Hier mal ein kurzer Bericht von einem Sommerskitag, wie er in den 80er Jahren hätte stattfinden können - und der dennoch für uns grandios war.
Die letzte Woche habe ich ja in den Dolomiten verbracht, genauer gesagt am Monte Pana, der zumindest im südtiroler Raum zu den schöneren Ecken gehört, da noch relativ unverbaut (das Gegenteil gibts im Moment auf der Seiser Alm zu sehen). Gegen halb neun also sind wir dort gestartet, das Wetter in den Dolomiten an diesem Morgen mytisch-neblig. Entsprechend den Erwartungen zeigte sich bereits in Sterzing, dass es auf der Nordseite schön sein würde - und für diesen Fall war der Plan, an den Stubaier Gletscher zu fahren (weil schön und weil sehr einfach von der Brennerautobahn - nämlich in knapp 30 Minuten bis zur Talstation - zu erreichen).
Nach einem geruhsamen Cappucino in der Muttebergalm betreten wir das neue Talstationsgebäude, weit, funktional, interessante Formensprache: auch und gerade mit dem rohen Beton optisch sehr gelungen, vor allem das Rondell ohne Stufen, dass zu den Bahnen hinaufführt ist ein grandioser Fortschritt zu den alten engen Schächten mit den Treppen. Bei Massenandrang sicher extrem vorteilhaft.
Wir kaufen 5 Teilstrecken (großer Vorteil hier, man kann Teilstrecken kaufen, ohne sich festzulegen), für knapp 20,- €. Der Plan ist, mindestens eine Sektion zu laufen, optimalerweise vom Schaufeljoch zum Eisgrat auf dem Gletschertrail, gegebenfalls auch bis zur Mittelstation Fernau. Der Tag ist klar, herbstlich, an den Hängen und Gipfeln in großer Höhe hängen vereinzelt Wolken. Im Laufe des Tages wird es sich etwas zuziehen, alles in allem haben wir aber immer gute Sicht.
Sehr schön bereits ist der Talstationsbereich und das Tal nach Fernau. Die Landschaft ist wunderschön, die Farben des Herbstes, die zerklüfteten Wildbäche und die sehr geringen Eingriffe durch Infrastruktur. Denn: Die Talstation ist erstaunlich klein und gut in das Gelände gebaut, die Bahnen selbst verändern die Topologie überhaupt nicht, die Landschaft fließt um die Stützenfundamente herum. Auch der einzige Wanderweg ist ein schmaler Pfad, ohne Treppen und Geländer wie in den Dolomiten üblich, alles fügt sich harmonisch zusammen. Selbst das Pistestück der Wilden Gruben, das zu sehen ist, ist natürlich künstlich angelegt, aber mit Geschick - sprich keine gigantische Vollremodellation, sondern eine elegante Kurve, die immer noch dem Gelände folgt, das vorgegeben war, und nicht anders herum.
Meines Erachtens sehr gelungener Talstationskomplex: die Stationen werden durch das neue Rondell gut eingerahmt, das weiche, landschaftsähnliche Formen vermittelt. Ausnahmsweise funktioniert sogar das begrünte Dachte hier. Auch schmiegt sich die Station ein wenig an den Berg, was das ganze ein wenig traditioneller wirken lässt. Vor allem aber fließt das Gelände darum herum, so dass die Landschaftform erhalten bleibt - und schon wirkt die Doppeltalstation und Schleuse zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Gletscherschigebiete der Alpen erstaunlich dezent und filligran. Quasi das Gegenteil von Sölden!
Wunderschönes Tal: weites Tor zum Gletscher, ich mag die unverbauten Wildbäche, die herbstlichen Farben, das klare Licht mit dem stahlblauen Himmel des Septembers... die hohe Trassenführung mit den Gitterstützen, die weiten Spannfelder, die gelungene Formgebung und die Tatsache, dass das Gelände quasi keine Spuren des Baus der Bahnen (mehr?) trägt, lässt die Anlagen erstaunlich weit zurücktreten - ein Effekt, den man eigentlich nur von Pendelbahnen kennt. Ziemlich das Gegenteil zum Hintertuxer Gletscher.
Hier erneut: vielleicht geht das ja nur mir so, aber ich finde es erstaunlich, wie sehr das Tal trotz zweier paralleler Seilbahnanlagen als Zubringer in eines der großen Gletscherschigebiete, seine Harmonie behält. In dem Punkt waren meine Schwester und ich uns einig: hier sieht alles tausendmal authentischer und natürlich aus als etwa an der Ciampinoi oder am Puflatsch.
Mich beeindruckt das: die strahlend weißen Stützen mit einer recht klaren schlichten Form, die Felsen, an die sie sich lehen, die Wiesen darum (ohne Planierung für den Stüzenbau): für mich passt die Gamsgartenbahn I, die man hier sieht, perfekt ins Gelände dort.
Hier sieht man es noch einmal: relativ zu den natürlichen Geländeformen (den Muren, den Wäldern) wirkt der Talstationskomplex extrem klein und unauffällig, meines Erachtens eine grandiose Leistung. Selbst die großen Parkplätze mit ihren sehr runden und dem Talverlauf folgenden Begrenzung fallen nicht wirklich auf - es könnten auch Geröllhalden des Bachbettes sein.
Ebenfalls architektonisch sehr schön und - ebenfalls - trotz beachtlicher Größe optischer sehr sehr dezent: die Dresdener Hütte, unmittelbar neben der Mittelstation Fernau. Mir gefällt die Architektur sehr gut, die Natursteine (wuchtig, nicht um Beton zu verkleiden, dafür ist die Hütte ja auch viel zu alt), die grün-weißen Fensterläden... für ihre doch beachtliche Größe fällt die Unterkunft hier oben kaum auf. F o r t s e t z u n g .. f o l g t.