Am nächsten Morgen ist wieder frühes Aufstehen angesagt. Für den Weg von Alpe d'Huez nach Les Deux Alpes kann man getrost ein knappes Stündchen einplanen, auch wenn beide Orte quasi gegenüber liegen. Erst geht es über die bekannten Kehren, auf denen insbesondere um diese Jahreszeit mit vielen Radfahrern zu rechnen ist, gut 1000 Höhenmeter hinunter nach Bourg d'Oisans auf 800 m, dann zunächst über die weite Ebene des Romanchetals in eine wilde Schlucht hinauf zum Stausee Lac du Chambon und schließlich weiter nach Les Deux Alpes, wiederum auf 1650 m gelegen.
Im Gegensatz zu Alpe d'Huez gestaltet sich die Parkplatzsuche in Les Deux Alpes immer ein bisschen schwierig, weil es keinen zentralen Parkplatz gibt. So muss man sich als Tagesgast darauf verlassen, irgendwo im Ort eine freie Lücke zu ergattern, natürlich möglichst in Seilbahnnähe und ohne dabei irgend ein Verbotsschild zu übersehen. In der Hochsaison - und so etwas gibt es im Sommer in Les Deux Alpes tatsächlich - muss man dafür unter Umständen ein wenig suchen.
Generell hat man den Eindruck, dass Sommerski in Les Deux Alpes richtig gut funktioniert. Der riesige Snowpark zieht im Sommer ein vorwiegend jugendliches Publikum an, dem darüber hinaus allerhand weitere Funsport-Möglichkeiten geboten werden. Da an diesem Wochenende zudem die französischen Sommerferien beginnen ist der Ort allgemein gut besucht. Hinzu kommen natürlich auch diverse, ebenfalls meist jugendliche Trainingsmannschaften, vor allem aus dem nahen Italien aber auch aus anderen europäischen Ländern und sogar aus den USA. Mit letzteren teile ich später die Gondel bei der Talfahrt, und deren Nachwuchs ist lange nicht so laut und frech wie der der Spanier, mit dem wir im vergangenen Jahr das Vergnügen hatten.
Vor der Abfahrt noch einmal der Blick mit dem Tele hinauf zum Pic Blanc
Blick auf Alpe d'Huez vom Gegenhang
Auf diesen Firnfeldern waren wir tags zuvor unterwegs
Der gesamte südliche Teil der Grandes Rousses mit deren höchstem Gipfel, Pic de l'Etendard, ganz rechts
Am DMC müssen wir dementsprechend am Morgen kurz anstehen, dafür ist an der Mittelstation überraschender Weise heute Durchfahrbetrieb. Am Gletscher ist Vollbetrieb und der Schnee reicht noch gut bis zur Mittelstation Jandri auf 2580 m. Das sind vom Gipfel des Dôme de la Lauze auf ca. 3525 m immerhin fast 1000 Höhenmeter Abfahrt. Allerdings ist der direkte Abfahrtsweg leider durch die vielen Stangenfahrer versperrt, so dass sich diese Höhendifferenz kaum am Stück befahren lässt. Wir halten uns dementsprechend zunächst vornehmlich an den beiden Sesselliften Signal und Roche Mantel auf. Hier sind die Bedingungen gut und man kann auch als Normaltourist die volle Breite der Piste nutzen. Später testen wir die breite, aber schon etwas weiche Abfahrt zur Mittelstation. Wenn man wollte, könnte man hier problemlos die obere Sektion der 8-KSB Jandri als zusätzliche Beschäftigungsanlage laufen lassen. Aber der Bedarf ist zugegebener Maßen eher gering, da sich unverständlicher Weise nicht viele Skifahrer hier herunter verirren. Die meisten scheuen offenbar den Fußmarsch vom Ende der Abfahrt hinauf zur Mittelstation.
Später stellen wir uns auch einmal in die Schlange an den Schleppliften und fahren hinauf zum höchsten Punkt am Dôme de la Lauze, um einen Blick in Richtung La Grave zu werfen. Hier oben finden wir auch den wohl besten Firn auf dieser Tour, der leider ein einmaliges Erlebnis bleibt, weil die Wartezeiten am obersten Lift einfach zu lang sind. Als bessere Alternative erscheint später starlis Idee, die äußerste Abfahrt am Funpark zu befahren. Man muss nur die Wege der wartenden Snowboarder kreuzen und findet bergwärts gesehen ganz rechts neben den Schanzen einen schmalen, quasi unbefahrenen Pistenstreifen mit tollem Firnschnee. Hier dürfte außer uns niemand gefahren sein an diesem Tag. Nach zwei oder drei Fahrten queren wir schließlich auch abseits in den ehemaligen Abfahrtshang von Jandri 4.
Highlight bleibt aber der steile Trainingshang in Richtung Signal, den wir nach Abzug der Slalomfahrer gegen Mittag doch noch unter die Bretter nehmen können. Leider reicht es auch hier nur für eine Befahrung, weil die Lifte um 12:30 Uhr schließen.
Für die Talabfahrt teilen wir uns diesmal auf. Starli will bis zum Schluss am Funparklift fahren, weil dieser am längsten läuft. Trinc zieht die Talfahrt mit der Gondel vor, ich selbst will mir jedoch die Abfahrt bis zur Mittelstation nicht entgehen lassen, wohl wissend, dass dort eventuell mit Wartezeiten gerechnet werden muss. Diese erweisen sich allerdings als wesentlich weniger schlimm als erwartet, so dass ich mich gemütlich umziehen und vor der Talstation im Halbschlaf eine halbe Stunde lang den klapprigen Sound des DMCs genießen kann, bevor erst starli und etwas später auch trinc, der bei der Bergstation länger warten musste, im Tal ankommen.
Die weiten Gletscherfelder von Les Deux Alpes
Starli und trinc auf der Mittelstationsabfahrt
Noch mehr als genug Schnee. Für die zweite Sektion der 8-KSB (im Vordergrund) würde es locker reichen.
Mittelstationskomplex des DMC. Ohne ein paar Meter Fußmarsch geht es nicht, aber dafür ist die Abfahrt im Gegensatz zu den Gletscherhängen kaum befahren.
Im Schlepplift, der vorwiegend von den Rennfahrern benutzt wird
Bick nach La Grave. Im Gegensatz zum Winter heute kein Weg präpariert.
3-SB Roche Mantel
Schlange am Hauptlift. Da nehmen wir doch lieber...
...die parallel verlaufende U-Bahn. Dort steht nämlich niemand an und schneller ist sie auch.
Blick zum Dôme de la Lauze, höchster Punkt ganz oben am Plateau.
Tolles Panorama in den Ecrins-Nationalpark. Im Hintergrund die namensgebende Barre des Ecrins, südlichster Viertausender der Alpen.
Am äußersten Funpark-Schlepper vorbei geht es in Richtung Jandri 4, immer darauf gefasst dass der Typ am Lift uns zurück pfeift, weil wir verbotswidrig unter der Absperrung durch queren. Juckt ihn aber nicht - wieder mal ein Pluspunkt für die Franzosen.
Talabfahrt um die Mittagszeit. Keiner da.
Blick zurück (1). Warum fährt hier niemand?
Blick zurück (2). Wahrscheinlich haben sich die Boarder alle auf den Rails die Beläge zerstört. Dann bremst's natürlich im weichen Sommerfirn.
Nach dem Mittagessen trennen sich schließlich unsere Wege. Starli will am folgenden Tag noch einmal nach Alpe d'Huez, trinc und ich haben uns dagegen auf Tignes festgelegt. Als alter Tour-Fan freue ich mich, zum ersten Mal bei Tageslicht über den Galibier fahren zu dürfen, wenn auch nur mit dem Auto. Doch diese Fahrt findet leider im Gewitterregen statt, so dass wir auf einen längeren Stopp auf der Passhöhe verzichten. Überhaupt bleibt die Fahrt eher unspektakulär, das langgezogene Hochtal auf der Nordrampe entfaltet seinen Reiz wohl nur, wenn man von dieser Seite her kommt, am besten wahrscheinlich mit dem Fahrrad. Selbiges gilt für das Ecrins-Panorama auf der Südseite. Nächstes Mal dann.
Während wir schließlich vom Col du Télégraphe vollends ins Tal der Maurienne hinunter fahren, wirft trinc berechtigter Weise ein, dass man am Gegenhang ja eigentlich das Vallon de Polset sehen müsste, der Ort an dem Schnebelen einst Val Chavière plante. Ich habe die Gegend auf der Karte schon oft studiert und weiß daher, dass dort eine ziemlich gut ausgebaute Straße als einer der Hauptzugänge zum Nationalpark hinauf führt. So kommt eines zum anderen und wir beschließen trotz der fortgeschrittenen Uhrzeit (es ist bereits 17 Uhr und wir haben noch mehr als zwei Stunden Fahrt vor uns), noch einen kleinen Abstecher an diesen für uns so geschichtsträchtigen Ort zu unternehmen. In der Folge machen sich die zahllosen theoretischen Studien bezahlt, denn wir finden den Weg auf Anhieb, auch ohne eine genaue Karte vorliegen zu haben. So erreichen wir nach einer eher unspektakulären Fahrt bald den Parkplatz im Vallon de Polset auf 1770 m.
Das Vallon ist ein Naturparadies, wie es schöner kaum sein könnte. Uralte Almhütten auf grünen Matten - eine Facette der französischen Alpen, die man als Skifahrer sonst eher weniger zu sehen bekommt. Nicht umsonst beginnt hier der Nationalpark. Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass es eigentlich doch ganz gut ist, dass die Planungen seinerzeit begraben wurden. Doch wir haben keine Zeit, die Landschaft zu genießen. Die dunklen Wolken hängen immer noch tief, in der Ferne grollt der Donner, wir müssen aber noch eine ordentliche Strecke und auch ein paar Höhenmeter zu Fuß zurück legen, wenn wir bis zum geplanten Ort für Schnebelens Skistation vordringen wollen. Und der Weg zieht sich, obwohl wir ein enormes Tempo anschlagen, in die Länge.
Aber dann ist es soweit. Irgendwann lichtet sich der Wald, der Blick wird frei auf einen Talkessel, begrenzt von steilen Felshängen, die vom Chavière-Gletscher her abfallen. Wieder einmal zeigt sich, wie sehr der Eindruck von Karte und Google Earth doch täuschen kann. Das Tal ist viel kleiner und enger, als ich es mir vorgestellt habe. Ein idealer Platz für eine Skistation ist weit und breit nicht ersichtlich, zudem scheinen die steilen Hänge vom Chavière her sehr steil und lawinengefährdet. Doch wir haben von unsere Position auch keinen allzu guten Überblick. Man müsste weiter ins Tal vordringen, besser noch bis zum Col de Chavière und von dort auf die Felsstufe zum Gletscher hinauf, die wir hier nur von unten begutachten können. Doch dafür ist es heute definitiv zu spät und außerdem hängt uns immer noch ein Gewitter im Nacken. So schießen wir nur schnell einige Fotos und machen uns dann schleunigst auf den Rückweg.
Die weitere Fahrt führt uns durch die Maurienne nach Bonneval sur Arc und von dort über den Col de l'Iseran, dessen Passhöhe wir gegen 21 Uhr erreichen. Inzwischen hat sich das Gewitter verzogen, die Wolkendecke hat sich gelockert und das Streiflicht der untergehenden Sonne beleuchtet die Gipfel ringsum. Eine einzigartige Stimmung macht sich breit am um diese Zeit menschenleeren Pass.
Am Lac du Chambon wird die Staumauer saniert, daher wurde das Wasser weitgehend abgelassen.
Galibier diesmal bei Tag, dafür im Sauwetter.
Denkmal für Pantani an der Nordseite des Galibier. Wenn Gras drüber gewachsen ist, sieht es vielleicht auch irgendwann mal schön aus.
Trotzdem interessant gemacht. Rad und Bergsilhouette aus Blech, davor eine Glasscheibe, auf die der Radfahrer aufgemalt ist.
Am Parkplatz Vallon de Polset
Der erste Blick auf "Val Chavière" im hinteren Vallon du Polset.
Irgendwo an den Hängen auf der rechten Talseite war Schnebelens Skistation geplant. Eine Seilbahnverbindung auf das Joch in der Bildmitte sollte den Anschluss zum oberhalb liegenden Sommerskigebiet am Glacier de Chavière und an Val Thorens herstellen. Aber auch nach rechts hinten in den Talschluss waren noch Lifte geplant.
Der Autor. Ziemlich verschwitzt von 400 Höhenmetern in gut 30 Minuten.
Abendstimmung über Val d'Isère
Auch Captain Retro hält die Szenerie im Bild fest. Allerdings analog.
Fortsetzung folgt...