Letztens mussten wir an anderer Stelle hier im Forum feststellen, dass der Gletschersektor von La Plagne zu den am schlechtesten dokumentierten Sommerskigebieten zählt. Für die Vergangenheit lässt sich das wohl kaum noch nachträglich ändern, für die Zukunft aber schon. Aus diesem Grund, und weil ich mit die Gegend (hauptsächlich ein paar Kilometer weiter südlich) ohnehin mal im Sommer ansehen wollte, war ich am 23.08. dort und habe mich ein bisschen umgesehen.
Der Gletschersektor von La Plagne wurde 1978 erschlossen. Von Plagne Bellecôte (1930 m), einem der Hauptorte des Skigebiets, führt eine knapp sieben Kilometer lange Kabinenbahnkette über den Roche de Mio (ca. 2710 m) und den Col de la Chiaupe (ca. 2510 m) bis hinauf an den ehemaligen Gletscherrand des Glacier de la Chiaupe (ca. 2990 m). Dort installierte man für den Sommerskilauf zwei Schleppliftanlagen, den TK de la Chiaupe (bis ca. 3100 m) sowie die Doppellifte Col 1 und 2 (bis ca. 3200 m). Der Verbindungssessellift Traversée (bis ca. 3100 m) stellte die Verbindung her zum weiter nördlich gelegenen Eisfeld des Glacier de Bellecôte, wo ein weiterer Schlepplift (TK de Glacier de Bellecôte, bis ca. 3180 m) als Beschäftigungsanlage installiert wurde. Bei der Mittelstation der Zubringerbahn entstand die Doppelsesselbahn Chalet de Bellecôte, die neben zwei kurzen Abfahrten auch als Rückbringer für zwei schwarz markierte Abfahrten vom Gletscher her fungierte. Weitere Lifte waren projektiert, wurden aber nie gebaut.
Die initiale Erschließung blieb bis 1995 unverändert. In diesem Jahr wurde der TK de Glacier de Bellecôte aufgrund des Gletscherrückgangs ersatzlos demontiert. Das selbe Schicksal ereilte 2003 die beiden Schlepplifte am Chiaupe-Gletscher, die durch eine Vierersesselbahn auf einem Felsgrat am Gletscherrand ersetzt wurden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Sommerskilauf in La Plagne endgültig Vergangenheit.
In diesem Sommer wird der alte Doppelsessellift Traversée durch eine gebrauchte Viererersesselbahn (Typ Poma Alpha) ersetzt, die an anderer Stelle im Gebiet abgebaut wurde (vgl. das dazugehörige Topic im Bereich Infrastruktur). Damit bleiben aus der Anfangszeit nur noch die Zubringerbahn sowie der alte Doppelsessellift Chalet de Bellecôte bei der Mittelstation.
Anbei nun einige Bilder, die den aktuellen Zustand des schwindenden Gletschers zeigen.
Morgendlicher Blick aus der Gondel auf die Tunnelpiste von La Plagne. Im Hintergrund der Sektor Arpette/Les Coches.
Erster Zwischenstopp am Roche de Mio. Blick auf die Westflanke der Bellecôte mit dem ehemaligen Sommerskigebiet. In der Bildmitte die Mittelstation Col de la Chiaupe.
Am Roche de Mio wird gebaut, alte Leitungen werden ersetzt.
Die Sessel der 4SB Inversens sind ordentlich aufgereiht.
Im Süden ein anderes bekanntes Bergmassiv.
Anflug auf die Mittelstation. Kabinen sind noch original und nach fast 35 Jahren schon etwas mitgenommen. Man darf gespannt sein, wann und wodurch diese Bahn irgendwann mal ersetzt wird.
Oben angekommen. Am Traversée-Lift wird fleissig gearbeitet.
Teile des alten Lifts - von der Atmosphäre her bisher die interessanteste Anlage im Gebiet.
Blick auf die neue Trasse, die identisch ist mit der alten. Auch der Bergstationsstandort bleibt der selbe.
Was vom Gletscher übrig blieb. Anfang der 70er reichte das Eis bis an den späteren Standort der Bergstation. Unter den Planen befindet sich die Eisgrotte, einzige Sommerattraktion für Normaltouristen hier oben.
Am Gletscher selbst. Pures Eis, eine Firnauflage sucht man Ende August vergeblich.
Auf den flachen Stein in der Mitte am unteren Bildrand hat jemand die Jahreszahl 2008 eingraviert, wohl um den damaligen Gletscherstand zu markieren. Bis zum aktuellen Eisrand sind es von dort rund 20 m. Die Eisfläche dahinter ist vielleicht 100 m breit. Man kann sich leicht ausrechnen wann das Eis weg ist.
Blick von der Seite auf die Eishöhle.
Oben am Grat sieht man die Fundamente der alten Col-Lifte. Vom Grat selbst startet eine lange Tourenabfahrt nach Champagny-en-Vanoise. Je weiter der Gletscher abschmilzt, desto schwieriger dürfte der Einstieg in Zukunft zu erreichen sein.
Streckenstütze der neuen 4-SB Traversée.
Das Gletschervorfeld mit der Bergstation der Zubringerbahn, die vor einigen Jahren mal abgebrannt ist.
Überblick vom südlichen Ende her. Zum Vergrößern anklicken.
Direkt in Blickrichtung verliefen einst die Lifte Col 1 und 2. Die Bergstationsfundamente befinden sich am Grat oberhalb des mittleren Geröllfelds. Man kann davon ausgehen, dass es früher einen gleichmäßigen Gletscherhang gab.
Überblick von der Nordseite her. Hinten übrigens die Grande Casse.
Rechts am Grat zu erahnen die Bergstation der 4-SB Glacier (2003).
Hier sieht man die Trasse der 4-SB Glacier besser. Interessanterweise sah bereits das Ursprungsprojekt von 1978 eine Bahn über diesen Grat vor.
Baustelle des "neuen" Traversée-Lifts.
Überblick vom nördlichen Ende her. Zum Vergrößern anklicken.
Ein Fundament der alten DSB liegt unscheinbar am Weg zum Glacier de Bellecôte. Es reicht ca. anderthalb bis zwei Meter in die Tiefe.
Gleich daneben befindet sich eine riesige und um die vier Meter tiefe Grube für das Mastfundament der neuen Bahn.
Unter sträflicher Missachtung sämtlicher Verbotsschilder doch noch angekommen am Glacier de Bellecôte. Oben zu erahnen der alte und neue Ausstieg der Traversée-Sesselbahn.
Noch vor zehn Jahren war die Mulde, in der sich heute der See befindet, weitgehend mit Eis gefüllt, so dass man vom Liftausstieg her problemlos in den Hang queren und geradeaus über den (so nicht vorhandenen) See abfahren konnte, ohne am anderen Ende aufsteigen zu müssen. Mehr noch, genau in Blickrichtung dürfte vor 1995 der TK de Glacier de Bellecôte verlaufen sein, höchstwahrscheinlich auf einem gleichmäßigen Gletscherhang.
Blick mit dem Tele ins Kar. Fundamente oder sonstige Hinweise auf den exakten Verlauf des Lifts konnte ich nicht entdecken. Auch bei der Talstation ist nichts zu finden, dort wurde aber vor einigen Jahren auch grosszügig planiert...
...um den Einstieg in die beiden schwarzen Abfahrten zu erleichtern, die inzwischen schon wieder aufgegeben wurden(!!).
Man hat sogar einen Weg planiert. In meiner Erinnerung an die Jahre 2000/01/02 ging es hier direkt in den Steilhang. Im Hintergrund übrigens Les Arcs.
Abstieg zum Col de la Chiaupe.
Einige Impressionen der alten Télécabine:
Wenn man die Station nicht sehen könnte, würde man sie hören. Die Mechanik rattert und klappert, dass es eine Freude ist.
Zurück am Roche de Mio. Da geht er hin, der alte Traversée-Lift.
Auch in Plagne Centre wird kräftig umgebaut in diesem Sommer. Hier die neue 6KSB Becoin. Teile ihres Vorgängers ergeben den neuen Traversée-Lift am Gletscher.
Natürlich wird auch alles gleich neu planiert und modelliert.
Das neu modellierte Stade de Slalom samt Front Neige. Vorne sorgt ein Pressluftbohrer für die passende Geräuschkulisse. Hat sicher Spaß gemacht, dort diesen Sommer seinen Urlaub zu verbringen.
Zum Schluss ein Blick auf das Funitel. In diesem Sommer ausnahmsweise nicht in Betrieb.
Für alte Bilder sowie Pistenpläne aus La Plagne - inklusive Gletschersektor - seien wieder mal die exzellenten Seiten von Romain Guigon empfohlen:
http://www.perso-laplagne.fr.