Ich schreibe hier sicherheitshalber mal eine deutsche Kurzfassung dieses Unfallberichtes. Allerdings kann und will ich nicht die Authentizität des Originalberichtes aufrechterhalten und schreibe daher nicht in der 1. Person, wie dies im Original-Bericht der Fall ist.
Hier die Wiedergabe:
Wie in einem Skipass-Thread zu lesen war, hat sich Ende Mai ein Unfall im Couloir Dagobert auf der elsässischen Seite des Hohnecks ereignet. Als Opfer des Unfalls hat sich Romblanc entschieden, über den Hergang zu berichten ? aus mehreren Gründen:
- Um auf die Erklärungsversuche der Forenmitglieder zu den Unfallberichten zu antworten.
- Um den Skifahrern und Skipasslern, die diese Couloirs befahren, hilfreiche Informationen zu geben.
- Um Lehren aus diesem Vorfall zu ziehen.
Er legt weiterhin Wert darauf, dass sich das ?Lehren-Ziehen? nicht auf den Unfall selbst beschränkt, sondern darüber hinausgeht.
Das Wetter ist am 21. Mai in der Früh regnerisch und kalt, es kommt aber nicht in Frage, die Tour abzusagen. Er trifft sich mit snow_badger, um gemeinsam aufs Hohneck zu fahren. Um kurz vor 9 Uhr kommen sie oben an. Es hat 3 Grad, es ist windig, aber es regnet glücklicherweise nicht. Von Hagi und Aubertda ist noch nichts zu sehen (was im Falle Hagi nichts ungewöhnliches ist). Um 9.20 Uhr erscheinen die beiden kurz hintereinander.
Die hübsche Truppe macht sich bereit mit Jacke, Skihose, Handschuhen, Mütze. Angesichts der Jahreszeit und der Tatsache, dass bereits viel Schnee in den Couloirs abgeschmolzen ist, nehmen sie keine Sicherheitsausrüstung (Verschüttetensuchgerät, Schaufel, Sonde) mit. Dasselbe gilt für Haken, Pickel und Gurt, so etwas haben die generell nicht dabei.
Soweit bereit, laufen sie zum Couloir (für die meisten bereits eine gewisse Spannung) wo es fast windstill ist. Sie erreichen die Schneezunge in 2 Zweiergruppen, so dass sich automatisch eine Abfahrtsreihenfolge ergibt. Romblanc selbst fährt demnach als zweiter ab. Auf den ersten Blick erscheint der Schnee etwas härter als 10 Tage zuvor, da war er zusammen mit Skijeff68 hier abgefahren. Hagi stürzt sich als erster hinab und bewältigt ?f?trocken? diesen Moment des Glücks. Unten angekommen (am Ende des befahrbaren Abschnitts) ruft er hinauf, dass Romblanc folgen solle.
Dieser stürzt sich hinein und bewältigt die erste Kurve. Als er sich zur zweiten Kurve abstossen will, fühlt er ? er weiss nicht warum ? den Boden unter seinen Füssen entschwinden, sein Hintern berührt den Schnee. So schlittert er dann auf den rechten Rand des Couloirs zu. In diesem Moment hat er überhaupt keine Angst ? im Gegenteil: Er ist erleichtert, nicht den Abhang hinunter zu rutschen. Seine Erleichterung wird nicht lange anhalten, da er kurz darauf in ein Loch fällt (er selbst weiss die Tiefe nicht genau) und sich den Kopf an Felsen anschlägt (Anmerkung von mir: Er trug keinen Helm). Er hatte bereits 10 Tage zuvor diese durch Schmelzwasser verursachten Spalten zwischen Schnee und Fels bemerkt, da waren sie aber nicht so zahlreich und eher in der Mitte des Couloirs anzutreffen.
In diesem Loch erinnert er sich dann an nichts mehr. Ab hier stützt sich seine Darstellung auf die Berichte seiner Kollegen. Seine Kollegen kommen auf seine Höhe um seine Skier zu bergen und sich nach seinem Zustand zu erkundigen. Offensichtlich geht es ihm gut, denn er steht aufrecht und kann sich normal bewegen.
Das einzige was Sorge bereitet ist, dass er nicht weiss, wer da zu ihm kommt. Wie in Trance klettert er hinaus auf den Schnee, während die Kollegen seine Skier und Stöcke bergen. Dann stürzt er auf dem Schnee und gleitet ? wie Hagi es ausdrückt ? wie eine bewegungsgestörte Marionette abwärts. Nichts scheint ihm aufhalten zu können weder die Felsen, noch die Bäume, gegen die sein Körper rutscht. Ganz plötzlich bohrt sich einer seiner Schuhe in den Schnee und reisst ihn zur rechten Seite, wo ihn eine neue Schmelzwasserspalte erwartet. Diese ist etwa 3 Meter tief und 10 Meter lang. Er stürzt schwer und schlägt an den Felsen an. In diesem Moment kommt er wieder zu sich; er glaubt zu träumen, es wird dunkel, er schlägt in Reflexen wild um sich.
Er ist auf dem Grund einer Spalte mitten in einem Schmelzwasserbach liegen geblieben, seine Kleider sind nass. Er verliert für einige Momente erneut das Bewusstsein.
Als er das Bewusstsein wiedererlangt, weiss er nicht mehr wo er ist, noch wer er ist. Andererseits hat er das Bild eines Mannes mit einer roten peruanischen Mütze vor Augen, er schreit seinen Namen: Pierre O, Pierre O (snow-badger). Das ist derjenige, der ihm dann auch erste Hilfe leistet. Dieser klärt ihm dann auf, dass sie im Dago seien und dass er gestürzt sei. Für ihn (Romblanc) ist es erst einmal nur ein schwarzes Loch und er fragt sich, wer er sei und welchen Tage man heute habe ? kein Wunder nach 5 Minuten völliger Bewusstlosigkeit. Langsam, ganz langsam ordnen sich die Dinge wieder und er ist erleichtert.
Die anderen kommen dann auch zu ihm runter und begutachten seinen Zustand. Sein linker Arm tut ihm weh und er erkennt schnell, dass sein Oberarm gebrochen ist. Weiterhin schmerz sein rechtes Bein.
Als nächstes hat man die Notrufnummer 112 gerufen und mitgeteilt, dass ein Skifahrer auf dem Grund einer Spalte im Dagobert liege, dass es nach Knochenbrüchen am Oberarm und Schienbein aussehe und dass Haken und Hubschrauber notwendig seien.
Man hat dann Schnee zur Seite geschoben und ist aufgestiegen um die Hilfsmannschaften zu dirigieren. Dann kam erstaunlicherweise noch ein weiterer Skifahrer, der Romblanc mit einer Rettungsdecke versehen hat. Erst eineinhalb Stunden nach Absetzen des Alarms wird das Ankommen der Feuerwehr angekündigt. (Anmerkung von mir: Der Bereich Frankenthal ? dort endet das Couloir ? liegt wirklich im hintersten Winkel des Elsass ? fernab von jeder Besiedlung.)
Die Feuerwehr beklagte sich dann, dass die Informationen seitens der 112 mangelhaft weitergegeben worden seien. Sie haben keine Haken dabei und haben die Rettung eines Wanderers erwartet (Anmerkung von mir: Wer fährt auch Ende Mai in den Vogesen Ski?
). Sie mussten dann vom Falimont (weiteres Couloir) rüberqueren. Dem Romblanc haben sie dann erst mal Morphium verabreicht, damit er den Hubschraubertransport einigermassen ertragen kann.
Er wird am Hubschrauberseil befestigt. Auf dem Transport begleiten ihn nur ein Arzt und ein Polizist. Jetzt in der Luft wird ihm klar, dass er Glück gehabt hat, mit einigen Knochenbrüchen davongekommen zu sein. Der Helicopter lädt ihn dann zunächst in Stosswihr ab, um die restliche Mannschaft aus dem Couloir zu holen. Danach wird er weitergeflogen und schliesslich übernimmt ihn ein Krankenwagen, um ihn ins Krankenhaus zu bringen. Es ist mittlerweile 14.00 Uhr.
Wie geht?s weiter? Er hat mehrere Knochenbrüche am Oberarm und am Schienbein, dazu Verstauchungen und Prellungen am ganzen Körper. Er wurde mit mehreren Schrauben und Nägeln ?zusammengenagelt?, es stehen jetzt im September weitere Operationen bevor, um den Kram teilweise wieder zu entfernen. Er sitzt noch im Rollstuhl und im kommenden Winter ist an Skifahren nicht zu denken. Es kommt erstmal darauf an, dass er sich sonst wieder normal bewegen kann.
p.s.: Ich möchte Romblanc auch hier aus dem Sommerschi-Forum heraus nochmals alles Gute für seine weitere Genesung wünschen und hoffe, dass er irgendwann wieder Ski fahren kann - und das mit Freude.