Kaprun Mitte Mai 1995
In den 90er Jahren gab es einen schönen Brauch: Junge Ingenieure der Elektrotechnik wurden mittels eines einwöchigen Lehrgangs in Kaprun auf ihre Arbeit beim Energieversorger vorbereitet. So traf mich für Mitte Mai 1995 auch das Los, nach Kaprun reisen zu sollen. Mit mir reiste noch ein "Jungingenieur" mit etwa 40 Jahren, den man in jungen Jahren irgendwie vergessen hatte, und dem man jetzt die Reise sozusagen als incentive angedeihen ließ.
Kaprun ist für die Energieversorgung so eine Art Mythos. Viele Jahre hatte man an den Kraftwerkbauten herumgewerkelt und die Kriegswirren haben wohl dafür gesorgt, dass auch die Dokumention des Ganzn nicht mehr lückenlos und widerspruchsfrei ist. So sind allerhand Spekulationen um die Einzelheiten der langen Bautätigkeit an diesem technischen Meisterwerk entstanden und der Mythos hat sich langsam entwickelt. Dies ist wohl auch der Grund, warum die österreichischen und deutschen Spitzenverbände der Energieversorgung eine solche Affinität zu Kaprun hatten.
Zurück zur Gegenwart: Einer der Jungingenieure war seinerzeit ein wenig nervös. Ei paar Tage vorher (so zwischen dem 10. und 15. Mai) hatte es bis etwa 1200 Meter herunter geschneit, und dieser Jungingenieur wollte sich so gar nicht recht an den hochinteressanten Pausengesprächen der Jungingenieurskollegen beteiligen. Er starrte lieber auf den im Pausen-Aufenthaltsbereich montierten Bildschirm, wo ständig zwischen verschiedenen Webcam-Standorten der höheren Kaprun-Etagen hin und her geblendet wurde und wo immer wieder durch Pulverschnee wedelnde Gestalten zu erblicken waren. Und statt gemütlich plaudernd auf das Abendessen zu warten, machte sich dieser Jungingenieur auch unmittelbar nach dem letzten Vortrag des ersten tages auf den Weg in Richtung Talschluss - um sich Bauwerke ud Installationen anzuschauen, die gar nicht so recht etwas mit Energieversorgung zu tun hatten, obwohl für gerade diese Energieanlagen Kaprun doch so bekannt war.
^^ Der nervöse Jungingenieur an seinem ihn so magnetisch anziehenden Ziel
Eigentlich hätte er sich öfters da aufhalten sollen, wo er auch residierte:
^^ Tagungs- und Nächtigungsstätte des Lehrgangs
Eines schönen Nachmittags ließ es sich dann beim besten Willen nicht mehr vermeiden, dass die Lehrveranstaltungen geschwänzt wurden. Bilder von diesem Tag habe ich keine, sowohl mein Fotoapparat, als auch mein 40jähriger Fahrgemeinschaftskollege blieben im Hotel. Immerhin hat er mir seinen Wagen geliehen.
Dann gings mit der 8EUB hoch bei einem merkwürdigen Wetter: Auf 1900 m liegt eine Wolkendecke, und darüber werden einige Cumulus-Wolken vom Wind über den Grat gepeitscht. Ab Alpincenter aufwärts ist super Schnee, runter zum Langwiedboden ist es etwas sulzig - ganz unten auch etwas viel sulzig. Ich fahre ganz oft die PB und dann den genialen Steilhang hinab. Um etwa 15.45 Uhr fahre ich nochmal als einziger Fahrgast mit dem Kabinenführer hinauf. Dieser fragt mich: "Fährst du Steilhang oder mit dem Schrägaufzug hinab?" "Steilhang", antworte ich. "Gut", erwiedert er, "dann muss ich den Schrägaufzug nicht mehr hinaufbestellen." Wenige Sekunden später schlägt das Wetter um! Die Cumulus-Wolken vereinigen sich und bilden eine dichte Wolken-Nebelsuppe. Der Kabinenführer telefoniert nochmals und oben bei der Einfahrt nimmt mich ein grell orange gekleideter Herr vom Pistendienst in Empfang. "Folgen!" Deutet er mir wortkarg und schiebt mich in die Kabine des Schrägaufzugs. Unten angekommen hört man Donner grollen, dünner Schneefall setzt ein und man sieht nichts mehr. Der Pistendienstler rast im Schuss davon - ich knapp hinterher. Wenn der Abstand auf 5 Meter wächst, ist er trotz der orange Farbe kaum noch zu erkennen. Mir ist unwohl. Man weiß kaum, wo unten und wo oben ist. Ohne dass ich mich irgendwie orientieren könnte, kommen wir nach wenigen Minuten zur Bergstation der 4KSB Langwied. "Einsteigen", bedeutet er mir. "und tschüss!" Mit der 4KSB und der 8EUB geht's hinab. Plötzlich ein Donner und die 8EUB steht still. "Erdschluss" brummelt trocken der andere Fahrgast in der Gondel - jemand vom Personal. Blitze zucken. Nach langen 10 Minuten geht es weiter und ich bin froh, als ich unten wieder beim Auto bin.
Nach Abschluss des Lehrgangs geht's dann nochmal gemeinsam mit meinem Kollegen einen ganzen Skitag nach oben und einige Fotos entstehen:
^^ In der Gratbahn. Fast das gesamte Liftensemble ist zu sehen: Der Schmiedinger gerade noch mit einer Stütze, Kees, Maurer und vorn quer die DSB Sonnekar. Das Wetter ist schöner als es das Bild suggeriert, aber der dünne Schleier am Himmel macht hier alles weiß-grau.
^^ Reisenstütze der PB, Schmiedinger-Hang und Keeslift
^^ Am Maurergletscherlift. Sehr schöne Piste!
^^ Hier ist der Jungingenieur in sienem Element! Hier an der Bergstation der PB beginnt der Steilhang - das Highlight des Gebiets!
Hinten Magnetköpfllift, Schmiedingerlift, Keeslift - und ganz hinten ist sogar eine Stütze des Maurerlifts zu erkennen.
^^ Der Verrückte vor der Riesenstütze!
^^ Der 40jährige Kollege im Oldschool-Stil auf der Langwied-Piste - hier beriets im Sulz
Fazit: Das Gebiet hat mir recht gut gefallen für ein Gletscherskigebiet. Hat schön geneigte Hänge und etwas Abwechslung. Der Schnee war aber auch ganz toll. Oberhalb Alpincenter alles Pulver. Und zum Langwiedboden ging's auch sehr gut mit recht gut zu fahrendem Sulz.