Ist zwar schon etwas her, aber nachdem ich vor kurzem einen Teil der Dias hab scannen lassen, doch noch ein Bericht.
Die Igelsscharte:
Bei Skitouren in der Mieminger Kette denken alle zuerst an die bekannte Grünsteinumrundung von Biberwier nach Ehrwald. Die kleine Igelsscharte steht ziemlich im Schatten dieser landschaftlich großartigen Tour. Doch auch die Igelsscharte hat ihre Qualitäten: Nur 630 Aufstiegshöhenmeter sind zu bewältigen und doch verspricht die Abfahrt von der 2083 Meter hohen Scharte bei entsprechenden Bedingungen Firnvergnügen vom Feinsten. Und die Landschaft ist fast genauso grandios wie bei Grünsteinumrundung, nur meist deutlich einsamer.
Die Tour beginnt an der Talstation der Ehrwalder Almbahn. Hartgesottene Skitourenfreaks fellen natürlich schon hier an, etwas gemütlichere Naturen schweben aber mit der Bahn hinauf zur Ehrwalder Alm. Von hier führt ein kurzer Aufstieg entlang einer Langlaufloipe zu einem kleinen Sattel, der ins grandiose Gaistal leitet. Eine kurze Abfahrt hinunter zum kleinen Igelsee, wo der eigentliche Anstieg beginnt, schließt sich an. Nur kurzzeitig geht es von hier noch flach durch den Wald, dann leitet die Spur mit zahlreichen Spitzkehren auf einer Rampe am Rand des Igelskars hinauf. Am oberen Ende des Steilaufschwungs endet der schüttere Wald und das Gelände wird deutlich flacher. Erst der Schlussanstieg zur schmalen Igelsscharte zwischen Igelskopf und Breitenkopf ist dann wieder deutlich steiler, aber schnell überwunden.
Mit Ausnahme des Schlusshangs handelt es sich um Nordhänge, die erst relativ spät auffirnen, der Schlusshang ist ostexponiert und sollte daher nicht zu spät in Angriff genommen werden.
Hier die Tour auf der Karte (blau die kurze Zwischenabfahrt zum Igelsee):
Unsere Tour:
Ein herrlich sonniger Tag bricht an, die Luft riecht so richtig nach Frühling. Die Nacht war kalt, der Lawinenlagebericht meldet Warnstufe 1, im Tagesverlauf ansteigend auf 2, Schnee liegt oberhalb 1500 Metern noch reichlich. Ideale Bedingungen also für eine Firntour zur Igelsscharte.
Wirklich fit fühle ich mich aber nicht, als ich mich am Morgen aus dem Bett schäle. Mein Magen rebelliert schon die halbe Nacht, auch das Frühstück schmeckt nicht so recht an diesem Morgen. Kurzzeitig überlege ich sogar, nur eine ganz kurze Tour im bereits geschlossenen Skigebiet am Spitzingsee zu gehen. Das schöne Wetter überzeugt mich dann aber doch, zumindest einen Versuch zu starten. Umdrehen kann man ja immer noch. Schnell sind Snowboard und Skis ins Auto geladen und kurz nach 9 Uhr stehen wir am Parkplatz der Ehrwalder Almbahn, die uns hinauf in ein kleines Familienskigebiet bringt. In den geräumigen Gondeln bleibt genügend Zeit zum umziehen, unter uns glänzen die noch gefrorenen Pisten an der 6 KSB ?Ganghoferblitz? in der Morgensonne.
Die Talstation der Almbahn
Auffahrt mit der Almbahn, Blick zurück Richtung Ehrwald
Der Sonne entgegen...
An der Bergstation schnallen meine Eltern ihre Felle und ich meine teilbaren Kurzski für den Aufstieg an, das Snowboard wird am Rucksack verstaut. Der erste kurze Anstieg lässt mich zweifeln, ob die Entscheidung die Tour in Angriff zu nehmen, die Richtige war. Ich fühle mich etwas kraftlos, echte Freude mag nicht aufkommen. Für die kurze Abfahrt zum Igelssee steige ich gar nicht erst aufs Snowboard um, sondern eiere mit den Kurzski samt Fellen ungelenk über die Loipe hinunter.
Beginn der Tour auf der Höhenloipe
Der periodische Igelsee
Los geht´s. Hier beginnt der eigentliche Anstieg.
Für den anstehenden Aufstieg montiere ich nun erstmals noch die Harscheisen, bisher bin ich nur bei Pulverschnee Snowboardtouren gegangen. Die Abfahrt im Tiefschnee ist auch der eigentliche Grund für mich, mit dem Snowboard auf Tour zu gehen; in Skigebieten bin ich eigentlich häufiger auf Ski unterwegs. Extra für Firnverhältnisse aber noch Tourenski zu kaufen wäre dann doch etwas übertrieben?
Schnell noch eine Banane reingestopft, das hilft bei mir fast immer, dann geht es weiter. Mit zahllosen Spitzkehren windet sich die sehr schlüssig angelegte Spur auf einer recht schmalen Rampe am Rand des Igelskars hinauf. Links von uns befindet sich ein schmaler Graben, die Hänge auf der rechten Seite sind von Lawinen aus der Nordflanke des Igelskopfs bedroht. Zügig gewinnen wir an Höhe, die Harscheisen leisten gute Dienste am hart gefrorenen Steilhang. Mit jedem Schritt läuft es besser, bald schon haben wir die letzten Bäume hinter uns gelassen.
Das steilste Stück ist schon geschafft.
Vor uns öffnet sich nun das weite Igelskar. Weite Schneeflächen glitzern in der Frühlingssonne, begrenzt von steil aufragenden Felsmauern. Mit etwas Abstand zum Igelskopf, der an den Vortagen wohl einige Schneerutsche ins Kar geschickt hat spuren wir weiter hinauf, bis das Kar endgültig flach wird. Wenn wir noch hinauf zur Igelsscharte wollen, müssen wir uns beeilen, sonst wird der Osthang zu weich. Kleinere Lawinenabgänge mahnen auch hier zur Vorsicht. Noch aber ist die Lawinengefahr gering, außerdem bin ich wieder hoch motiviert und voller Tatendrang. Also nichts wie los.
Im Igelskar
Am rechten Bildrand geht es in die Scharte hinein.
Wenig später stehen wir auch schon in der Scharte und genießen die herrliche Kulisse. Der Blick ins Brendlkar auf der anderen Seite, durch das die Grünsteinumrundung führt, ist verlockend. Wir entscheiden uns dennoch für die Abfahrt entlang der Aufstiegsroute, denn auch diese verspricht einige prächtige Hänge.
Am Ziel
Blick auf die Abfahrtshänge der Grünsteinumrundung im Brendlkar
Der oberste Hang zwischen den Lawinenkegeln ist schon recht weich und etwas holprig, als Snowboarder bin ich hier gegenüber den Skifahrern deutlich im Vorteil. Die flacheren Hänge unterhalb sind ein perfekter Firngenuß, der leider dort endet, wo die Neigung wieder zunimmt. Die steilen Nordhänge hinunter ins Gaistal sind noch immer nicht weich geworden, Grund genug für eine Brotzeitpause in der Sonne. Auch danach bleibt der Schnee zwar hart, mit ordentlichem Kanteneinsatz aber geht es besser als erwartet.
Abfahrt aus der Scharte
Genußski im Kar
Noch etwas hart: die steileren Hänge zum Igelsee.
Nochmals sind zwei Umbaupausen vor und nach dem Gegenanstieg Richtung Ehrwalder Alm nötig, dann können wir auf der Loipe gemütlich ins Skigebiet hinunter rutschen. Auch wenn der Kontrast zwischen dem einsamen, monumentalen Igelskar und dem lauten, vollen Skigebiet kaum größer sein könnte, eine große Apfelschorle auf der Sonnenterasse muss schon noch sein. Berieselt von der üblichen volkstümlichen Musik schauen wir zurück auf das schroffe Felsmassiv der Mieminger Kette mit seinen nordseitigen Karen. Schön, dass es auf kleinem Raum solche Kontraste geben kann. Als Abschluss der Tour macht mir sogar die flache, unspektakuläre Talabfahrt zurück nach Ehrwald noch richtig Spaß. Reichlich sulzig zwar, aber was zählt das schon an so einem Tag?