Intro
Wir schreiben Samstag, den 30.1.2005. Ich besuche meinen Vater in Canazei, der mit seinen rüstigen 68 Jahren mit dem Familien-Wohnmobil auf dem Camping-Platz steht, und vom Wintercamping und dem täglichen Skifahren einfach nicht genug bekommen kann. Es gibt wahrscheinlich weltweit keinen besser ausgenützten Saisonskipass als seinen? Nach einer frischen Nacht gondeln wir am nächsten Morgen mit der ersten Fahrt Richtung Belvedere und beschließen, heute einen Ausflug auf die Seceda oberhalb von St. Ulrich zu machen.
Er schickt mich wie üblich voraus, damit ich nebenbei ein paar Abstecher machen kann. Als Treffpunkt vereinbaren wir den Col Raiser, genauer gesagt, die Talstation der 4KSB Fermeda. Alles klappt wie am Schnürchen: Ich nehme auf dem Weg zum Col Raiser die samstags so herrlich freien Pisten wie die Rote am Piz Seteur, die Schwarze am Piz Sella und die beiden menschenleeren Roten am Ciampinoi mit. Wir treffen uns wie vereinbart um 11 Uhr an der Fermeda Talstation.
? Warum eigentlich diese Zeilen? ?
Damals noch nicht wissend, dass die nun folgende Liftfahrt eine Entscheidung zur Folge haben wird, die mir eine emotionale Urlaubsfahrt der Sonderklasse bescheren wird, setzen wir uns also in den schon etwas klapprigen kuppelbaren Sessellift. Und ich danke dabei der Liftgesellschaft, dass der Lift lang und auch nicht sonderlich schnell ist. Wir reden während der Liftfahrt über Wetter, Schneeverhältnisse, gute und schlechte Präparation und wie es wohl jetzt in anderen Skistationen aussehen mag. In dieser Unterhaltung schweifen wir auch in Historisches ab?
weißt Du noch, damals in Cervinia die 387 Treppen am Furggen? die grässliche, überfüllte Hütte an der Bocchetta delle Pisse in Alagna ? die gigantische Kulisse der Monte Rosa Ostwand in Macugnaga ? usw.
Ich habe schon öfter mal beim Blättern durch den Skiatlas an diese Tage zurückgedacht. Aber mit einer derart überwältigenden Erinnerung wie während dieser Liftfahrt wurde ich noch nie traktiert. Und so kam innerhalb weniger Sekunden der Entschluss: ich
muss dort wieder hin ? und zwar bald! Ich fragte also meinen Vater, ob er mir das Wohnmobil im besagten Winter 2005 für eine Woche überlassen könne. Er sagte, dass ihm das in diesem Winter schwer falle, weil er schon dies und das mit Bekannten ausgemacht habe, aber im nächsten Winter (2006) wäre das alles natürlich kein Problem.
Zunächst war ich durchaus pikiert, weil man ja als Pensionist auch noch umplanen könne, so wichtige Verpflichtungen könne es doch gar nicht geben, und es handle sich doch nur um eine Woche, die ich unterwegs wäre? etc. Ich ließ dann aber doch locker, weil die Schneelage 2005 im Südalpenraum bis dahin (und wie sich herausstellte auch später) eh nicht so doll war, ?buchte? aber das Wohnmobil fix für 2006 mit dem Zusatz, dass ich mich erst im Laufe der Saison `06 für den genauen Zeitpunkt entscheiden wolle. Mein Dad stimmte zu, und wir hatten eine prima Mittagspause auf der Seceda, auf die noch eine große Runde über das Grödnerjoch nach La Villa, weiter bis Lec da Sompunt vor Pedraces, und schließlich zurück über Corvara, Arabba nach Canazei führte.
Die Planung:
Soweit zur Vorgeschichte? mich lies der Gedanke an diese Woche durch die Südwestalpen den ganzen Sommer nicht mehr los, so dass sich auch meine Frau früh genug drauf einstellen konnte, dass sie mich mal für eine Woche entbehren muss (auf eine derartige Tour ist sie trotz ihrer Begeisterung fürs Skifahren wahrlich nicht scharf?
). Die Tatsache, dass ich diese Tour alleine machen konnte, vereinfachte die Planung logischerweise. Natürlich sollten alle Interessen einigermaßen gleichberechtigt zum Zuge kommen ? Traumpisten, viele Varianten, alte aber auch neue Liftanlagen, Top-Gebiete und versteckte Perlen, ?LSAP-gefährdete? Anlagen, und natürlich viel Italo-Style. Es musste also alles, was in 8 Tage reinpasst, auch reingepresst werden.
Ideal für die Tour erschien mir daher der Zeitraum vor den Osterferien. Ich bin ein bekennender "Ganz-Winter-Skifahrer", aber das Herz geht einem halt sonst kaum soweit auf, wie auf menschenleeren Pisten unter der Südalpensonne im April. Nach einigen Abstimmungen mit meiner Arbeit stand dann im März 2006 fest: Die Tour wird stattfinden im Zeitraum 29. März bis 5. April 2006. Zudem sollte die Route Rücksicht nehmen auf die besondere Situation am Monte Moro in Macugnaga (am Wochenende überteuerte Tageskarte, während der Woche nur tageweise Betrieb) und den starken Wochenendbetrieb im Turiner Raum. Daher fiel die Entscheidung folgendermaßen aus:
Mi. 29.3. Valdidentro
Do. 30.3. Madesimo
Fr. 31.3. Macugnaga
Sa. 1.4. Gressoney - Alagna
So. 2.4. Gressoney/Weismatten & Champorcher
Mo. 3.4. Cervinia/Zermatt
Di. 4.4. Sestriere
Mi. 5.4. Limone
und so ging?s dann auch los...