Krippenstein, 26.1.2009 - Klasse statt MasseAm letzten Tag meines Salzkammergut-Kurzausflugs geht's zum berühmten Krippenstein, bevor ich dann gegen Abend nach München fahre, wo ich einen beruflichen Termin wahrnehmen muss. Aufgrund der nicht so üppigen Schneelage, verbunden mit Einschränkungen im Abfahrtsangebot, lassen wir es in der Früh beim Frühstück eher ruhig und langsam angehen.
Den Krippenstein kenne ich bislang nur von einer Wanderung im Sommer, bei der ich vom Krippenstein zum Hohen Gjaidstein gewandert bin, um dann den schmerzhaften Abstieg über mehr als 2000 Höhenmeter nach Obertraun in Angriff zu nehmen.
Der Krippenstein ist sicherlich eines der außergewöhnlichsten und damit auch attraktivsten Skigebiete in Österreich. Drei Pendelbahnen, ein 4er-Sessel sowie ein Tellerlift erschließen neben zwei kurzen Pisten die 11 km lange Hauptabfahrt über 1500 Höhenmeter. Diese Piste ist trotz einiger ziehwegiger Passagen von der Trassierung her ein Genuss. Bei ständig wechselnden Landschaften mit Gletscher, Fels, Wald und See ist die Piste kurven- und abwechslungsreich, es werden hübsche Felstore passiert und im unteren Bereich wird die Abfahrt immer mehr zur rassigen Strecke. Diese Piste ist in vielen Bereichen künstlich modelliert. Sie ist aber ein excellentes Beispiel, dass künstliche Modellation auch attraktivitätssteigernd sein kann, wenn sie denn gut gemacht und auf das sinnvolle Maß beschränkt ist. Das absolute Highlight des Gebiets sind jedoch die 4 markierten und unpräparierten Skirouten Schönberg, Angeralm, Imisl und Eisgrube. Sie sind berühmt und sicherlich die Hauptgründe für Krippensteinbesuche.
Oben eröffnet sich ein atemberaubendes Panorama: Die Gletscherwelt des Dachsteinmassivs sowie die bizarre Karsthochfläche liegen zum Greifen nahe. Man steht einer surrealen Welt in den kalten Farben weiß, grau und blau gegenüber, im Vordergrund ergänzt durch das einzeln aufblitzende Grün von Latschen. Man sollte nicht meinen, dass man nur auf 2100 m Meereshöhe steht. Das Szenario ist absolut hochalpin und anderen Felslandschaften oberhalb der 3000er-Marke absolut würdig.
Bei diesem Anblick ist auch die leichte Enttäuschung über die eher geringe Schneelage schnell vergessen. Vor diesem Panorama könnte man einen sonnigen notfalls sogar mit Schauen auf einer Terrasse verbringen. Nach Ankunft bei der Bergstation erscheint der Tag "gerettet".
Wie gesagt, ist an diesem Tag ist die Schneelage nicht so wie gewünscht. Auf der Homepage steht "Talabfahrt geöffnet, ungalublich viel Schnee am Berg". Alles ist natürlich relativ. Die offizielle Schneehöhenangabe von 1,50 Meter ist im Karstgebiet nur schwer zu überprüfen. Tatsache ist: Die meisten Skigebiete wäre mit dieser Schneelage sehr gut bedient gewesen. Hier im Karst sind die Möglichkeiten, unplanierte Pisten zu befahren bei dieser Schneemenge jedoch deutlich eingeschränkt. Üblicherweise liegt hier im Nordstau auch mehr Schnee im Januar. Auf Basis seiner Erfahrung zieht Gerrit auch gleich den Schluss, dass man die "Schönberg" (suboptimal) befahren könne, während man von Angeralm, Imisl und Eisgrube besser die Finger ließe. Bei wenig Schnee scheint es dort prekäre Stellen zu geben. Auch die Hauptabfahrt sollte Probleme bereiten: Spätestens ab 1000 Meter Seehöhe abwärts besteht die Piste heute aus blütenweißem Kunst-Blankeis. Der Regen der Vorwoche hat die Qualität deutlich herunter gezogen. Dennoch geht's problemlos bis zur Talstation und oben ist die Qualität sehr gut.
Starten wir zu einer bebilderten Resie durch den Tag:
^^ Die zweite Sektion strebt dem klassisch-zeitlosen Bergstationskomplex entgegen.
Das Berstationsensemble strahlt für mich ein hohes Maß an Eleganz aus. Diese Schlichtheit, verbunden mit eleganten Rundungen, ist für mich das Ideal anspruchsvoller Gipfelkomplex-Architektur schlechthin. Für mich ist es schier unbegreiflich, warum das in diesem Komplex befindliche Restaurant nicht mehr verpachtbar ist, während 100 Meter weiter eine merkwürdige "Lodge" in pseudo-nordamerikanischem Holzstammstil errichtet worden ist, die sich innen als besserer Kiosk-Betrieb mit überschaubar einfallsreichem Essensangebot erweist.
Oben fällt der Blick auf die Seile der dritten Pendelbahnsektion vor der Traumhaften Kulisse von Dachstein und Gjaidstein. Die Bahn strebt - obwohl talwärts führend - in der Tat genau dem Gipfel des Hohen Dachsteins zu. Wäre die ursprüngliche Planung realisiert worden, wäre in 6 Sektionen eine der späktakulärsten Seilbahnketten entstanden, ganz im Stile des Klassikers über die Aiguille du Midi. Aber vielleicht ist es ganz gut, dass die Verbindung nicht gekommen ist. Dadurch haben der zentrale Dachsteinbereich und die Dachsteinüberquerung eine ganz eigene Ursprünglichkeit bewahrt.
^^ Gerrit, inzwischen ein Krippenstein-Urgestein, vor der skurrilen Karsthochfläche "Am Stein"
Das Skifahren vor dieser Kulisse ist ein Traum.
^^ Der Hohe Gjaidstein ist der zentrale Pfeiler in dieser spektakulären Region.
Felstore sorgen immer wieder für den Zugang zu neuen Landschaftssegmenten.
Jetzt eine Hommage an die altehrwürdige dritte Sektion der Krippensteinbahn (vormals Dachsteinbahn).
Deutlich modernisiert, eigentlich ein Neubau, präsentiert sich (wie auch die erste Sektion) die zweite Sektion. Schön, dass die alten Stationsgebäude trotz Bahnvergrößerung beibehalten werden konnten. Die Bahn ist als Vertreterin einer neuen, modernen Seilbahngeneration in Österreich durchaus attraktiv. Allerdings fehlt für mich der letzte Schliff an Eleganz. Nachdem mich die ersten Bilder überzeugt hatten, ist vor Ort die erwartete Begeisterung nicht eingetreten. Ich kann es nicht direkt begründen, aber irgendwie fehlt der letzte Fitzel Perfektion in Layout und Design der Komponenten.
Die Hauptabfahrt ist modelliert, fügt sich aber sehr gut in das Gelände ein und ist toll zu fahren.
^^ Stütze der Militärbahn Obertraun-Krippenbrunn-Oberfeld mit beschränkt öffentlichem Verkehr. Offenbar waren wir aber zu wenig beschränkt, um damit fahren zu dürfen. Mit den Worten "woas wollt's da oben und woas hoabt's davon?" weist uns der Betriebsleiter ab. Die Tatsache, dass es Spinner gibt, die einfanch nur mal mit so einem Teil fahren wollen und durchaus etwas davon haben, liegt wohl außerhalb seiner Vorstellungskraft.
^^ Auch hier auf der Talabfahrt: Modellierung ohne Größenwahn. Angemessene Breite, schöne Kurven, interessante Gefällwechsel, nicht immer komplett eben in Querrichtung, landschaftlich recht unauffällig. Für mich eines der besten Beispiele für excellenten Pistenbau.
^^ Auch das hier für mich ein Glanzstück funktionalen Stationsbaus: Die Talstation der ersten Sektion. Hier gilt das Motto: Die Form folgt der Funktion. Gleichzeitig gibt man sich schlicht-zurückhaltend. Perfekt!
Die Perfektion geht freilich nicht bis ins Détail: Eine vormals überdachte Freitreppe hat man ihres Dachs entledigt. Folge: Die Treppe ist bei Schnee vereist und muss gesperrt bleiben.
Der Tellerlift an der Talstation der 4SB bedient den Übungshang und erleichtert den Zugang zur Schönberg-Route.
Am Sesselbahn-Hang erkennt man die Trassenbrücke des früheren Schlepplifts.
Unten hat eine alte Seilbahnkabine eine neue Aufgabe übernommen.
Wenden wir uns der Schönberg-Route zu:
^^ Von der Tellerlift-Bergstation geleiten einen Spuren über die Hochfläche.
^^ Zeitweilige Aufstiege im Grätenschritt bleiben einem nicht erspart.
^^ Immer wieder lässt man den Blick über das Dachstein-Ensemble schweifen ...
^^ Stellenweise geht es recht schmal daher. ich weiß nicht, ob das bei üppiger Schneelage breiter ist.
^^ Dachstein im Dachsteinmassiv beim Überwinden einer Engstelle
^^ Immer wieder Aufstiege ...
^^ Immer wieder meine geliebte Bergstation ...
^^ Das Starthäuschen erinnert an die Vergangenheit der Route als homologierte FIS-Rennstrecke.
^^ So langsam geht's zur Sache. Steile Passagen sind zu bewältigen.
Sehr angenehm ist die dezente und naturnahe Markierung mittels Reisigstangen. Dies macht auch unmissverständlich deutlich, dass die Abfahrt kein Rumdum-Sorglos-Vollkaskopaket ist, wie dies von andernorts vorfindbaren industrietauglichen Beschilderungsanlagen oft suggeriert wird. Die Reisigstangen sind reine Orientierungshilfe.
^^ Der Schnee ist griffig aber eben nicht üppig.
Wir halten uns weitgehend an die Markierungen, da wir vermuten, hier am wenigsten mit essentiellen Schneeproblemen in Konflikt zu geraten. Mich erwischt es prompt zweimal auch kalt, als ich beim Kantenabstoß an knapp unter der Schneeoberfläche verborgenen Latschen hängenbleibe.
^^ Immer wieder sind schmale Rinnen zu queren oder zu befahren. Mit richtig viel Schnee sieht das gelände hier sicherlich ebener aus.
^^ Kleine Herausforderungen bei der Einfahrt in solche Rinnen.
Pause beschreibt die Abfahrt als mittelschwer. Für mich ist sie fordernder als das Meiste,was ich sonst so gefahren bin. Entweder hat Pause andere Maßstäbe gesetzt, oder es mangelt mir an skifahrerischer Kompetenz (das sowieso), oder ist die Schwierigkeit infolge der geringen Schneelage deutlich erhöht.
Es geht nochmal nach oben.
Nachdem wir zu Mittag auf der Terrasse der Lodge herrlich gesessen haben - bei überschaubarer Essensqualität, wartet zum Abschluss ein kulinarisches Highlight: Vor der Hütte nahe der Gjaidalm genießen wir einen hervorragenden Kaiserschmarrn. Absolut spitze! Der Tellerlift mit niederer Seilführung dient als Rückbringer zur Talabfahrt. Er ist nicht im Skipass enthalten, die Benutzung ist jedoch für konsumierende Gäste kostenlos.
Wehmütig fällt der Blick zum stillgelegten Gjaidalmlift. Dieser war kurz, erschloss aber einen netten, abwechslungsreichen Hang.
Die Materialbahn vom Oberfeld hinunter zur Hütte überquert unsere Köpfe.
Weiter drüben gondeln zwei 5er-Gondeln der Pendelbahn zum Oberfeld. Man sieht unten der Rückbringerlift samt Mini-Abfahrt.
Der Rückweg zur Talabfahrt ab der Bergstation des Seilliftes erfordert dann nochmals einige Stockschübe und Grätenschritte, bevor uns nochmal 8 km Abfahrt erwarten, die bereits im Schatten liegen. Unten wird gerade eine fabrikneue Pistenwalze abgeladen, die ich, noch ohne Ketten, forotgraphiert habe. Aber ich gehe davon aus, dass in den Foren kein Bedarf an mehr an Bully-Bildern besteht.
Fazit: Trotz Verzicht auf einige Routen-Highlights ein traumhafter Skitag mit traumhaftem Wetter, traumhaftem Panorama und angenehmer Ruhe. Vielen Dank nochmal an die Kollegen Gerrit, Dachstein und Firngleiter, dass sie mich ganz oder teilweise auf meiner Tour durch das Salzkammergut begleitet haben. Durch sie wurde ich an die richtigen Stellen geführt und habe viele interessante Informationen erhalten. Auch habe ich die nette Atmosphäre in einer kleinen Runde Gleichgesinnter genossen. Den Krippenstein-Besuch werde ich irgendwann wiederholen, wenn die anderen Routen vernünftig befahrbar sind. Idealerweise würde ich den nächsten Aufenthalt ganz ins Zeichen des Dachsteins stellen und mit Edelgrieß und Dachsteinüberquerung kombinieren. Ich habe einige Male auf die klar erkennbare Ratrac-Spur der Dachstein-Überquerungsroute geschaut.
Zum Abschluss noch eine Info: Auch Seeblick gehört zu den Merkmalen des Gebiets. Da mir keine vernünftige See-Aufnahme gelungen ist, habe ich erst mal kein See-Bild eingebaut, schiebe jetzt aber der Vollständigkeit halber noch zwei Bilder nach: