In den 60-er und 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfreute sich der Schilauf in den Alpen wahrscheinlich der größten Popularität in der Geschichte. Alternative Wintersportgeräte wie das Snowboard waren noch nicht erfunden, die staatlichen TV-Sender übertrugen nahezu alle Weltcuprennen, in den Tageszeitungen gab es abgedruckte Startnummernlisten zum Eintragen der Zwischen- und Endzeiten und in vielen Schulen standen Schiwochen in den Alpen verpflichtend im Lehrplan.
In dieser Zeit fanden auch viele große Erschließungen statt und – ausgehend von Frankreich – entstanden in den Alpen einige nur zum Zweck des Schifahrens angelegte Retortenorte in einsamen Hochtälern, einige sehen noch so aus wie damals, andere wurden später erweitert oder „behübscht“, manche von ihnen kamen gar nicht über die Planungsphase hinaus wie etwa Sportgastein, von dem nur mehr der Name von den ehrgeizigen Plänen des damaligen Gasteiner Bürgermeisters zeugt.
Nur einige Eingeweihte wissen aber, dass sich – nur wenige Kilometer von der Österreichischen Grenze entfernt – in einem einsamen Hochtal in den Julischen Alpen knapp an der slowenischen Grenze die östlichste Retorten-Schistation Italiens auf der Passhöhe von Sella Nevea befindet. Erbaut Ende der 60-er Jahre, ausgestattet mit einem verhältnismäßig winzigen Schigebiet an den Nordhängen des Kaningebirges blieb es – wohl aus Geldmangel – bis vor wenigen Jahren weitgehend in seinem Urzustand erhalten.
Ähnlich wie ein anderer meiner Lieblingsberge, der Dachstein, ist auch das Kaningebirge ein Kalkstock mit weiten Karstflächen, vielen Höhlen und Dolinen und sogar ein kleiner Gletscher findet sich nördlich des 2587 Meter hohen Hauptgipfels.
Nicht nur von der italienischen Seite her wurde der Berg erschlossen, in den 70-er Jahren sollte hier eines der größten Schigebiete des damaligen Jugoslawien entstehen, eine Poma-EUB in drei Sektionen vom 460m hoch gelegenen Bovec (deutsch: Flitsch, ital. Plezzo) wurde gebaut, doch von den mehr als 20 geplanten Liftanlagen entstand – wohl aus Geldmangel – nur eine Handvoll, weswegen auch die Berghütte „Dom Petra Skalarja na Kaninu“ angesichts ihrer Lage außerhalb des erschlossenen Schigebiets überdimensioniert wirkt. Und auch aus den 70-er Jahren stammt der – damals in Prospekten und Schiatlanten angekündigte – Plan, die beiden Schigebiete mittels einer Länder übergreifenden Schischaukel zusammenzuschließen.
Doch es sollten Jahrzehnte vergehen und der Zerfall der jugoslawischen Republik stattfinden, bis 2009 das letzte Glied der Liftverbindung, das Funifor vom italienischen Rifugio Gilberti zur Grenze an der Sella Prevala in Betrieb ging.
Auch ich muss zugeben, dass mir dieser Gebirgsstock mit seinen Schigebieten bis zu meiner Registrierung in einem einschlägigen Internetforum im Dezember 2004 weitgehend unbekannt war, doch Topographie und Historie faszinierten mich und so wurde der Kanin eines der Ziele meiner ersten „internetbasierenden“ Wintertour mit trincerone und k2k, die auch zu einem „internationalen“ Usertreffen mit miki auf der Sella Prevala führen sollte.
Nun stand im heurigen Winter – nicht zuletzt wegen der zum Zeitpunkt der Unternehmung in den Nordalpen noch eher bescheidenen Schneeverhältnissen – ein neuerlicher Besuch der nun verbundenen Schigebiete zusammen mit meiner Frau Sabine auf dem Programm.
Der folgende Bericht wird beide Besuche, sowohl den von 2006 als auch den vom 25. und 26. Jänner 2010 umfassen.
Einen Pistenplan des Gebiets in seiner jetzigen Form gibt es
hier (klick)Das war der erste Eindruck des „Ortes“, nach einer langen Fahrt durch ein einsames und weitgehend unbesiedeltes Tal öffnet sich unvermittelt eine Paßhöhe mit mehreren großen Hotel- und Appartementblöcken.
Hier haben später keine wesentlichen „Verschönerungsmaßnahmen“ stattgefunden, die Bauwerke befinden sich weitgehend im Originalzustand, Beton, dunkles Holz und ein bißchen Rost. Die Mehrzahl der Gebäude dürfte wohl Appartements beherbergen, die wahrscheinlich nur an einigen Wochenenden im Jahr bewohnt sind, vereinzelt finden sich auch Hinweisschilder auf Hotels, doch Sella Nevea wirkt trotz der vermutlichen Hauptsaison, wir schreiben den 6. Jänner 2006, ziemlich verlassen und einsam.
Nach einem kurzen Spaziergang durch den Ort wenden wir uns der damaligen Hauptanlage, einer hübschen Pendelbahn italienischer Bauart, zu.
Der Andrang ist trotz des heutigen Feiertags enden wollend.....
Blick von der Bergstation, im Tal sind die Bauten von Sella Nevea zu sehen.
In italienischem Stil sind die beiden Talabfahrten mit Zäunen und Netzen gesichert, die Pisten sind auch modelliert, was aber angesichts des steilen und felsigen Geländes wohl auch notwendig war. Eigentlich verwundert es mich doch, dass man damals dieses, für den Pistenschilauf nicht gerade ideal geeignete und zudem noch sehr abgelegene Gelände gewählt hat, um eine Schistation zu bauen.
Die Bergstation der Pendelbahn
Die Talabfahrt führt entlang einer imposanten Felswand....
...und läßt im oberen Bereich auch Platz für „Outlaws“, k2k befindet sich hier „außerhalb“.
Einige Male befahren wir die im Schnitt ziemlich steile Abfahrt, statten den Talliften einen Besuch ab und wenden uns dann unserem heutigen Nachtquartier, dem Rifugio Gilberti (benannt nach dem schon jung verunglückten aus der Gegend stammenden Alpinisten Gelso Gilberti des frühen 20. Jahrhunderts), zu.
Ein Blick hinüber zur Sella Prevala, dort befindet sich die Grenze zu Slowenien und von dort hat man mit der zuletzt neu errichteten Sesselbahn Prevala Anschluss an das dortige Schigebiet. Wir überlegen uns, mit welcher Anlage man diese Lücke wohl schließen könnte und erinnern uns an die Tatsache, dass in diesem schattigen Tal der Schnee oft bis weit in den Sommer liegen bleibt, was auch – wie auf anderen alpinen Altschneefeldern – in den 70-er Jahren zu einem Sommerschibetrieb geführt hat.
Durch dieses Tal werden wir morgen mit Fellen aufsteigen um auch die slowenische Seite des Berges kennen zu lernen. Wie ich später festgestellt habe, hat auch der amerikanische Weltenbummler und Schi-Journalist Jimmy Petterson eine ähnliche Idee gehabt, allerdings hat er die beiden Gebiete von Bovec aus mit einer Abfahrt nach Sella Nevea verbunden und den Rückweg auf der Straße per Autostopp zurückgelegt. (Jimmy Petterson: Skiing around the world)
Hüttenübernachtungen hoch über dem Tal sind ein ganz spezielles Erlebnis, nach Ende des Schibetriebs tritt rasch Ruhe ein, die Tagesgäste sind abgefahren und nur wenige Schifahrer nutzen das – 2006 noch nicht ganz so komfortable – Angebot des Rifugios als Schlafplatz.
Nach einem ausgiebigen und ausgezeichneten Essen und einem nächtlichen Ausflug zur Bergstation des nahegelegenen Sessellifts verbringen wir eine eher kalte Nacht im Giebelzimmer der Hütte, was jedoch zumindestens für mich angesichts meines mitgebrachten Daunenschlafsackes kein Problem darstellt.
Natürlich sind wir am nächsten Morgen die ersten, die die frisch präparierte kurze Abfahrt zur Talstation des Sessellifts genießen.
Doch dann fellen wir an und werfen noch einen Blick auf die Sella Prevala, unser heutiges Aufstiegsziel.
Wir sind nicht die ersten, eine etwas verwehte Spur weist uns den Weg, weiter oben ist sie ziemlich steil angelegt, sodass ich für die beiden Tourenanfänger eine etwas flachere Variante anlege.
Weit hinter uns kann man den Gilberti-Sessellift, die Seilbahnbergstation und das Rifugio erkennen.
Ich bin den anderen etwas voraus, und so erblicke ich als Erster die neueste Liftanlage auf slowenischem Gebiet, die fix geklemmte 4-SB Prevala.
Zu diesem Zeitpunkt haben wir auch schon den telefonischen Kontakt mit miki hergestellt, er wartet bereits oben am Sattel und als die anderen eintreffen, steht einem internationalen Forumstreffen nichts mehr im Wege.
Die Ruine eines ehemaligen Grenzgebäudes, zu diesem Zeitpunkt ahnen wir nicht, dass sich die Station der Verbindungsanlage links oberhalb befinden wird.
Wetter- und Sichtverhältnisse sind eher bescheiden, und so machen wir nach einer Abfahrt zur Talstation der Dreiersesselbahn Skripi eine frühe Mittagspause an der Bergstation der von Bovec heraufkommenden Poma-Seilbahn, hier machen wir auch die erste Bekanntschaft mit dem mittlerweile schon legendären Kaninburger. Das Selbstbedienungsrestaurant versetzt einen zurück in die 70-er….
…ebenso die Station der Seilbahn.
Vielleicht doch ein gelandetes Raumschiff?
Während des gesamten Tages ist die Wolkendecke in Bewegung, steigt und fällt und verursacht so als Nebel immer wieder in anderen Passagen der Abfahrten Blindflugstrecken.
Hier befinden wir uns unterhalb der Wolkendecke und haben Talblick auf das ebenfalls verschneite Sotschatal.
Wenige architektonische Feinheiten weist die obere der beiden Mittelstationen auf….
Die gute Schneelage verleitet uns, die Abfahrt zur unteren Mittelstation zu versuchen. Nur wir sind hier unterwegs und so kann uns miki seine so geliebten breiten und glattgebügelten Carvinghänge präsentieren.
Nun, die Abfahrt gestaltet sich als eher durchwachsen, lediglich eine rohe Raupenspur mit aufgewühlten Steinen in hartem Pressschnee dient uns als Markierung hinunter zur unteren Mittelstation.
Doch am Nachmittag besinnt sich der Wettergott und oberhalb der Nebeldecke kommt immer wieder die Sonne durch. Vor allem die höchstgelegene Bahn, die Prevela-Bahn mit ihrer Abfahrt befindet sich meist oberhalb des Nebels.
Unweit deren Bergstation entstehen auch dieses Gruppenbild…..
….und die durch die Wolkenspiele sehr reizvollen Aufnahmen des Schigebiets-Kernbereichs.
Panorama nach Südosten
Die Doppelsesselbahn Veliki Graben geht heute wegen Lawinengefahr leider nicht in Betrieb.
Die Seilbahn verschwindet im Nebel.
Bei wolkenlosem Himmel und guter Sicht kann man angeblich irgendwo da hinten das Meer sehen.
Die eingangs erwähnte Hütte „Dom Petra Skalarja na Kaninu“ befindet sich außerhalb des Schigebiets, hätte jedoch bei den ursprünglich geplanten Erschließungen mit Liften erreichbar werden sollen.
Die Sonne versinkt irgendwo hinter den Wolken und ein schöner Tag neigt sich seinem Ende zu. Wir freuen uns schon auf die Tiefschneeabfahrt von der Sella Prevala hinunter zu unserem Rifugio, doch kaum fahren wir in das Tal ein, verschlingt uns dichter Nebel, sodass die Abfahrt weniger Genuss als langsames Hinuntertasten ist. Eine weitere Nacht verbringen wir im Rifugio Gilberti, am nächsten Morgen sind wir wieder einmal die ersten, diesmal auf der Talabfahrt, denn heute geht es wieder nach Norden zum Gegenstück des Kaningebirges, zum Dachstein.
Kurz nach der Abfahrt von Sella Nevea passieren wir noch den eher trostlos anmutenden Ort Cave di Predil, verlassene und verfallende Häuser säumen den Weg, doch der lokale Schilift ist in Betrieb und offenbar findet gerade ein Rennen statt.
trincerones Eindruck von Sella Nevea gibt es
hier (klick) und auch miki hat einen
Bericht (klick) über unser Treffen und auch über die Krnica-Variante geschrieben.
Vier Jahre sind mittlerweile vergangen, diesem für mich ersten „Road-Trip“ durch die Alpen sind schon einige gefolgt und durch irgendein (Förderungs-?)Wunder haben in Sella Nevea umfassende Investitionen stattgefunden. So wurde zunächst der Zubringer in Form einer Zweiseilumlaufbahn neu errichtet und für die Saison 2009/2010 ist der schon in den 70-er Jahren geplante Zusammenschluss der beiden Kanin-Schigebiete durch ein nagelneues Funifor endlich perfekt.
Viel wurde über die Trassenführungen der neuen Bahnen diskutiert, die Zubringerbahn endet etwas oberhalb der Pendelbahn-Bergstation in unmittelbarer Nähe des Rifugios und dort befindet sich auch die Talstation des neuen Funifors.
Ist diese Art von Seilbahn wirklich die Ideallösung für den Zusammenschluß? Kann man die Trassierungsarbeiten für den Weg von der Bergstation zur Sella Prevala akzeptieren, ebenso die Erdbewegungen auf der Verbindungsabfahrt? Ich war nicht der einzige Skeptiker, das gebe ich zu, aber der Lokalaugenschein sollte die Gewissheit bringen, auch wenn ich zum Zeitpunkt meines Besuchs bereits positive Rückmeldungen von trincerone erhalten hatte, der mir um etwa zwei Wochen zuvorgekommen war.
Ursprünglich wollten Sabine und ich die letzte Jännerwoche in unserem Zweitwohnsitz im Salzkammergut verbringen, für die Wochenenden haben sich auch schon Besucher angesagt, doch der große Schnee ist an der Alpennordseite ist noch nicht gekommen, deshalb bieten sich der 25. und 26. Jänner 2010 für einen Ausflug auf die Alpensüdseite an. Nachdem ich von trinc erfahren habe, dass der Modernisierungsschub auch am Rifugio Gilberti nicht vorbeigegangen ist, das nun – mit beheizten Zimmern und Duschmöglichkeiten – auch Sabines Ansprüchen genügt, planen wir natürlich die Übernachtung ebendort.
Wir haben es nicht eilig in der Früh, nach einem gemütlichen Frühstück geht es zunächst durchs Lammertal zur Tauernautobahn, dann durch Tauern- und Katschbergtunnel nach Süden bis Tarvis, wo wir die Autostrada verlassen und den Wegweisern in Richtung Cave di Predil und Sella Nevea folgen.
Kaum verlässt man Tarvis auf der schmalen Straße, befindet man sich in einer anderen Welt. Immer wieder passiert man verlassene und teils auch zum Verkauf stehende Häuser, das Tal scheint ausgestorben und macht einen tristen und öden Eindruck, wozu auch der bedeckte Himmel beiträgt. Auch Cave di Predil, obwohl augenscheinlich zumindestens teilweise bewohnt, wirkt traurig und desolat.
Der Ortsschlepplift, der vor 4 Jahren noch in Betrieb war, wurde stillgelegt.
Und die immerhin mit einer Beschneiungsanlage ausgestattete Abfahrt dient nur mehr Tourengehern.
Vorbei am Lago di Predil geht es weiter, bis wir am frühen Nachmittag die Passhöhe von Sella Nevea erreichen. Auch Sabine ist – nun, nennen wir es – „beeindruckt“ ob der Architektur, abweisend stehen die Betonbauten in der Landschaft, auf der Straße ist niemandn zu sehen, die meisten Wohnungen sind heute, an einem Montag außerhalb der Ferien, wohl kalt und unbewohnt.
An der Abzweigung zum Parkplatz steht ein Schild zur Funivia Kanin, allerdings weist es nicht zur früheren Station der Pendelbahn sondern die Straße hinunter nach Südwesten, nach kurzer Zeit folgt wieder links wieder ein „Seilbahn-Schild“, diesmal allerdings in Verbindung mit „Einfahrt Verboten“ und einem dahinterliegenden nicht geräumten Fußweg, dann kommt nichts mehr. Ich wende etwas verwirrt den Wagen und steuere schließlich den alten Parkplatz an. Hier finde ich die noch intakte Talstation der Pendelbahn, jedoch keine Zweiseilumlaufbahn. Etwas überrascht bemerke ich, dass die neue Bahn nicht nur einen geänderten Platz für die Bergstation sondern auch eine nach unten versetzte und mit dem Auto offiziell nicht erreichbare Talstation erhalten hat. Das verursacht eine kleine logistische Aufgabe, da sich das Gepäck für die Übernachtung incl. zweier warmer Schlafsäcke in einer Reisetasche befindet und ich nicht zwingend mit einer Tasche in der Hand Schi fahren möchte. (Im Bewusstsein der Lage der Bergstation direkt neben der Hütte hatte ich mir nicht viel Mühe mit dem Einpacken gemacht). Nun ja, erst einmal müssen wir ohnehin die Übernachtungsmöglichkeit oben abklären, nachdem ich den ganzen Sonntag vergeblich versucht habe, jemanden zu erreichen.
Nun geht es aber an die erste Fahrt mit der Zweiseilumlaufbahn. Zunächst passieren wir die alte Talstation, die Pendelbahn scheint noch intakt und betriebsbereit.
Vor uns befindet sich die neue Bahn.
Vom Parkplatz geht es noch einige Höhenmeter hinunter zur neuen Talstation.
Orange ist die neue Leitfarbe von Sella Nevea. Zusammen mit verspiegelten Scheiben sieht das eigentlich recht stylisch aus, wie hier an der Bergstation.
Unser erster Weg nach der Auffahrt führt ins Rifugio Gilberti, das durch die beiden und in unmittelbare Nähe gerückten Stationen (Bergstation Zweiseilumlaufbahn, Talstation Funifor) nun nicht mehr so richtig als einsamer Stützpunkt im Hochgebirge gelten kann.
Wir betreten die Gaststube und fragen nach einem Zimmer für die Nacht und erleben zunächst einmal eine negative Überraschung. Die freundliche Dame bedauert und sagt, dass sie und ihr Hüttenpartner heute ins Tal fahren würden, da das für diese Woche wahrscheinlich die einzige Möglichkeit wäre. Die Enttäuschung dürfte uns ins Gesicht geschrieben sein, denn als ich ihr erkläre, dass wir extra wegen dieser Nacht aus Österreich gekommen wären um die renovierte Hütte und die neuen Bahnen zu erleben und dass wir gestern den ganzen Tag versucht haben, die Übernachtung telefonisch zu fixieren, sucht sie den Hüttenwirt und die beiden beschließen, die Tal-Nacht zu verschieben und uns heute zu beherbergen. Das nenne ich Service!
Glücklich machen wir uns an die Talabfahrt, um unser Gepäck zu holen.
Weitere Impressionen der neuen Zubringerbahn und der beiden Abfahrten.
(Die Bilder stammen von Montag und Dienstag, daher die leichten Unterschiede, was Wetter und Sicht betrifft.)
Die beiden folgenden wurden von der Bergstation der alten Bahn aus geschossen.
Und nun geht es über eine harte aber griffige und vor allem menschenleere Piste hinunter ins Tal. Es handelt sich um zwei Abfahrten, die getrennt trassiert sind, sich aber an zwei Stellen berühren und einen Wechsel zwischen den Varianten möglich machen.
Blick zur Bergstation mit dem obersten Teil der Abfahrt.
Nun ja, wir sind in Italien!
Unterer Teil der Abfahrt mit Blick auf Sella Nevea.
Unten angekommen erfolgt eine rasche Umpackaktion, die Übernachtungsutensilien werden in einen Rucksack gestopft und jeder schnappt einen Schlafsack, dann geht es wieder hinauf zur Hütte, wo wir das Gepäck deponieren und endlich das neue Funifor ansteuern können. Während es bei der Herfahrt durchwegs bedeckt gewesen ist, zeigt sich über dem Kanin am Montag blauer Himmel. Die Talabfahrt und die Hütte befinden sich wegen der Nordlage allerdings im Schatten des Kammes, oben an der Bergstation und auf der slowenischen Seite erwarten wir uns aber Sonne. Deshalb verzichte ich auch heute auf eine photographische Dokumentation der Stationsgebäude und verschiebe das auf morgen, da ich mir eigentlich auch für Dienstag gutes Wetter erwarte. (Leider habe ich mich damit getäuscht, am Dienstag war das Wetter eher bescheiden, ich schiebe wegen des Zusammenhangs hier nun die Dienstag-Bilder ein.)
Wie ja auch schon trinc in seinem teaser gezeigt hat, ist das Gebäude außerordentlich gut gelungen, schnörkellos und gut durchgestylt, funktionell und als I-Tüpfelchen die „Alien-Bestuhlung“ im Wartebereich.
Genauso die Bergstation: klare Linien, einfache Strukturen, nichts zu viel und nichts zu wenig!
Hier wird das Rätsel endlich gelöst: wäre die Decke am Rettungsschlitten grün gewesen, dann hätten die Italiener sicher auch die Farben der beiden Seilbahnen angepasst.
Photomäßig befinden wir uns nun wieder am Montag Nachmittag und treten aus der neuen Bergstation hinaus in die Sonne, von hier aus eröffnet sich ein ganz neues Panorama.
Unten im Schatten das Rifugio und die Seilbahnstationen
Jedenfalls eröffnen sich hier ganz neue Freeride-Möglichkeiten (vorbehaltlich der aktuell geplanten Freeriderdämonisierung in Italien), leider verschieben wir die Erkundung dieses Gelände auch auf morgen.
Wir verlassen jetzt aber Italien und passieren die Grenze nach Slowenien. Interessanterweise ist der in den steilen Hang modellierte Weg hinüber zur Sella Prevala nicht bis zum äußeren Zaun befahrbar sondern etwa eineinhalb Meter vor dem Rand findet sich noch ein Zaun als Pistenbegrenzung. Damit ist der Weg schon ziemlich schmal und – jetzt am Nachmittag – sehr abgefahren. Bald sitzen wir aber in der Prevala-Sesselbahn und schweben der Sonne entgegen, von deren Bergstation eröffnet sich der klassische Blick ins Zentrum des slowenischen Schigebietsteils.
Über die sonnigen Hänge geht es vorbei an der Bergstation der EUB.
Auf der Piste „Skripi“ geht es zur gleichnamigen fixen Dreiersesselbahn.
Hier eine nicht in Betrieb befindliche Mittelstation dieser Bahn, deren Sinn sich mir nicht ganz erschließt.
Weiter geht es über eine nette Piste, hier sind etwas mehr Leute unterwegs als auf der italienischen Seite.
Da es schon ziemlich spät ist und ich heute auf jeden Fall noch mit der DSB „Veliki Graben“ fahren möchte, verzichten wir auf die Fahrt zur weiter unten liegenden EUB-Station und nehmen die Dreiersesselbahn. Hier ist der Abstand zwischen Fußraster und Bügel geringer als der Abstand zwischen Lauffläche und Oberschenkel, na ja, in den 70-er Jahren gab es halt noch keine Bindungsplatten und vielleicht waren die Menschen damals ja auch noch kleiner.
Von der Bergstation der Bahn muss man ein Stück aufsteigen zum Beginn der Veliki-Graben-Abfahrt, ich sehe, dass dort gerade ein Zaun aufgestellt wird und skate schnell hin, die Pistenarbeiter geben mir aber zu verstehen, dass wir beide noch hinunterfahren dürfen.
Die Talstation des kurzen Astes der Sesselbahn Prevala, die ja als Tal-Berg-Talbahn konstruiert ist.
Da wir nicht unten überbleiben wollen, carven wir die in einem kleinen Graben (no na) recht idyllisch gelegene Abfahrt rasch hinunter und ärgern uns ähnlich wie miki in seinem Bericht über den kurzen Aufstieg zur Talstation der DSB.
Überraschenderweise kann ich hier meinen rechten Schi problemlos auf den Fußraster stellen und dokomentiere die Auffahrt.
Allerdings gibt es oben eine kurze Schrecksekunde, als ich den Bügel öffnen möchte und feststelle, dass mein Schi offenbar am Fußraster festgewachsen ist. Dann merke ich, was passiert ist. Beim Hinaufstellen des Schis habe ich den zarten Fußraster einfach zwischen Schi und Schuh eingefädelt, durch die Bindungsplatte ist das möglich.
Zwei Liftfahrten braucht es noch, um zurück zu unserer Hütte zu kommen, zunächst der kurze Teil der Prevala-Bahn, von deren Bergstation ein Blick auf den langen Schenkel hinunter zur Sella Prevala
Und die Funiforstation im Zoom
Noch ein Blick hinunter zur Krnica-Variante, die auch für morgen geplant gewesen wäre…..
Während wir vor vier Jahren die Verbindungsabfahrt hinunter nach Italien im freien Schiraum bei miserabler Sicht gemacht haben, finden wir nun eine gut präparierte und auch vollkommen leere Piste mit hübschem Ausblick auf die neue Infrastruktur vor. Auch wenn es natürlich das Prinzip des Funifors ist, dass beide Kabinen unabhängig voneinander betrieben werden können, so mutet es trotzdem irgendwie sehr seltsam an, wenn beide Gondeln hintereinander in die gleiche Richtung ein Verfolgungsrennen veranstalten.
Die letzte Liftfahrt des Tages betrifft die kurze Gilberti-DSB und dann schreiten wir an die Hüttenbesichtigung. Das Rifugio ist im Herbst renoviert worden, mit der Beschneiung gibt es jetzt Fließwasser und warme Duschen, der Gastraum ist nett eingerichtet und verfügt über einen zentralen Holzofen, der angenehme Wärme ausstrahlt und auch die Zimmer sind komplett neu eingerichtet und verfügen sogar jeweils über eine Elektroheizung.
Ich kann diese Hütte jedem, der sich das Schigebiet ansehen möchte, wärmstens empfehlen, auch das Abendessen (Bohnensuppe, Pasta mit Pilzen, Apfelstrudel) war köstlich.
Von unserer Übernachtung und der dadurch verursachten Anwesenheit der Hüttenwirte profitieren auch die Pistenraupenfahrer, alle machen sie noch einen abendlichen Stopp und so parken bis zu 4 Pistenraupen vor der Tür, als ich für eine kurze Fotosession ausrücke. Die nächtliche Stimmung in den Bergen ist einfach etwas Besonderes, das man wohl mit Worten nicht ausreichend beschreiben kann (abgesehen von ein paar Ausnahmekönnern.....). Es ist bitterkalt, nicht ganz klar, aber die Umrisse der Berge zeichnen sich gegen den Nachthimmel ab, ebenso die Umrisse der Seilbahnstützen. Wie offenbar immer hier oben blickt man auf eine Nebendecke tief im Tal, die durch die Lichter von Sella Nevea rötlich schimmert. (Für diese Bilder sollte es eher dunkel im Raum sein beim Ansehen....
)
In der Nacht wird es uns trotz abgeschalteter Heizung in unseren Daunenschlafsäcken zu warm, für alle, die dort auch eine Übernachtung planen: ein Hüttenschlafsack dürfte völlig ausreichen.
Der Blick aus dem Fenster am nächsten Morgen ist leider etwas ernüchternd. In der Nacht hat es zugezogen und die Sicht ist nicht berauschend. Hier die Trasse des Funifor vom Hüttenfenster aus.
Nun ja, zunächst einmal ist Frühstück angesagt, es gibt reichlich Brot, Tee, Butter und Marmelade, im Gastraum ist schon behaglich eingeheizt. Für heute wäre neben der Krnica-Variante auch eine kleine Schitour vorgesehen, von der Hütte über einen der beiden Übergänge westlich (Sella Bila Pec) oder südlich (Sella Ursic) in Richtung Kaningletscher, der Wirt erzählt von einer beliebten Rundtour, zeigt mir die Route auf der Karte und borgt mir diese auch für die Unternehmung, da er keine Karten zum Verkauf mehr lagernd hat.
Wir entjungfern zunächst die Talabfahrt, die von den Raupenfahrern in einen Idealzustand versetzt worden ist, ideal griffig, ziemlich steil, das geht ordentlich in die Oberschenkel.
Dann fellen wir in einer kleinen Mulde westlich des Rifugio an und marschieren bergauf.
Blick zurück zur Seilbahn-Bergstation
Da wollen wir hinauf!
Leider wird die Sicht immer schlechter, Blick zurück zur Sella Prevala
Oben in der Scharte erreichen wir eine Ruine, sicher ein ehemaliges Grenzbauwerk.
Nach der Beschreibung des Hüttenwirtes sollte man hier einige Höhenmeter abfahren und dann nach Süden aufsteigen. Allerdings beginnt es nun auch zu schneien und wir haben keine Lust uns in unbekanntem Gelände im Schneesturm, wahrscheinlich ohne Handy-Empfang (auch in der Hütte ist kein Netz verfügbar, nur an der Bergstation der Seilbahn) zu verirren, deshalb beschließen wir die Umkehr. Die Abfahrt hinunter zum Rifugio gestaltet sich wegen des etwas verharschten Altschnees und der praktisch fehlenden Bodensicht mäßig genussreich, wir retournieren die geborgte Landkarte und beschließen, noch einmal hinüber nach Slowenien zu wechseln. Dort empfängt uns aber schon in der Prevala-Sesselbahn unangenehmer Wind, auch hier ist die Sicht nicht besser, deshalb muss auch die Krnica-Variante bis zum nächsten Besuch warten und nach einer Fahrt zur Mittelstation der Bovec-EUB geben wir auf, schaukeln zurück nach Italien und carven noch einmal hinunter in die düstere Hotel-Stadt von Sella Nevea.
Fazit: Der Zusammenschluss von Bovec und Sella Nevea ergibt zwar keinesfalls ein Großschigebiet, doch durch die Verbindung können nun die durchaus schitechnisch reizvollen und vor allem landschaftlich höchst lohnenden Abfahrten beider Seiten des Berges kombiniert werden, soweit beurteilbar gibt es auch einige an direkt bzw. mit relativ geringem Aufstieg erreichbare Varianten, ebenso scheint die Schitour zum Kaningletscher eine interessante Unternehmung zu sein.
Wir werden sicher wiederkommen und können einen Besuch des Kanin-Gebirges auf jeden Fall empfehlen.