Wir stehen am großen verwaisten Parkplatz von Ciricilla und überlegen, wohin wir die Reise fortsetzen sollten. Der Abend war angebrochen, Hunger stellte sich ein und die Suche nach einer Unterkunft galt ebenso als primäres Ziel. Die Erkundungen der Sila waren soweit abgeschlossen und unser nächstgelegenes Ziel lag doch einige hunderte Kilometer weiter im Norden. Eine kurzfristige Überlegung, einen Abstecher ins gar nicht mehr soweit entfernte Sizilien, insbesondere der Region rund um den Ätna, zu wagen, verwerfen wir wieder. So beschließen wir uns nach Catanzaro auf den Weg zu machen, zumal es einerseits die nächstgelegene größere Stadt mit einer günstigen Anbindung an das Verkehrsnetz war und anderseits wir auch einmal Meeresluft schnuppern wollten. Kurz nach Ciricilla erreichen wir den Übergang des Colle Nérvo, immerhin 1426 Meter hoch, und selbige sollten wir bis Catanzaro (Marina) auch wieder verlieren. Eine gut ausgebaute Straße führte uns durch die Sila Piccola, ehe wir uns ab Taverna auf eine sehr kurvenreiche und mit engen Ortsdurchfahrten durchzogene Straße einstellen mussten. Die Landschaft bot ein sehr abstraktes Bild, waren doch viele Wälder durch die Wochen vorher wütenden Waldbrände arg in Mitleidenschaft gezogen worden. An manchen Stellen loderten sogar noch die Glutreste. Kurz vor Anbruch der Dämmerung erreichten wir Catanzaro, eine Stadt die aufgrund ihrer Hügeligkeit und ihren steil abfallenden Täler durchaus an Genua erinnert - wenn auch auf den ersten Blick topographisch mehr strukturiert und weniger chaotisch. Als Wahrzeichen kann man wohl die Ponte Bisantis bezeichnen, eine 110 hohe und 468 Meter lange Bogenbrücke über das Fiumarellatal, die zwei Ortsteile von Catanzaro miteinander verbindet und innerstädtisch als Hauptachse dient.
Je mehr wir uns der Bucht von Catanzaro nähern, desto chaotischere Verkehrsbedingungen stellen sich ein. Kurz vor Catanzaro Marina ging gar nichts mehr, wir stecken in einem kilometerlangen Stau. Die Stimmung ist am Kippen, es ist bereits stockdunkel und die Suche nach einer Unterkunft samt Mahlzeit verzögert sich weiter. Fast wie eine Erlösung erschien uns nun das Erreichen der verdammten Kreuzung, die den Verkehr völlig zum Erliegen gebracht hatte. In den verwinkelten und engen Gassen des Lidos von Catanzaro steuern wir auf den nächstbesten Parkplatz zu und die Vielzahl an kulinarischen Einrichtungen tun ihr Übriges... wir sind gerettet! Es ist kurz nach Mitternacht, als Monika und ich uns todmüde ins Auto zurückziehen. Zum Erstaunen aller schnappt sich Thomas seine Badeausrüstung, marschiert schnurstracks auf die Strandpromenade zu und findet sich wenig später im Meer wieder, wohl in der Absicht, wieder alle seine Lebensgeister zu aktivieren. Respekt! Entgegen aller ursprünglichen Pläne beschließen wir, zu einer weiteren Nachtfahrt anzutreten und den Berechnungen nach sollten wir am frühen Morgen das Schigebiet von Campitello Matese erreichen. Gesagt, getan und um Punkt 7:11 Uhr (so steht es in den Unterlagen geschrieben) finden wir uns am großzügigen Parkplatz des Hochplateaus von Campitello wieder.
Der Vollständigkeit halber die Route, die wir in der Nacht zurückgelegt haben: Catanzaro (Schnellstraße 280) - Knotenpunkt S. Eufemia mit A3 - A3 über Cosenza bis zum Autobahnkreuz Salerno - weiter über die A16 bis zum Autobahnende in Benevento - über eine gut ausgebaute Straße (Nr.88/87) nach Bojano bis zum Abzweigungspunkt in San Massimo - von dort die Passtrasse hinauf nach Campitello Matese
Stellvertretend für die vielen Autobahnkilometer der Klassiker von Kraftwerk aus dem Jahre 1974. Nur am Rande sei erwähnt, dass vor kurzem sämtliche Krafwerk Alben (abgesehen von der Frühphase) remastered und neu aufgelegt wurden.
V. Das Schigebiet von Campitello Matese
Monti del Matese mit der höchsten Erhebung, dem Monte Miletto (2050 Meter) von der Ebene nahe Bojano aus gesehen
Ich kann mich noch gut an den Moment erinnern, als wir aus dem Auto ausgestiegen sind. Völlig geschlaucht haben wir uns auf eine kurze Liftbesichtigung geeinigt, in den Köpfen sahen wir uns alle bereits auf dem Monte Miletto. Nur ausgesprochen hat es niemand. Was blieb uns denn bei diesem Wetter auch anderes übrig? Das Schigebiet ist schnell erklärt - in unterschiedlichen Längen verteilen sich vorwiegend Sessellifte unterhalb des Gipfelkammes. Mehr dazu unter: http://www.campitello-matese.it/ Nostalgiker und Raritätensammler sind hier im Grunde genommen fehl am Platz, abgesehen von den Schleppliften muss man Campitello als modernes Schigebiet bezeichnen.
Die Hochebene knapp über 1400 Meter gelegen ... und Ebene kommt eben von eben
Leitner Old School: Tellerlift Scuola
Nicht alltäglich im Apennin: 4KSB Del Caprio
Wir entschieden uns gemütlich über die Pisten bergwärts zu wandern, das erste Mal erscheint die markante Infrastruktur von Campitello im Überblick. Ein Motiv, das uns bis zum Gipfel verfolgen wird.
Die Piste zieht steiler nach oben und wir nähern uns ...
... einer betagten Stütze des Schiliftes Capo d'Acqua, der sich am äußersten Ende des Plateaus befindet. Hersteller bereits erkannt?
Si, una Nascivera!
Ganz schön hohe Seilführung!
Monika und Thomas im Anstieg
Die Bergstation lädt zu einer kurzen Rastpause ein – die Müdigkeit war zu diesem Zeitpunkt bereits gewichen, die Sonnenstrahlen und das grandiose Panorama hauchen uns neue Lebensgeister ein.
Ein Traumtag, keine Frage
Seilbahntechnisch geht es nicht mehr höher, die Bergstation der 4 KSB del Caprio ist zum Greifen nahe.
Im Inneren der Station
Es sollte noch ein steiniger Weg bis zum Gipfel werden.
Hatten wir dieses Motiv nicht bereits öfters?
Erschöpft, aber glücklich hat Monika den 2050 Meter hohen Gipfel bezwungen
Die Ausblicke werden immer fantastischer, gleichzeitig öffnet sich der Blick auf den Lago del Matese
Verschwindend klein wird die Bergstation del Caprio, während sich der Verlauf der Straße zum Bocca della Selva beinahe in voller Länge abzeichnet
Bizarre Erhebungen sorgen für weitere Motive
Monika genießt noch einmal die grandiose Fernsicht, bevor wir endgültig zum Abstieg antreten.
Im Abstieg wird die Diretissima zur Sesselbahn Anfiteatro gewählt
Anfiteatro – nicht zu Unrecht wurde dieser Name gewählt
Zwischenstation
Die lange Strecke zum Amphitheater in karger Vegetation
4SB Piana, die wohl in erster Linie für Anfänger gedacht ist und entsprechend leichte Pisten versorgt.
Hersteller Poma Italia
Noch einmal queren wir die Trasse der Leitner Sesselbahn
Als wir gegen Mittag wieder unseren Ausgangspunkt erreichen, ist die morgendliche Stille einem lebhaften Treiben gewichen. Man bietet geführte Wanderungen auf Pferden an, öffnet die Bars und lädt die Katholiken zu einem Sonntagsgottesdienst im Freien an. Das alles tangierte uns nur mehr am Rande, der Kopf hatte bereits mit dem Monte Miletto abgeschlossen und – wie könnte es anders sein – unser primäres Ziel galt der Unterkunftssuche am nächsten Zielort. Bis dorthin war es – wie könnte es auch anders sein – noch ein weiter Weg. Fortsetzung folgt!
Zuletzt geändert von Alpenkoenig am Fr, 04.12.2009, 22:21, insgesamt 1-mal geändert.
Tolle Landschaft die mich mit ihren Felsformationen ein wenig an die Dolomiten erinnert. Auch das Skigebiet sieht interessant aus, da es bisher erst wenige einschneidende Modellierungen gibt. Ein steiler Schlepplift von der 4KSB Bergstation auf den Gipfel rauf würde das Skigebiet noch perfektionieren und viele neue Abfahrtsmöglichkeiten erschliessen.
Was ist das eigentlich für eine Hütte auf dem Berg? Da kommt man aber mit dem Lift nicht rauf?
Hey, find ich ein ziemlich cooles Schigebiet, die Remodellation an der KSB Bergstation und auf einer Piste (da aber leider zu heftig), sind jetzt erstmal die einzigen, die ich gesehen haben. Landschaftlich find ichs sehr cool und mit der Mischung der Anlagen ist es eigentlich genau der Typ Schigebiet, den ich mag. Fehlt so ein bisschen noch die C&T Gipfel PB...
_________________ ... the echo of a distant time ...
Das sind wirklich tolle Bilder die einem schön zeigen wie das Skigebiet ist. Die Gegend sieht ja interessant aus!!!! WErde wohl in meinen nächsten ITalienferien mal dort vorbeischauen ... sollte nicht allzu weit sein von San Benedetto d.T.
Diese superelegante brücke bei catanzaro...ist wohl die eleganteste beton bogenbrücke die es gibt...abgesehen von den imposanten ausmassen.... hat es vieles... die sich aufspreizende bögen, die sich ebenso V-förmig aufspreizenden fahrbahnstützen, die sich noch dazu filigran nach unten(!) hin verjüngen. Hier würde ich gerne mal nachts im bogen raufklettern, im scheitelpunkt einen guten vino aufmachen und über gott und die welt debattieren Ein verdacht im kopfe wer der geniale täter dieser brücke sein könnte ist sofort da, und google verrät es dann ganz: Ingegnere Morandi, der auch dieses sämtliche regeln der dauerhaften baustatik widersprechende brückenbauwerk bei genua gebaut hat...Ponte Morandi, ihr wisst schon welches das ist ...
Registriert: So, 08.01.2006, 22:37 Beiträge: 134 Wohnort: Wallsee
Mt. Cervino hat geschrieben:
Was ist das eigentlich für eine Hütte auf dem Berg? Da kommt man aber mit dem Lift nicht rauf?
Nein, mit dem Lift kommt man da nicht rauf, der Gipfelkamm ist nur zu Fuß erreichbar. Von der Bergstation der KSB del Caprio (1890 Meter) sind es noch gute 150 Höhenmeter dorthin. Die Hütte hat keinerlei Bedeutung für den Winterbetrieb, könnte sich um eine Wetterstation handeln, außen sind noch ein paar Antennen und Schüsseln angebracht. Aber eine kleine Gipfel PB vom Amphitheater aus wäre schon nett.
@Modellierungen – fand ich weiter nicht störend
Falls noch jemand einen nette Location für eine Trauung sucht ... siehe Menschenansammlung oberhalb des Zauberteppiches
missyd hat geschrieben:
sollte nicht allzu weit sein von San Benedetto d.T.
Drei Stunden Anreisezeit würde ich allerdings schon einplanen...
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