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::: Carpathia [ -2010- ] ./reportagen-f8/-carpathia-2010--t2194.html |
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Autor: | ::: trincerone [ Mi, 17.02.2010, 20:29 ] |
Betreff des Beitrags: | ::: Carpathia [ -2010- ] |
In weniger als 48h sind wir hoffentlich in den Südkarpaten, Ausgangspunkt einer hoffentlich spektakulären Reise. Wie schon in ::: Polaris hoffe ich Euch ein wenig von unterwegs teilhaben lassen zu können. |
Autor: | ::: trincerone [ Do, 18.02.2010, 18:11 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
So, jetzt bin ich im Zug von München nach Rosenheim. Der ICE von Hannover nach München war mal wieder hoffnungslos überfüllt - und das trotz der extremen Preise der Bahn. Irgendwie faszinierend, in 4h am Alpenrand sein zu können, aber auch anstrengend unter diesen Umständen. Eigentlich hätte ich auch fliegen können, das wär gar nicht mal teurer, aber da würde mir die heutige Nachtfahrt nach Rumänien entgehen. Ansonsten ist hier nicht viel los, ich bin froh im Nahverkehrszug zu sein, da ist es ruhig und bequemer als im ICE. Was mich jedesmal nervt, ist der Kopfbahnhof in MUC, vor allem wenn man dann auf die Seiten-Gleise muss, die vor der Halle liegen. Das ist schon ziemlich weit, und mit zwei Paar Schiern, Schischuhtasche und GI-Rucksack, der heute erst gekommen ist und daher nach besch... sitzt, weil ich ihn noch nicht richtig einstellen konnte, ist das so eine Sache. Und nun ja, in Kufstein darf ich für das letzte Stück nach IBK noch einmal umsteigen, das wird auch wieder lustig, aber gut, das ist nun wirklich auch nicht soooo ein Thema, wär ja albern, sich da jetzt anzustellen. Ok, ich hab Durst, erstmal trinken... und noch mal ein bisschen ruhen... ... die nächste Nacht wird krass!! P.S. Ganz schön viel "hoffentlich" im ersten Beitrag... |
Autor: | Mt. Cervino [ Do, 18.02.2010, 18:23 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Cool, ich freue mich schon auf die Berichte aus den Karpaten die die meisten Leute sicher nicht als klassische Skiregion ansehen. Aber das ist ja da interessante hier an den Berichten: Je exotischer, desto besser... Bist du dann ab Innsburck eigentlich mit Starli unterwegs? Ich dachte ja, dass er nun doch nicht nach Rumänien wollte sondern eher Bulgarien und Griechenland anfahren wollte weil die Schneesituation in Rumänien etwas mau sei? Oder hab ich da was falsch verstanden? |
Autor: | Thun [ Do, 18.02.2010, 19:16 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Eigentlich sollte ich ja z. Zt. lernen - jetzt weiß ich, was mich davon ablenken wird. Wünsche auf jeden Fall ganz viel Spaß und hoffe auf einige coole Berichte! |
Autor: | ::: trincerone [ Do, 18.02.2010, 20:02 ] | ||
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] | ||
hey, danke Euch!! Gleich in IBK. Fahre mit Krisu, quasi parallel zu Starli - was etwas lustig ist, vielleicht kreuzen sich ja die Routen. PS: UMTS rules..
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Autor: | Dachstein [ Do, 18.02.2010, 20:07 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
::: trincerone hat geschrieben: PS: UMTS rules.. Das sagst du - ich hab heut' gut eine halbe Stunde zum Einloggen gebraucht.... Und wieder mal gaaaaaaanz typisch: du kommst nach Innsbruck, ich bin nicht da. Dennoch, viel Spaß am Ende der Welt. MFG Dachstein |
Autor: | starli [ Fr, 19.02.2010, 13:37 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
::: trincerone hat geschrieben: hey, danke Euch!! Gleich in IBK. Fahre mit Krisu, quasi parallel zu Starli - was etwas lustig ist, vielleicht kreuzen sich ja die Routen. WIE ICH MEINE LUXUSPROBLME HASSE :-) Hab gestern bzw. heute nacht bis 3 Uhr rumüberlegt, ob ich nicht die Fähre nehm, ob ich dann von Venedig bis Patra fahr, ob ich evtl. auch retour über die Fähre fahr und Rumänien gar nicht mach, hab ich mich dann eigentlich entschieden, Samstag früh Nevegal mitzunehmen, in Venedig die 17 Uhr Fähre zu nehmen, den ganzen Sonntag auf See zu sein und am Montag früh um 5 in Patra anzukommen.. .. und jetzt? Hab ich mich wieder umentschieden, ein finales Mal, die Strecke ist gebucht, ich werd morgen am Samstag "irgendwo" in Italien skifahren, wo's Wetter passt, danach geht's vmtl. nach Marche, wo ich am Sonntag vormittag noch irgendwo skifahren werde - z.B. Bolognola, wo ich schon 2 oder 3x bei gschlossenen Liften vorbei fuhr, oder Monte Catria, die diesmal alle Abfahrten offen haben und dank sonnigem Wetter am Sonntag könnte es dort auch ein gutes Meer-Pano haben .. Um 16 Uhr geht's dann am Sonntag von Ancona nach Griechenland (nach Igoumenitsa), meine erste Nacht auf hoher See (da bin ich mal gespannt, hab mir vorsorglich die teurere Außenkabine geleistet, die Überfahrt kostet dann inkl. Einzelzimmer 178,-) und am Montag früh um 8:30 sollte ich dort ankommen und werd gegen Mittag in irgendeinem Skigebiet in der Gegend sein. D.h. ich werd erst Griechenland abgrasen und erst am Wochenende nach BG wechseln (Samstag oder Sonntag Vitosha), daher werden sich die Wege mit Trinc&Kris wohl eher nicht kreuzen, die werden zu dem Zeitpunkt schon wieder daheim sein? |
Autor: | ::: trincerone [ So, 21.02.2010, 22:15 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
::: Zorin [ Teil I ] Über die Autobahn gleiten wir nach Südosten, das Inntal wieder hinab. Hinter Kiefersfelden kürzen wir ein Stück durch Oberbayern ab, dann folgen wir der Autobahn Richtung Salzburg. Auf dem Rasthof dort werden wir bombardiert mit Amadé-Werbung, wir widerstehen der Versuchung. Auf der Westautobahn empfängt uns dichtester Nebel, Lieferwagen der Kurierdienste schießen links an uns vorbei, während wir bei Sichtweiten von kaum fünfzig Metern nicht mehr als 80 km/h wagen wollen. „Was machen wir eigentlich, wenn das jetzt bis Rumänien so weiter geht?“ meint Kris nachdenklich. „Ach was, das‘ bloß die Senke hier…“ entgegne ich. Weit nach Mitternacht erreichen wir St. Pölten, Wien, gegen drei Uhr morgens die ungarische Grenze, der Nebel ist so dicht wie eh und je. Es ist um die fünf Uhr morgens, als Kris auf einem Rasthof südlich von Budapest hält, ich übernehme das Steuer. Immer noch ist der Nebel so dicht, dass man kaum den nächsten Reflektor erkennt. Schemenhafte Rücklichter vor uns, dann plötzlich leuchtet der Nebel auf im kaltem Blau, flackert das diffuse Licht: ein Einsatzfahrzeug überholt uns. Ich werde unruhig, eine undefinierte Ahnung mahnt mich zur Vorsicht, irgendetwas ist dort von vorn geschehen. Ich werde langsamer und langsamer, keine 40 km/h mehr zeigt der Tachometer. Dann plötzlich, Schemen, ein hünenhafter Schatten erscheint rechts: um umgestürzter LKW liegt auf der rechten Spur, wie ein toter Koloss. Weiter und weiter gleiten wir durch den düsteren Nebel, schier endlos, und doch nur wenige Kilometer. Irgendwan werde ich gewahr, dass sich dessen Farbe langsam und sanft, aber unaufhaltsam ändert. Nach tausend Kilometern in der Nacht, die Dämmerung... Gegen Sechs spüren wir das erste Licht, fünfzig Kilometer sind es noch bis Szeged, Grenzstadt zwischen Ungarn, Serbien und Rumänien. Der Morgen wird heller, bricht durch den Nebel, zauberhafte Dämmerung im südöstlichsten Ungarn. Wir verlassen die Autobahn, durchfahren Szeged, erste monumentale Zeichen sozialistischer Vergangenheit. An einem kleinen Grenzübergang, abseits der Hauptrouten der LKW, queren wir die Grenze: Rumänien. Weite Landstraßen, Kilometer um Kilometer, vereinzelte Dörfer, Kolchosen, weite flache Lande. In der ersten größeren Stadt, in Sânnicolau Mare, legen wir gegen Neun eine Pause ein, organisieren rumänische Lei, trinken einen Kaffee. Dass Béla Bartók hier geboren wurde, weiß ich in diesem Moment ebensowenig wie die Tatsache, dass die Stadt lange ungarisch war und erst 1920 zu Rumänien gelangte. Gegen Zehn brechen wir erneut auf, Stunden um Stunden durch die einsamen Weiten der westrumänischen flachen Lande, passieren Timişoara. Dann schließlich ändert sich der Horizont: weiße, lichte Höhen, an deren Fuße die Stadt Caransebeş liegt, einst äußerstes Ende Österreich-Ungarns. Es ist schon bald Zwei als wir in deren engen Straßen den kleinen unscheinbaren Abzweig mit dem Wegweiser „Telescaun Muntele Mic“ entdecken. Über Kopfsteinpflaster und dann zerissene Betonplatten folgen wir der alten, desolaten Straße Richtung Osten, in die Berge. Marode Brücken, das Dorf Barlova, das trotz präsenter Armut auch Ästhetik erkennen lässt, ein wundervoller rauschender Bach kommt uns das Tal hinab entgegen, trostlos einzig die Unmengen Plastik. Schon seit Ewigkeit haben wir keinen Wegweiser mehr gesehen, das Navigationsgerät kennt die Straße nicht, wir können nur hoffen, noch auf dem richtigen Weg zu sein. Der marode Beton ist desolatem Asphalt voll tiefster Schlaglöcher gewichen, mittlerweile – die letzten Behausungen sind längt weit hinter uns zurück – gibt es nur eine unbefestigte Schlaglochpiste, vom Wasser zerfressen, vom Regen weggespült. Halb umgestürzte Bäume kragen auf die Straße, keine anderen Fahrzeuge sonst weit und breit. Wir fragen uns ernsthaft, ob dies die richtige Straße sein kann, und wenn ja, ob der Lift nicht seit Jahrzehnten brach liegt. |
Autor: | ::: trincerone [ Mo, 22.02.2010, 8:12 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
::: Zorin [ Teil II ] Meter um Meter quälen wir uns im Schritttempo in die Berge hinauf, ich kann mir kaum noch vorstellen, dass sich irgendjemand diese Straße herauf bemüht, um schifahren zu gehen. Hinter einer Kurve passieren wir die große Geröllhalde irgendeines Aushubes unter Tage, dann wird die Straße etwas besser. Noch etwa ein Kilometer folgen wir ihr, bis urplötzlich hinter dem nächsten Vorsprung das rote Dach der Talstation des Sesselliftes erscheint. Der Parkplatz ist gut gefüllt, mit Autos und sogar Bussen! Die alten Zweiersessel der Anlage kreuzen still die Straße. Ein alter Dacia steht auf dem Parkplatz. Mittlerweile ist es fast drei Uhr. Wir steigen aus, erkunden den Ort. Faszinierend ist die Talstation, ob des wenigen Platzes geschickt in das Bachbett auf eine Brückenkonstruktion gesetzt. Kris fühlt sich an Laveno erinnert, auch meine Gedanken sind gleich dorthin geschweift. Die Anlage ist frisch restauriert, macht einen sehr interessanten Eindruck, in Silber und Orangerot. Errichtet wurde sie um 1976 von einem rumänischen Hersteller. Auf der Einstiegsplattform treffen wir einige Leute, einer spricht Deutsch und Italienisch. In der Hand hält er einen gigantischen Schraubenschlüssel. Wir kommen ins Gespräch. „Wir haben ein Problem mit einem Schlepplift oben, darum fahr ich jetzt rauf.“ - „Können wir oben schifahren?“ – „Ja, das geht. Aber heute ist es schon ein bisschen spät.“ – „Und kann man oben auch übernachten?“ – „Ja, wir haben ein Hotel.“ Alles klar! Wir ziehen uns um, holen Gepäck und Schi, 40 Lei kosten Berg- und Talfahrt pro Person, das sind zehn Euro. Dafür bekommt man eine einmalige Fahrt durch die einsamen Ausläufer der Südkarpaten, 3490m Strecke auf dem längsten Sessellift Europas, vielleicht der ganzen Welt überhaupt. Das Einsteigen allein hat etwas von einem Stunt. Vier Angestellte des Liftes sind daran beteiligt, halten den Sessel zum Einstieg, laden die Schi in die Köcher, das Gepäck gestapelt in den folgenden Sessel, stellen sich vor den herannahenden Sessel mit einer Decke, die sie zuwerfen, bevor sie im letztem Moment zur Seite springen. „KlackKlackKlackKlackKlack“ – wir sind in der Luft. Aus dem kleinen engen Tal schwingt sich der Lift durch den lichten Laubwald auf einen ersten Hügel, viel Schnee liegt hier noch nicht, aber wir sind auch noch sehr niedrig. Die Anlage fasziniert in Farbe und Formensprache, Simplizität und Einfallsreichtum. Gleichermaßen besonders ist die Geräuschkulisse, das vertraute Quietschen der Einlagegummis, das metallene präzise Klackern der Niederhalterrollen. Irgendwie ist es – fast ironisch mag man meinen – ein wahnsinnig schönes Naturerlebnis so ohne Eile durch diese unglaublich einsamen Wälder zu gleiten. Bäche rauschen zwischen den Stützen hinab, Täler queren die Trasse, kaum ist man über den ersten Höhenrücken hinweg, sind Straße und Talstation außer Sicht, hat man den Eindruck hundert Kilometer von Zivilisation entfernt zu sein – Carpathia! Krasse geringe Überfahrtshöhe an manchen Stellen, teilweise streifen auch die Äste der Bäume die Beine. Zu unserem Erstaunen erreichen wir bald auf einem weiteren Höhenrücken ein kleines Gebäude neben der Trasse, das entfernt an ein Wärterhäuschen eines Schleppliftes erinnert. Rauch steigt aus dem Schornstein, tatsächlich sitzt dort jemand, wir grüßen, der Gruß wird freundlich erwidert. Wir spekulieren etwas über den Sinn dieses Postens, später erfahren wir, dass die ganze Strecke durch solche Streckenposten überwacht wird. Gleichzeitig kommt in einem talwärts fahrenden Sessel ein Bediensteter des Liftes uns entgegen, er albert mit dem Streckenposten herum und – Pflatsch! – landet der erste von mehreren gut gezielten Schneebällen auf seiner Schulter. Noch drei weitere Treffer muss der Arme einstecken, bis er endlich außer Wurfweite ist. Streckenposten. Die Trasse verläuft nun erst einmal mit wenig Steigung, quert Täler, bis sie einen weiteren bewaldeten Höhenrücken erreicht. Hier steht der nächste Streckenposten und auch ein hölzerner Einstieg in den Lift findet sich. Ein schneller Blick nach links lässt mich erkennen warum: eine Piste kommt von oben hinab und mündet an dieser Stelle auf die Lifttrasse. Bei besserer Schneelage muss es genial sein, hier hinab zu fahren, Spuren lassen erkennen, dass dies diesen Winter schon der Fall gewesen ist. Der Lift gewinnt nun zusehends an Höhe, die Bäume werden kleiner, die Landschaft karger, der Blick wird frei auf die 2000er im Osten, der höchste Punkt dieses Teils der Karpaten, wie uns unser späterer Wirt aus dem Sessel vor uns zuruft. Die Landschaft ist weit hier oben, ein schier endloser weißer Höhenrücken, unterbrochen einzig durch die Stützen des Liftes. Gut fünfundzwanzig Minuten sind wir nun unterwegs, der Wind frischt auf, trifft auf die ungeschützte Lifttrasse. Am Gipfel wird eine weitere Station sichtbar, ein kleiner Seillift daneben, eine Rampe für den Ausstieg. Hier befindet sich also der Ausgangspunkt für die Piste zurück zur zweiten Mittelstation. Von Westen zieht eine Warmfront herein, ihre Sturmböen peitschen gegen den Lift, stellen die Sessel schräg in der Luft. Mit zunehmender Höhe wird der weiße Rücken des Muntele Mic im Hintergrund sichtbarer, mit seinen zwei Schleppliften. Der hintere, längere ist heute außer Betrieb, der vordere aber läuft. Wir passieren die Mittelstation am höchsten Punkt, der Sturm pfeift über die Hochfläche, der Lift verliert wieder an Höhe, sinkt hinab in das Hochtal, da neben den Schleppliften ein Ansammlung von Hotels beherbergt. Einige neuere sind darunter, in leuchtenden Farben, aber etwas kunterbunt zusammengewürfelt. „Hier baut jeder wie er will – leider!“ erklärt unser Wirt später. Daneben steht ein düsteres Monument einer andere Ära: das seit Jahrzehnten verlassene Hochhaus des ehemaligen Hotel Sedes ragt bedrohlich in den Himmel. „Sowas bringt nur der Kommunismus hervor“, kommentiert er mit einem verächtlichen, vielleicht auch etwas traurigen Kopfschütteln. Sturmböen. Wir springen aus dem Lift, die Schi werden entladen, unser Gepäck zusammen mit anderen Dingen aus dem folgenden Sessel geholt. Kris schaut etwas kritisch. „Wo ist mein Rucksack?“. Oh, das ist nicht gut, da sind neben diversen anderen wichtigen Dingen auch Autoschlüssel und iPhone drin. Wir schauen die Bilder von unterwegs an, auf den ersten liegt er noch deutlich erkennbar auf dem Sessel hinter uns oben auf. Dann ist der Rucksack jedenfalls hinter uns verladen worden. Das bedeutet dann aber auch etwas anderes noch: der Rucksack ist irgendwo auf den 3492m aus dem Lift gefallen. Das darf nicht wahr sein, was bitte machen wir denn jetzt? Wir schildern unser Problem, ein kurzes Telephonat, der Streckenposten weiß Bescheid: der Rucksack ist durch den Sturm auf den letzten Metern aus dem Lift gefallen. Sofort macht sich einer der Liftbediensteten mit einem Seil im nächsten Sessel auf –es sieht fast so aus als würde er sich zum Rucksack abseilen wollen. „Sie bringen den Rucksack später zum Hotel, kommen Sie“, sagt unser Wirt. Er führt uns aus der Station, den Weg entlang in Richtung der Schlepplifte. Ein faszinierendes Ambiente hier oben, rumänische Dancemusik, ein Schlepplift ohne Trasse mit gelblackierten Stützen aus den 70er Jahren und dazwischen ein buntes Treiben junger Rumänen, die ersichtlich eine Menge Spaß hier oben haben. Wir erreichen schließlich das Hotel direkt am Fuße des hinteren Schleppliftes, eine Doppelmayr-Anlage. Die Seilscheibe liegt neben dem Lift, das Seil ist abgespannt, mehrere Leute sind beschäftigt an dem Lift herum zuarbeiten. „Ciao Zorin“, unser Wirt lebhaft begrüßt. Sie wechseln einige Worte, Zorin gibt ein paar Anweisungen, wie es scheint. Dann erzählt er ein bisschen. „Wir hatten vor etwa zehn Tage einen Lagerschaden an der Seilscheibe. Dann mussten wir Seilscheibe und Getriebe ausbauen. Zu dem Zeitpunkt lagen hier noch gut 1,50m Schnee. Der Traktor, den Du da siehst, der ist überhaupt erst seit wenigen Tagen hier. Vorher mussten wir von Hand arbeiten. Also haben wir einen Bock gebaut, und dann die Seilscheiben mit Getriebe von Hand abgelassen.“ Wir sind beeindruckt. „Hier oben muss man manchmal improvisieren. Das Lager saß in der Seilscheibe so fest, das haben wir mit einer 100t Presse nicht ausgepresst bekommen. Das ging nur mit viel Geduld, erhitzen, abkühlen, erhitzen, abkühlen und so weiter. Na ja, jetzt sind wir fast fertig, ich denke heute abend läuft der Lift.“ Er grinst. Ich bin gespannt noch sieht das alles nicht sehr fertig aus, aber das Engagement und Improvisationstalent der Leute fasziniert mich! Man sieht die Spuren des Erhitzens noch deutlich. Eine blonde, sehr chique Dame kommt zu uns. „Das ist meine Frau. Sie wir Ihnen die Zimmer zeigen.“ Tatsächlich gibt es noch genug Dinge hinsichtlich des Liftes zu besprechen, so dass es einen Moment dauert, bis wir zu den Zimmern gehen. In einem Holzchalet befinden sich um Untergeschoss einige Räume. „Das große Hotel links am Lift, das habe ich gekauft als wir hierher gekommen sind“, erzählt Zorin. „Aber das hier…“, er deutet auf das Holz um uns, „daran hängt mein Herz.“ Wir bringen unser Gepäck unter, treffen Zorin vor dem Haus. „Wenn Ihr wollt, dann kommt nachher ins Restaurant, dort treffen wir uns.“ So brechen wir zu einem Erkundungsgang auf. Eigentlich sollte das alles hier oben – wie vielleicht auch auf den Bildern – düster und melancholisch wirken, mit dem wenigen Schnee, den halbfertigen neuen Häusern, den teils noch nicht renovierten älteren Gebäuden. Aber das tut es nicht! Denn die Stimmung ist eine andere: man spürt, dass sich die Dinge hier bewegen, Aufbruch steht an, die Stimmung ist insgesamt sehr locker und gelassen. Ein bisschen denke ich an das 3A. Eine wunderbare Improvisation ist der Schlepplift mit den gelben Stützen. Insgesamt vier verschiedene Bügel können wir beobachten: Kurzbügel aus Holz, längere Bügel aus Plastik, Teller und Ultra-Mini-Bügel, die wohl aus abgebrochenen Plastikbügeln entstanden sind. Die Leute steigen direkt am Weg ein und fahren durch die passierenden trubligen Massen mitten hindurch. Manchmal zu zweit, manchmal allein, dann gibt der junge Typ am Lift die Bügel gleich so an, dass man sie zwischen den Beinen durchstecken kann. Am Ausstieg oben führt das gerne zu spektakulären Stürzen der Kids, die den Bügel dort nämlich alleine nicht mehr ohne weiteres wegbekommen. Aber das scheint zur Reifeprüfung des Schifahrens in Rumänien dazu zu gehören. Einmal stellt sich einer der vielen Schlittenfahrer bei einem Schifahrer hinten mit auf die Schi. Genau zwei Meter schaffen es die beiden, dann reißt der Bügel vom Seil und sie liegen im Schnee. Dass überhaupt so vielen den überhaupt nicht trivialen Einstieg über die Steilstelle, wo die Straße aus dem Schnee gefräst wurde, in den unplanierten Hang darüber und trassenlos bis oben schaffen, finde ich faszinierend. Scheinbar schult all das, ich finde es großartig, gemeinsam lachen wir über die all die schwachsinnigen Diskussionen bei uns daheim über automatische Schließbügelsysteme und Ampeln am Ausstieg. Das alles ist hier so weit weg, dass es einem nur absurd vorkommen kann. Dann laufen wir zum Hotel „Sedes“, dem düsteren Koloss aus der Ära Ceauşescus. Er eignet sich genial für düstere Photos, steht aber eigentlich in totalem Kontrast zu der realen Stimmung hier oben und auch abseits genug, um nicht wirklich Teil des Ortsbildes zu sein. Als Photomotiv hingegen ist es genial. Ein paar alte Liftreste liegen dort ebenfalls gelagert. Ein niemals aufgestellter Lift eines Vorgängerversuchs, das Gebiet zu reaktivieren, wie uns Zorin später erzählt Es ist sechs Uhr und dämmert, die Lifte laufen aber immer noch und immer noch herrscht buntes Treiben. Wir machen uns auf dem Rückweg zu unserer Unterkunft. Die Seilscheibe ist mittlerweile montiert, demnächst wird das Seil gespannt. Zorin kommt zu uns herüber. „Wart ihr schon im Restaurant? Nein? Dann kommt mal mit, dann können wir uns ein bisschen unterhalten.“. |
Autor: | Thun [ Mo, 22.02.2010, 8:55 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
So erhoffe ich mir das! Das ist doch schon mal ein hochspannender Einstieg. |
Autor: | Mt. Cervino [ Mo, 22.02.2010, 10:27 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Extrem cooles Ambiente an der Station und auch die Lifte pasen da perfekt dazu. Die DSB ist, so wie ich das auf den Bildern gesehen habe, eine Tal-Berg-Tal-Bahn. War mir bisher auch nicht klar. Habt ihr die verbogene Stütze an der DSB ausfindig machen können? Die sieht ja doch sehr abenteuerlich aus. Die Landschaft allerdings enttäuscht mich allerdings doch ein wenig. Alles sehr flach, mittelgebirgsmäßig und doch eher langweilig. Es war mir klar, dass die Berge da nicht wirklich hochalpin sind, aber ein bisschen steiler hätte ich mir das doch vorgestellt. Seid ihr mal in den Hochhaus reingegangen oder war das komplett verschlossen? Das hätte micht mal sehr interessiert wie es da drinnen aussieht. Bin gespannt wie es weitergeht... da gibt es ja noch so ein paar geile PBs in Rumänien... |
Autor: | k2k [ Mo, 22.02.2010, 11:39 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Tja, eigentlich sollte ich ja arbeiten und wollte nur kurz reinschauen, aber jetzt hab ich's doch ganz gelesen. Äußerst faszinierend mal wieder, genial... |
Autor: | ::: trincerone [ Mo, 22.02.2010, 20:32 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Danke! @Landschaft: Die 2000er sehen schon interessanter aus, auch wenn sie keine Felsen haben. Nur sind wir halt bei ziemlich schlechtem Wetter da gewesen. Auch ist das der Rand der Karpaten, die hohen Berge liegen weiter im Osten und sind auch spannender, selbst wenn es keine 3000er gibt. @Stütze: Es gibt keine derartige Stütze (mehr). Entweder wurde die ersetzt / gerichtet im Rahmen der Erneuerung (wobei es keine neue Stütze gab) oder es war doch ein Bildfehler. @PB: es gibt mehrere ganz ganz tollen in Rumänien, mehr demnächst hier. |
Autor: | moglrat [ Mo, 22.02.2010, 21:13 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Wirklich sehr genial. Das muss man fast einmal selbst erleben. Wie es in den alten Hotel innen aussieht würde mich auch interessieren. Freu mich schon auf die Fortsetzung! |
Autor: | 3303 [ Di, 23.02.2010, 15:25 ] |
Betreff des Beitrags: | Re: ::: Carpathia [ -2010- ] |
Mal wieder sehr geil. Mittlerweile gehen manche Berichte hier über das ohnehin schon enorm hochwertige "gewohnte Berichte über Skigebiete Schreiben" deutlich hinaus. Es sind eher Reportagen über Kultur und Gesellschaft im Hinblick auf Skigebiete, das Ganze fast schon in der Qualität einer hervorragenden, professionellen Reportage, wie man sie in entsprechenden Printmedien finden kann. Bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf dieser Live-Reportage. |
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