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 Betreff des Beitrags: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Di, 25.04.2006, 20:16 
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RetroRebel
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Registriert: Mo, 07.11.2005, 8:22
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Da ich meine verschiedenen Berichte, die ich von Zeit zu Zeit in den mittlerweile diversen Foren poste, irgendwann auf einer eigenen Seite veröffentlichen möchte, habe ich vor längerer Zeit schon begonnen von der Tour zur Weißseespitze im vergangenen Sommer einen eigenen Bericht zu schreiben. Also selbe Bilder wie hier, aber anderer Text.

Als kleinen Appetitmacher auf den bevorstehenden Bergsommer ;-) :


Weißseespitze, 4.-6.08.2005

Im Zuge der letzten Neuerschließungswelle im Hochgebirge der österreichischen Alpen in den 80er-Jahren, die drei von heute acht Gletscherskigebieten in Tirol, Salzburg und Kärnten hervorbrachte, wurde auch im hintersten Kaunertal das Eis des Weißseeferners durch eine Straße zugänglich gemacht und mit einigen Liften überzogen.

Schon zu dieser Zeit existierten Pläne, vom Parkplatz aus mittels einer Seilbahn den noch eine Etage höher gelegenen Gepatschferner zu erschließen, doch der gesetzlich verankerte Gletscherschutz, der Neuerschließungen auf Gletscherflächen ab Anfang der 90er-Jahre untersagte, schob derartigen Planungen einen Riegel vor. Und so verschwand das Projekt in der Versenkung, bis 2004 eine Novelle des Tiroler Naturschutzgesetzes den Gletschergebieten im Pitztal und im Kaunertal Erweiterungsmöglichkeiten schaffen sollte, um diesen beiden, gegenüber den anderen drei Tiroler Gletscherskigebieten angeblich benachteiligten Regionen Chancengleichheit zu verschaffen.

So wurde dieses uralte und längst tot geglaubte Projekt plötzlich wieder aktuell, und mehr noch: Während in den 80er-Jahren "nur" eine Bahn zum Hohen Zahn (3370 m) geplant war, die - wenn man den damaligen Pistenplänen glauben darf - den Zugang zu einem Doppelskilift am Gepatschferner herstellen sollte, wurde nun eine Bahn zum dominierenden Gipfel der Weißseespitze (offiziell mit 3525 m angegeben, tatsächlich inzwischen bei geschätzten 3510 m) anvisiert, ergänzt von einem Doppel- und einem einfachen Schlepplift nördlich und östlich der potenziellen Bergstation.

Diese Pläne sorgten naturgemäß für Wirbel bei Alpenverein und Naturschützern, handelte es sich doch bei einer Gletscher-Neuerschließung zuvor jahrelang um ein absolutes Tabu. Dazu sollte nicht irgendein Gletscher erschlossen werden, beim Gepatschferner handelt es sich um die größte Gletscherfläche der Ostalpen, eine riesige Eisfläche mit Abflüssen sowohl nach Norden zum Kaunertal hin als auch nach Süden ins südtirolerische Langtauferer Tal.

Kurzum: Die öffentliche Diskussion wurde wieder einmal sehr kontrovers geführt, mit vielen fadenscheinigen Argumenten auf allen Seiten, und so kam der Wunsch auf, mir vor Ort ein eigenes Bild der Sinnhaftigkeit oder - je nach Standpunkt - Sinnlosigkeit des Projekts zu verschaffen. Ganz nebenbei ergab sich dadurch auch eine interessante, nicht zu anspruchsvolle Hochtour, die mir nach meinem schon sechs Jahre zurückliegenden Debüt eine Art "Wiedereinstieg" in diese bergsteigerische Disziplin ermöglichen sollte.


Ein erster interessierter und erfahrener Seilpartner war mit Marius aus München schnell gefunden, und die Planung konnte beginnen. Diese gestaltete sich als nicht ganz einfach: Zunächst benötigten wir einen Termin für die Tour. Als dieser festgelegt war, ging es an die Suche nach weiteren Seilgefährten, denn eine Zweierseilschaft erschien uns für den Fall der Fälle als zu gewagt. Nach vielen Absagen stand die Tour schon auf der Kippe, bis Marius wenige Tage vor der geplanten Abfahrt doch noch zwei Freunde überzeugen konnte, uns zu begleiten.

Zu guter letzt musste in letzter Minute noch die geplante Aufstiegsroute geändert werden. Ursprünglich wollten wir vom Gepatschhaus zur Rauhekopfhütte am Rand des Gepatschferners aufsteigen, dort übernachten und am nächsten Tag von dort zum Gipfel gehen. Leider ergab der Versuch einer telefonischen Reservierung der Übernachtungsplätze, daß die Hütte bereits voll belegt war, und so mussten wir umdisponieren und den Gipfel von der Südtiroler Seite aus angehen.


Nachdem alle diese Schwierigkeiten beseitigt waren, machte ich mich also am 4. August 2005 morgens früh auf eine lange Zugfahrt über Ulm, Friedrichshafen, Lindau, Bregenz bis nach Landeck, wo mich meine mit dem Auto aus München angereisten Mitfahrer schon erwarteten. Zusammen ging es über die Reschenpass-Bundesstraße bis nach Prutz, weiter durch das gesamte Kaunertal hindurch bis zum Gepatschstausee und hinauf zum Parkplatz (2750 m) der Gletscherbahnen.

Im sommerlichen Schneesturm packten wir die Rucksäcke, legten sicherheitshalber gleich die Sitzgurte an und machten uns am späten Nachmittag zunächst noch ohne Steigeisen auf den Weg über das Eis des aperen Weißseeferners in Richtung Falginjoch. Dabei erwiesen sich die ausser Betrieb befindlichen Skilifte als willkommene Orientierungshilfe - ohne sie wäre der Weg durch den teilweise dichten Nebel wohl nicht so einfach möglich gewesen. Zwischendurch machten wir uns mit den Steigeisen vertraut und checkten auch die übrige Ausrüstung auf Herz und Nieren. Als kleinen Härtetest suchten wir uns das steile Schlußstück der Liftspur aus und wurden - wegen des relativ sicheren Aufstiegs über die Skipiste noch unangeseilt - prompt mit einer ersten nicht zu unterschätzenden Gletscherspalte konfrontiert.


Oberhalb der Bergstation der Skilifte verließen wir das Eis und stiegen über loses Geröll die letzten Meter zum Falginjoch, 3111 m hoch gelegen. Hier, an der Grenze zwischen Italien und Österreich, gab der Nebel den Blick frei hinunter ins Langtauferer Tal. Dort hinunter erwartete uns ein steiler, zeitraubender und technisch nicht zu unterschätzender Steig auf losem Schutt, Dreck und Geröll, über den wir uns sicherheitshalber mit angelegten Steigeisen hinunter tasteten. Weiter unten wandelte sich der Untergrund in gröberen Blockfels und schließlich erreichten wir die ersten Almwiesen - viel später als gedacht, denn die Dämmerung war bereits zu erahnen. Eilig marschierten wir weiter in Richtung unseres Tagesziels, der 2544 m hoch gelegenen Weißkugelhütte, die wir schließlich im letzten Tageslicht erreichten. Nach dem auf fast allen Südtiroler Hütten obligatorischen Begrüßungsschnaps erwartete uns trotz unserer späten Ankunft noch ein gutes und reichliches Abendessen, über das wir uns nach den Anstrengungen dieses Nachmittags mit Heißhunger her machten.


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Schneesturm am Parkplatz Kaunertaler Gletscher. Es ist Anfang August, es herrschen Verhältnisse wie im (Flachland-)Winter.


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Die steile Nordwand zur Weißseespitze. Eine halbe Stunde später waren wir oben ;-)


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Ohne diese überdimensionale Orientierungshilfe wäre ein Übergang über das Falginjoch fast nicht zu verantworten gewesen


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Die Fundamente der Gletscherstützen sind nahezu komplett ausgeapert. Ohne Halteseil wären sie längst umgefallen.


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Für kurze Zeit gibt der Nebel den Blick zum Parkplatz frei


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Blick hinauf in Richtung Nörderjoch. Eine etwas trostlose Stimmung an diesem Tag.


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Im Steilstück kurz vor dem Ausstieg der beiden Weißsee-Skilifte


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Abstieg auf der Rückseite des Falginjochs in Richtung Langtauferer Tal




Nach einer aufgrund der ungewohnten Höhe eher unruhigen Nacht erwachte ich am nächsten Morgen bereits gegen vier Uhr - viel zu früh um schon aufzustehen, doch zu richtigem Schlaf konnte ich auch nicht mehr finden. Als gegen fünf der Morgen zu grauen begann, bereitete ich der Sache ein Ende und begab mich nach draußen, wo bald die ersten Sonnenstrahlen des neuen Tages die Gipfel ringsum leuchtend-orange in Szene setzten. Über den Talausgang hinaus reichte der Blick bis zu den Gipfeln der Silvretta, im Talschluß zeigte sich die Zunge des Langtauferer Ferners mit den vom Gepatschferner herabfallenden Eisbrüchen der Vernagl-Wände.
Nach knapp einer Stunde begab ich mich zusammen mit Marius, der inzwischen ebenfalls heraus gekommen war, zurück zu unserem Schlafraum. Die ersten Bergsteiger machten sich bereits auf den Weg zur Weißkugel (3739 m), wir dagegen konnten uns noch etwas Zeit lassen und gemütlich unser Frühstück einnehmen.

Um kurz nach sieben Uhr brachen wir dann auf, über den zunächst noch ausgetreten Wiesenpfad des Richterwegs, der aber schon nach wenigen Metern in Geröll und später in einen steil ansteigenden aber gut gesicherten Felssteig mündete, fast zweihundert Höhenmeter über der Zunge des Langtauferer Ferners verlaufend. Die Nacht zuvor musste kalt gewesen sein, die Bäche die unseren Weg kreuzten waren von einer dünnen Eisschicht überzogen. Doch das Wetter dieses Tages verwischte schnell sämtliche Erinnerungen an den Nebel und den Schneefall des Vortages. Weit und breit war keine Wolke zu sehen und das sollte - soviel sei vorweg genommen - auch so bleiben.

Bald hatten wir die Vernagl-Eisbrüche höhenmäßig unter uns gelassen und vor uns öffnete sich langsam der Blick auf das Eismeer des Gepatschferners. Hinter uns zeigte sich zudem mehr und mehr die beeindruckende Pyramide der Weißkugel - ein Paradeberg, der doch den meisten Menschen verborgen bleibt, so sie nicht den langen Fußmarsch von Melag im Langtauferer Tal aus auf sich nehmen.

Als wir den Eisrand des Gepatschferners erstmals erreichten, erlebten wir eine erste Überraschung: Weit und breit war kein Wegzeichen mehr zu sehen, und so suchten wir wahrscheinlich fast eine halbe Stunde lang in einem Geröllfeld nach dem weiteren Verlauf, bevor ich etwas oberhalb des Weges eine Markierung finden konnte. Jedoch war nirgendwo ein Folgezeichen zu finden, und so nahmen wir irrtümlich an, der Weg würde oberhalb des Geröllfeldes in die Felswand führen. Daran hielten wir uns, da laut Karte der Gletscher aufgrund einer Spaltenzone an dieser Stelle noch nicht betreten werden sollte.

Die Felspassage erwies sich als durchaus anspruchsvoll und erforderte vor allem an einer Schlüsselstelle besonderen Mut im Umklettern einer Felsnase - ungesichert wohlgemerkt, in einer Höhe von rund 10 m über besagtem Geröllfeld. Wenig später stießen wir wieder auf den richtigen Weg, der, wie wir nun überrascht feststellen konnten, nicht halb so schwierig unten am Gletscher entlang geführt hätte. Eine bessere Bezeichnung hätte uns nicht nur eine Stunde Zeit erspart, sondern auch deutlich weniger Risiko gekostet. Es blieb jedoch glücklicherweise bei dieser einzigen heiklen Situation auf der gesamten Tour.

Zügig ging es nun weiter nach oben, die 3000 m-Marke war längst überschritten und wir erreichten den Felsgrat der Vernagl-Eiswände, dem wir entgegen den Markierungen in der Karte noch mehrere hundert Meter folgen konnten - der fortschreitende Gletscherrückgang hatte auch hier seine Spuren hinterlassen. Am Übergang auf das Eis legten wir eine kurze Mittagsrast ein, bevor wir anseilten und nach einer kurzen Rekapitulierung der Techniken der Spaltenbergung unseren Weg im Firn des Gletschers fortsetzten.

Die Höhe von über 3300 m wurde nun zunehmend spürbar, doch mit jedem Schritt entschädigte das grandiose Panorama mehr für die Anstrengungen, die wir auf uns genommen hatten. Vor uns der sanfte Firnrücken, der unserem Ziel noch im Weg stand, rechter Hand das schier unendliche Becken des Gepatschferners, an dessen Nordende das Brandenburger Haus, in der Ferne der Gipfel der Wildspitze (3770 m). Hinter uns der Grat der drei Hintereisspitzen, weiter entfernt die Bergstation der Grawand-Seilbahn im Schnalstaler Gletscherskigebiet, noch eine Stufe weiter hinten zu erahnen die Gipfel rund um den Similaun. Linker Hand der Blick ins Langtauferer Tal, tief unter uns, in der Ferne die Gipfel der Silvretta und weiter südlich deutlich zu erkennen die glitzernden Firnhänge der Berninagruppe mit dem östlichsten Viertausender der Alpen, Piz Bernina. Unverkennbar das Dreigestirn aus Ortler, Zebru und Königsspitze, rechts davon die Gletscherflächen rund um das Stilfser Joch. Und ganz entfernt im Dunst die Dolomiten, deutlich auszumachen, im Detail aber kaum erkennbar.


Nachdem wir zunächst einen eigenen Weg suchen mussten, da vor uns offenbar seit dem letzten Schneefall noch niemand diese Route gegangen war, erreichten wir relativ bald die ausgetretene weil viel begangene Spur, die vom Brandenburger Haus her zur Weißseespitze führt. Wir kamen immer noch flott voran, unterbrochen nur von einigen wenigen Foto- und Atempausen, und dann war unser Ziel erreicht: 3510 m über den Dingen am Gipfelkreuz der Weißseespitze, etwas abseits des vergletscherten Gipfels, der immer noch mit 3525 m angegeben wird, obwohl inzwischen nicht mehr höher gelegen als der Felssporn, auf dem das Gipfelkreuz steht.


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Die Weißkugelhütte in der Morgendämmerung


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Es ist gegen 5 Uhr morgens, die ersten Bergsteiger machen sich bereits kurze Zeit später auf den Weg


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Blick talauswärts in Richtung Silvretta


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Blick in den Talschluß zu Gepatsch- (links) und Langtauferer Ferner (rechts)


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Unterwegs in Richtung Gepatschferner: Die erste leichte Herausforderung ist eine Bachquerung, dank Nachtfrost und leichter Vereisung nicht ganz trivial


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Zunächst noch als Wanderweg zieht sich unsere Route hinauf in eisige Höhen


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Unsere ständigen Begleiter auf diesem Abschnitt sind das Eismeer des Langtauferer Ferners mit der gleichnamigen Spitze links (3529 m) und die Weißkugel (3739 m), rechts im Bild


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Etwas später wird aus dem Weg ein mit Drahtseil gesicherter Steig


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Erneut der Blick talauswärts. In der Bildmitte ist die Weißkugelhütte erkennbar.


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Schließlich wird zum ersten mal die Sicht frei auf die immer noch gewaltigen Vernagl-Eisbrüche vom Gepatschferner her


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Auch der Weg wird nun etwas anspruchsvoller


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Bald fällt der Blick von oben auf die Eiswand


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Der Gepatschferner ist erreicht


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Weiter oben am Grat kann man wieder bequem über die Schuttfelder wandern. Der Gletscher muß hier sehr zurück gegangen sein, wir folgen dem Felsgrat gut 500 m weiter als in der Karte verzeichnet, bevor wir das Eis betreten.


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Immer wieder schweift unser Blick in die gewaltige Flanke der Weißkugel


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Am Gletscher


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Hinten grüßt die Bergstation Grawand (3212 m) der Schnalstaler Gletscherbahn


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Im Nordwesten zeigt sich die Wildspitze


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Der Gipfel der Weißseespitze kommt in Sicht


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Die Berninagruppe im Zoom


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Kurz vor dem Felsgipfel (3510 m) der Weißseespitze. Der eigentliche Gipfel befindet sich rechts auf dem Firnfeld, das früher einmal deutlich höher gewesen sein muß.


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Am Gipfel




Nun reichte der Blick auch erstmals hinunter ins Gletscherskigebiet, zu den fast 400 m niedriger gelegenen Liften auf aperer Gletscherfläche. Und unweigerlich kam auch schon früher während des Aufstiegs der Gedanke an die geplanten Lifte und die Frage, wozu um alles in der Welt auf dieser flachen Gletscher-Hochebene Skilifte installiert werden sollen. Nun täuschte wohl der Eindruck etwas, da wir uns nicht ganz in der Richtung der geplanten östlichen Liftanlage näherten sondern leicht von Süden her, wie der spätere Blick auf die Karte ergab. Und doch: Zwei neue 1,5 bis 2 km lange Schlepplifte im Zeitalter der gepolsterten Sesselbahnen mit Sitzheizung, Neuinvestitionen in Sommerskilauf, wo andere Gebiete und auch die Kaunertaler selbst seit Jahren dieses defizitäre Angebot mehr und mehr einschränken. Massive Eingriffe also für nur vier bis sechs Wochen gewinnträchtigen Herbstskilauf pro Saison. Eine Erweiterung, die in Wirklichkeit gar keine ist, da mit vertretbarem Aufwand überhaupt keine richtige Anbindung an den Rest des Skigebiets in Form einer Skipiste möglich sein dürfte. Dafür so hohe Opfer wie eine sowohl zum Kaunertal hin als auch über die gesamte Gletscherfläche weithin sichtbare Bergstation mit Horden von Rentnern und Halbschuhtouristen im Sommer, gelangweilte Kinder im Schlepptau, denen dort oben eine Landschaft zur Konsumierung angeboten wird, deren wirkliche Dimensionen durch bloßes Anschauen gar nicht erfassbar sind - wir waren uns schnell einig, man muß kein fanatischer Grüner, Naturschützer oder Alpenvereinsmitglied sein, um die Sinnlosigkeit dieser Erschließung zu erkennen. Auch unter unseren eher unvoreingenommenen Gesichtspunkten hält das Projekt einer kritischen Beleuchtung nicht stand.

Allerdings - und das ist die Ironie an dieser Geschichte - bleibt diese Erweiterung wohl die einzige Möglichkeit der Kaunertaler Gletscherbahnen zum Ausbau ihres Skigebiets. Nur hier wurden bereits naturschutzrechtliche Tatsachen geschaffen, die überhaupt den Neubau von Liften ermöglichen. Eine wahrscheinlich sehr viel sinnvollere und wirksamere Erweiterung in niedriger gelegene Geländekammern oder gar der Bau von Unterkünften, die näher an den Liften liegen und so das Grundproblem des Skigebiets in Form des mindestens 27 km langen Anfahrtsweges lösen, haben vermutlich keine Aussicht auf Genehmigung.


Zurück zur Tour. Nach der obligatorischen, ausgiebigen Gipfelrast stiegen wir zunächst einige Meter in Richtung Westgrat. Schließlich ging es zurück über den eigentlichen Gipfel auf die Nordseite und von dort hinunter in Richtung Hoher Zahn und Rauhekopfhütte. Unmittelbar hinter dem Hohen Zahn zweigte eine Spur in Richtung Nördergrat ab, in Richtung des bestehenden Gletscherskigebiets. Wir entschieden uns, dieser Spur zu folgen und so unseren ursprünglich geplanten Abstiegsweg zum Gepatschhaus deutlich abzukürzen - eine Möglichkeit, die wir zuvor nicht direkt in Betracht gezogen hatten, da auf dieser Strecke kein Weg verzeichnet war. Dem nicht ganz harmlosen Felsgrat oberhalb des Nörderjoch-Lifts folgten wir bis hinunter zu dessen Bergstation, und nach einer weiteren ausgiebigen Pause ging es auf den letzten Abschnitt, durch das spaltenreiche aber ungefährliche Eis am Nörderjochlift hinunter zu unserem Ausgangspunkt vom Vortag, dem Parkplatz der Gletscherbahnen. Müde erreichten wir per Auto das fast 800 Höhenmeter tiefer gelegene Gepatschhaus, wo wir noch einmal übernachteten.


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Sofort fällt der Blick hinab aufs Falginjoch mit der Bergstation der Weißsee-Skilifte (3100 m)


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Wir sind nicht allein - ein Segelflieger zieht einsam seine Kreise. Dahinter die Ortlergruppe, ganz rechts davon das Gletscherskigebiet des Stilfser Jochs.


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Blick zum Parkplatz des Skigebiets, ca. 800 hm unter uns


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Talauswärts der Gepatsch-Stausee


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Auf dem Abstieg passieren wir die Felsformation (3474 m) westlich des Gipfels


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Das endlos weite Becken des Gepatschferners


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Von oben sieht der Hohe Zahn (3379 m) gar nicht mehr so hoch aus


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Blick vom Grat hinunter ins Skigebiet


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Zoom zum Parkplatz


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Blick in die Nordwand


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Der untere Teil des Gepatschferners vom Nörderjoch aus gesehen


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Für die Fans des Historischen: Von oben fällt einem der Verlauf des ehemaligen Skilifts Nörderjoch III sofort ins Auge. Ca. von rechts unten nach links oben. Warum der Lift nicht mehr existiert, wird auch deutlich: Nach rechts fällt der Hang steil ab, wie steil genau sehen wir etwas weiter unten


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Rastplatz Nörderjoch


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Ganz rechts ging mal eine Abfahrt hinunter von der Bergstation Nörderjoch III. Der ganze Bereich muß damals - vor knapp 10 Jahren - noch wesentlich stärker vergletschert gewesen sein.


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Zum Ende unserer Tour war noch ein wenig Spaltenhüpfen angesagt


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Talstation Nörderjoch II im von Spalten durchsetzten Eis


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Nörderjoch I und Parkplatz. Ab Oktober wird hier wieder Ski gefahren.


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Marius checkt das Gelände


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Zurück am Parkplatz werfen wir noch einen schnellen Blick auf die Vermattung der Schleppspur


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Sommerski!?




Am nächsten Morgen war das Wetter trüb und verhangen, und einige kräftige Regenschauer ließen uns unsere Tourplanungen für diesen Tag überdenken. Beim Frühstück diskutierten wir die Möglichkeiten: Eine Wanderung zur Zunge des Gepatschferners, Erkundungen im Gletscherskigebiet oder ein Aufstieg zum Riffeljoch und von dort zum Glockturm standen zur Debatte. Trotz Zweifeln ob der Sinnhaftigkeit solcher Aktionen angesichts des Wetters konnte sich Marius mit seinem Wunsch durchsetzen, in Richtung Glockturm zu wandern. Sollten sich die Verhältnisse verschlechtern, so könnten wir immer noch umkehren, so das Hauptargument für diesen Plan.

Wir fuhren also mit dem Auto ein Stück hinauf in Richtung Gletscher und parkten oberhalb der Ochsenalmbahn an der Straße, wo der Wanderweg in Richtung Riffeljoch startete (Seehöhe ca. 2400 m). Von dort ging es zunächst einen ausgetretenen Pfad entlang über Grasmatten, teils steiler, dann wieder mit etwas flacheren Abschnitten. Langsam besserte sich auch das Wetter, die Schauerwolken hatten sich verzogen, nur noch einige letzte Nebelschwaden durchzogen die Szenerie und die Wolkengrenze lag nun weit über den höchsten Gipfeln.

Nach einiger Zeit ließen wir die grünen Matten hinter uns und erreichten eine einsame, von Schutt und Geröll geprägte Hochfläche, in deren Mitte ein See lag, der vom Schmelzwasser der letzten Eisfelder unterhalb des Glockturm-Gipfels gespeist wurde. Zunehmend machte sich nun meine überlastete Beinmuskulatur bemerkbar. Montags hatte ich noch etwas übermütig einen der steilsten Berge in meiner Gegend mit dem Fahrrad bezwungen, nun war es Samstag und ich hatte zusätzlich noch die fast zehnstündige Tour des Vortages in den Knochen. Meine Begleiter hängten mich zusehends ab, erklommen vor mir die nächste Stufe des Hochtals, wo sich ein weiterer See befand, und machten sich schließlich auf den steilen Steig zum Riffeljoch (ca. 3100 m). Als ich mich endlich dort hinauf gequält hatte, waren zwei meiner Begleiter schon in Richtung Gipfel davon geeilt, der dritte hatte am Riffeljoch kapituliert. Zusammen stiegen wir nach kurzer Rast am zugigen Übergang wieder hinunter ins Riffeltal, um dort an windgeschützter Stelle auf die beiden Gipfelstürmer zu warten. Wieder vereint setzten wir schließlich den Abstieg fort bis hinunter zum Auto, das wir am späten Nachmittag erreichten. Nach kurzer Erholungs- und Umziehphase machten wir uns auf den Heimweg, um viele großartige Eindrücke reicher.


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Am Morgen: Die Weißseespitze hängt noch in Wolken


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Unser Ziel: Der Glockturm (3355 m) bzw. das Riffeljoch (3149 m), etwas rechts außerhalb des Bildes


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Durch eine karge Geröll-Landschaft geht es bergauf. Oben am Grat ist das Joch.


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Beim Blick vom Riffljoch nach Westen werden die Dimensionen deutlich. Links die Zunge des Gepatschferners.


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Die karge, wildromantische Landschaft des oberen Riffltals


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Der Glockturm hinter dem unteren der beiden Seen im oberen Riffeltal


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Zoom zur Zunge des Gepatschferners


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Und zum Schluß noch ein Bildchen der KSB Ox 1

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BeitragVerfasst: Mi, 26.04.2006, 17:20 
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Zitat:
Zoom zum Parkplatz


DAS Bild würd ich gern von vor 25 Jahren sehen ...


.. bzgl. Talstation Nörderjoch 2: Täuscht das, oder sind hier die beiden Seiten der Stützen unterschiedlich lang?


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BeitragVerfasst: Do, 27.04.2006, 12:59 
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RetroRebel
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starli hat geschrieben:
.. bzgl. Talstation Nörderjoch 2: Täuscht das, oder sind hier die beiden Seiten der Stützen unterschiedlich lang?

Ich vermute, die eine Seite ist einfach weiter im Eis bzw. Firnschnee eingegraben. Bin aber nicht hin gelaufen und hab nachgesehen oder so :D

(Edit damit das Zitat vernünftig angezeigt wird - siehe hier)

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Zuletzt geändert von k2k am Do, 27.04.2006, 18:30, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Do, 27.04.2006, 17:05 
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@k2k: mit deinem neuen Text in Verbindung mit den immer wieder grandiosen Fotos tust du mir was an ... jetzt bin ich mir noch unsicherer, was ich im Sommer tun soll :roll:. Sommeralpinismus ist ja an sich doch was feines, und der tolle Bericht macht Gusto ...


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Di, 04.08.2020, 18:48 
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Da diese großartige Tour genau heute vor 15 (!) Jahren begonnen hat, ergänze ich k2ks Bericht mal ab heute und in den Folgetagen mit meinen Eindrücken und ein weiteren Bildern:

1. Tag: Donnerstag, 4. August 2005: Ein gemütlicher Anreisetag, der aus mehreren Gründen doch noch spannend wurde

Da k2k um 14.30 Uhr in Landeck mit dem Zug ankommen sollte, sind wir drei in München erst um 10.00 Uhr ganz gemütlich losgefahren, wenig Verkehr, auch am Fernpass. In Imst haben wir dann Mittagspause gemacht, sind nach Hoch-Imst hinauf gefahren (die 18%-Straße möchte ich bei Glatteis nicht fahren) und haben den Alpin-Coaster schnell getestet. Hier hat sich mal wieder gerächt, dass ich fast immer aus der Skifahrerperspektive denke, denn an der 2-KSB war nichts los und deshalb dachte ich nicht an Wartezeiten an der Rodelbahn, die aber sich doch auf ca. ½ Stunde belaufen haben. Schön, dass der Coaster so ein Erfolg ist, aber auf diese Weise mussten wir uns dann doch ziemlich beeilen pünktlich in Landeck zu sein. Der Coaster hat uns sehr gut gefallen, die Strecke ist lang und abwechslungsreich, der Fahrspaß enorm, vor allem da man tatsächlich nicht bremsen muss, aus der Kurve fliegt man ja nicht.
Das Treffen in Landeck hat bestens geklappt und k2k und Ich waren sehr froh uns nach fast drei Jahren Forum und ca. 5.500 Posts des jeweils anderen endlich persönlich zu begegnen.

Wir sind dann weiter in Richtung Oberinntal gefahren, schließlich nach links ins Kaunertal abgebogen, das doch einen deutlichen Kontrast zum viel intensiver be-siedelten Ötztal und zum steileren und engeren Pitztal darstellt. Der Hauptort Feichten ist so unscheinbar, dass man an der Mautstelle (19 €) gar nicht realisiert schon vorbeigefahren zu sein. Die Straße zum Weißseeferner ist tatsächlich landschaftlich sehr schön und auch schön zu fahren (außer vielleicht die größtenteils einspurige Traverse des Gepatsch-Stausees). Aber es zieht sich, bis man auf 2.750 m am Parkplatz steht.

Eigentlich wollten wir ja am Gepatschhaus auf 1930 m parken und dann zur Rauhen-Kopf-Hütte auf 2730 m aufsteigen. Die nur 30 Schlafplätze bietende Hütte war allerdings schon überbelegt und deshalb haben wir die Planung zwangsweise etwas umstellen müssen. Statt von Nordosten wollten wir nun von Südosten von der Weißkugelhütte und den Richterweg aufsteigen. Zu diesem Zweck mussten wir folglich ins Südtiroler Langtauferer Tal wechseln und zwar über das uns allen wohl bekannte Falginjoch, wo die beiden SLte Weißseeferner I und II enden.

Das Wetter war den Tag über eigentlich gut, mehr Sonne als Wolken, ab und an ein paar Regentropfen. Bis wir uns aber umgezogen haben zieht es zu und beginnt zu schneien, für einige Teilnehmer ein für August ungewohntes Phänomen.

Eigentlich war der Aufstieg entlang der Schlepplifte und der Skipiste alpinistisch mehr als banal, mit dem Schneefall und dem dichten Wolkenvorhang reichte die Sicht kaum mehr als 50 Meter. Deswegen waren wir recht froh um die Orientierung bietenden Masten. Aus Übungsgründen, aber auch zum leichteren Vorankommen sind wir mit Steigeisen gegangen, was einige Technik-bedingte Verzögerungen induzierte und uns zur Schlussfolgerung veranlasste, dass Riemen-Bindungen für Steigeisen einfach Mist sind. Die Steigeisen erwiesen sich im steilen Schlusshang unterhalb des Falginjochs noch als bitter notwendig. Wegen der diffusen Sicht und da wir die Spaltengefahr auf dem Trainingshang nicht einschätzen konnten folgten wir weiterhin sehr direkt den Liften, was wegen der ordentlichen Steilheit bei schönen Eisbedingungen in Richtung leichte Eiskletterei ausartete. Besonders spannend gestaltete sich dann die schön ausgeprägte Randspalte, die wir auf einer solide aussehenden Brücke überschritten. Eigentlich hätten wir hier mit Seil sichern müssen, was aber wieder viel Zeit gekostet hätte und in der steilen, fast blanken Flanke ohne Standplatzbau wiederum unsinnig gewesen wäre. So verließen wir uns auf unsere Standfestigkeit auf Frontalzacken und Eispickel und passierten diese unangenehme Stelle sicher. Ein Dutzend Meter stand ich als Vorausgehender dann plötzlich auf einer Vlies-Matte – die Abdeckung des Bergstationsbereichs. Also querten wir kurz nach links auf die Piste und standen auf 3100 m (der Gletscher hat hier auf einige Meter verloren, zum Joch sind es noch 10 Hm Fels) am Falginjoch bei recht ungemütlichen Bedingungen: eiskalter Wind, Schneefall, überzucker-te Felsen und ein Steilabstieg über eine 200 Hm hohe Felsflanke.

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Man sieht zwei Teilnehmer auf dem "Weg" vom Falginjoch ins Langtauferer Tal.


Zuletzt geändert von Emilius3557 am Di, 04.08.2020, 18:49, insgesamt 2-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Di, 04.08.2020, 18:49 
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Registriert: Do, 20.04.2006, 23:26
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Glücklicherweise fanden wir gleich den Einstieg in den markierten Abstiegsweg ins Langtauferer Tal. „Weg“ ist hier schon arg euphemistisch – es gibt maximal leichte Spuren und alle 10 Meter eine von oben schwer einzusehende Markierung. Das Gelände ist eine der übelsten „Klamotten“- und Bruchhaufen, die mir je begegnet sind. Alles bewegte sich. Beim Felshalten an einem Block hatte man diesen fast sofort in der Hand, bei einem Schritt abwärts löste sich sofort eine kleine Geröllrutschung und dazu war alles von frischem Neuschnee überzuckert, was den Grip auf dem Fels nicht wirklich verbesserte. Wir ließen die Steigeisen schlauerweise an und kamen gut unten im Karboden an und schafften es tatsächlich durch weite Abstände uns gegenseitig keine Steine auf den Schädel zu donnern, wobei es einmal allerdings knapp war. Aber es kostete ordentlich Zeit bis wir in der trostlosen Blockwüste des obersten Falgintales standen und in einer paradiesischen Vision in den Wolkenfetzen die grünen Matten und Wälder des Langtauferer Tals hinauf grüßen sahen.

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Die Hauptschwierigkeiten waren nun überwunden, aber die meiste Wegstrecke zur Hütte lag noch vor uns, weshalb wir erst gegen 21 Uhr (Abmarsch war etwa 16.30 Uhr am Parkplatz) die Weißkugelhütte (CAI, 2544 m auf ital. Refugio Pio XI) erreichten und erst mal von der netten Wirtin einen gscheiden Schnaps eingeschenkt bekamen, danach noch drei Gänge opulentes Abendessen (Halbpension mit Übernachtung 35 €).


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 0:28 
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Passenderweise war heute (bzw gestern: 4.8.) das Wetter ganz ähnlich: https://vcdn.bergfex.at/webcams/archive ... e1189c.jpg (keine Ahnung, warum die Webcam kopfsteht) …


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 8:05 
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2. Tag: Freitag, 5. August 2005

Nachdem sich das Wetter schon gestern Abend beruhigt hatte und die Nacht sternenklar und eiskalt war kündigte sich schon in den frühen Morgenstunden ein herrlicher Tag an, dessen Anbruch wir mit mehr (k2k) oder weniger (ich) Erfolg auf digitales Zelluloid zu bannen versuchten.

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Weißkugelhütte bzw. Papst Pius XI.-Hütte am frühen Morgen

Gefrühstückt haben wir ab 7.00 Uhr und sind dann ab 7.45 Uhr in Richtung Weißseespitze abmarschiert, immer quer den Hang hinauf in Richtung Vernagl-Wände, hoch über dem stark zurückgegangenen aber immer noch beeindruckend großen und zerklüfteten Langtauferer Ferner über dem sich mit der gleichnamigen Spitze und der Weißkugel, 3738 m zwei der schönsten Gletschergipfel überhaupt erheben, die für die nächsten Stunden unserer Bewunderung sicher sein konnten.

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Langtauferer Ferner mit gewaltigen, vmtl. 1850er Moränen. Links oben die Vernagl-Eiswand mit dem noch vorhandenen Abfluss des Gepatschferners ins Langtauferer Tal

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Blick zurück zur Hütte. Rechts unten am Weg sieht man, dass es in der Nacht gefroren hatte


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 8:06 
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Die Weißkugel, 3738 m, im Zoom von Norden

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Langtaufererspitze, 3528 m


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 8:06 
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Der Richterweg überwindet die steile Felspartie hinauf zum Gletscherdach des Gepatschferners mit Hilfe einiger sehr massiver und neuer Drahtseilversicherungen, wird aber nie schwierig oder gefährlich. Kein Vergleich mit dem gestrigen Bruchhaufen, hier sind die Felsverhältnisse deutlich angenehmer. Die Route führt dann bis auf Spuckweite an die imposanten Eisbrüche des Gepatschferners heran, die wie kalbende polare Gletscher in wild zerrissenen Séracs und Eistürmen hinunter über die Steilstufe auf den Langtauferer Ferner abbrechen, in den Ostalpen einmalig.

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Blick vom Richter-Weg auf die damals noch imposanten, ins Langtauferer Tal abbrechenden Séracs

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Das Ganze im Zoom

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An der Weißkugel kann man sich nicht sattsehen


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 8:07 
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Nun fast auf Tuchfühlung mit dem Eisabbruch. Links unten gut zu sehen, die Seilsicherungen am Richter-Weg

Der Gepatschferner ist auch einer der wenigen Alpengletscher, der in zwei Richtungen abfließt (Norden und Süden). Auf knapp 3.000 m weitet sich der Blick dann erstmals in Richtung Norden auf den zweitgrößten Gletscher Österreichs mit seinem arktisch anmutenden Hochplateau, das zwischen sanften Eishängen auch einige nette Bruchzonen aufzuweisen hat. Wir waren alle höchst beeindruckt und fast euphorisch angesichts dieser Umgebung, des traumhaften Wetters (null Wolken!) und der erhabenen Schönheit dieser unberührten, wilden und einsamen Eiswelt (wir waren übrigens auf unserer Route den ganzen Tag völlig allein unterwegs).

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Erstmals bietet sich ein Blick auf den eigentlichen Gepatschferner

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Sie standen und staunten - Gepatschferner


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 12:27 
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Langtaufererspitze, 3528 m und Spalten an der Abbruchkante ins Langtauferer Tal

Bevor wir aber endgültig das Gletscherplateau betreten konnten musste nochmals eine letzte Felsstufe überwunden werden.

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Hier noch gut markiert

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Gletscher, Fels und Blumen


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 12:28 
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Hier verloren wir sehr viel Zeit, da die Markierung plötzlich nicht mehr zu sehen war und wir etwas verloren in einem wiederum üblen Bruchhaufen herumstocherten bis ich als Spürhund zwei Metallstreben im Fels entdeckte und damit die markierte Route wiederfand.Die war dann tatsächlich wieder leicht und einfach nur traumhaft, da man teilweise hoch über dem Langtauferer Tal im Süden und über dem Eismeer des Gepatsch im Norden steigt. Auf 3160 m machten wir dann länger Pause (direkt am Eisrand), seilten uns an, ich erklärte die Grundlagen einer evt. notwendigen Spaltenbergung und unsere bedauernswerten Kameraden kämpften wieder lange mit den Steigeisenriemen…

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Wo geht es jetzt hier bitte zum Gipfel? – Blick nach Norden

Da im Eis keine Spur zu sehen war orientierten wir uns anhand der Karte und stiegen zunächst mittelsteil direkt auf das hohe Eisplateau. Danach ging es deutlich flacher immer in Richtung Norden hinauf, ohne jedoch den Gipfel auch nur erahnen zu können.

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Blick nach Osten in Richtung Wildspitze und Vernagtbereich

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Blick nach Südosten in Richtung Brandenburger Haus


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 12:28 
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Blick nach Süden

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Hier sieht man mal unsere Seilschaft und die Spur. Es war gut zu gehen, keinerlei einsinken

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Weißkugel (rechts) und Langtauferer Spitze (links)


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 Betreff des Beitrags: Re: Weißseespitze, 4.-6.08.2005
BeitragVerfasst: Mi, 05.08.2020, 12:29 
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Am Neigungswechsel zwischen dem steileren Einstiegshang und dem flacheren Plateau hatten wir auch die beinahe einzigen ernstzunehmenden Spalten auf dieser Route. Sie waren zugeschneit mit festen Brücken, wir waren aber doch erleichtert, den weiteren Anstieg harmlos und dick verschneit zu finden. Am Horizont sahen wir dann eine andere Seilschaft und schlossen nach einiger Zeit auf diese gut ausgetretene Spur vom Brandenburger Haus auf und folgten dieser bis zum Gipfel der Weißseespitze, deren Kreuz nach einigen weiteren Eisbuckeln sichtbar wird, nicht ohne sich jedoch hinter zwei steileren Hängen und einer Gegensteigung zu verbergen. Waren wir im unteren Teil noch überzeugt davon, dass man im Fall des Falles hier nett Skifahren könnte, so stimmten uns der Gegenhang und die teilweise komplett flachen Passagen deutlich skeptischer. Ein weiterer negativer Punkt für uns ist auch die Gefahr, diese in den Ostalpen einzigartige Eisfläche durch Schleppliftmasten, Pistenwalzen und profanen Skibetrieb à la „Anton aus Tirol“ zu „entweihen“, ihre Ruhe und Erhabenheit zu opfern und sie nicht denen zu lassen, die dafür stundenlange Anstiege gerne in Kauf nehmen, während die Erschließungskarawane immer weiter konsumierend ihre Kreise zieht und nach bald nach neuen unverbauten Hängen suchen wird.

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Zoom zur Wildspitze, 3770 m, zweithöchster Berg Österreichs, höchster Gipfel Tirols mit ihrem Nord- und Südgipfel

Die Seehöhe von bald 3.500 Metern spüren wir beim Atmen, wobei aber die weitgehend moderate Steigung ein schönes, gleichmäßiges Steigen erlaubt, dass einen angesichts der überwältigenden Schönheit der Umgebung und der Monotonie der endlosen Eishänge in einen beschwingt-meditativen Zustand verfallen lässt.

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Immer leicht bergauf – aber kommen wir irgendwann ganz oben an?

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Ja, möglicherweise, denn das hier könnte der Gipfel sein. Dazwischen komplett flache Passagen


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