Da ich meine verschiedenen Berichte, die ich von Zeit zu Zeit in den mittlerweile diversen Foren poste, irgendwann auf einer eigenen Seite veröffentlichen möchte, habe ich vor längerer Zeit schon begonnen von der Tour zur Weißseespitze im vergangenen Sommer einen eigenen Bericht zu schreiben. Also selbe Bilder wie
hier, aber anderer Text.
Als kleinen Appetitmacher auf den bevorstehenden Bergsommer
:
Weißseespitze, 4.-6.08.2005Im Zuge der letzten Neuerschließungswelle im Hochgebirge der österreichischen Alpen in den 80er-Jahren, die drei von heute acht Gletscherskigebieten in Tirol, Salzburg und Kärnten hervorbrachte, wurde auch im hintersten Kaunertal das Eis des Weißseeferners durch eine Straße zugänglich gemacht und mit einigen Liften überzogen.
Schon zu dieser Zeit existierten Pläne, vom Parkplatz aus mittels einer Seilbahn den noch eine Etage höher gelegenen Gepatschferner zu erschließen, doch der gesetzlich verankerte Gletscherschutz, der Neuerschließungen auf Gletscherflächen ab Anfang der 90er-Jahre untersagte, schob derartigen Planungen einen Riegel vor. Und so verschwand das Projekt in der Versenkung, bis 2004 eine Novelle des Tiroler Naturschutzgesetzes den Gletschergebieten im Pitztal und im Kaunertal Erweiterungsmöglichkeiten schaffen sollte, um diesen beiden, gegenüber den anderen drei Tiroler Gletscherskigebieten angeblich benachteiligten Regionen Chancengleichheit zu verschaffen.
So wurde dieses uralte und längst tot geglaubte Projekt plötzlich wieder aktuell, und mehr noch: Während in den 80er-Jahren "nur" eine Bahn zum Hohen Zahn (3370 m) geplant war, die - wenn man den damaligen Pistenplänen glauben darf - den Zugang zu einem Doppelskilift am Gepatschferner herstellen sollte, wurde nun eine Bahn zum dominierenden Gipfel der Weißseespitze (offiziell mit 3525 m angegeben, tatsächlich inzwischen bei geschätzten 3510 m) anvisiert, ergänzt von einem Doppel- und einem einfachen Schlepplift nördlich und östlich der potenziellen Bergstation.
Diese Pläne sorgten naturgemäß für Wirbel bei Alpenverein und Naturschützern, handelte es sich doch bei einer Gletscher-Neuerschließung zuvor jahrelang um ein absolutes Tabu. Dazu sollte nicht irgendein Gletscher erschlossen werden, beim Gepatschferner handelt es sich um die größte Gletscherfläche der Ostalpen, eine riesige Eisfläche mit Abflüssen sowohl nach Norden zum Kaunertal hin als auch nach Süden ins südtirolerische Langtauferer Tal.
Kurzum: Die öffentliche Diskussion wurde wieder einmal sehr kontrovers geführt, mit vielen fadenscheinigen Argumenten auf allen Seiten, und so kam der Wunsch auf, mir vor Ort ein eigenes Bild der Sinnhaftigkeit oder - je nach Standpunkt - Sinnlosigkeit des Projekts zu verschaffen. Ganz nebenbei ergab sich dadurch auch eine interessante, nicht zu anspruchsvolle Hochtour, die mir nach meinem schon sechs Jahre zurückliegenden Debüt eine Art "Wiedereinstieg" in diese bergsteigerische Disziplin ermöglichen sollte.
Ein erster interessierter und erfahrener Seilpartner war mit Marius aus München schnell gefunden, und die Planung konnte beginnen. Diese gestaltete sich als nicht ganz einfach: Zunächst benötigten wir einen Termin für die Tour. Als dieser festgelegt war, ging es an die Suche nach weiteren Seilgefährten, denn eine Zweierseilschaft erschien uns für den Fall der Fälle als zu gewagt. Nach vielen Absagen stand die Tour schon auf der Kippe, bis Marius wenige Tage vor der geplanten Abfahrt doch noch zwei Freunde überzeugen konnte, uns zu begleiten.
Zu guter letzt musste in letzter Minute noch die geplante Aufstiegsroute geändert werden. Ursprünglich wollten wir vom Gepatschhaus zur Rauhekopfhütte am Rand des Gepatschferners aufsteigen, dort übernachten und am nächsten Tag von dort zum Gipfel gehen. Leider ergab der Versuch einer telefonischen Reservierung der Übernachtungsplätze, daß die Hütte bereits voll belegt war, und so mussten wir umdisponieren und den Gipfel von der Südtiroler Seite aus angehen.
Nachdem alle diese Schwierigkeiten beseitigt waren, machte ich mich also am 4. August 2005 morgens früh auf eine lange Zugfahrt über Ulm, Friedrichshafen, Lindau, Bregenz bis nach Landeck, wo mich meine mit dem Auto aus München angereisten Mitfahrer schon erwarteten. Zusammen ging es über die Reschenpass-Bundesstraße bis nach Prutz, weiter durch das gesamte Kaunertal hindurch bis zum Gepatschstausee und hinauf zum Parkplatz (2750 m) der Gletscherbahnen.
Im sommerlichen Schneesturm packten wir die Rucksäcke, legten sicherheitshalber gleich die Sitzgurte an und machten uns am späten Nachmittag zunächst noch ohne Steigeisen auf den Weg über das Eis des aperen Weißseeferners in Richtung Falginjoch. Dabei erwiesen sich die ausser Betrieb befindlichen Skilifte als willkommene Orientierungshilfe - ohne sie wäre der Weg durch den teilweise dichten Nebel wohl nicht so einfach möglich gewesen. Zwischendurch machten wir uns mit den Steigeisen vertraut und checkten auch die übrige Ausrüstung auf Herz und Nieren. Als kleinen Härtetest suchten wir uns das steile Schlußstück der Liftspur aus und wurden - wegen des relativ sicheren Aufstiegs über die Skipiste noch unangeseilt - prompt mit einer ersten nicht zu unterschätzenden Gletscherspalte konfrontiert.
Oberhalb der Bergstation der Skilifte verließen wir das Eis und stiegen über loses Geröll die letzten Meter zum Falginjoch, 3111 m hoch gelegen. Hier, an der Grenze zwischen Italien und Österreich, gab der Nebel den Blick frei hinunter ins Langtauferer Tal. Dort hinunter erwartete uns ein steiler, zeitraubender und technisch nicht zu unterschätzender Steig auf losem Schutt, Dreck und Geröll, über den wir uns sicherheitshalber mit angelegten Steigeisen hinunter tasteten. Weiter unten wandelte sich der Untergrund in gröberen Blockfels und schließlich erreichten wir die ersten Almwiesen - viel später als gedacht, denn die Dämmerung war bereits zu erahnen. Eilig marschierten wir weiter in Richtung unseres Tagesziels, der 2544 m hoch gelegenen Weißkugelhütte, die wir schließlich im letzten Tageslicht erreichten. Nach dem auf fast allen Südtiroler Hütten obligatorischen Begrüßungsschnaps erwartete uns trotz unserer späten Ankunft noch ein gutes und reichliches Abendessen, über das wir uns nach den Anstrengungen dieses Nachmittags mit Heißhunger her machten.
Schneesturm am Parkplatz Kaunertaler Gletscher. Es ist Anfang August, es herrschen Verhältnisse wie im (Flachland-)Winter.
Die steile Nordwand zur Weißseespitze. Eine halbe Stunde später waren wir oben
Ohne diese überdimensionale Orientierungshilfe wäre ein Übergang über das Falginjoch fast nicht zu verantworten gewesen
Die Fundamente der Gletscherstützen sind nahezu komplett ausgeapert. Ohne Halteseil wären sie längst umgefallen.
Für kurze Zeit gibt der Nebel den Blick zum Parkplatz frei
Blick hinauf in Richtung Nörderjoch. Eine etwas trostlose Stimmung an diesem Tag.
Im Steilstück kurz vor dem Ausstieg der beiden Weißsee-Skilifte
Abstieg auf der Rückseite des Falginjochs in Richtung Langtauferer TalNach einer aufgrund der ungewohnten Höhe eher unruhigen Nacht erwachte ich am nächsten Morgen bereits gegen vier Uhr - viel zu früh um schon aufzustehen, doch zu richtigem Schlaf konnte ich auch nicht mehr finden. Als gegen fünf der Morgen zu grauen begann, bereitete ich der Sache ein Ende und begab mich nach draußen, wo bald die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages die Gipfel ringsum leuchtend-orange in Szene setzten. Über den Talausgang hinaus reichte der Blick bis zu den Gipfeln der Silvretta, im Talschluß zeigte sich die Zunge des Langtauferer Ferners mit den vom Gepatschferner herabfallenden Eisbrüchen der Vernagl-Wände.
Nach knapp einer Stunde begab ich mich zusammen mit Marius, der inzwischen ebenfalls heraus gekommen war, zurück zu unserem Schlafraum. Die ersten Bergsteiger machten sich bereits auf den Weg zur Weißkugel (3739 m), wir dagegen konnten uns noch etwas Zeit lassen und gemütlich unser Frühstück einnehmen.
Um kurz nach sieben Uhr brachen wir dann auf, über den zunächst noch ausgetreten Wiesenpfad des Richterwegs, der aber schon nach wenigen Metern in Geröll und später in einen steil ansteigenden aber gut gesicherten Felssteig mündete, fast zweihundert Höhenmeter über der Zunge des Langtauferer Ferners verlaufend. Die Nacht zuvor musste kalt gewesen sein, die Bäche die unseren Weg kreuzten waren von einer dünnen Eisschicht überzogen. Doch das Wetter dieses Tages verwischte schnell sämtliche Erinnerungen an den Nebel und den Schneefall des Vortages. Weit und breit war keine Wolke zu sehen und das sollte - soviel sei vorweg genommen - auch so bleiben.
Bald hatten wir die Vernagl-Eisbrüche höhenmäßig unter uns gelassen und vor uns öffnete sich langsam der Blick auf das Eismeer des Gepatschferners. Hinter uns zeigte sich zudem mehr und mehr die beeindruckende Pyramide der Weißkugel - ein Paradeberg, der doch den meisten Menschen verborgen bleibt, so sie nicht den langen Fußmarsch von Melag im Langtauferer Tal aus auf sich nehmen.
Als wir den Eisrand des Gepatschferners erstmals erreichten, erlebten wir eine erste Überraschung: Weit und breit war kein Wegzeichen mehr zu sehen, und so suchten wir wahrscheinlich fast eine halbe Stunde lang in einem Geröllfeld nach dem weiteren Verlauf, bevor ich etwas oberhalb des Weges eine Markierung finden konnte. Jedoch war nirgendwo ein Folgezeichen zu finden, und so nahmen wir irrtümlich an, der Weg würde oberhalb des Geröllfeldes in die Felswand führen. Daran hielten wir uns, da laut Karte der Gletscher aufgrund einer Spaltenzone an dieser Stelle noch nicht betreten werden sollte.
Die Felspassage erwies sich als durchaus anspruchsvoll und erforderte vor allem an einer Schlüsselstelle besonderen Mut im Umklettern einer Felsnase - ungesichert wohlgemerkt, in einer Höhe von rund 10 m über besagtem Geröllfeld. Wenig später stießen wir wieder auf den richtigen Weg, der, wie wir nun überrascht feststellen konnten, nicht halb so schwierig unten am Gletscher entlang geführt hätte. Eine bessere Bezeichnung hätte uns nicht nur eine Stunde Zeit erspart, sondern auch deutlich weniger Risiko gekostet. Es blieb jedoch glücklicherweise bei dieser einzigen heiklen Situation auf der gesamten Tour.
Zügig ging es nun weiter nach oben, die 3000 m-Marke war längst überschritten und wir erreichten den Felsgrat der Vernagl-Eiswände, dem wir entgegen den Markierungen in der Karte noch mehrere hundert Meter folgen konnten - der fortschreitende Gletscherrückgang hatte auch hier seine Spuren hinterlassen. Am Übergang auf das Eis legten wir eine kurze Mittagsrast ein, bevor wir anseilten und nach einer kurzen Rekapitulierung der Techniken der Spaltenbergung unseren Weg im Firn des Gletschers fortsetzten.
Die Höhe von über 3300 m wurde nun zunehmend spürbar, doch mit jedem Schritt entschädigte das grandiose Panorama mehr für die Anstrengungen, die wir auf uns genommen hatten. Vor uns der sanfte Firnrücken, der unserem Ziel noch im Weg stand, rechter Hand das schier unendliche Becken des Gepatschferners, an dessen Nordende das Brandenburger Haus, in der Ferne der Gipfel der Wildspitze (3770 m). Hinter uns der Grat der drei Hintereisspitzen, weiter entfernt die Bergstation der Grawand-Seilbahn im Schnalstaler Gletscherskigebiet, noch eine Stufe weiter hinten zu erahnen die Gipfel rund um den Similaun. Linker Hand der Blick ins Langtauferer Tal, tief unter uns, in der Ferne die Gipfel der Silvretta und weiter südlich deutlich zu erkennen die glitzernden Firnhänge der Berninagruppe mit dem östlichsten Viertausender der Alpen, Piz Bernina. Unverkennbar das Dreigestirn aus Ortler, Zebru und Königsspitze, rechts davon die Gletscherflächen rund um das Stilfser Joch. Und ganz entfernt im Dunst die Dolomiten, deutlich auszumachen, im Detail aber kaum erkennbar.
Nachdem wir zunächst einen eigenen Weg suchen mussten, da vor uns offenbar seit dem letzten Schneefall noch niemand diese Route gegangen war, erreichten wir relativ bald die ausgetretene weil viel begangene Spur, die vom Brandenburger Haus her zur Weißseespitze führt. Wir kamen immer noch flott voran, unterbrochen nur von einigen wenigen Foto- und Atempausen, und dann war unser Ziel erreicht: 3510 m über den Dingen am Gipfelkreuz der Weißseespitze, etwas abseits des vergletscherten Gipfels, der immer noch mit 3525 m angegeben wird, obwohl inzwischen nicht mehr höher gelegen als der Felssporn, auf dem das Gipfelkreuz steht.
Die Weißkugelhütte in der Morgendämmerung
Es ist gegen 5 Uhr morgens, die ersten Bergsteiger machen sich bereits kurze Zeit später auf den Weg
Blick talauswärts in Richtung Silvretta
Blick in den Talschluß zu Gepatsch- (links) und Langtauferer Ferner (rechts)
Unterwegs in Richtung Gepatschferner: Die erste leichte Herausforderung ist eine Bachquerung, dank Nachtfrost und leichter Vereisung nicht ganz trivial
Zunächst noch als Wanderweg zieht sich unsere Route hinauf in eisige Höhen
Unsere ständigen Begleiter auf diesem Abschnitt sind das Eismeer des Langtauferer Ferners mit der gleichnamigen Spitze links (3529 m) und die Weißkugel (3739 m), rechts im Bild
Etwas später wird aus dem Weg ein mit Drahtseil gesicherter Steig
Erneut der Blick talauswärts. In der Bildmitte ist die Weißkugelhütte erkennbar.
Schließlich wird zum ersten mal die Sicht frei auf die immer noch gewaltigen Vernagl-Eisbrüche vom Gepatschferner her
Auch der Weg wird nun etwas anspruchsvoller
Bald fällt der Blick von oben auf die Eiswand
Der Gepatschferner ist erreicht
Weiter oben am Grat kann man wieder bequem über die Schuttfelder wandern. Der Gletscher muß hier sehr zurück gegangen sein, wir folgen dem Felsgrat gut 500 m weiter als in der Karte verzeichnet, bevor wir das Eis betreten.
Immer wieder schweift unser Blick in die gewaltige Flanke der Weißkugel
Am Gletscher
Hinten grüßt die Bergstation Grawand (3212 m) der Schnalstaler Gletscherbahn
Im Nordwesten zeigt sich die Wildspitze
Der Gipfel der Weißseespitze kommt in Sicht
Die Berninagruppe im Zoom
Kurz vor dem Felsgipfel (3510 m) der Weißseespitze. Der eigentliche Gipfel befindet sich rechts auf dem Firnfeld, das früher einmal deutlich höher gewesen sein muß.
Am GipfelNun reichte der Blick auch erstmals hinunter ins Gletscherskigebiet, zu den fast 400 m niedriger gelegenen Liften auf aperer Gletscherfläche. Und unweigerlich kam auch schon früher während des Aufstiegs der Gedanke an die geplanten Lifte und die Frage, wozu um alles in der Welt auf dieser flachen Gletscher-Hochebene Skilifte installiert werden sollen. Nun täuschte wohl der Eindruck etwas, da wir uns nicht ganz in der Richtung der geplanten östlichen Liftanlage näherten sondern leicht von Süden her, wie der spätere Blick auf die Karte ergab. Und doch: Zwei neue 1,5 bis 2 km lange Schlepplifte im Zeitalter der gepolsterten Sesselbahnen mit Sitzheizung, Neuinvestitionen in Sommerskilauf, wo andere Gebiete und auch die Kaunertaler selbst seit Jahren dieses defizitäre Angebot mehr und mehr einschränken. Massive Eingriffe also für nur vier bis sechs Wochen gewinnträchtigen Herbstskilauf pro Saison. Eine Erweiterung, die in Wirklichkeit gar keine ist, da mit vertretbarem Aufwand überhaupt keine richtige Anbindung an den Rest des Skigebiets in Form einer Skipiste möglich sein dürfte. Dafür so hohe Opfer wie eine sowohl zum Kaunertal hin als auch über die gesamte Gletscherfläche weithin sichtbare Bergstation mit Horden von Rentnern und Halbschuhtouristen im Sommer, gelangweilte Kinder im Schlepptau, denen dort oben eine Landschaft zur Konsumierung angeboten wird, deren wirkliche Dimensionen durch bloßes Anschauen gar nicht erfassbar sind - wir waren uns schnell einig, man muß kein fanatischer Grüner, Naturschützer oder Alpenvereinsmitglied sein, um die Sinnlosigkeit dieser Erschließung zu erkennen. Auch unter unseren eher unvoreingenommenen Gesichtspunkten hält das Projekt einer kritischen Beleuchtung nicht stand.
Allerdings - und das ist die Ironie an dieser Geschichte - bleibt diese Erweiterung wohl die einzige Möglichkeit der Kaunertaler Gletscherbahnen zum Ausbau ihres Skigebiets. Nur hier wurden bereits naturschutzrechtliche Tatsachen geschaffen, die überhaupt den Neubau von Liften ermöglichen. Eine wahrscheinlich sehr viel sinnvollere und wirksamere Erweiterung in niedriger gelegene Geländekammern oder gar der Bau von Unterkünften, die näher an den Liften liegen und so das Grundproblem des Skigebiets in Form des mindestens 27 km langen Anfahrtsweges lösen, haben vermutlich keine Aussicht auf Genehmigung.
Zurück zur Tour. Nach der obligatorischen, ausgiebigen Gipfelrast stiegen wir zunächst einige Meter in Richtung Westgrat. Schließlich ging es zurück über den eigentlichen Gipfel auf die Nordseite und von dort hinunter in Richtung Hoher Zahn und Rauhekopfhütte. Unmittelbar hinter dem Hohen Zahn zweigte eine Spur in Richtung Nördergrat ab, in Richtung des bestehenden Gletscherskigebiets. Wir entschieden uns, dieser Spur zu folgen und so unseren ursprünglich geplanten Abstiegsweg zum Gepatschhaus deutlich abzukürzen - eine Möglichkeit, die wir zuvor nicht direkt in Betracht gezogen hatten, da auf dieser Strecke kein Weg verzeichnet war. Dem nicht ganz harmlosen Felsgrat oberhalb des Nörderjoch-Lifts folgten wir bis hinunter zu dessen Bergstation, und nach einer weiteren ausgiebigen Pause ging es auf den letzten Abschnitt, durch das spaltenreiche aber ungefährliche Eis am Nörderjochlift hinunter zu unserem Ausgangspunkt vom Vortag, dem Parkplatz der Gletscherbahnen. Müde erreichten wir per Auto das fast 800 Höhenmeter tiefer gelegene Gepatschhaus, wo wir noch einmal übernachteten.
Sofort fällt der Blick hinab aufs Falginjoch mit der Bergstation der Weißsee-Skilifte (3100 m)
Wir sind nicht allein - ein Segelflieger zieht einsam seine Kreise. Dahinter die Ortlergruppe, ganz rechts davon das Gletscherskigebiet des Stilfser Jochs.
Blick zum Parkplatz des Skigebiets, ca. 800 hm unter uns
Talauswärts der Gepatsch-Stausee
Auf dem Abstieg passieren wir die Felsformation (3474 m) westlich des Gipfels
Das endlos weite Becken des Gepatschferners
Von oben sieht der Hohe Zahn (3379 m) gar nicht mehr so hoch aus
Blick vom Grat hinunter ins Skigebiet
Zoom zum Parkplatz
Blick in die Nordwand
Der untere Teil des Gepatschferners vom Nörderjoch aus gesehen
Für die Fans des Historischen: Von oben fällt einem der Verlauf des ehemaligen Skilifts Nörderjoch III sofort ins Auge. Ca. von rechts unten nach links oben. Warum der Lift nicht mehr existiert, wird auch deutlich: Nach rechts fällt der Hang steil ab, wie steil genau sehen wir etwas weiter unten
Rastplatz Nörderjoch
Ganz rechts ging mal eine Abfahrt hinunter von der Bergstation Nörderjoch III. Der ganze Bereich muß damals - vor knapp 10 Jahren - noch wesentlich stärker vergletschert gewesen sein.
Zum Ende unserer Tour war noch ein wenig Spaltenhüpfen angesagt
Talstation Nörderjoch II im von Spalten durchsetzten Eis
Nörderjoch I und Parkplatz. Ab Oktober wird hier wieder Ski gefahren.
Marius checkt das Gelände
Zurück am Parkplatz werfen wir noch einen schnellen Blick auf die Vermattung der Schleppspur
Sommerski!?Am nächsten Morgen war das Wetter trüb und verhangen, und einige kräftige Regenschauer ließen uns unsere Tourplanungen für diesen Tag überdenken. Beim Frühstück diskutierten wir die Möglichkeiten: Eine Wanderung zur Zunge des Gepatschferners, Erkundungen im Gletscherskigebiet oder ein Aufstieg zum Riffeljoch und von dort zum Glockturm standen zur Debatte. Trotz Zweifeln ob der Sinnhaftigkeit solcher Aktionen angesichts des Wetters konnte sich Marius mit seinem Wunsch durchsetzen, in Richtung Glockturm zu wandern. Sollten sich die Verhältnisse verschlechtern, so könnten wir immer noch umkehren, so das Hauptargument für diesen Plan.
Wir fuhren also mit dem Auto ein Stück hinauf in Richtung Gletscher und parkten oberhalb der Ochsenalmbahn an der Straße, wo der Wanderweg in Richtung Riffeljoch startete (Seehöhe ca. 2400 m). Von dort ging es zunächst einen ausgetretenen Pfad entlang über Grasmatten, teils steiler, dann wieder mit etwas flacheren Abschnitten. Langsam besserte sich auch das Wetter, die Schauerwolken hatten sich verzogen, nur noch einige letzte Nebelschwaden durchzogen die Szenerie und die Wolkengrenze lag nun weit über den höchsten Gipfeln.
Nach einiger Zeit ließen wir die grünen Matten hinter uns und erreichten eine einsame, von Schutt und Geröll geprägte Hochfläche, in deren Mitte ein See lag, der vom Schmelzwasser der letzten Eisfelder unterhalb des Glockturm-Gipfels gespeist wurde. Zunehmend machte sich nun meine überlastete Beinmuskulatur bemerkbar. Montags hatte ich noch etwas übermütig einen der steilsten Berge in meiner Gegend mit dem Fahrrad bezwungen, nun war es Samstag und ich hatte zusätzlich noch die fast zehnstündige Tour des Vortages in den Knochen. Meine Begleiter hängten mich zusehends ab, erklommen vor mir die nächste Stufe des Hochtals, wo sich ein weiterer See befand, und machten sich schließlich auf den steilen Steig zum Riffeljoch (ca. 3100 m). Als ich mich endlich dort hinauf gequält hatte, waren zwei meiner Begleiter schon in Richtung Gipfel davon geeilt, der dritte hatte am Riffeljoch kapituliert. Zusammen stiegen wir nach kurzer Rast am zugigen Übergang wieder hinunter ins Riffeltal, um dort an windgeschützter Stelle auf die beiden Gipfelstürmer zu warten. Wieder vereint setzten wir schließlich den Abstieg fort bis hinunter zum Auto, das wir am späten Nachmittag erreichten. Nach kurzer Erholungs- und Umziehphase machten wir uns auf den Heimweg, um viele großartige Eindrücke reicher.
Am Morgen: Die Weißseespitze hängt noch in Wolken
Unser Ziel: Der Glockturm (3355 m) bzw. das Riffeljoch (3149 m), etwas rechts außerhalb des Bildes
Durch eine karge Geröll-Landschaft geht es bergauf. Oben am Grat ist das Joch.
Beim Blick vom Riffljoch nach Westen werden die Dimensionen deutlich. Links die Zunge des Gepatschferners.
Die karge, wildromantische Landschaft des oberen Riffltals
Der Glockturm hinter dem unteren der beiden Seen im oberen Riffeltal
Zoom zur Zunge des Gepatschferners
Und zum Schluß noch ein Bildchen der KSB Ox 1