Sportgastein (AT) / 20.4.2008
Ich hab ja lange überlegt, ob ich den gestrigen Tag auch in Form eines Berichtes Revue passieren lassen soll. Zum Einen deshalb, weil Sportgastein auch hier mittlerweile sehr gut dokumentiert ist. Zum Anderen aber auch deshalb, weil die Fotos vom heutigen Tag nicht mit den genialen Bildern vom Februar mithalten können.
Ich hab mich aber dann doch dafür entschlossen, was zu schreiben, weil es halt doch für diese Jahreszeit durchaus ungewöhnlich ist, dass man an einem 20. April noch bis auf 1250 m im Gelände runterfahren kann, und dabei im oberen Abschnitt auch noch Powder hat.
Irgendwie hatte ich mit Sportgastein für heuer noch nicht abgeschlossen. Der Firn-Tag mit Gerrit und Sabine im Februar war zwar schon frühlingshaft, aber ich war mir sicher, dass ich da heuer nochmals hinkommen würde.
Der Sonntag schien dafür ein idealer Tag zu werden - nach klarer Nacht sollte sich ein Harschdeckel gebildet haben. Die Frage ist nur: Trägt der Harsch auch? Und was ist mit dem Föhn - schließlich liegt der Kreuzkogel quasi direkt am Alpenhauptkamm und gehört somit sicherlich zu den 5 föhnexponiertesten Skigebieten im gesamten Alpenraum. Sportgastein würde also sicherlich eine Hopp-oder-Tropp-Sache werden, am Kitzsteinhorn könnte man halt auch auf der Piste bleiben (was in Sportgastein für einen ganzen Tag doch zu fad wird). Aber wir entschließen uns zu pokern, da am Kitzsteinhorn wohl ohnehin schon alles zerfahren ist.
So stehen wir also um punkt 9 Uhr am Drehkreuz der Goldbergbahnen, und fahren gespannt und erwartungsvoll rauf.
Oberhalb der Mittelstation kristallisiert sich dann immer mehr heraus, dass es mit dem Firn heute so gar nichts werden wird. Es hat nämlich auf den tragfähigen Harschdeckel draufgeschneit. Zwar nur 5 Zentimeter, aber gerade das macht´s ja so genial. Die ersten 600 Höhenmeter ins Weißenbachtal runter gehören zu den Tollsten des ganzen Winters. Unbeschwertes Highspeed-Carven auf Harsch mit leichter, windgepresster Pulverauflage mitten im Nationalpark-Gebiet, Skifahrerherz, was willst du mehr? Und vor allem - der Windsperre der letzten Tage und Wochen sei Dank - UNTRACKED!!!
Flachere Passagen wechseln mit Steileren, mal kurzschwingen, mal lange Schwünge - das Gelände lässt hier alles zu.
Um uns den Talboden zu sparen, queren wir dann ungefähr auf einer Höhe von 1900-2000 m deutlich über dem Talboden zurück in Richtung Talstation der Goldbergbahn. Was nun folgt, stellt sich als reinster Horror dar. Ein Bruchharschdeckel von der ganz übelsten Sorte, der Wechsel von Traumverhältnissen in den absoluten Albtraum folgt auf einem Schlag und hängt wohl mit einer geringfügigen Änderung der Hangexposition zusammen. Die Steilheit der Hänge in diesem Bereich und damit verbundene Nassschneeabgänge der letzten Tage machen dieses Traversieren zu einer echten Herausforderung. Der Horror kostet uns beinahe eine halbe Stunde, die erste Euphorie ist verflogen, Ernüchterung und Ratlosigkeit macht sich breit. Was nun?
Die Gruppe derer, die vom Gelände für heute noch nicht genug haben, hat sich schnell von 6 auf 3 Freaks halbiert. Ich schlage vor, das Weißenbachtal nochmals zu versuchen, diesmal aber mit erheblich weiterem Rausqueren. Dies bringt eine geringfügige Änderung der Hangexposition mit sich - von Südwest auf Süd bis leicht Südost. Dort habe ich bis jetzt jedes Mal noch die besten Verhältnisse vorgefunden, warum nicht auch heute?
In der Tat sollte ich Recht behalten. Diese Abfahrt ist genial - bis in den Talboden runter genialster, windgepresster Pulverschnee auf tragendem Harsch. 800 Höhenmeter Powder am 20. April!!! Wie neidisch wohl die Blicke der Passagiere dieses Flugzeuges sein mögen, die uns bei unserem Treiben wohl beobachten?
Zufrieden machen wir uns auf den Rückweg übers Nassfeld runter zur Goldbergbahn. Während die ersten paar hundert Meter noch perfekt vorangehen, wird es schon bald sehr mühsam. Bremsschnee von der übelsten Sorte bereits um 10:30 Uhr. Trotz "intelligenter" Spurwahl unter Investition in kleine Zwischenanstiege benötigen wir heute weit mehr als eine halbe Stunde, und das bei strahlendem Sonnenschein, was in dieser Jahreszeit mittlerweile sengende Hitze bedeutet.
Auch hier folgt auf eine geniale Abfahrt wieder die Ernüchterung. Meine letzten beiden Mitstreiter kapitulieren, und auch ich sehe ein, dass sich der Aufwand von Minute zu Minute vergrößert. Es macht keinen Sinn mehr, nochmals dort hinten runterzufahren, und dann evtl. 4 Kilometer rauszugehen, weil ganz einfach nichts mehr geht. Zudem wird die Schneedecke immer instabiler, was einerseits die Gefahr von Nassschneeabgängen auf den Rückweg drastisch erhöht, andererseits aber auch die Schneedecke im Tal selbst dermaßen stabilisiert, dass ein Durchbrechen in die mittlerweile doch abschnittsweise deutlich erkennbaren, unterirdischen Wasserläufe möglich erscheint. Letztendlich siegt also die Vernunft.
Wir blicken rauf in Richtung Mölltaler Gletscher, wo inzwischen einige Cracks vom Schareck abgefahren sind.
Wieder sitzen wir also nach genialer Abfahrt völlig ausgepowert und mäßig motiviert in der Goldbergbahn. Während der langen Auffahrt kommen wir mit einem älteren Ehepaar ins Gespräch. Auch sie sind - wie sich herausstellt - nicht auf den Pisten unterwegs, sondern sind auch schon das Weißenbachtal gefahren. Sie sind aber gerade aus der Nord zurückgekommen und von den Verhältnissen dort begeistert. Momentan können wir das nicht wirklich glauben - angesichts der schon bescheidenen Schneelage an der Mautstelle hielten wir die Nord für nicht mehr befahrbar. Umso mehr überraschen uns diese Schilderungen dieser beiden Skifahrer.
Schnell sind die anderen, mittlerweile auf die Pisten ausgewichenen, Genossen zusammengetrommelt und wir können sie überreden, die Nord zu versuchen.
Die ersten Hänge unterhalb des Honigleitenkogels sind neuerlich genial - dank Südföhn hier deutlich mehr Neuschnee, wenn auch windgepresst, aber wen stört das schon?
Zufrieden blicken wir zurück Richtung Bergstation und denken immer wieder ans Datum des heutigen Tages.
Es ist mittlerweile 12 Uhr, und die Nord ist beinahe unverspurt. Unglaublich, so gut hab ich die Nord noch nie erlebt!
Das Panorama ist in Sportgastein für Salzburger Verhältnisse einfach unübertroffen.
Bis zur Einfahrt in die Bobbahn bieten sich uns traumhafte Verhältnisse, die auch hier High-Speed-Powder-Carving zulassen.
Blick rüber Richtung Silberpfennig, wo sich die fortgeschrittene Jahreszeit doch schon ausgewirkt hat:
Rein geht´s in die Bobbahn - zumeist bucklig ausgefahren, vereist - aber auch hierfür gilt heute: GENIAL! Rasant fahren wir alle hintereinander runter, ich komme mir fast vor wie im Skier-Cross!
Kein einziger aperer Fleck, kein Stein bis zum Schluss - 1400 hm Freerideerlebnis vom Feinsten!
Zufrieden warten wir an der Mautstelle auf den Bus.
3 geniale Variantenabfahrten (wenn auch ein klein wenig getrübt durch Bruchharsch bei der 1., bzw. anstrengenden Rückweg bei der 2. Abfahrt) - wir sind zufrieden. Nach ausgiebiger Mittagsrast am Restaurant an der Mittelstation geht´s über die zumindest auf den oberen zwei Dritteln tollen Pisten nochmals ins normale Skigebiet.
Als krönenden Abschluss einer tollen Varianten-Saison fahren ich mit einem Kollegen noch einmal die Nord runter, an deren Ende wir uns gleich direkt mit dem Auto abholen lassen - jetzt hab ich dann auch psychisch mit Sportgastein für diese Saison abgeschlossen.
Die restliche Saison wird nun mit ziemlicher Saison am Kitzsteinhorn ausklingen - das war die ultra-mega-geile Saison! Vielen, vielen Dank an Frau Holle, den Wettergott und vor allem auch die ganzen Mitfahrer, mit denen ich gemeinsam diese teilweise wirklich unglaublich geilen Skitage genießen durfte!
AUF WIEDERSEHEN in SPORTGASTEIN
Darauf könnt´ ihr euch verlassen!