Vuorz, 8.3.2009 - carv, carver, am carvstenZum Skigebiet von Vuorz ist sicherlich nicht mehr allzu viel zu sagen. Es dürfte hinreichend bekannt sein, dass es wohl das ultimative Carving-Skigebiet dieses Kontinents darstellt. Mein Besuch hat mir dies absolut bestätigt. Dennoch möchte ich die Situation kurz aus meiner eigenen Perspektive beschreiben.
Eines vorab: Bis auf zwei Pisten sind alle Pisten des Gebiets ultimative Carvingpisten. Die beiden Ausnahmen sind keine hundertprozentigen Carvingpisten, aber dennoch streckenweise carvingtauglich; darauf werde ich aber im Anschluss eingehen. Nominell gibt es noch eine weitere Piste; diese ist aber nur ein Ziehweg, allerdings mit grosser Bedeutung; auch dies wird noch im Rahmen der Bilder vorgestellt.
Zunächst zu den reinen Carvingpisten: Ca. 70% der Pisten können von oben bis unten durchcarvt werden. Zu unserer Freude waren diese sonnigen Südhangpisten an jenem Sonntag super griffig und nahezu menschenleer. Die Pisten sind zum Carven optimal - besser geht's nicht. Dies bedeutet aber auch, dass diese Pisten mitnichten Topfeben - wie mit dem Laser ausgerichtet - sind. Nein, diese völlig dem natürlichen Gelände folgenden Pisten verfügen regelmässig über leichte Wellen und Mulden. Dadurch ist zwischen Floating Airtime und mässig erhöhter Normalkraft das komplette Kräftespektrum geboten, welches interessantes Carven ausmacht. Die Kompromisslosigkeit des Pistenlayouts ist frappierend. Etwas anderes als Carven kommt hier eigentlich kaum infrage.
Kommen wir zur ersten Ausnahme - der schwarzen Piste Nr. 2: Diese Piste bietet erheblich mehr Abwechslung als die genannten Hardcore-Carving-Pisten. Diese Schwarze bietet immer wieder gerade, carvingtaugliche Abschnitte, um dann mit Überraschungsmomenten aufzuwarten. Diese vorher kaum zu erkennenden Überraschungen bestehen in Engstellen, Kurven und Steilstücken. Diese Piste ist eine der ganz "grossen", die ich kenne. Was gewalzte Pisten angeht, muss ich sagen: Besser geht's kaum.
Die zweite Ausnahme ist weniger rühmlich: Die Talabfahrt nach Vuorz beinhaltet topographisch bedingt eine längere Querfahrt in Form eines Ziehwegs. An Carven ist hier nicht zu denken und das Fahren ist logischerweise kein Genuss. Aber es gibt ja einen Zwischeneinstieg in der Zubringerbahn, der das Befahren dieses Abschnitts entbehrlich macht und auf die abendliche Talabfahrt reduziert.
Der genannte Ziehweg ist eine wichtige Verbindung zwischen zwei Liften, die das Fahren einer langsamen DSB entbehrlich macht und die die in der Mitte des Gebiets liegenden Pisten aufnimmt, da der dortige Lift seit 2 Jahren abgebaut ist.
Es gibt auch einen rechts ausserhalb des Pistengebiets liegenden Freeride-Sektor, dies habe ich aber erst nach unserem Besuch im Pistenplan gesehen.
Die Pistenfläche ist so gross, dass es auch bei guter Ausnutzung der Beförderungskapazität zu keine Überfüllung der Pisten kommen kann. Die Beförderungskapazität wiederum erscheint mehr als ausreichend. Die 1.300 Höhenmeter sind ein gutes Mass für die Dimension des Carving-Vergnügens.
Nähere Erläuterungen bei den Bildern:
^^ Typisch Südhang - schneefreie Stellen an Rainen und gleichzeitig Neuschnee auf den Bäumen. Vuorz liegt südseitig in Balkon-Lage über dem Tal. Die Feuerwache liegt ganz nahe bei der Talstation.
^^ Per Leitner-4KSB geht's nach oben. Die Bahn passt hervorragend zum Charakter des Gebiets: Modern und schnell, aber schnörkellos, schlicht, ohne jeglichen Schnickschnack. Genauso die Pisten: Schnell und perfekt für modernes Skifahren, gleichzeitig simpel ins natürliche Gelände gelegt, unauffällig und ohne erkennbaren Aufwand.
Über 4,8 km Strecke geht es mit den beiden 4KSB nach oben, bis man knapp unterhalb des höchsten Punktes im Skigebiet steht. Bei dieser Strecke wird selbst das KSB-fahren zur Geduldsprobe.
^^ Dieser Zwischeneinstieg erfüllt mehrere Funktionen. Unter anderen nimmt er auch "Überläufer" der zweiten Zubringerschiene von Breil auf - nämlich diejenigen, denen die originäre Schiene zu unkomfortabel ist; wird später noch erläutert. Um hier ein problemloses Zusteigen zu ermöglichen, bleiben unten an der Talstation immer 3-4 von 6 Sesseln frei (die Gatter öffnen sich nicht).
^^ Oberhalb der Baumgrenze läuft der SL Parli parallel zur Sesselbahn. Er ist mit knapp 900 m Länge der mit Abstand kürzeste Lift im Gebiet und bedient die Anfängerpiste und den Snowpak. Die hinten zu sehenden weissen Hänge sind von Carving-Pisten durchzogen.
^^ Umsteigen in die obere Sektion mit dem Namen Fil. Die offene Garage verdeutlicht: Kein Schnickschnack.
^^ Die endlosen Weiten der oberen Sektion. Rechts ist der Schlepplift Miret zu sehen, der zum höchsten Punkt führt - Auch er ist mit 1.400 m Länge in diesem Gebiet ein eher kurzer Lift.
^^ KSB Fil und SL Miret: Perfekte Skihänge.
^^ Blick zurück auf die Carving-Hänge am Miret-Lift.
^^ In sanften Wellen geht es nach unten. Trotz Sonntag und besten Verhältnissen gibt es kaum menschliche Störfaktoren.
^^ Gegenrichtung, leicht ge(tele-)zoomt.
^^ Landschaft am höchsten Punkt - gut 1.300 Höhenmeter oberhalb der Talstation.
^^ Die Leitner-Fahrer kommen etwas tiefer an.
^^ 2SB La Cauma; sie ist Bestandteil der Liftkette von Breil. Wenn man hier rechts der Sesselbahn bleibt, gelang man auf die grandiose schwarze "2".
Hier folgt ein kurzes Porträit der schwarzen "2":
^^ Immer wieder Carvinghänge. Relativ steil, aber gerade noch carvingtauglich.
^^ Gegenrichtung: Modellieren muss man hier nichts.
^^ Beispiel für ein Überraschungsmoment: Der Carvinghang endet aprupt in einer schmalen Querfahrt.
^^ Sanfte Wellen im Baumgrenzenbereich, teilweise carvingtauglich
^^ Wieder Überraschungsmoment: Plötzlich Kurven und Engstelle. Die Piste ist auch nirgends eine Waldschneisenabfahrt. Immer wenn man denkt, man fährt in den Wald ein, kommen wieder freie Hänge. Unten die Dächer von Breil - etwa 1.100 Höhenmeter unterhalb des Startpunktes. Auch Breil liegt in Südseitger Balkonlage hoch über dem Tal.
^^ Auch im untersten Abschnitt freie Hänge. Und auch hier wieder leichte Wellen, die aber unharmonischer sind als im oberen Skigebietsbereich. Was bis unten bleibt, sind plötzlich auftauchende Kurven. Von links mündet in der Bildmitte die lanzenbestückte rote Piste ein. Die Lanzenbestückung ist auf den beiden Hauptpisten angebracht und aufgrund der reinen Südhanglage wohl unausweichlich.
^^ Die Poma-4KSB Crest Falla bringt uns wieder nach oben. Auch diese Bahn ohne Schnickschnack. Am linken Bildrand kann man die weiterführende 2SB La Cauma erahnen - und die endlose Weite der Hänge.
^^ Hier La Cauma im (Tele-)Zoom.
^^ Weiter geht es mit der 2SB La Cauma. Die Bahn gehört weder zu den langsamsten noch zu den schnellsten fixgeklemmten Sesselbahnen. Auf jeden Fall ist die Fahrzeit auf dieser exakt 2 km langen Bahn mit 15 Minuten ordentlich. Die sonnige Südlage ermöglicht aber auch bewusstes, entspanntes Erholen.
Hier sind jetzt einige Erläuterungen nötig. Die 2SB La Cauma wurde erst Anfang der 90er Jahre gabaut. Vorher musste man über einen Ziehweg nach rechts fahren zum SL Spinatsch, der die 2. Sektion darstellte. Komischerweise hat man die La-Cauma-Talstation so komisch platziert, dass man von der 4KSB ein Stück aufsteigen muss. So war die Ziehwegfahrt zum zunächst weiter existierenden Spinatsch-Lift wohl auch weiterhin nicht so unsinnig. Als vor wenigen Jahren die Zubrungerschiene von Vourz auf Höhe Canischauna mit einem Zwischeneinstieg ausgerüstet wurde, wurde der Spinatsch-Lift entbehrlich und folglich vor 2 Jahren abgebaut. Der Ziehweg wurde bis Canischauna verlängert, so dass der Skiprospekt jetzt damit wirbt, nach der Auffahrt ab Breil den Ziehweg zu nehmen und per Zwischeneinstieg auf die KSB-Zubringerschiene von Vuorz zu wechseln. Man ist wohl überzeugt, dass man die Gäste besser 3x KSB fahren lässt, als sie zur 2. Sektion zu einer fixgeklemmten DSB hochkraxeln zu lassen, um eine lange Fahrzeit hinzunehmen. Objektiv betrachtet geht der kurze Aufstieg mit anschliessender DSB-Fahrt dennoch schneller als der Ziehweg mit anschliessend 2x KSB.
^^ Panorama: Krasse Berge da hinten.
^^ Ausstieg La Cauma.ganz oben am Horizont - wo man vom höchsten Skigebiets-Punkt kommt - ist's ein wenig verblasen.
^^ Die Piste 5 in der Mitte des Skigebiets - wieder ein reinrassige Carving-Piste. Sie verläuft direkt an der Trasse des ehemaligen Spinatsch-Lifts. Unten am Waldrand ist das Talstationsgebäude zu sehen. Heute kann man die letzten 100 Meter nicht mehr fahren, sondern muss nach links in den Ziehweg einbiegen, der zum Zwischeneinstieg Canischauna führt.
^^ Auf den Ziehweg folg eine kurze Abfahrt zum Zwischeneinstieg.
^^ Pistenplan
Fazit: Das Gebiet entspricht zwar nicht hundertprozentig meinen idealtypischen Vorstellungen vom optimalen Skigebiet. Dennoch hat mich die Kompromisslosigkeit begeistert, mit der hier Carvingvergnügen geboten wird. Diese (naturgegebene) Ausrichtung wird auch ganz klar beworben und durch excellente Pistenpflege unterstützt. Ich finde es klasse, dass man ganz klar auf die bestehnden Stärken setzt und nicht versucht, das Konzept zu verwässern, um ein möglichst breites Spektrum anzusprechen. Auch Weite des Gebiets, Länge der Anlagen und Pisten sowie die Höehndifferenzen sind beeindruckend. Solche Sonnentage mit Pulverschnee sind sicherlich auch nicht immer gegeben. Aber wenn diese Verhältnisse herrschen, dann ist dies hier ganz grosses Ski-Kino.