San Simone, 29.12.2005
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Nützliche Links:
http://www.sansimoneski.it/ ; offizielle Website
http://www.sansimoneski.it/images/mappa.jpg ; der zugebenermaßen eher mäßige Pistenplan; shift + click für ein separates Fenster mit Pistenplan zum hin und her wechseln beim Lesen des Berichts.
http://www.brembanaski.com/cartina_bremboski1.jpg ; kleinerer, aber dennoch meines Erachtens besserer Pistenplan.
Nach der schneereichen Anfahrt des gestrigen Tages erwartet uns heute ein strahlender Morgen. Herrlich tief verschneit ist das obere Val Brembana, in der Sonne ein Traum. Als ich auf den Balkon trete entdecke ich gegenüber auf dem Kamm das ehemalige Schigebiet von Piazzatorre. Man sieht den Einersessellift und die Doppelsesselbahn von MEB. Es hängen keine Sessel daran. Nachdem die Konzession für die Ovovia letztes Jahr auslief und noch kein Ersatz in Sicht ist, ruht der Schibetrieb hier - vielleicht für immer, es wäre nicht das erste Gebiet, das so endet. Ein seltsames Gefühl, letztes Jahr bin ich noch auf den herrlichen Hängen dort oben schigefahren, es war ein geniales Schigebiet - in Sachen Pisten wie in Sachen Lifte, landschaftlich beindruckend und gemütlich zugleich.
Von der Anfahrt noch etwas müde, fällt das Frühstück länger aus als geplant, der Tag schreitet voran. Als Ziel bietet sich daher heute San Simone an, ein kleines Schigebiet, das in einem landschaftlich sehr reizvollen Hochtal vis-à-vis von Foppolo ganz oben versteckt im Val Brembana liegt. Von Mezzoldo aus fährt man erst ein paar Kilometer talabwärts nach Piazza Brembana, wo die Straße nach Branzi abzweigt. Man durchfährt ein weites Tal mit schönem Blick auf die Berge gegenüber und errreicht schließlich eben jenen Ort Branzi, der quasi eine Art Basistalort für die drei hochgelegen Schiorte fungiert. Bis auf den Durchgangsverkehr ein ganz netter Ort, sehr italienisch halt, aber dafür sind wir ja schließlich in den Bergamasker Alpen.
Hinter Branzi steigt die Straße steil und eng in ausgesetzten Serpentinen an. Nach wenigen Kilometern zweigt die Route nach Carona ab, dessen Schigebiet mit dem von Foppolo verbunden ist. Weiter in Serpentinen und durch tiefer werdenen Schnee erreichen wir schließlich die Kreuzung, wo man links nach San Simone abfährt. Ein letzter steiler Anstieg und wir erreichen das Hochplateau, auf dem die Station in 1670m Höhe liegt.
Die Schigebiete des Val Brembana
San Simone ist ein etwas ulkiges Gebilde. Eigentlich eine typische Station vergangener Epochen, also ein riesiger Gebäudekomplex mit diversen Verbindungsgängen und wie viele seiner Schwesterstation mittlerweile etwas herunter gekommen. Da ihm aber gleichzeitig die Gigantomanie vergleichbarer Orte fehlt, wirkt er geradezu unscheinbar und ist auf den ersten Blick gar nicht sofort als Retortenstation auffällig.
Die Aussicht ist phantastisch hier oben, vor allem der Blick hinüber nach Foppolo und zum Monte Valgussera mit dem berühmten ultrasteilen Sacif Einersessellift. Das Schigebiet von San Simone liegt in einem hohen Talkessel unterhalb der Felswände des Monte Cavallo weitestgehend an Nord- und Osthängen. Infolge dessen ist auch schnell die Sonne weg, was das Schifahren doch etwas frisch und eisig macht. In den hohen Lagen ist der Schnee auch etwas windverblasen was teilweise für unangenehm steinige Pisten sorgt. Bei besserer Schneelage sind allerdings die Freeridemöglichkeiten beachtlich. Interessant auch, dass ein gemeinsamer Skipass mit Foppolo besteht, was für längere Aufenthalte interessant ist, da beide Gebiete nicht weit auseinander liegen. Ärgerlich wiederum, dass es keine Halbtagespässe in der Sylvesterwoche gibt, sondern neben Tagespässen nur Skipässe für ein bis vier Stunden. Der vier Stunden Skipass ist zwar quasi ein Halbtagespass, wenn man ihn um 12.30 Uhr löst, aber eben teurer. Zumal man gezwungen wird, die Magnetkarten für 2,- € zu kaufen anstelle sie wie sonst gegen Pfand gratis zu erhalten.
Das Schigebiet von San Simone bietet in Ortsnähe neben Förderbändern für die ganz Kleinen einen Doppelschlepplift (Leitner, ca. Ende 70er) für Anfänger, der eine einige hundert Meter lange Piste erschließt. Ansonsten bringt einen der Dreiersessellift Colla von Doppelmayr ins Gebiet, der außerdem die Talabfahrt erschließt. Oben warten 4 Schlepplifte. Links der Bergstation liegt der SL Camoscio, der hoch und ausgesetzt sich den Felsen nähert. Seine Piste ist schon aufgrund der Aussicht faszinierend, außerdem kippen nach rechts zahlreiche interessante Varianten in den Steilhang, die weiter unten wieder auf die Talabfahrt treffen.
Blick von der Station nach Osten auf einen Teil des Anfängergebietes und die Berge und Skihänge von Foppolo.
Das Schigebiet von Foppolo von San Simone aus gesehen. Mittig der super steile Monte Valgussera mit dem Sacif ESL von 1968 (Bergstation am Gipfel zu erkennen). Links dahinter die eher sonnigen Anfängerhänge von Foppolo (keine Lifte zu erkennen).
Die leichten Anfängerhänge direkt in Ortsnähe an Sonnenhängen an den beiden SL Arale.
Die Doppelmayr 3SB Colla. Ein bisschen langsam ehrlich gesagt. Schlangen gab es aber keine.
Blick aus der 3SB Colla auf eine der verschiedenen Varianten der Talabfahrt.
San Simone mit 3SB Colla.
Die Felsmauern des Monte Cavallo mit darunter genau mittig dem SL Camoscio.
Kurz vor der Bergstation der 3SB Colla.
Zwei weitere Schlepplifte starten vom Rifugio Camoscio aus (die Hütte ist übrigens sehr zu empfehlen: excellentes Essen, wie beispielsweise Polenta mit am offenen Feuer gegrilltem Speck, uriges Ambiente und nette Bewirtung sowie zivile Preise). Der linke der beiden Lifte, der Tellerlift Sessi, ist mittlerweile aufgrund seines Alter außer Betrieb. Er führte zum Passo San Simone und soll in naher Zukunft durch einen Sessellift ersetzt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass San Simone relativ vital wirkt, gebe ich dem Projekt ganz gute Chancen. Ich tippe auf eine fixgeklemmte Sesselbahn. Im Moment jedoch fehlt die stillgesetzte Anlage dem Gebiet deutlich. Zum einen erschließt sie die einzigen leichten Pisten neben der Talabfahrt und den Anfängerhängen am Ort, zum anderen stellt sie das Bindeglied zwischen beiden Schigebietsteilen dar. Zur Zeit ist daher ein Stück Ziehweg schieben angesagt auf dem Rückweg. Auch die vermutlich beachtliche Aussicht am Passo San Simone mussten wir leider vermissen.
Vorne der SL Camoscio, dahinter der stillgelegte SL Sessi zum Passo San Simone.
Der dritte Schlepper ist die Anlage Forcella Rossa rechts des Rifugio Camoscio. Ebenso wie die beiden erst genannten Lifte ein Leitner Tellerschlepper, der vermutlich aus der zweiten Hälfte der 70er Jahre stammt. Um es gleich zu sagen: eine geniale Anlage. Faszinierende Trasse, teils supersteil, teils mit Bach unter dem Lift, wo man mehrere Meter aus der Spur fahren muss, um den Bach zu umfahren. Eine von diesen einsamen Tellerliften, die irgendwo verlassen im Hochgebirge herumstehen und an irgendeinem einem einsamen Grat enden, noch dazu mit teilweise ungewalzter Spur, was dem Lift eine geile abgelegene Optik gibt. Die Pisten, die der Lift erschließt, sind genial. Sehr variantenreich mit vielen Verzweigungen laufen sie einsam fernab des restlichen Schigebiets durch die weite Hochlandschaft. Mangels Trassierungen mit Bulldozern passen sie sich genial dem Gelände an, was eine Fahrdynamik aufkommen lässt, die man in anderen Schigebieten vermisst. Wir wiederholen die Auffahrten an diesem Lift diverse Male, so faszinieren uns diese tollen Abfahrten. Mal wieder ein Beispiel, wie eine einzige Anlage - geschickt trassiert - ein Vielzahl genialer Pisten erschließen kann und wie ein einzelner Tellerlift mehr Abwechslung bieten kann als andernorts drei parallele Sessellifte. Man ist auch relativ schnell wieder oben, vielleicht nicht ganz so zügig wie bei einer KSB, aber jedenfalls schneller als mit einem fixgeklemmten Sessellift. Die Kapazität der Anlage ist völlig ausreichend, dafür erwarten einen herrlich weitläufige, quasi völlig leere Pisten. Was will man eigentlich mehr? Diese fünf, sechs Kilometer interessante Pisten, die diese Anlage erschließt, sind mir heute wesentlich lieber als fünfundzwanzig Kilometer überfüllte Pisten anderswo, denen man mit technischem Gerät jede interessante Geländekupierung genommen hat, so dass sie sich quasi nicht mehr unterscheiden. Die Pisten des Forcella Rossa Lifts haben alle jeweils ihren eigenen Reiz. Mal breit und weit, mal mit engen Kurven, kurzen Gegenhängen und Geländekanten, wo man Flieh- und G-Kräfte so herrlich schön zu spüren bekommt. Zumal aufgrund des sehr guten Verhältnisses zwischen Liftkapazität und Abfahrten die Schneequalität excellent bleibt und auch am Abend noch viel Freude macht.
Der Forcella Rossa Lift im unteren Teil. Interessant auch die einseitigen Stüzen in der Schleppspur, wo das Gegenseil in großer Höhe stützenlos geführt ist.
SL Forcella Rossa und der stillgesetzte SL Sessi dahinter.
Der Bach in der Schleppspur - eine interessante Lösung des Problems...
Einsame Landschaften quert diese Anlage - sehr reizvoll.
Das steile Finale des Liftes.
Kurz vor der Bergstation. .
An der Bergstation. Wiederum ein toller Blick ins Gebiet von Foppolo. Mittig rechts wieder der Monte Valgussera. Deutlich niedriger und weiter links bei dem schlangenförmig verlaufenden Bach das auf dem Bild nicht gut erkennbare Anfängergebiet Foppolos. Ein Tal weiter hinten an den weiten baumfreien Hängen findet sich das verbundene Schigebiet von Carona.
Herrlich leere Pisten mit tollem Gelände am SL Forcella Rossa.
Die vierte Anlage, der neuere SL Capriolo schließlich ist ein kurzer Schlepper unterhalb der Sesselliftbergstation, der eine eigene kurze Piste erschließt und den Rückweg vom hinteren Teil des Schigebietes auf die Talabfahrt ermöglicht. Eine zweite Abfahrt zurück nach San Simone, die direkt aus dem hinteren Teil des Schigebietes hinabführt, hat diesen Namen kaum verdient und sollte gemieden werden: es handelt sich schlicht um einen flachen, völlig langweiligen Ziehweg.
Der SL Capriolo, der ins vordere Schigebiet zurückführt.
Das Schigebiet ist zwar nicht groß, aber jedenfalls sehr nett, insbesondere jener hinterste Lift und das Rifugio haben es uns angetan. Nimmt man noch die beeindruckende Kulisse dazu und die überraus reizvollen Tiefschneehänge, die es hier zu Hauf gibt und die aufgrund des familiären Publikums wenig zerfahren sind, so findet man in San Simone ein durchaus lohnenswertes Schigbiet. Keine 3-Täler-Schischaukel, aber dafür geniale Pisten, die einfach nur Spaß machen. Der Auftakt zu unserer Italientour ist jedenfalls gelungen.
Polenta mit Speck vom offenen Feuer: das sympathische Rifugio Camoscio.
Rifugio Camoscio im Hintergrund und der Ziehweg, der seit Stilllegung des SL Sessi nötig ist.
Der SL Camoscio an den Hängen des Monte Cavallo.
Oberer Teil der 3er SB Colla. Im Hintergrund mittig der SL Sessi zum Passo San Simone. Rechts außen unter dem erleuchteten Gipfel links sieht man die Bergstation des SL Forcella Rossa.
SL Sessi und Forcella Rossa, ganz rechts vorne Capiolo und in der Mitte das Rifugio Camoscio.
Teleaufnahme der Bergstation des Forcella Rossaliftes.
Von der Bergstation des Anfängerlifte Arale schaut man ebenfalls wieder mal nach Foppolo.
Der exponierte SL Camoscio. Geiles Feeling hierauf zu fahren, das gleich doppelt Lust auf die Piste macht!
Die Piste vom SL Camoscio, vor allem auf dem Damm vorne macht es richtig Spaß!
SL Sessi und Passo San Simone.
Am SL Camoscio.
Panorama von der Camosciopiste. San Simone, 3SB Colla und rechts außen SLte Arale. Genau hierunter kippen auch reihenweise steile, aber felsfreie Variante, die bei etwas besserer Schneelage sicherlich Laune machen.
Bergwelt am SL Camoscio.
Talstation des stillgelegten SL Sessi. Der hat Wums, dem Motor nach zu urteilen.... Scheint ein recht altes Modell zu sein, ist mir so noch nicht bewusst untergekommen. EDIT: Es ist der SL 'Forcella Rossa'. Vom SL 'Sessi' habe ich leider vergessen ein solches Bild zu machen!
Abendstimmung am SL Forcella Rossa.
Abendstimmung in San Simone.
Die letzte Abfahrt am Forcella Rossa Lift. .
Zum nächsten Tag: 3. Barzio & Valtorta; 30.12.2005
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