Einem Geistesblitz folgend, hielt ich jedoch bei der nächsten Autowerkstatt an und fragte nach Schneeketten in meiner Grösse. Kein Problem meinte der Meister, ging in's Lager und kam kurze Zeit später mit passenden Ketten zurück. Als es an's Bezahlen ging, dachte ich jetzt kommt die böse Überraschung. Überrascht war ich, aber nicht negativ! 63 Euronen ist unter diesen Umständen so gut wie geschenkt. Inzwischen war es 17 Uhr geworden. Dennoch, mit Ketten konnte es endlich weiter gehen. Wiederum sehr optimistisch machte ich mich zum zweiten mal an die Südrampe des Passo Giau. Der kräftige Schneefall hatte an Intensität noch zugenommen. Lediglich in einigen Galerien gab es kurze Verschnaufpausen.
Kurz vor der Passhöhe war aus der Strasse nur noch eine Art Piste geworden.
Dank der guten neuen Ketten war ich aber nicht aufzuhalten. <ggg>
Gegen 18 Uhr erreichte ich die Passhöhe und war guter Hoffnung im dortigen Albergo Unterkunft zu finden. Weit gefehlt, dieses und die beiden Häuser weiter unten waren geschlossen bzw. belegt. Der Schneefall war inzwischen so heftig geworden, daß das Fahrzeug verlassen und jedesmal gut 50 Meter zum Haus rennen eine regelrechte Qual war! Was also blieb mir übrig, als weiter in Richtung Pocol (Cortina) zu fahren? Als ich kurz vor 18:30 Uhr das zweite Mal die Passhöhe erreichte, traute ich meinen Augen nicht: Von Cortina her näherte sich ein alter Käfer. Ich fuhr rechts ran um ihn passieren zu lassen. In dem Fahrzeug waren zwei ausgeflippte junge Männer wild gestikulierend, Reggaemusik dröhnte laut und ein Hauch Marihuana hing in der Luft... Die Spur des Käfers war innerhalb kürzester Zeit wieder zugeweht.
Etwas später begegnete mir noch ein einsamer Schneepflug, aber das Resultat seines mühevollen Schaffens war auch nur von kurzer Dauer.
Um 19:00 Uhr erreichte ich Pocol bei Cortina. Ich war fälschlicherweise der Meinung, dass bei der "Cinque Torri" Talstation ein Albergo wäre. Also machte ich mich auf in Richtung Passo Falzarego. Nach wenigen Minuten hatte ich einen Schneepflug eingeholt, dem ich brav folgte. Natürlich war bei "Cinque Torri" kein Albergo und ich wollte mein Glück auf der Passhöhe des Passo Falzarego versuchen. Dort war natürlich alles - wie zu erwarten - dunkel. Allerdings war ein großes Treffen der Räumfahrzeuge, da am Passo Valparol (Richtung St. Kassian) mal wieder eine Lawine niedergegangen war. Ich habe versucht die Armada zu photographieren, aber es blieb bei einem Versuch: Der Schneefall war einfach zu heftig.
Daraufhin machte ich mich auf den Rückweg in Richtung Cortina. Im "Sporthotel Pocol" wurde ich fündig und bekam ein Einzelzimmer mit Frühstück für 45 Euro. Um 22:30 Uhr hatte ich diesen netten Ausblick von meinem Zimmer.
Fazit: Der Passo Giau ist eine der interessantesten Bergstrassen in den Dolomiten. Abseits der großen und bekannten Hauptrouten ist er im Sommer wie auch im Winter eine Spezialität, die ihresgleichen sucht!
Fortsetzung folgt:
Tag 3 von 6, DSB "Forcella Nuvolao" (Leitner 1973) und DSB "Forcella Staunies" (Leitner 1968)
* In eisigen Höhen *