Das da oben war ja nur die Kopie des Berichtes fürs Skipass-Forum. Schnepfenried har es aber verdient, einen ordentlichen bericht zu bekommen. Deshalb hole ich das jetzt nach.
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Ich hatte keine exakten Daten über das Skigebiet in Schnepfenried greifbar im Kopf, als ich nach der Rückkehr von einem Skitag an der Hotel-Reception dem ?patron? begegnete. Ich glaubte, mich aus einem Sommerausflug zu Kindeszeiten und dem nicht-zielgerichteten Kartenlesen an ein paar relativ parallel liegende Schlepplifte zu erinnern. Auf jeden Fall war ich mir relativ sicher, dass einen da oben weder allzu lange Abfahrten, noch allzu grosse Höhendifferenzen noch herausragende landschaftliche Abwechslung erwarteten. Deshalb war ich mir zunächst unsicher, wie ich die deutliche Empfehlung des Hotel-Eigners für Schnepfenried werten sollte. War es überzogener Lokal-Patriotismus eines Elsässers, der immer sichtbar die Mundwinkel verzog, wenn ich ihm freudig von Skiausflügen in die benachbarte Region Lorraine berichtet hatte? Es ist nun mal Tatsache, dass sich die beiden mit Abstand grössten Skireviere der Vogesen hinter dem wuchtigen Gebirgskamm verstecken, der einst die Sprachgrenze darstellte. Tatsache ist allerdings auch, dass die Anreise zu diesen Gebieten von Stosswihr aus nicht bedeutend länger ist als in die meisten Gebiete des Elsass und dass die ehemalige Sprachgrenze für diesen Herren nicht wahrnehmbar sein dürfte ? er ist des Deutschen kaum mächtig. Gleichwohl spürt man deutlich, dass der erwähnte Gebirgskamm mit den im Winter gesperrten Strassen kulturell eher einem tiefen Graben gleicht. Irgendwann werde ich mich an geeigneter Stelle zur Entwicklung diverser Erschliessungsprojekte in den Vogesen äussern, da wird diese Disharmonie sehr deutlich. Auf jeden Fall war der Herr sichtbar erleichtert, als ich ihm versprach, am folgenden Tag ?Le Schnepf? zu besuchen. Und er bestätigte mir noch einmal: ?Auf wir im Elsass haben gute Skigebiete?. Ich dachte mir ?on verra? und machte mir keine grossen Gedanken mehr ? der nächste Tag würde es zeigen.
Der kommende Morgen war von herrlichem kaltem Winterwetter mit klarer Luft geprägt. Da bricht man gern zum Skifahren auf. Bereits aus der Ferne ? vom Talboden des Seitentals des Vallée de Munster ? ist der Schnepfenriedkopf zu sehen, wie ein lustiger Hut thront er ? bereits in der Sonne liegend ? oben am Horizont und zeigt seine Skipisten (Bild 2). Er steht nicht direkt auf dem Vogesenhauptkamm, sondern eine Reihe weiter östlich. Ich hegte weiterhin weder Vorbehalte noch grosse Erwartungen. Nachdem der Talboden verlassen ist, wendet sich die Strasse in scharfen Kurven schier endlos bergauf. Die Schneemengen werden grösser und die extreme Temperatur steigt dank leichter Inversion von -12° auf -8° an. Plötzlich kommt links die Abzweigung einer Strasse mit Wintersperre ? wie viele andere Strassen in den Hochvogesen. Im Sommer ist das nicht die Abzweigung, sondern die Hauptstrasse zum Markstein. Im Winter wäre es sehr praktisch, hier zu diesem weiteren bedeutenden Vogesen-Skigebiet zu kommen ? ist aber halt nicht. Nach wenigen hundert Metern beginnt die Strasse, sich zum lang gezogenen Parkplatz des Skigebietes Schnepfenried auszuweiten. Links auf der Bergseite sieht man zwei Schlepplifte. Das ganze macht einen sehr gemütlichen Eindruck, ein krasser Kontrast zu den betriebsamen und regelmässig völlig überfüllten ?Gross-Skistationen? in der Region Lorraine. Komfortfanatiker hätten sich sofort beschwert, dass keine Sesselbahn von unterhalb des Parkplatzes beginnt, die Strasse überspannt und per Skibrücke erreichbar ist. Ich bin jedoch kein Komfortfanatiker und ich empfinde es als eine sinnvolle Aufwärmübung, die Böschung hoch zu kraxeln. Zunächst kaufe ich aber meine Liftkarte und lasse mir einen Pistenplan geben (Bild 1). Der bestätigt meine Vermutung: Höhendifferenz nur 240 Meter, Lifte kürzer als 1 km und mehr oder weniger parallel am gleichen Berg ? gleichwohl nicht stringent parallel im mathematischen Sinne ? streben doch 3 der 5 Hauptlifte zielstrebig dem Gipfel des Schnepfenriedkopfes entgegen, was zwangsläufig bedingt, dass die Lifte in einem gewissen Winkel zueinander stehen. Dies dämpft die Erwartungen ein klein wenig.
Das Lift- und Kassenpersonal besteht aus gut gelaunten Männern ?du troisième âge?, die sich sichtlich über jeden Besucher freuen. Klar kann so ein Gebiet keine Ganzjahres-Vollzeitkräfte beschäftigen. Ich steige in den Panoramic-Lift zur ersten Fahrt nach oben und werde immer mehr beeindruckt. Was sich da als Pistenfläche bietet ist allererste Sahne. Das was man an Pisten sehen kann ? und das wird nach oben hin immer mehr ? ist ein perfekter Carving-Teppich, der seinesgleichen sucht. Dazu ist es perfekt präpariert, nicht der kleinste Absatz findet sich zwischen den Spuren der Walzen. Im Bericht oben findet sich leider kein Bild, das dies so richtig schön zeigt, nur Bild 5 zeigt es ansatzweise. Ich krame aber nochmals mein Archiv durch und versuche Bilder nachzureichen. Wundert sich jemand? Wer mich kennt, der weiss, dass glatt gebügelte Pistenautobahnen nicht gerade zu meinen bevorzugten Untergründen zählen. Diese Aversion bezieht sich aber vor allem auf künstlich hergerichtete Pistentrassen. Ich vertrete einfach die Auffassung, dass man die Berge so hinunterfahren soll wie sie sind und nicht den Menschen zum Gestalter der Natur machen soll. Und vor allem bieten die Pisten mit den natürlichen Unwägbarkeiten naturgegebener Geländegestaltung erst die Abwechslung, die das Skifahren erst zu dem macht, was es ist.
Aber hier hat die Natur diese perfekten Skihänge geschaffen ? und dies beeindruckt! Ausserdem bin ich einige Carving-Stündchen keinesfalls abgeneigt ? im Gegenteil. Da war es umso passender, dass ich an diesem Tag meine nur 97 cm langen Elan Razor an den Füssen hatte ? mit 4 Meter Kurvenradius. Absolut krass!
Noch eine Besonderheit beim Lift fahren: Man lernt etwas! An jedem Mast ist ein Schild befestigt, welches über die Verwesungszeit von jeweils 1-2 ?typischen? Gegenständen informiert, die man möglicherweise geneigt ist in die Landschaft zu werfen. Das geht von Zigarettenkippen über Bananenschalen bis zu Plastiktüten und Batterien. Auch mal ned schlecht!
Je weiter man nach oben kommt, umso beeidruckender wird auch die für meinen Geschmack sehr attraktive Vogesenlandschaft. Unschlagbar ist hier auf jeden Fall der Blick nach Westen auf den Vogesen-Hauptkamm mit dem Hohneck und den Spitzköpfen (Bild 4). Zwischen den Gipfeln (mein Standpunkt und gegenüber) sowie dem dazwischenliegenden Tal liegen 800 Höhenmeter was gemessen an dem insgesamt eher niedrigen Gebirge nicht schlecht ist. Ausserdem hat es einige Felsregionen als ?Garnierung?. Auch die Ausblicke über die im Vergleich eher flachen Vogesen im Norden (Bild 9) und hinüber zum eigentlich gar nicht so spektakulären höchsten Vogesenberg (Grad Ballon) sind hübsch.
Jetzt aber erst mal auf die Pisten und an den Liften Panoramic, Golf, Bellevue und Deybach carvingmässig die Wutz raus lassen. Je weiter man nach Westen kommt (Bellevue, Deybach) umso breiter und leerer werden die Pisten. Der tag ist schon absolut ?gerettet? und ich ziehe vor dem Gebiet meinen Hut! Aber das Beste sollte noch kommen ? von wegen nur glattgebügelte Traumhänge! Das Beste ist der Bereich ?Bronner?.
Von der Gipfelstation führt ein fast ebener Ziehweg nach links (Bilder 3 und 7). Von da führen 2 breite Schneissen, die man eigentlich schon als freie Hänge bezeichnen kann unpräpariert nach unten (auf Bild 8 gut aus der Perspektive von unten zu erkennen). Diese Hänge verlaufen in einer typischen Geländeform, die man im Französischen als Combe bezeichnet. Gibt?s eigentlich einen entsprechenden treffenden Ausdruck im Deutschen? Und diese Hänge sind für ein Mittelgebirge wirklich der Hammer! Knackig steil sind sie, der Schnee ist an diesem Tag griffig bis stumpf, es sind leichte Buckel ausgefahren aber absolut griffig. Ein Traum! Man vergisst die Carvinghänge auf der anderen Seite und kann sich hier austoben. Die Hänge sind zwar nicht so sehr lang, aber wenn man drinnen ist, fühlt man sich wie auf einem guten und anspruchsvollen Freeride-Hang in den Alpen. Sowas ist mir bis jetzt im Mittelgebirge noch nicht untergekommen und das hätte ich auch nicht erwartet. Meine Razor waren hier zwar nicht optimal, aber ich konnte es gut empfinden, ?was hier mit anderen Skiern gegangen wäre?. Im Bronner-Sektor gibt es noch weitere schwarze Varianten und eine rote Piste. Zurück geht?s dann auf einem eher flachen Ziehweg.
Fazit: Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt und es wurde eindruckvoll bewiesen, wie wenig aussagekräftig blosse Daten und sogar eine Panoramakerte sein können. Dieses Skigebiet hat einfach Stil und Reiz. Es dürfte zu den am meisten unterschätzten Skigebieten gehören. Aber auch im Skipass-Forum ist zu lesen, dass dieses Skigebiet bei den Insidern einen sehr hohen Stellenwert hat. Ins Hotel bin ich nicht mehr gekommen, da diese Aktion am Rückreisetag stattgefunden hat. Ich habe es allerdings nicht versäumt, dem ?patron? noch eine E-Mail zu senden, in der ich mich für den tollen Tipp bedankt habe.
Ab Mittag gings noch mal nach Gaschney zum Petit Hohneck (auf Bild 4 von Schnepfenried aus zu sehen) ? eine seit Jahren sterbende Skistation, die sich trotzdem und zum Glück immer noch am Leben hält. Hierzu werde ich demnächst noch mal einen Bericht verfassen, in dem ich auch auf die theoretischen Potenziale dieser Region und geplante (leider nie verwirklichte) Seilbahnprojekte eingehen werde. Und auch da wird wieder der eingangs erwähnte Lokalpatriotismus durchklingen.