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BeitragVerfasst: Mi, 14.11.2007, 22:29 
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RetroRebel
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Kaprun Mitte Mai 1995

In den 90er Jahren gab es einen schönen Brauch: Junge Ingenieure der Elektrotechnik wurden mittels eines einwöchigen Lehrgangs in Kaprun auf ihre Arbeit beim Energieversorger vorbereitet. So traf mich für Mitte Mai 1995 auch das Los, nach Kaprun reisen zu sollen. Mit mir reiste noch ein "Jungingenieur" mit etwa 40 Jahren, den man in jungen Jahren irgendwie vergessen hatte, und dem man jetzt die Reise sozusagen als incentive angedeihen ließ. :wink:

Kaprun ist für die Energieversorgung so eine Art Mythos. Viele Jahre hatte man an den Kraftwerkbauten herumgewerkelt und die Kriegswirren haben wohl dafür gesorgt, dass auch die Dokumention des Ganzn nicht mehr lückenlos und widerspruchsfrei ist. So sind allerhand Spekulationen um die Einzelheiten der langen Bautätigkeit an diesem technischen Meisterwerk entstanden und der Mythos hat sich langsam entwickelt. Dies ist wohl auch der Grund, warum die österreichischen und deutschen Spitzenverbände der Energieversorgung eine solche Affinität zu Kaprun hatten.

Zurück zur Gegenwart: Einer der Jungingenieure war seinerzeit ein wenig nervös. Ei paar Tage vorher (so zwischen dem 10. und 15. Mai) hatte es bis etwa 1200 Meter herunter geschneit, und dieser Jungingenieur wollte sich so gar nicht recht an den hochinteressanten Pausengesprächen der Jungingenieurskollegen beteiligen. Er starrte lieber auf den im Pausen-Aufenthaltsbereich montierten Bildschirm, wo ständig zwischen verschiedenen Webcam-Standorten der höheren Kaprun-Etagen hin und her geblendet wurde und wo immer wieder durch Pulverschnee wedelnde Gestalten zu erblicken waren. Und statt gemütlich plaudernd auf das Abendessen zu warten, machte sich dieser Jungingenieur auch unmittelbar nach dem letzten Vortrag des ersten tages auf den Weg in Richtung Talschluss - um sich Bauwerke ud Installationen anzuschauen, die gar nicht so recht etwas mit Energieversorgung zu tun hatten, obwohl für gerade diese Energieanlagen Kaprun doch so bekannt war. :wink:


Bild
^^ Der nervöse Jungingenieur an seinem ihn so magnetisch anziehenden Ziel :wink:


Eigentlich hätte er sich öfters da aufhalten sollen, wo er auch residierte:

Bild
^^ Tagungs- und Nächtigungsstätte des Lehrgangs


Eines schönen Nachmittags ließ es sich dann beim besten Willen nicht mehr vermeiden, dass die Lehrveranstaltungen geschwänzt wurden. Bilder von diesem Tag habe ich keine, sowohl mein Fotoapparat, als auch mein 40jähriger Fahrgemeinschaftskollege blieben im Hotel. Immerhin hat er mir seinen Wagen geliehen. :D

Dann gings mit der 8EUB hoch bei einem merkwürdigen Wetter: Auf 1900 m liegt eine Wolkendecke, und darüber werden einige Cumulus-Wolken vom Wind über den Grat gepeitscht. Ab Alpincenter aufwärts ist super Schnee, runter zum Langwiedboden ist es etwas sulzig - ganz unten auch etwas viel sulzig. Ich fahre ganz oft die PB und dann den genialen Steilhang hinab. Um etwa 15.45 Uhr fahre ich nochmal als einziger Fahrgast mit dem Kabinenführer hinauf. Dieser fragt mich: "Fährst du Steilhang oder mit dem Schrägaufzug hinab?" "Steilhang", antworte ich. "Gut", erwiedert er, "dann muss ich den Schrägaufzug nicht mehr hinaufbestellen." Wenige Sekunden später schlägt das Wetter um! Die Cumulus-Wolken vereinigen sich und bilden eine dichte Wolken-Nebelsuppe. Der Kabinenführer telefoniert nochmals und oben bei der Einfahrt nimmt mich ein grell orange gekleideter Herr vom Pistendienst in Empfang. "Folgen!" Deutet er mir wortkarg und schiebt mich in die Kabine des Schrägaufzugs. Unten angekommen hört man Donner grollen, dünner Schneefall setzt ein und man sieht nichts mehr. Der Pistendienstler rast im Schuss davon - ich knapp hinterher. Wenn der Abstand auf 5 Meter wächst, ist er trotz der orange Farbe kaum noch zu erkennen. Mir ist unwohl. Man weiß kaum, wo unten und wo oben ist. Ohne dass ich mich irgendwie orientieren könnte, kommen wir nach wenigen Minuten zur Bergstation der 4KSB Langwied. "Einsteigen", bedeutet er mir. "und tschüss!" Mit der 4KSB und der 8EUB geht's hinab. Plötzlich ein Donner und die 8EUB steht still. "Erdschluss" brummelt trocken der andere Fahrgast in der Gondel - jemand vom Personal. Blitze zucken. Nach langen 10 Minuten geht es weiter und ich bin froh, als ich unten wieder beim Auto bin.


Nach Abschluss des Lehrgangs geht's dann nochmal gemeinsam mit meinem Kollegen einen ganzen Skitag nach oben und einige Fotos entstehen:

Bild
^^ In der Gratbahn. Fast das gesamte Liftensemble ist zu sehen: Der Schmiedinger gerade noch mit einer Stütze, Kees, Maurer und vorn quer die DSB Sonnekar. Das Wetter ist schöner als es das Bild suggeriert, aber der dünne Schleier am Himmel macht hier alles weiß-grau.


Bild
^^ Reisenstütze der PB, Schmiedinger-Hang und Keeslift


Bild
^^ Am Maurergletscherlift. Sehr schöne Piste!


Bild
^^ Hier ist der Jungingenieur in sienem Element! Hier an der Bergstation der PB beginnt der Steilhang - das Highlight des Gebiets!
Hinten Magnetköpfllift, Schmiedingerlift, Keeslift - und ganz hinten ist sogar eine Stütze des Maurerlifts zu erkennen.


Bild
^^ Der Verrückte vor der Riesenstütze! :wink:


Bild
^^ Der 40jährige Kollege im Oldschool-Stil auf der Langwied-Piste - hier beriets im Sulz


Fazit: Das Gebiet hat mir recht gut gefallen für ein Gletscherskigebiet. Hat schön geneigte Hänge und etwas Abwechslung. Der Schnee war aber auch ganz toll. Oberhalb Alpincenter alles Pulver. Und zum Langwiedboden ging's auch sehr gut mit recht gut zu fahrendem Sulz.

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Chasseral - "Les derniers vestiges ont disparu - la fin d'un rêve"


Zuletzt geändert von Chasseral am Do, 15.11.2007, 8:34, insgesamt 5-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Do, 15.11.2007, 1:02 
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Danke für die Fotos (der Overall tut weh :lol:).

Kaprun hat speziell für Österreichs Wiederaufbaumythen eine tragende Rolle. Gibt sogar einen Art Doku-Roman dazu. Und auch in zahlreichen Verfilmungen wird Heldenmythos betrieben.

Dass selbst deutsche Ingenieure dort hinpilgern war mir aber unbekannt :wink:.


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BeitragVerfasst: Do, 15.11.2007, 2:05 
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Danke auch hierfür, du warst ja echt fleißig!!! An die Schiklamotten kann ich mich noch erinnern - und diese Sonnenbrillen! :) Ach ja...


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BeitragVerfasst: Do, 15.11.2007, 8:29 
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RetroRebel
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helmut hat geschrieben:
Danke für die Fotos (der Overall tut weh :lol:).

Kaprun hat speziell für Österreichs Wiederaufbaumythen eine tragende Rolle. Gibt sogar einen Art Doku-Roman dazu. Und auch in zahlreichen Verfilmungen wird Heldenmythos betrieben.

Dass selbst deutsche Ingenieure dort hinpilgern war mir aber unbekannt :wink:.

Ein weiterer österreichischer Wiederaufbaumythos dürfte Ybbs-Persenbeug sein. Der Glanz von Ybbs-Persenbeug strahlt allerdings kaum nach Deutschland aus, da das Kraftwerk aufgrund seiner Grundlastfunktion auch "nur" nationale Bedeutung hat. Mit Kaprun ist das anders. Kaprun gilt als die Ikone der Spitzenlaststromerzeugung - auch wenn es heutzutage in diesem Geschäft nur noch ein kleines Licht ist. Aber die Deckung des Spitzenbedarfs war früher eine echte energiepolitische Herausforderung, und Deutschland hat dann seine Hoffnungen ganz stark auf die Alpen kapriziert. Ende der 20er Jahre wurde dann eigens auf diese Hoffnung aufbauend die Spannungsebene 220 kV kreiert und es wurden Trassen mit gewaltigen und heutzutage skurril anmutenden Masten in Richtung Süden geschlagen. Bei uns in der Region stehen die meisten dieser grandiosen Masten noch überwiegend, der Abbau hat jedoch vor wenigen Jahren begonnen. Und das Label Kaprun war der Fokus dieser Hoffnung auf die Lösung der "Energieprobleme". Von Kaprun erwartete man sich einfach den Durchbruch zur größflächigen Erschließung der in den Alpen vorhandenen Wasserkraftpotenziale. Und wie wichtig Erfolge und auch Teilerfolge für die projektleitenden Ingenieure in Kaprun waren, zeigt sich auch an der Tatsache, dass man während des Baus bereits Provisorien errichtet hat, um Strom zu erzeugen. Und an dieser Stelle wird wohl auch die Brücke von der Ikone zum Mythos geschlagen.

@Overall: Dieser extrem leichte Overall war das mit Abstand bequemste Teil, das ich als Skikleidung jemals hatte. War ein norwegisches Fabrikat. Bei der Betrachtung der Bilder ist mir aufgefallen, dass Skikleidung bei mir eine Verweildauer von jeweils etwa 7 Jahren hat. Derzeit trage ich die 2. Generation seit diesem Overall. Sowohl meine berufliche Tätigkeit als auch meine Verfahrensweise im privaten Bereich zielt auf das Ausnutzen sinnvoller technischer Nutzungsdauern ab. Ein vorzeitiger Ersatz aus modischen oder sonstigen Gründen ist mir suspekt. Aus diesem Grund ist mir ja auch der sehr frühe Ersatz von Hotelbauten in Ischgl suspekt.

Nochmal zum Skigebiet am Kitzsteinhorn: Bis auf die schmerzliche Tatsache, dass es keine Talabfahrt gibt (sowas mag ich überhaupt nicht), hat mir das Gebiet damals recht gut gefallen. Das war mindestens Pitztal-Niveau, knapp vor Hintertux und deutlich vor Rettenbach/Tiefenbach. Objektive Gründe für diese Bewertung gibt es nicht. Dies war ein subjektiver Sympathiefaktor; ich schließe nicht aus, dass auch jeweils die Tages-/Wochenform eine Rolle gespielt hat. Ich halte es aber für möglich, dass das Kitzsteinhorn heutzutage eine Spur weniger cool ist. Der Maurer (damals echter Spitzenhang) hat stark gelitten und die Schmiedinger Lifte wurden neu trassiert. Den Bildern im AF zufolge fokussiert sich der Liftbestand und der Skibeitrieb heute ganz stark auf den Bereich des vcorhandenen Rest-Gletschers um den damaligen Keeslift. Und das ist genau der Bereich, den ich damals uninteressant fand, der jedoch durch top Schnee geglänzt hat. Was mich vor allem fasziniert hat: Die Abfahrt in "das Loch" zur Talstation Sonnenkar; Abfahrt zum Langwiedboden (Breitriesentunnel wäre noch cooler gewesen, Tunnelbahn war aber infolge Revision geschlossen); Maurerlifte und (vor allem) Gipfelhang. Darüberhinaus fand ich die Anlage der Lifte sehr gut. Klar - als die DSB Gratbahn noch bis auf den Grat ging, muss es noch extremst cooler gewesen sein.

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Chasseral - "Les derniers vestiges ont disparu - la fin d'un rêve"


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BeitragVerfasst: Do, 15.11.2007, 14:07 
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RetroRebel
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Hab das Thema mal geteil, über Freileitungen und Netze gibts jetzt ein neues Thema um Spezifrischen.


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BeitragVerfasst: Mo, 19.11.2007, 8:56 
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danke für dies Oldschool Berichte. Tja, ich müsste auch mal in den Fotos kramen - aber für Berichte langts sicher nicht.

Aber die weissen Socken und die Frisur sind doch auch nicht schlecht, oder?


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