Quelle: Die Zeit
Zitat:
Schneeurlaub mit Surfbrett© DIE ZEIT, 15.06.1979 Nr. 25
Der Sommerskilauf — noch vor zehn Jahren eher eine Marotte Nimmermüder — hat sich für die Fremdenverkehrsorte zu Füßen der europäischen Gletscher zu einem lukrativen Massengeschäft entwickelt Die Skikurs- Woche im Hochsommer gehört inzwischen genau so selbstverständlich in den Ferienkatalog wie der Wedelurlaub in der Zwischensaison. Neuerdings sind vor allem Angebote mit Sportkombination wie „Tennis und Ski" in Mode. Dabei der letzte Schrei — mit Brettern auf Schnee und See: „Surf-Skiwochen" zum Beispiel im Engadiner Sils. Um keine Enttäuschung zu erleben, sollte man sich freilich vor den Sommerwochen noch genauer informieren als vor dem Winterurlaub auf Skiern. Einige der sogenannten Sommer-Skizentren haben nicht viel mehr vorzuweisen als ein, zwei kleine Gletscherlifte (wie etwa Engelberg oder der Sustenpaß in der Zentralschweiz) mit gerade 300 Meter langen Pisten; andere bieten zwar gute Abfahrtsmöglichkeiten, aber keinen Skiunterricht an.
Österreich hat seine Gletschergebiete (Dachstein, Kitzsteinhorn, Tuxer Ferner, Stubai und Sölden-Rettenbachferner) für Skiläufer durchweg gut erschlossen. Im Dachsteingebiet finden sogar Langläufer den Sommer über markierte Loipen (fünf bis zehn Kilometer); Auskünfte über spezielle Langlauf-Trainingswochen gibt der Verkehrsverein, A-8972 Ramsau. Nachgerade unerschöpflich sind zudem die Ski-Wanderund Klettermögüchkeiten abseits der Skipisten.
Mit preiswerten Gletscher-Pauschalen lockt das Kitzsteinhorn (Auskünfte: Verkehrsverein, A-5710 Kaprun), das allerdings — trotz modernster Seilbahnen — an Wochenenden den Massenandrang nur mit Müh' und Not bewältigen kann. Dies gilt auch für den Stubai-Gletscher, der freilich seit der Eröffnung des „Gaiskarferner"-Schlepplifts — rund um die Schaufelspitze — über eine regelrechte Sommer-Skjschaukel verfügt. Unterkunftsmöglichkeiten gibt es in den landschaftlich reizvollen Erholungsorten im Stubaital wie Neustift oder Fulpmes-Telfes (Auskünfte: Wintersport Tirol AG, A-6020 Innsbruck, Adamsgasse 3— 7).
In halten schaufeln die Pistenwarte rechtzeitig zu Beginn der Sommerskisaison am Ortler die Gletscherspalten zu. Allein am Silfser Joch warten 250 Skilehrer auf Gäste. Im August ist dieses Gebiet jedoch fest in der Hand der Italiener, die — wie Spötter meinen — vor den Deutschen am Meeresstrand in den Schnee auf die Berge flüchten. In jedem Fall ausgebucht sind in dieser Zeit die Gletscher-Unterkünfte wie das Hotel „Thöni 3000" oder das Ortlerhaus. Wer ins Tal ausweichen will — etwa in das zwanzig Kilometer entfernte Thermalbad Bormio und dabei den Wechsel von winterlichem Pistenspaß und sommerlichem Badevergnügen durchaus schätzt — sollte dabei bedenken, daß die tägliche Anfahrt über die höchste Paßstraße Europas auf die Dauer ermüdend sein kann. Solide Sommer-Skischuleu gibt es in Italien unter anderem noch im Südtiroler Schnalstal, in Cervinia und Courmayeur im Aostatal und im Marmolada- Gebiet. Auskünfte gibt der italienische Wintersporrverband (Fedcrazione Italiana Sport Invernali, 1-20122 Milano, ViaCerva30).
Von den sieben Sommerskigebieten in Frankreich (Alpe d'Huez, Les 2 Alpes, Val d'Isere, Tignes, Val Thorens, Chamonix und — seit diesem Jahr — auch La Plagne) bietet sich vor allem Alpe d'Huez mit Pauschalangeboten an (eine Woche Halbpension mit Skipaß: zwischen 800 und 1000 Franc).
Die abwechslungsreichsten Pauschalangebote — -und keineswegs zu horrenden Preisen —; findet der Sommerskiläufer in der Schweiz. Zum Beispiel „Pölysportive Diavolezza Wochen" in Pontresina (mit Skiiahren, Klettern, Gletscherwanderung, Tennis, Schwimmen) ab 380 Franken; oder Langlauf-Seminare in Crans Montana für 620 Franken. Und selbst wenn's an Gletscherabfahrten mangelt, wissen die Eidgenossen (Auskünfte: Schweizer Verkehrsbüro, Kaiserstr. 23, 6000 Frankfurt) sich zu helfen: In Davos können Unverzagte sich vom 22. Juli bis zum 30. September im „Gras-Skifahren" üben.