Llandundno – zum ersten Mal erfuhr ich von diesem Ort, als ich bei Liftworld nach Seilbahnen in England suchte. Von den spärlich vorhandenen Treffer sprang mir einer sofort ins Auge. Da stand, das es in Llandundno eine 4er Gondelbahn aus dem Hause Von Roll geben solle. Eine suche bei Wikipedia ergab, das die Anlage 1969 in Betrieb genommen und im Jahre 2006 saniert wurde. Die wenigen tiefauflösenden Bilder die ich auf Anhieb fand stärkten meine Überzeugung, dass hier ein für Europa sehr seltenes Exemplar einer Von Roll Typ 101 Gondelbahn mit 4er Kabinen in Betrieb sei. Damit war natürlich mein Interesse ins unendliche gestiegen. Ein Blick auf die Karte verdeutlichte, dass dies allerdings kein leichtes Unterfangen werden würde. Für einen Weg würde ich mit dem Zug mindestens 5 Stunden brauchen – ein Tagesausflug lag also nicht drin.
Als mich ein Schweizer Schulkollege, der während den letzten zwei Wochen ebenfalls in England (London) residierte, fragte, ob ich eventuell Lust auf einen Wochenendausflug nach Nordengland habe, sah ich eine Chance, Llandundno einen Besuch abzustatten. Nach einiger Zeit konnte ich Ihn überzeugen dass Llandundno durchaus mit dem restlichen Angebot mithalten könne – womit das Ziel unserer Reise klar war. Der definitive Entscheid für den Reiseantritt viel aber erst wenige Stunden vorher, was mich sämtliche Frühbucherrabatte kostete. Das Ticket für die Route Cambridge – London Kings Cross – London Euston – Llandundno Junction – Llandundno kostete mich schlussendlich knapp 85 Pfund Sterling (170 SFr.), was wohl der teuerste Preis ist, den ich je für ein nationales Ticket bezahlt habe. Trotzallem ging die Reise sehr zügig voran und wir erreichten Llandundno wie geplant etwas nach 21 Uhr wo wir dann unsere Unterkunft bezogen. Wir wohnten im Landundno Hostel – einer Bed and Breakfast Accommodation mit ausgezeichnetem Preis-Leistungsverhältnis. Die Kosten für zwei Personen im Doppelzimmer (Kajhüttenbett) mit eigenem, sehr modernem Bad sowie einem kleinen aber durchaus ausreichenden Frühstücksbuffet betrugen 44 Pfund (88 SFr.) die Nacht, was gerade für englische Verhältnisse ein sehr guter Preis ist.
Mit den im Hotel aufliegenden Prospekten konnte ich mir ein Bild von der Situation machen. Neben der Gondelbahn gab es auch noch zwei Standseilbahnen die von einem anderen Ort auf den selben Berg, den Great Orme, führten. Zudem war auf der Karte ein „Skicenter“ eingetragen – wo, so vermutete ich, Mattenski angeboten wurde. Wir entschlossen uns am nächsten Tag all die Dinge auszukundschaften.
^^ Übersichtskarte:
● Standseilbahnen "Llandundno - Great Orme Sektionen 1 & 2"
● Gondelbahn "Llandundo - Great Orme"
● Skilift "Ski Center"
^^ Blick über die Strandpromenade von Llandundno am Abend der Ankunft.
^^ Am Samstag morgen – zumindest der touristische Teil der Stadt erinnerte einem auf den ersten Blick nicht zwingend an England.
^^ Ein erster Blick auf der Objekt der Begierde
– der Great Orme mit seiner Gondelbahn. Doch wo sind die Gondeln?
^^ Blick auf eines der Wahrzeichen – der 1878 gebaute Steg mit den Vergnügungslokalen. Allerdings machte das Ding einen ziemlich baufälligen Eindruck.
^^ Blick auf die Küste
^^ Und hier war er, der Grund der langen Reise. Auf den ersten Blick sprach noch nichts dagegen, dass die Gondelbahn eventuell nicht aus dem Hause Von Roll stammen könnte.
^^ Ich schoss ein Foto durch die Einfahrt. Diese eher als Schnappschuss gedachte Aufnahme sollte aber meine beste Technikaufnahme der Bahn bleiben. Denn gerade als ich in die Station hinein wollte, wurde ich von einem Angestellten „darauf aufmerksam gemacht“ dass das hier Privatgrundstück sei. Die Bahn öffne wegen dem zurzeit starken Wind bei der Bergstation erst später – wenn überhaupt. Später in der Unterkunft merkte ich, dass das hier unmöglich eine VR101 sein konnte. Eine solche Klemme hatte ich vorher noch nie gesehen!
^^ Ein letzer Blick auf die Trasse, dann begaben wir uns zur Talstation der SSB, in der Hoffnung später noch mit der Gondelbahn fahren zu können.
^^ Die Talstation der SSB wird sichtbar.
^^ Ein erster Blick auf die sehr simple Talstation. Die Bergfahrt über zwei Sektionen kostete 3.7 Pfund (7.4 SFr.).
^^ Die untere Sektion ist eine wahre Rarität. Sie ist eine von nur 3 weiteren vergleichbaren Anlagen auf der Welt, die eine unterirdische Seilführung haben (Quelle Wikipedia).
^^ Auch für die Standseilbahn gelten die Strassenregeln
^^ Die Anlage ist relativ kurz, schon bald ist man an der Kreuzung.
^^ Die erste Sektion im oberen Bereich. Die Seilführung ist durchgehend unterirdisch.
^^ Angekommen bei der Bergstation – ausgestiegen wird im Freien.
^^ Blick ins innere der Bergstation – diese wurde 2001 neu erstellt, die mechanische Ausrüstung scheint aber komplett übernommen worden zu sein.
^^ 2001 dürfte auch das Jahr sein, als man dieses Schild per Post zugeschickt bekam
Nee, Spass bei Seite, der Hersteller hier dürfte wohl einfach die bestehenden Komponenten revidiert haben?!
^^ Blick auf die Antriebseinheit. Interessanterweise hat die Bahn kein umlaufendes Förderseil, sondern zwei Winden, von denen die eine jeweils abgewickelt und die andere Aufgewickelt wird. Beide Winden werden vom selben Motor angetrieben, wodurch die Seile absolut synchron bewegt werden. Das verhindert Crashs auf der Strecke…
Durch dieses System kann in der Talstation auf sämtliche Technik verzichtet werden.
^^ Ein Stück Heimat
^^ Ein Wagen der zweiten Sektion verlässt soeben die Mittelstation. Auch hier wird das Seil über zwei Winden angetrieben. Da sich der Antrieb aber ebenfalls in der Mittelstation befindet, muss eine Umlenkung in der Bergstation erfolgen. Während das einte Ende abgewickelt wird, wird nebenan das talwärts kommende Ende aufgewickelt.
^^ Die komische Nummerierung soll daher kommen, dass früher noch weitere Vorstellwagen in Betrieb gewesen seien.
^^ Blick ins innere eines solchen Wagens – alles aus Holz und keine Fenster!
^^ Nebendran verläuft die Gondelbahn.
^^ Bergstation der zweiten Sektion – dass es hierher auch eine Strasse gibt war doch ziemlich enttäuschend.
^^ Gebäude auf dem Gipfel.
^^ Direkt dahinter ist die Bergstation der Gondelbahn.
^^ Nette Komposition die man sonst eher selten antrifft…
^^ Die Berstation – ein zeitloser Wellblechverhau. Könnte auch irgendwo in den Alpen stehen (dort wohl eher gestanden haben…).
^^ Die Stützen sehen jenen der Von Roll Parkbahnen auch sehr ähnlich – trotzdem wohl keine Von Roll Bahn!
^^ Letzte Stütze und Bergstation
^^ Die zwei letzten Stützen
^^ Wie schön wäre das mit den kultigen Gondeln gewesen?
^^ Ich beim Aussichtspunkt…
^^ Übersicht über etwa 2/3 der Strecke
^^ Da es abartig zog und somit keine Hoffnungen für eine baldige Öffnung der Gondelbahn bestand, beschlossen wir uns ins Tal zu laufen. Hier die Mittelstation der Standseilbahn sowie den mittleren Teil der Gondelbahn.
^^ Blick zurück
^^ Die zweite Sektion der Standseilbahn – noch um einiges kürzer als die zweite!
^^ Kreuzung
^^ Zoom von weiter unten zur Bergstation der Gondelbahn. Danach folgten wir einem Weg hinab zur Küste, von wo wir wieder nach vorne nach Llandundno liefen.
^^ Wieder in Landundno: Nun war auch hier die Talstation verrammelt, heute lief nix mehr
Wir machten uns zum Ski Centre auf, welches sich nur wenige Minuten zu Fuss weiter oben am Berg befindet.
^^ Zum ersten Mal sah ich eine Mattenpiste in Natura. Und diese hier schien gar nicht mal so schlecht zu sein. Eine immerhin 200 Meter lange Piste, in der Mitte eine Kuppe. Erschlossen durch das billigste vom billigen, einem fixgeklemmten Poma Stangenschlepper.
^^ Die Vorgängergeneration der Piste liegt nebendran.
^^ Das Teil mussten wir einfach ausprobieren. 1,5 Stunden kosten 13 Pfund (26 SFr.), inkl. Ausrüstung (Skischuhe, Ski, Stöcke – allerdings alles von mieser Qualität).
^^ Losgehts. Die erste Abfahrt war eine richtige Enttäuschung. Man rutschte überhaupt nicht richtig auf den Matten und beim Kurvenmachen kam man nicht rum oder produzierte fast eine Bauchlandung…
- Hinter mir am Lift noch so ein komischer Schweizer
^^ Dann machte uns das englische Wetter ein Geschenk! Es begann leicht zu nieseln. Die Skis rutschten plötzlich richtig gut, es begann Spass zu machen!
^^ Die Talstation des Poma-Skilifts. Zuerst schlich er ganz langsam vor sich hin, dann wurde auf die höhere Stufe hochgefahren. Danach war die Fahrzeit knapp aushaltbar.
^^ Hightech – Equipment
^^ Sommerski?
^^ Bergfahrt mit dem Pomalift.
^^ Bergstation des Pomalifts.
^^ Plötzlich gab es mehr Leute. Die meisten von Ihnen konnten mehr schlecht als recht Ski fahren, was teilweise ganz schön mühsam war. Denn nun hatten wir den Dreh raus – es war fast kein Unterschied mehr zum richtigen Schnee zu spüren! Somit verflog der Rest unserer 1,5 Stunden im Flug und wir wollten kaum aufhören…
Beim Rückweg kamen wir noch mal an der Talstation der Gondelbahn vorbei:
^^ Die komplette Talstation
^^ Ausfahrt und Blick auf die Strecke.
^^ In irgend einer Deutschen Quelle (finde sie nicht mehr, könnte aber schwören es war auf Wikipedia) war davon die Rede, dass die Bahn 2006 generalüberholt wurde. Der Rost sieht aber nicht gerade danach aus. Vielmehr bestätigt dieser die Vermutung das die Anlage 2006 nach einem stillstand reaktiviert wurde, wie englische Quellen andeuten.
Am Sonntag morgen versuchen wir es erneut, doch diesmal hat man anscheinend nichtmal vorgesehen den Betrieb aufzunehmen. Ich versuche einige Bilder zu machen, in dem ich meine schmale Kompaktkamera mit angeschaltetem Selbstauslöser unter bzw. über einem Rollladen durchschiebe – des bleibt bei einem Versuch, die Bilder sind auch wegen mangelndem Licht nicht gerade umwerfend, eine Auswahl der am besten gelungenen Aufnahmen sei kommentarlos angehängt:
Nochmals ein paar Bilder von aussen, ich bin enttäuscht das es mit der Fahrt nicht geklappt hat…
^^ Die Ausfahrt. Vom Prinzip her ähnlich wie bei einer VR101 oder Giovanolabahn, aber da die Klemme über zwei verschiedene Radtypen verfügt, braucht der Niederhalter auch zwei verschiedene Schienentypen.
^^ Ein letzter Blick auf Llandundo, dann beschliessen wir 2 Stunden früher als geplant nach Hause zu fahren. Das ist auch gut so, denn trotz diesem Vorsprung schaffen es die englischen Eisenbahnen, am Ende eine Verspätung von 40 Minuten (im Bezug auf unseren ursprünglichen Rückreise-Fahrplan, effektiv waren es 1,5 h!) bis London zusammen zu kriegen.
Unter dem Strich war der Ausflug eine ziemliche Enttäuschung, Llandundno hat mir nicht gefallen und die Gondelbahn war auch noch geschlossen. Der grösste Aufsteller war das Mattenskifahren, meiner Meinung nach das einzige am ganzen Ausflug das sein Geld wert war.