Eines der wenigen wirklich interessanten Ereignisse, die sich in diesem Winter für mich boten und über die man berichten könnte, kündigte sich mit einer Nachricht von Starli an.
Er frug nach einem Frühlingswochenende, für das sich bereits ein Lombardischer Gipfel in meinen Gedanken befand.
Eigentlich war in dieser schneearmen Saison noch kurz zuvor kaum davon auszugehen, dass die Verhältnisse eine genüssliche Befahrung seiner Hauptabfahrten überhaupt zuließen. Doch am Ende genügten wenige, späte Schneefälle doch aus, um eine ausreichende und im oberen Breich sogar fast großzügige Auflage zu bilden.
So kam es dazu, dass wir gen Madesimo reisten, um in der Schwebebahn den Pizzo Groppera zu fahren, dessen Zugänglichkeit und Befahrbarkeit seiner Abfahrten nicht unbedingt zu den Selbstverständlichkeiten des Skialltages gehören.
Aber wie es eben so oft ist, sind nicht alltäglich und in vorprogrammierter Normiertheit erreichbare Ziele auch die, die nicht alltägliche Eindrücke, sondern ihre ganz eigenen Bilder in unseren Gedächtnissen hinterlassen. Bilder, die andere Skigebiete oder Sektoren in ihrem perfekt normiertem Ausbau längst verloren haben.
In der folgenden Bildersammlung werden nur die für mich besonderen Eindrücke dokumentiert. Auf eine Darstellung von Bereichen, die auf mich keine Faszination auswirken, wird weitestgehend verzichtet.
So führte uns unser Weg schließlich zur Cima Sole, wo der verbleibende Teil des ursprünglichen Skigebietes von Madesimo beginnt und wo wir das Einschweben der Seilbahnkabine beobachten.
Stillegung, Unzulässigkeit, Unerwünschtheit - solche Gedanken schwingen heutzutage stets mit, wenn derartige Anlagen noch in Betrieb sind. Wir betrachten und dokumentieren.
Kurz darauf gleiten wir unserem heutigen Hauptziel engegen.
Über ein tiefes Tal entfiegen wir förmlich der Urbanisierung auf einen einzigen Mast zu, der den endgültigen Übergang in die hochalpine Landschaft markiert und deren Teil wir nun werden. In wenigen Minuten hat sich meine Umgebung vollkommen weg von so Vielem bewegt, was ich nun hinter mir lasse. Nur kühne Pendelbahnen vermögen dies so zu leisten. Derartige Erlebnisse lassen sich nicht durch weitere Technisierung erreichen, sondern entwickeln ihre Wirkung aus dem heraus, was sie sind. Hier ermöglicht uns minimaler technischer Aufwand ein Maximum an landschaftlichem Erlebnis, ein Maximum an Freiheit, ein Maximum an dem dem Erleben dessen, was bereits da ist und da war, bevor die Bahn gebaut wurde. Der Sonne entgegen geht es hinauf, wo uns ein kleines Bollwerk, welches hier seit vielen Jahrzehnten dem rauhen Klima trotzt, empfängt.
Oben angekommen inspizieren wir kurz die Station, deren Inventar und Zustand unmissverständlich dokumentieren, dass hier Generationen von Skifahrern und Aussichtsgästen zugegen waren und sind. Vorsommerliche Skifahrer und Sommergäste waren einst hier; heute aber bleibt der Zugang zur Station meist verwehrt. "Nur" im Winter noch wird die Bahn betrieben.
Doch diese Station ist nicht nur ein isolierter Außenposten, sondern auch der Zugang zu einem vollkommen abgeschiedenen Kleinod, das zum skifahrerischen Verweilen einlädt und wo wir zunächst fahren werden.
So verlassen wir die Station und richten uns gen...
Nach wenigen Abfahrten genießen wir die Panoramen, die sich hier oben bieten. Die Blicke hier auf der dem Tal abgewandten Seite reichen von Val Di Lei und Passo Angeloga, über deren Tiefen sich der Pizzo Stella erhebt, bis über den Comer See hinaus.
Doch irgendwann wird es Zeit, den Tunnel unterhalb des ehemaligen Piratensenders "Radio24" zu inspizieren. Dieser Sender sollte füher die Medienlandschaft der Schweiz nachhaltig zum Liberalen hin beeinflussen.
An den beiden Tunnelausgängen bietet sich auch die Möglichkeit, in die Abfahrtsklassiker von Madesimo einzufahren. Hier beginnen die beiden Routen Canalone und Camosci. Allein für diese beiden Relikte der Skikultur lohnt sich der Besuch des Gebietes bereits.
Und so fahren wir nach der Tunneldurchschreitung die Canaloneabfahrt. Ein kleines Plateau am Ausgang markiert das Ende des gangbar gestalteten Bereiches. Ab hier gibt die Natur das Gelände vor - und das könnte besser kaum sein. In weiten Hängen beginnend schnürt sich das Gelände zu einem Korridor zusammen, der wiederrum in einem weiteren Hang mündet. Aufgrund der Schneelage ist auch der Auslauf der Abfahrt dieses Jahr eher schmal und teils von Felsen durchsetzt, die sich jedoch problemlos umfahren lassen. Auf ungefähr 900 Höhenmetern bieten sich verschieden geformte Hänge teils mit Muldenprofil.
Durch die Faktoren, dass die Piste nur mittig markiert ist, keine Geländeplanierung vorhanden ist und keine Präparation stattfindet, bettet sich die Route wunderbar dezent in das Gelände - mit auslaufenden Rändern ist sie kein Fremdkörper, sondern nur die Antwort auf das natürliche Potential.
Nach der Abfahrt fällt der Blick zurück zur Funivia, mit der wir wieder heraffahren werden.
Von der Cima Sole, wo wir die nächste Bergfahrt antreten, hat man einen schönen Überblick über den Schlusshang der Abfahrt.
Wieder in der Zivilisation angekommen, lassen wir diese bei der nächsten Auffahrt gleich wieder hinter uns.
Später befahren wir die weiten Hänge der Camosciroute die westlich der Canalone verläuft und später in selbige mündet, gleichzeitig unsere letzte Gipfelabfahrt für heute.
Für Freerider beginnt bekanntermaßen westlich hiervon ein großes Terrain, welches noch ungleich mehr Potential höherer Schwierigkeit bietet.
Nach einem Blick zurück auf das Terrain und die halb aufgegebene Mittelstation "Cima Sole" fahren wir ab.
Hoffentlich wird sich die Gelegenheit, diese Bahn und ihre Abfahrten zu nutzen, auch in Zukunft noch bieten.
com/Bilder/it/lo/md/0412/139-022//www