Le Tanet, 14.12.2008
Im Zeichen der Wächte - alpine Momente am HauptkammWächten sind ein wesentliches Merkmal der Vogesen. Wächten kommen in normalen Wintern in den Vogesen an einigen dutzend Kämmen vor, nicht nur am Hauptkamm. Die Entstehung der Wächten wird dadurch begünsitgt, dass es in den Vogesen viele Kammlagen gibt, die luvseitig sehr flach ausgebildet sind und dann leeseitig sehr steil, teilweise fast senkrecht abbrechen. Im Schwarzwald kommt dieser Effekt nach meiner Kenntnis nur am Seebuck zum Tragen. Le Tanet ist ein kleines Skigebiet zwischen den deutlich bekannteren Skizentren La Bresse und Lac Blanc. Le Tanet liegt auf der elsässischen Seite des Hauptkamms und ist durch eine Stichstrasse zu erreichen. Das Gebiet ist geprägt durch eine der klassischen Wächten am Hauptkamm. Die Lifte führen bis auf den Hauptkamm hinauf, glücklicherweise gibt es hier eine Stelle auf der elsässischen Seite, wo der Hauptkamm nicht so jä abbricht wie sonst. Die Liftbauer haben dies ausgenutzt und einen eindrucksvolen Aussichtspunkt erschlossen, der darüber hianus auch noch den Zugang zum Freeride-Kessel unter der Wächte ermöglicht oder - für die Cracks - den Einstieg über die Wächte ermöglicht. Dies erfordert nur einen Quergang mit minimalem Aufstieg.
Le Tanet unterscheidet sich in der Pistentrassierung erheblich von anderen Vogesenskigebieten. Die Pisten sind sehr abwechslungsreich trassiert mit vielen Kurven und Gefällewechseln. Die farbliche Markierung der Pisten ist ziemlich mutig, die steileren Stücke der Pisten würden meines Erachtens die Markierung mit der jeweils nächsthöheren Farbe rechtfertigen. Damit ist das Gebiet bereits pistentechnisch recht anspruchsvoll; in Verbindung mit der extrrem attraktiven Freeridemulde unter der Wächte wird Le Tanet somit zum Anziehungspunkt für einheimische Skifahrer, die gut auf ihren Gleitgeräten stehen und die bekannteren Gebieten gerne der von weit angereisten Touris überlassen. Faustregel für die Zentralvogesen: Touris fahren nach La Bresse, Lac Blanc und Gérardmer; die Locals bevorzugen Le Tanet, Schnepfenried und Gaschney. Beeindruckend ist im Tanet-Gebiet die Landschaft. Der Blick vom Hauptkamm ist erwartungsgemäss herrlich, dazu sorgen die Wächte und die Felsformation des Rocher du Tanet für richtig alpine Gefühle.
Das komplette Skigebiet wird durch zwei Schlepplifte (Tremplin, Le Schupf) komplett erschlossen. Dazu gibt es den redundanten Lift Le Tanet, der nur zu Spitzenzeiten angestellt wird sowie den Übungslift La Ferme. Die beiden Hauptlifte spannen eine erstaunlich grosse Fläche auf, die sich über zwei Geländekammern erstreckt. Erwähnenswert ist auch die schwarze Direktpiste am Tremplin-Lift (wieso eigentlich Tremplin? Hier ist keine Sprungschanze zu sehen.). Diese Piste ist richtig ordentlich! Der Lift ist mit 60% Steigung angegeben; die Piste ist dank Schräg-Einfahrt noch ein ganzes Stück steiler. In Amerika wäre dieser ungewalzte Hang vermutlich ein Double- oder Triple-Diamand. Oben ist die Piste über einen schmalen Pfand durch die Bäume zu erreichen, was wohl verhindert, dass sich "Unbefugte" in den Hang verirren. Trotz aller Gebietsfläche und Attraktivitätselemente: Die rund 5 offiziellen Pisten ist man recht schnell abgefahren. Man hat daher die Möglichkeit Le Tanet am Nachmittag durch die schnell zu erreichenden Kleingebiete La Schlucht und Retournemer zu ergänzen. In erstgenanntem gibt es sogar eine KSB. Jeder, dem der Freeride-Kessel zusagt, der sich an der selbst für Vogesen-Verhältnisse aussergewöhnlichen Landschaft erfreut oder der gemütliches Elsässiches Essen bevorzugt, wird den Tag jedoch in Le Tanet verbringen und auf "Abhak-Hektik" verzichten. À propos Elsässiche Küche: Eine weitere Spezialität des Gebietes ist die Präsenz dreier Fermes Auberges direkt an den Pisten: Seestaettle, Schnanzwasen und Schupferen. Diese alte Berggaststätten sind für Vogesen-Liebhaber ein absolutes "Muss". Die eingeschränkte Essensauswahl bietet in der Regel die Elsässichen (respektive Lothringer) Schmankerl in Perfektion und gemütlicher Atmosphäre. Allerdings empfiehlt es sich aufgrund des eingeschränkten Sitzplatzkontingentes dringend, bereits in der Früh eine Ferme Auberge anzufahren und einen Mittagstisch zu bestellen.
^^ Pistenplan
Es gibt zwei Parkmöglichkeiten. Einerseits an der Abri du Skieur, wo sich auch eine Eislaufbahn befindet und damit direkt an der Talstation des Tremplin-Liftes. Andererseits an der Talstation des Übungsliftes La Ferme. Der letztgenannte Parkplatz liegt ein ganzes Stück höher. Von hier aus gelangt man über eine rote Piste zur Talstation des Tremplin-Liftes. Wir entscheiden uns für die zweite Option (La Ferme). Um 9.00 Uhr ist erst eine handvoll Autos auf dem Parkpltz, leichte Schleierbewölkung sorg für ein gedämpftes Morgenlicht. Die Schneehöhe liegt um einen Meter, die Temperatur ist noch knapp unter Null Grad, sollte erst gegen Mittag auf leichte Plusgrade ansteigen.
^^ Skis anschnallen; rechts der Übungslift La Ferme, hinten die Ferme Auberge Seestaettle, im Hintergrund die Wächte mit Freeridekessel sowie rechts der Rocher du Tanet.
^^ Zoom zur Wächte, die eine Stärke von etwa 5 Metern hat
^^ Verbindungspiste vom Tremplin-Lift zum Schupf-Lift mit Morgenrot
^^ Ein Stück weiter der Blick auf den Schlusshang des Schupf-Liftes (später aufgenommen). Links im Hintergrund das Hohneck mit seiner gewaltigen und von Extremskifahrern befahrenen Nordwand.
^^ Bergstation des Schupf-Liftes - eine etwas eigenwillige, schwere Montaz-Mautino-Konstruktion
^^ Blick auf den Schwarzwald, mittig der Belchen
^^ Blick über die Krete zum Rocher du Tanet
^^ Abfahrt ganz oben knapp unterhalb der Krete. Wo die Leute sind verzeigt sich die Piste nach rot (geradeaus) und blau (rechts); Die Spuren links führen zur Wächte und zum Freeridekessel.
^^ Dann teilt sich die blaue Piste nochmals: Links folgt sie dem Le-Tanet-Lift (Pistenplan = B), rechts geht es zum Schupf-Lift (kein Buchstabe). Hier sieht man die letztgenannte Variante mit einem für eine blaue Piste sehr ordentlichem Steilstück. An nicht einsehrbaren Ende dieses Steilstücks gibt es dann nochmal eine Verzweigung in drei Richtungen: Links führt die blaue Piste ziehwegig zurück zur Bergstation des Tremplin-Liftes; geradeaus und scharf nach rechts gehen jeweils rote Pisten, um den Schupf-Lift zu kreuzen. Auf diesem Bild erscheint es kurios, dass das Steilstück vorne blau ist, während der flache Bereich unten rot ist. Dies liegt aber daran, dass das "dicke Ende" bei den roten Pisten zum Schluss kommt in Form eines richtig knackigen und nur periphär gewalzten Steilstücks. Es würde sich sicherlich niemand beschweren, wenn die blaue Piste rot markiert wäre und die roten schwarz.
^^ Liftkreuzung auf der rechten roten Piste. Im Hintergrund das Kleine (links) und Grosse Hohneck. Dazwischen oberhalb der Bildmitte die Höhenklinik Altenberg.
^^ Hier die andere roten Piste mit Liftkreuzung; links zweigt die ziehwegige blaue ab. Der etwas einfach gestrickte Pistenplan unterscheidet nicht zwischen den beiden Pisten und benennt diese schlicht mit (C).
^^ Pistenkurve an der Ferme Auberge Schupferen. Der Kleine hat sich mit seinem Lenkrad wohl etwas verlenkt.
^^ An manchen Stellen sieht man den Schnepfenriedkopf.
^^ Blaue Piste (B) entlang des heute ausser Betrieb befindlichen Le-Tanet-Liftes, dessen Kurvenstütze mittig zu sehen ist. Dieser Höhenrücken trennt die beiden Geländekammern. An der Stütze kann man links in die rote (A) hieinqueren.
^^ Blaue (B) indie Gegenrichtung.
^^ Blick aus der roten Piste (A) in den Freeridehang hinter der Wächte.
^^ Rote Piste (A). Vorn ein nicht-einsehbares "sackriges" Steilstück
^^ "Sackriges" Steilstück auf der roten Piste. Auch dieses würde mancherorts als schwarz durchgehen.
^^ Hier verzweigt sich die rote nocheinmal, bevor sie in den Übungshang La Ferme mündet. In Falle der Option links tut sie das in Form einer knackigen Buckelpiste. Irgendwie scheint die Windenpraparierung noch nicht in diesem Gebiet angelangt zu sein.
^^ Buckelpiste der Roten im Vordergrund und Freeridehang im Hintergrund
^^ Freeridehang
^^ Kuppelbarer Übungslift La Ferme ...
^^ ... wieder Slalomaktion am Übungslift.
Am Waldrand der Parkplatz, rechts führt die Piste hinunter zur Talstation des Tremplin-Liftes.
... Wo wir uns nochmal die schwarze Piste näher anschauen:
^^ Blick auf den 60% steilen Lift. Von links oben fällt die Schwarze auf noch kürzerer Horizontaldistanz in den Tremplin-Hang (hat vermutlich früher mal als Sprungschanze gedient).
^^ Hier befindet sich die etwas versteckte Einfahrt zu der Schwarzen ...
^^ ... nochmal unter einem Ast durch ...
^^ ... steht man vor der Kante. Noch ein Stück vor ...
^^ ... und los geht's!
Noch ein paar Impressionen:
^^ Derzeit verlassene Talstation des Skilifts Le Tanet. War recht angenehm, dass er ausser Betrieb war. So konnte die Schleppspur in die Piste einbezogen werden.
^^ Ferme Auberge Seestaettle
^^ Ferme Auberge Schupferen
^^ Blick auf steilen Schlusshang Schupf
^^ Freeridehang und Rocher
^^ Tiefblick auf Munster
Fazit: Ein Kandidat der Kategorie "Klein aber Fein". Für Vogesenverhältnisse sind die Pisten sehr abwechslungsreich und anspruchsvoll. Die Landschaft ist für Mittelgebirgsverhältnisse ausgesprochen beeindruckend. Etwas hinter den Erwartungen komfortorientierter Skifahrer zurückbleiben dürfte die Qualität der Pistenpräparierung. Insgesamt aus meiner Sicht absolut empfehlenswert.