Von Felsabsätzen und Steilrinnen: Das Lattengebirge (2.3.13)Das sog. Lattengebirge bildet den schroffen, nördlichsten Teil der Berchtesgadener Alpen und ist besonders durch die Predigtstuhlbahn bzw. die schlafende Hexe bekannt. Nördlich liegt der bekannte Kurort Bad Reichenhall, den südöstlichen Abschluss bildet Bischofswiesen. Trotz des abweisenden Eindrucks wurde nach dem Bau der Pendelbahn 1928 in den Jahren 1933/34 eine sehr kühne Abfahrt entlang des Predigtstuhl-Nordkammes nach Bad Reichenhall erschlossen, die sog. Spechtenkopf- oder Vordere Abfahrt; eine anspruchsvolle Abfahrt die immer wieder Todesopfer forderte. Der 1955 von Pohlig errichtete Stadtbergsessellift erschloss den unteren, zugänglicheren Teil der vorderen Skiabfahrt (~400 hm). Mit Stillegung und anschließender ersatzloser Abtragung der Anlage um 1985 wurde schließlich die gesamte Talabfahrt geschlossen. Angeregt durch mehrere Exkursionen meinerseits war eine gewisse Neugierde vorhanden...
Ausgangspunkt ist der Gipfel des Predigtstuhles, ca. 15 min von der Bergstation der Pendelbahn entfernt, mit charakteristischem Blick zum gegenüberliegenden Hochstaufen
Gegenüber erhebt sich der Hochschlegel, einst mit einer Einersesselbahn von PHB erschlossen, die demnächst demontiert wird
Nach Abfahrt über den Südhang zur Schlegelmulde kann nun sehr steil in die aufgelassene Skiabfahrt eingefahren werden. Nach 150 hm in der ersten Rinne (45°) rechtzeitig orografisch links (nördl.) hochqueren, sonst Felsabbrüche! Die Querung endet mit der Einfahrt am sog. Felsentörl.
Nach dem Felsentörl folgt auf den nächsten Höhenmetern sehr steiles Gelände jenseits der 45 Grad, das beliebig bis auf ca. 1450 ü.NN abgefahren werden kann, anschließend steile Traverse über mehrere Lawinenkegel Richtung Nordkamm.
Hier begann nun dichter Nebel und somit schwierige Wegführung, das Gelände ist unübersichtlich und gefährlich. Sehr ausgesetzte Abfahrt.
Der namensgebende Spechtenkopf wird - steil - auf der Westseite umfahren. Hartgefrorerener Schnee macht das Unterfangen gefährlich.
Auf etwa 1120 ü.NN knickt die alte Abfahrt nach Osten und führt nun durch felsdurchsetztes, bewaldetes Gelände Richtung Stadtberg bzw. Bayerisch Gmain. Möglichst links (nördl.) halten - logische Wegführung.
Bei einem markanten, einzelstehendem Laubbaum beginnt nordwestlich die Stadtabfahrt, die auch 25 Jahre nach ihrer Auflassung noch deutlich zu erkennen ist.
Die ehemalige Abfahrt verbuscht jedoch je weiter man kommt, immer mehr, aber öffnet sich schließlich im Bereich der vormaligen Spechtenalm wieder. Hier führte von 1955 bis 1985 der Stadtberglift von Bad Reichenhall herauf. Davon ist heute nicht mehr viel übrig.
Weiter geht es, soweit noch möglich auf der alten Skipiste, ausgewichen kann ggf. auf den noch vorhandenen Wanderweg. Interessanterweise finden sich ab der Spechtenalm nun zahlreiche Skispuren, offenbar wird die ehemals vermutlich als rot eingestufte Piste am Stadtberg nach wie vor befahren.
Entgültig Endstation ist schließlich am Festplatz in Reichenhall, nur unweit der (nicht mehr existenten) Talstation des ESL. Von dort geht es in ca. 15 min zurück zur Predigstuhlbahn
Hier noch ein ungefähres Übersichtsbild; gelb eingezeichnet der ungefähre Routenverlauf, entspricht nicht exakt der von mir gewählten Abfahrtsvariante, da die gelbe Markierung den unbez. Weg- und Richtungsspuren im Sommer entspricht. Rot punktiert der ehemalige Stadtberglift.
Abschließend noch ein Wort der Warnung an etwaige Aspiranten: Die Abfahrt bzw. die Route ist ohne
sehr gute Ortskenntnis besonders im mittleren Teil praktisch nicht zu finden - mit felsdurchsetztem Steilgelände bis 50° muss jederzeit gerechnet werden - man sollte wissen, was man tut! Die Lawinengefahr ist auf jeden Fall zu berücksichtigen - kammnahes Steilgelände!
Trotzdem hoffe ich, ich hab euch einen kleinen Eindruck aus der Ecke vermitteln können.
Tour solo...