Suvretta Corviglia Marguns - St. Moritz Celerina - 13.1.2008
Das Skiegbiet von
St. Moritz hat viele Gesichter.
Man kann für tausende von Franken kulinarische Köstlichkeiten consumieren, Winterwanderwege gehen, Autobahnpisten fahren, sehen und gesehen werden und so weiter.
Abgesehen von diesen Möglichkeiten, die Viele mit
St. Moritz verbinden bietet das Gebiet aber, besonders bei entsprechender Schneelage unzählige Freeridemöglichkeiten von einfach und ungeföhrlich, wie die gesamten Südhänge von Val Suvretta bis zur Corviglia bis zu rassigen Abfahrten am Piz Nair und im Glüna Gebiet.
Bereits gestern waren wir bei dichtestem Schneegestöber im Gebiet unterwegs und die Neuschneedecke wuchs und wuchs.
Als ich am nächsten Morgen um 7:00 Uhr aus dem Fenster schaue, ist alles grau ohne zu schneien.
Aber der Wetterbericht hatte Besserung versprochen und außerdem hat die Wolkendecke an den Bergflanken teilweise einen verdächtigen blauen Schimmer.
Ich torkele also ins Wohnzimmer und schalte den Fernseher ein.
Auf den Wetterbildern des Schweizer Fernsehens bestätigt sich dann später das, was ich vermutet und gehofft habe. Es liegt nur eine Nebelschicht über dem Tal. Darüber beginnt gerade die Sonne aufzugehen und es sind nur noch Restwolken vorhanden.
Die Verhältnisse, die sich uns noch bieten werden haben mich schließlich auch veranlasst, einen Bericht über diesen Tag zu verfassen.
Nach einem Frühstück geht es also los.
Zunächst in einen grauen Morgen:
Ortsdurchfahrt Champfér, wir sind auf dem Weg nach Suvretta, wo ich standardmäßig per DSB ins Gebiet einsteige.
Die Dame an der Kasse erzählt uns, dass nur die DSB Suvretta-Randolins geöffnet sei. Die oberen Anlagen zum Plateau Nair / Munt da San Murezzan sind wegen Lawinengefahr geschlossen.
Der Sinn ist mir zwar nicht ganz klar, da ich mir nicht vorstellen kann, wie auf dem oder auf das Plateau Nair eine Lawine niedergehen sollte, aber OK.
Nach der Bergfahrt im Nebel sehen wir erstemal nichts.
Wir traversieren also zur Signalbahn herüber, was sich mit meiner besnowboardeten Begleitung etwas hinzieht.
Erwartungsgemäß laufen die weiteren Lifte Richtung Plateau Nair ebenfalls nicht, so dass uns nichts weiter übrig bleibt, als in einer gespenstischen Nebelstimmung über menschenleere Pisten unter stehenden KSBs hindurch über Signal und Salastrains nach Chantarella abzufahren, wo wir mit der Corviglia SSB weiterfahren werden.
Da alle anderen Anlagen geschlossen sind, ist es hier schon entsprechend voll und wir müssen eine ganze Weile warten, bis wir endlich in diese klassische Bahn einsteigen können.
Kurz vor der Corviglia durchbrechen wir die Wolkendecke - endlich.
Nach dem Ausstieg bietet sich uns (das übliche
) bei solchen Wetter- und Schneelagen unvergleichliche Panorama.
SL Sass Runzöl, außer Betrieb - Lawinengefahr?
Blick über den Fis Hang zur Bergstation Piz Nair 3025m
Der Gipfel rechts daneben (3057m) ist vom vorgelagerten Piz Nair Pitschen verdeckt.
Pitschen sind im Romanischen oft Vorgipfel der Hauptberge, daher der Name.
Als an der Flanke dieses Gipfels (zwischen Mast und Gipfel) für die Ski WM 2003 der Herrenabfahrtsstart gebaut wurde, benannte man den Gipfel (wohl aus Marketinggründen) kurzerhand in Piz
St. Moritz um.
Das kann man finden wie man will aber ich bin da doch eher konservativ
Wir machen uns auf den Weg herunter nach Marguns, um die Hänge des Trais Fluors, der nämlich läuft, abzufahren.
Neben dem idyllischen Panorama bieten sich auch immer wieder geisterhafte Ausblicke auf aus dem Nebel auftauchende Anlagen.
Wer liebt das nicht!
Danach fahren wir mit der 6er KSB Trais Fluors herauf, um die Hänge hier abzufahren.
Die Leute sind so heiß auf den Naturschnee, dass es einfach unmöglich ist, der Erste zu sein. Aber Es gibt noch genügend unverspurte Bereiche.
Oben angekommen geht es auch für uns eindlich los.
Jetzt einige nur teilweise kommentierte Impressionen von unseren Abfahrten hier im Trais Fluors und Glünagebiet.
Ich denke, die Bilder sprechen auch für sich.
Nebelmeer mit Margunsbahn
Im Laufe der Zeit zieht sich die Hochnebeldecke nach unten zurück.
Gegenüber der Piz Corvatsch.
Ich gehe davon aus, dass die Bergstation heute wegen Lawinengefahr ganztägig geschlossen bleibt.
Früher hielt man am Corvatsch etwas auf sich und seine besonders sportliche Klientel.
Nach Neuschneefällen wurden die Gletscherpisten einfach unpräpariert geöffnet und erst am nächsten oder übernächsten Tag gewalzt.
Jetzt, spätestens nach einem Führungswechsel vor mehreren Jahren kommerzialisiert man den Gletscherrest, auf dem einst ein geniales Sommerskigebiet lag mit einer aus ihm heraustauenden Grotte und einer "Flying-Fox" Seilbahn. Insgesamt ist der Gletscher dadurch so verunstaltet, dass man kaum noch schöne Fotos dort oben machen kann.
Außerdem veranstaltet man Nachtskifahren mit Schwerpunkt Party und hatte letztens sogar eine Miss-Wahl, MallorcaIschgl lässt grüßen
Quo vadis, Corvatsch
Wie dem auch sei, aus diesen Gründen sind wir heute hier auf der Corviglia.
Übrigens soll das nicht heißen, dass mir der Corvatsch nicht mehr gefällt; nur sage ich in der Regel auch das, was mir nicht gefällt ziemlich direkt
Nachdem alles verspurt ist und es besonders für mich als Skifahrer langsam etwas anstrengend wird, begeben wir uns auf die Südhänge oberhalb Suvretta, wo die Lifte mittlerweile auch laufen.
Wir fahren von Marguns die Plateau Nair Bahn herauf und fahren von dort in feinstem Pulverschnee über die ehemalige Piste Mauritius, später über die Standardabfahrt Richtung Randolins ab.
Des Öfteren mache ich den Fehler, zu flache Bereiche zu durchfahren, so dass "der Boarder" manchmal seine Probleme hat, voranzukommen.
Zum Glück nimmt er es meistens mit Humor
Die Signalbahn.
Mittlerweile sind Wolken aufgezogen, die die Landschaft in ein subtiles, sehr geiles Licht versetzten.
Die Hänge im Bereich der geschlossenen Paradis Abfahrt.
Die KSB Randolins, an der wir die nächste Zeit verbringen.
Auch hier sind zahllose relativ einfache Hänge zu befahren.
Aus der Bahn sehen wir, dass schon wieder einige Freerider die Hänge am Piz Nair befahren haben.
Die sind aber schätzungsweise 35-45° steil und für mich damit am ersten Tag nach fast 70cm Neuschnee auf windgepresster Atschneedecke definitiv tabu.
Nun steht aber erstmal eine kurze Pause in einer, meiner bevorzugten Hütten auf der Corviglia, der Chamanna, auf dem Plan.
Nach einer Stärkung stellen wir fest, dass das Gelände nun doch schon ziemlich verspurt ist
Also begebe ich mich auf die Pisten, die durch den Neuschnee ziemlich soft sind.
Es haben sich leichte Buckel gebildet, genau mein Geschmack und zusätzlich in diesem Gebiet zur absoluten Rarität geworden.
Ich bin zwar auch bekennender Raser, doch ist es mir auf der Corviglia dazu auf den Pisten meist zu voll und zu gefährlich.
Das kann man besser auf Diavolezza Lagalb - morgens oder in der Nebensaison.
Hier sind die buckligen Pisten geradezu ideal.
Auf einmal fühlt man sich auch ohne Helm und Rückenpanzer absolut sicher - keine unkontrolliert quer zur Piste schießenden Raser, keine Hektik.
Jeder fährt genüsslich seinen Stil durch die Pisten - keiner kommt sich ins Gehege. Es ist ruhig und zugleich fordernder und interessanter.
Gleichzeitig bessert sich das Wetter wieder merklich und die Nachmittagssonne taucht die Pisten in ein stimmungsvolles, plastisches Licht.
Nach Sylvester haben sich in einer Umfrage in der Schweiz 75% der Gäste für eine Helmpflicht und 50% für eine Pistenpolizei ausgesprochen.
Ich sage: Wir brauchen keine Helmpflicht und keine Pistenpolizei, wir brauchen mehr Buckel
Also über ich weiter und genieße die Stimmung.
Mittlerweile ist es 15:00 Uhr und in Anbetracht der Tatsache, dass ich heute noch aufräumen, das Auto packen und alleine 600km nach Hause fahren muss (Morgen muss ich wieder arbeiten), beschließen wir, uns auf die (geschlossene
) Talabfahrt nach Suvretta zu begeben.
Die Abfahrt ohne Kunstschnee entpuppt sich als ein verkitschter Wintertraum in seidemweichstem Pulver
Es geht hinunter in das Villenviertel der Superreichen.
Wie immer ist diese Abfahrt leer, während sich an der Signalbahn Talabfahrt die Leute auf den Ziehwegegn gegenseitig im Weg herumstehen, bevor das Chaos am Parkplatz beginnt
Hier ist die Stimmung ganz anders
Aufgrund der absolut perfekten Bedingungen beschließen wir, noch einmal mit der alten Suvretta DSB heraufzufahren, um dann die definitv letzte Abfahrt zu machen.
Impressionen der Lifttrasse, die zunächst durch die Villen führt.
Leider sind nur wenige der Villen irgendwie architektonisch interessant.
Geld, Geschmack und Stil sind eben oft nicht miteinander verbunden.
Selten nehmen die großzügigen Bauten Bezug auf die phantastische Lage, in der sie sich befinden.
Sie sind nicht wirklich traditionell und noch weniger modern.
Oben angekommen starten wir zur definitiv letzten Abfahrt.
Obwohl ich mich ja auch noch bei einem Café Créme auf die geniale Sonnenterrasse der Trutzhütte setzten könnte
Aber wir müssen los...
Das Suvretta House:
An der Talstation befindet sich noch ein Restaurant mit einer netten Sonnenterrasse, aber wir müssen ja los
Der übliche Fuhrpark am Parkplatz, im Hintergrund nochmal die Talstation der DSB Suvretta-Randolins.
Geländewagen in Kistenform sind einfach wesentlich stylisher als die Modetrand SUVs
Der Fuhrpark ist allgegenwärtig, wenn man hier seinen Skitag abschließt.
Fazit:
Einer der besten Skitage in diesem Gebiet, die ich je hatte.
Die wirklich steilen Sachen sind wir zwar aufgrund der Lawinensituation nicht gefahren, aber das hat mich nicht gestört.
Top-Stimmung, erst morgens mit dem Hochnebel und dem Tiefschnee - später mit den buckligen Pisten und dem Nachmittagslicht.
Das sind diese Tage, die man lange in Erinnerung behält.