Das ganze geht übrigens auf die Testreihe des SLF zurück, die dann schon wieder objektiver sein dürfte.
Stellungnahme des SLF:
Zitat:
Da hier unsere Versuche zitiert werden, möchten wir uns auch in die Diskussion einmischen:
Ein Knackpunkt ist der Begriff "ganzverschüttet", der immer wieder zu Missverständnissen führt. Von "ganzverschüttet" redet man dann, wenn die Atemwege vom Schnee bedeckt sind, also ein lebensbedrohlicher Zustand gegeben ist.
Das heisst aber keinesfalls, dass nicht noch Teile der ganzverschütteten Person aus dem Schnee ragen können und der Ganzverschüttete dadurch schnell geortet und geborgen werden kann. Falls man einen Airbag trägt, ist das relativ wahrscheinlich.
Der ABS wirkt einerseits dadurch, dass er einen in der strömenden Lawine näher an der Oberfläche hält und damit zu einer im Mittel (!) geringeren Verschüttungstiefe führt und dass selbst im Fall einer Ganzverschüttung (im obigen Sinn) mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit die Ballons an der Oberfläche sichtbar sind. Dadurch dass der ABS direkt am Lawinenopfer befestigt ist, ist man sehr schnell bei ihm. Bis jetzt gab es einen Fall (von 50), wo die verschüttete Person erst obenauf war, dann aber nach dem Stillstand der Lawine , mit den Beinen festgeklemmt, von einer Nachlawine mitsamt dem ABS verschüttet wurde. Der ABS funktioniert nur, solang man sich mit der fliessenden Lawine mitbewegt.
Dass der ABS nicht hält, was er verspricht, trifft dann zu, wenn man ihn als Stuntman-Tool sieht, der einen in jedem Fall einen Lawinenabgang unbeschadet überstehen lässt. Die Werbung für den ABS ist da nicht ganz unschuldig ("obenbleiben" usw.) In seiner Gesamtheit ist er wohl aber eine sinnvolle Ergänzung zur traditionellen Sicherheitsausrüstung (Schaufel, Sonde, Lawinenverschüttetensuchgerät), der die Ueberlebenswahrscheinlichkeit bei einem Lawinenabgang erhöhen kann (den man aber eh in jedem Fall auch mit Airbags vermeiden sollte!).
Zu dem Ausgraben der ganzverschütten airbagtragenden Dummies im Versuch: Die waren zwar mit dem Gesicht in den angegebenen Tiefen verschüttet, dank der guten Sichtbarkeit aber viel schneller geortet und ausgegraben als ihre im Mittel tiefer verschütteten "Kollegen" ohne Airbags, die in 3 von 4 Fällen auch optisch ganzverschüttet waren langwierig mit dem LVS gesucht werden mussten.
Der im Versuch abgerissene Airbag war tatsächlich ein "böses Foul" und der Hersteller hat daraufhin den Rucksack (war der Prototy des daypacks, der damals noch nicht auf dem Markt war) nochmals überarbeitet.
Zum Gewicht und technischen Aufwand: Das ist Geschmackssache. Es gibt ja auch alternative Geräte wie den avalanche ball, der auch eine sehr schnelle intuitive optische Ortung erlaubt, billiger, leichter und technisch nicht so aufwendig ist. Beim avalanche ball kann man dafür allerdings nicht auf eine im Mittel geringere Verschüttungstiefe hoffen und der Ball ist nicht zwangsläufig direkt beim Verschütteten lokalisiert. Die genaue Position des Verschütteten findet man durch Herausziehen der 6m langen Schnur, über die der Ball mit dem Träger verbunden ist, oder, wenn das nicht geht (im Fall von sehr schwerem und nach Lawinenabgang hart gewordenem Schnee) "traditionell" mit LVS und Sonde.
Zusammenfassend:
1)Das wichtigste ist ersteinmal, eine Lawine zu vermeiden: Vorbereitung der Tour, umsichtiges, im Zweifelsfall defensives Verhalten.
2)Die "traditionelle" Ausrüstung (Schaufel, Sonde, LVS) ist nach wie vor Standard und ein "must".
3) Notfallausrüstung wie ABS oder avalanche ball können zu einer Verringerung der Verschüttungstiefe (ABS) und zur Verringerung der Verschüttungsdauer durch rasche intuitive optische Ortung beitragen (avalanche ball und ABS). Solche Geräte sind aber nur als Ergänzung, nicht als Ersatz der traditionellen Ausrüstung gedacht.
Martin Kern/Birgit Ottmer