Es erwies sich am Vortag als gar nicht so einfach, noch für eine Nacht in Livigno ein Zimmer zu bekommen. Der Ort war mehr oder weniger ausgebucht und die angeblichen freien Unterkünfte waren entweder zu teuer oder inzwischen besetzt. Aber wie es der Zufall so will, hatten wir Glück im Unglück und ergatterten doch noch eine Unterkunft in Form eines komplett neuen und toll ausgestatteten Apartments, das eben nur mehr für diese Nacht frei war. So deckten wir uns mit allen möglichen Vorräten ein und waren zudem beim Frühstück zeitlich unabhängig. Und natürlich vergaßen wir am Vortag nicht, noch unser Fahrzeug aufzutanken - bei einem Preis von 0,833 Euro (!) für einen Liter Diesel beinahe schon ein Vergnügen.
Zeitig verließen wir am Morgen Livigno und steuerten unser nächstes Ziel Isolaccia im Valdidentro an. Bis dorthin galt es immerhin zwei Pässe zu überwinden, von denen der Passo di Foscagno mit 2291 Meter der höchste war. Auf der Passhöhe befand sich auch das kleine Zollhäuschen, wo wir angehalten wurden und der üblichen Kontrolle - besser wäre Fragerei gewesen - nicht entgingen. Verkleidet als Schitouristen schmuggelten wir natürlich Unmengen von Alkohol und Zigaretten an dem ahnungslosen Zöllner vorbei. An den Hängen des Foscagnos ging es nun stetig bergab, ehe wir einige Kehren und enge Ortsdurchfahrten später Isolaccia erreicht hatten. Der Ort besaß typischen Italocharme mit seinen engen und verwinkelten Gassen, die grauen und renovierungsbedürftigen Häuser entlang der Hauptstraße taten ihr Übriges.
Es war so kurz nach halb neun, als wir am Parkplatz der neuen Gondelbahn Isolaccia - Pian della Mota eintrafen und erstmal einen Blick auf die Sigma Gondeln der EUB warfen. Isolaccia war uns erst im Zuge der Planung aufgefallen, waren die benachbarten und weltcuperprobten Schigebiete wie Bormio und Santa Caterina doch wesentlich bekannter. Aber auch dieses Schigebiet schien seine Reize zu haben und so waren wir schon gespannt auf das, was uns erwarten sollte.
Zwei Zubringerbahnen führen ins Schigebiet von Valdidentro - zum einem die neue Kabinenbahn von Isolaccia und zum anderem die Sesselliftkette von Le Motte aus. Zum höchsten erreichbaren Punkt, dem 2546 Meter hohen Dosso le Pone, führt ein Schlepplift, summa summarum ergeben sich damit gute 1200 Meter Höhenunterschied zu den Talstationen. Das Wetter war prächtig wie am Vortag, abgesehen von den tiefen morgendlichen Temperaturen, die jedoch mit zunehmender Sonneneinstrahlung rasch erträglicher wurden. Alles schien perfekt, doch es sollte noch ganz anders kommen ...
Die Talstation der 8 EUB Isolaccia-Pian della Mota, die direkt neben der Hauptstraße liegt und eine DSB ersetzt hat.
Techn. Daten:
* lunghezza: mt. 1567
* dislivello: mt. 653
* velocità: 6 m/s
* tempo di percorrenza: 4' 21"
Über die Kapazität schweigt man sich aus, laut funivie dürfte diese aber gerade mal 1200 Pers/h betragen. Reichte aber an diesem speziellen Samstag völig aus. (Bormio-WC Rennen)
Stylisches Kabinendesign: Sigma Ruby
Kurz vor der Bergstation am Pian della Motta
Holla - da scheint uns ja noch ein ausgesetzter und steilerer Schlepper zu erwarten
Sektion 2: Schlepper Palancana mit Gemischtgehängen 8O - auf ca. 5 T-Bügel folgte ein Tellergehänge - Kapazitätssteigerung auf Italienisch
Netter Hochgeschwindigkeitshang, der nach unten hin etwas steiler wurde. Insgesamt sehr beschaulicher Betrieb, die Pisten gehörten anfangs fast uns allein.
Sektion 3: Tellerschlepper Masucco
Eine typische Leitneranlage, deren Verlauf uns ja bereits von der Bergstation der EUB aus aufgefallen war.
Top Pisten - Top Präparierung - die Ernüchterung sollte jedoch bald folgen
Steil zieht der Schlepper zum knapp 2400 Meter hohen Ausstiegspunkt.
Blickrichtung Livigno - der Trog des Passo di Foscagno
Bereits während der Auffahrt schienen wir unseren Augen nicht zu trauen. 8O Die Anlage zum höchsten Punkt des Schigebietes, dem Dosso le Pone, schien nicht nur menschenleer, sondern auch ohne Gehänge zu sein. Ärgerlich vor allem auch deswegen, weil im Zuge der Vorabrecherchen sämtliche Anlagen als "aperto" geführt waren und es auch vor Ort keinen Hinweis auf irgendwelche geschlossene Anlagen gab. Aber es sollte noch besser kommen ...
Ebenfalls chiuso: Schlepper Monte Masucco, der die Verbindung zwischen den Ausgangspunkten (Le Motte- Isolaccia) herstellen sollte.
Ein Blick nach links sorgte für weiteres Erstaunen, sowohl die dritte Sektion der Sesselliftkette (La Rossa-S.Colombano) von Le Motte aus als auch der Schlepper Pra'Vegl waren gehängelos. Was war da los? Insgesamt 4 Anlagen geschlossen!? Warum? Alles LSAP? Fragen über Fragen ...
Die verwaiste Spinnenstation der DSB La Rossa-San Colmbano
Angesichts dieser Fakten brausten wir zurück Richtung Isolaccia, um uns schnellstmöglich nach den Gründen der geschlossenen Anlagen zu erkunden. Es erfolgte folgender Dialog an der Bergstation des Schleppers Masucco mit einem Seilbahnbediensteten, der wenigstens etwas der englischen Sprache mächtig war:
"Why are the ski lifts closed?"
"Company problem!"
"Äh … company problems. Money?"
"No, there are two companies and they don't like each other"
"Aha!?!? (Kurzes Luftholen unsererseits) Which companies?"
"The Companies of Isolaccia and Bormio ... "Unglaublich aber wahr, waren laut Aussage des Bediensteten die beiden Betreiber der Anlagen - auf der einen Seite die Seilbahnen Bormio (die Anlagen von Le Motte bis hinauf zum Dosso le Pone), auf der anderen Seite die Seilbahnen Isolaccia (EUB+die beiden Leitner Schlepper) - schlecht aufeinander zu sprechen. Dieser Umstand artete anscheinend in der Einstellung der Schischaukel mit insgesamt vier geschlossenen Anlagen aus. Im Gespräch erfuhren wir weiter, dass mit einer Öffnung der restlichen Anlagen erst im Jänner zu rechnen sei, so genau wisse man das aber auch nicht ... jedoch seien wenigstens die beiden unteren Sektionen von Le Motte in Betrieb.
Nun gut, wäre doch noch einen Besuch wert, oder? Thomas K bot sich an, die Verbindung hinüber nach Le Motte zu testen und eine eventuelle Rückkehrmöglichkeit nach Isolaccia zu erkunden. Der² und ich verweilten derweilen noch auf den Hängen von Issolaccia, um wenigstens per PKW dorthin zu gelangen . Etwa eine Stunde später erfolgte der Anruf von Thomas - er sei bereits wieder auf dem Weg zu uns und sitze in der Gondelbahn. Die Verbindung war also doch möglich. Aber nur wie?
Ein Bild mit viel Aussagekraft: Einerseits die geschlossene Verbindungssabfahrt nach Le Motte, anderseits das gegenüberliegende Schigebiet von Bormio, wo bald der Herrenabfahrtslauf beginnen sollte.
Geplant war ja, dass wir Valdidentro gegen Mittag verlassen und anschließend nach Bormio zum Rennen hinüberwechseln würden .... zeitlich zwar knapp, aber machbar
Kurzes Begutachten der MEB Spinnenstation, die wir bisher nur von Nascivera DSBs kannten. Schade, dass dieses Teil nicht in Betrieb war.
Der weitere Verlauf der DSB, außerdem schien sogar einmal ein Teil der Abfahrt präpariert worden zu sein.
Noch ein wehmütiger Blick zurück zum Dosso le Pone
Thomas und der² beobachten das Treiben in Bormio
3-fach Niederhalter
Die Verbindung zu den geöffneten Sesselbahnen von Le Motte klappte problemlos und so fuhren wir mit der ersten Sektion, der 4SB Le Motte-Dossaccio (DM), wieder hoch.
Bergstation
Die zweite Sektion - DSB Forte Tadé - ebenfalls DM
Für unseren Geschmack schon fast etwas lang für eine fixe Bahn ... zumindest bei einer neueren
Stand noch der vermeintliche Höhepunkt eines letztendlich doch sehr abwechslungsreichen Vormittags an. Ein Forstweg bot die einzige Möglichkeit zurück zum Schigebiet von Isolaccia. Was von Thomas als ein etwas schweißtreibender Weg beschrieben wurde, entpuppte sich als eine heftige und an Steigungen kaum zu übertreffende Hardcorelanglaufloipe. So reichte unterwegs unsere* Kraft weder für ein paar Photos noch ein paar Stockhiebe auf Thomas Hinterteil.
Selten waren wir* so glücklich nahe der Bergstation der EUB wieder präparierten und vor allem abfallenden Boden unter den Füßen zu haben (*Anm.: Der² und meine Wenigkeit).
Zeit zum Verschnaufen gab es auch anschließend keine, der Abfahrtslauf in Bormio war bereits voll im Gange ...