Vorwort
In einigen Fällen kann ich mich auch für Mittelgebirge begeistern. Die Vogesen zum Beispiel begeistern mich seit meiner Kindheit. Sie sind anders als die meisten anderen Mittelgebirge, die ich kenne. Im Oktober habe ich wieder einmal eine Herbstwanderung in Abschnitten des mich faszinierenden Bereichs des charakteristischen Hauptkamms unternommen.
Die Vogesen
Die Vogesen haben von ihrer Höhe und von ihrer Entstehungsgeschichte her durchaus Gemeinsamkeiten mit dem Schwarzwald. Auch beim Fernblick aus den Oberrheintal glaubt man zunächst mal, beidseits des Rhein zwei vergleichbare Gebirge zu erkennen. Aber klarer Sicht zeigen sich bereits aus dieser Perspektive gewisse Unterschiede. Während im Schwarzwald nur der Gipfelbereich des Feldbergs waldfrei ist, zeigt sich in den Vogesen der Hauptkamm über weite Strecken unbewaldet.
Im Gegensatz zum Schwarzwald gibt es in den Vogesen einen ausgeprägte Hauptkamm, der sich ohne allzu tiefe Einschnitte nahezu über das gesamte Gebirge zieht. Nach meiner eigenen Definition ist es sogar so, dass es im südlichen Bereich sogar zwei Hauptkämme gibt: Nördlich des Lac de Kruth-Wildenstein (am Rainkopf) teilt sich der Hauptkamm in den "offiziellen" Hauptkamm, der konsequent weiter der Grenze zwischen den Regionen Alsace und Lorraine folgt und im Süden mit dem Ballon d'Alsace endet, sowie in den "Nebenkamm", der über den Markstein nach Südosten führt und an der höchsten Erhebung der Vogesen, dem Grand Ballon, endet.
Genau dieser Hauptkamm ist es, der für mich einen wesentlichen Reiz dieses Gebirges ausmacht. Der attraktivste Abschnitt dieses Kamms wiederum liegt im zentralen Bereich, der im Norden am Col du Calvaire beginnt, sich über den Col de la Schlucht und das Hohneck zum Rainkopf zieht und dort dem Nebenkamm bis zum Batteriekopf folgt. In diesem gesamten Bereich finden sich Felslandschaften, die für ein Mittelgebirge nicht gerade typisch sind. Ausgeprägte waldfreie Bereiche finden sich dann auf dem Nebenkamm noch bis zu seinem südöstlichen Ende am Grand Ballon. Hiermit sind die wesentlichen Attraktivitätselemente bereits genannt: Felsen und Bereiche über der Waldgrenze.
Die Grundform des Hauptkammes bis zum Batteriekopf am nebenkamm ist folgende: Direkt westlich des Kammes liegen flacher genigete Hochflächen und Kuppen, die waldfrei sind und sich als Wiesen- oder Heidelandschaften darstellen. Auf seiner Ostseite bricht das Gelände jedoch aprupt und brachial ab. Hier finden sich häufig Felswände über 200 Meter Höhendifferenz, die in den hochgelegenen Kesseln enden, welche häufig Seen als Überbleibsel aus der Vergletscherung beherbergen. Die Seen sind von NBord nach Süd: Lac Blanc, Lac Noir, Lac des Truites ou du Forlet, Lac Vert, Lac de Schiessrothried, Lac d'Altenweiher. Diese Felsen in Verbindung mit den Seen ergeben eine sehr eindrucksvolle Landschaft. Die Seen sind natürlichen Ursprungs, aber nachträglich zu Stauseen ausgebaut.
Die tiefliegende Waldgrenze (ca. 1200 m) ist klimatischen Ursprungs. Heftige, ungebremste Westwinde verbunden mit Abkühlung und Niederschlägen durch den Aufsteigeffekt sorgen für das raue Klime. Dies wird deutlich in der sehr kurzen Übergangszone von Mischwald zum Waldfreien Bereich, welcher durch vom Wetter gezeichnete Krüppelkiefern dominiert ist.
Der Vogesen-Hauptkamm - und jetzt meine ich den "offiziellen" auf seiner kompletten Länge, hat ist auf weiten Strecken identisch mit der früheren Sprachgrenze Französisch-Deutsch. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: Im Abschnitt zwischen den Col de la Schlucht und dem Kastelberg finden sich auch auf der Westseite Gehöfte, die früher deutschsprachig war. Andererseits gibt es östlich des Kamms zwischen dem Col du Bonhomme und dem Lac Noir sogar großflächige Gebiete, die zwar in der Region Alsace liegen, aber schon immer französischsprachig waren. Im wesentlichen sind dies die Täler von Orbey und Lapoutroie, die zum Hauptkamm hin die Frotsetzung des Tals von Kaysersberg bilden.
Typisch für das Hauptkammgebiet beidseits der Regionengrenze sind weiterhin die vielen Fermes Auberges, frühere und aktive Sennhütten, welche Elsässer und Lothringische Spezialitäten anbieten. Dies sind vor allem Tourte, Quiche Lorraine und Münsterkäs, letzteren auch in seiner extrem frischen Variante mit Kirschschnaps. Wenn man in einem Hotel in den Tälern des Elsass Quartier mit Halbpension bezieht, muss man sich darauf einstellen auch mit den aufwändigeren Formen der elsässichen Küche "bombardiert" zu werden. Hierbei denke ich vor allem am Coq au Riesling, Baeckeoffe und Choucrout Garni. Das genannte "Programm" wird in der Regel im Laufe einer Woche einmal durchexerziert. Gerade die Elsässer sind extrem traditionsbewusst, selbstbewusst und ihrer Region verbunden.
Östlich und westlich sind dem Hauptkamm Bergketten und Einzelberge vorgelagert, die teilweise auch schöne Landschaften bieten - insbesondere in Verbindung mit den hübschen Dörfern. Allerdings sind diese Bereiche rein gebirgstechnisch nicht mehr sonderlich außergewöhnlich. Im Vergleich zum Schwarzewald fällt aber auf, dass es - gerade auf der elsässischen Ostseite - hauptsächlich Laubwald gibt, was gerade im Herbst zu schöneren und freundlciheren Farben führt als beispielsweise im Schwarzwald. Und am östlichen Rand der Vogesen ist dann der Weinliebhaber in seinem Element ...
Oktober 2008 am Hauptkamm
^^ Blick von der Haut de Falimont zum Hohneck als charakteristischen Vogesengipfel und auf die baumlosen Weiten der Westseite (Lorraine) des Hauptkammes. Am rechten Bildrand ist der Kastelberg zu erahnen, auf dessen Gipfel führen die höchstgelegenen Lifte der Vogesen aus dem Skigebiet La Bresse-Hohneck.
Blick über die Combe de Falimont auf die Nordflanke des Hohneck. In dieser Combe verlaufen die Extreme-Freerideabfahrten vom Hohneck zum Weiler Frankental. Ganz links ist das Petit Hohneck zu sehen, das von Osten und Norden aus mit Liften erschlossen ist. Über das links sichtbare Joch wäre prinzipiell die Verbindung beider Skigebiete möglich. Dadurch entstünde ein attraktives Riesen-Skigebiet. Dies ist jedoch an Naturschutzgründen und vielleicht auch der Regionengrenze gescheitert.
^^ Hier jetzt das Petit Hohneck. Auf den Gipfel lassen sich Liftmasten erahnen.
^^ Blick von Col de Falimont nach Norden auf die Martinswand. In Original-Auflösung sind die Kletterer zu erkennen.
^^ Blick vom Hauptkamm auf den 200 Meter tiefer liegenden Lac Blanc
^^ Zum Lac Blanc geht es senkrecht hinunter. Auch einen Felsturm gibt es, wie man auch dem Bild sieht.
^^ Die Heidelandschaft des Gazon du Faing auf der flach abfallenden Westseite des Kammes. Im Hintergrund die zum Lac des Truites ou du Forlet abfallenden Felsen auf der Ostseite. Der höchste Berg im Hintergrund ist wieder das Hohneck.
^^ Blick nach Südosten bis zum Grand Ballon. Vor dem Horizon ist ein Viertel vom rechten Bildrand entfernt der Schnepfenriedkopf mit seinen vielen Pistenschneisen zu erkennen. Am rechten Bildrand gerade nicht mehr zu erkennen ist das Petit Hohneck.
^^ Blick über den Talkessel des Lac des Truites ou du Forlet auf den Taubenklangfelsen
^^ Blick vom Taubenklangfelsen auf den Falsen Pkt. 1303 (hier kenne ich nur die Meereshöhe).
^^ Menschenauflauf auf dem Taubenklangfelsen
^^ Blick aus Süden auf die Felsengruppe des Lac des Truites ou du Forlet
^^ Lac des Truites ou du Forlet mit zugehöriger Ferme Auberge und Haupt-Wanderweg von der Krete hinunter.
^^ Die Felsengruppe von unten
^^ Ferme Auberge du Forlet
^^ Maschinenhaus am Lac Noir (Pumpbetrieb zum Lac Blanc und generatorischer Betrieb)
^^ Der kapazitätsstärkste Lift der Vogesen am Col de Calvaire; ein ziemlicher Verdrahtungssalat hier zusammen mit der Hochspannungsleitung
Sonnenaufgangsserie von einer Anhöhe zwischen den Tälern von Orbey und Lapoutrioe
Aber nicht jeder Tag ist gleich - an einem anderen Tag sieht das so aus: