Das Hühnerspiel ist ein Berg, der mich schon ziemlich früh in meiner Kindheit fasziniert hat. Von Ratschings aus, wo ich mehrmals mit meinen Eltern Ski fahren war, konnte man immer schön auf diesen lang gezogenen Rücken blicken, auf den dieser einsame Sessellift führte, und von dem man nie so genau erkennen konnte, ob er nun in Betrieb war oder nicht. Der Stahl der Anlage reflektierte das Sonnenlicht, aber Details waren aus der Entfernung nicht zu erkennen.
Viele Jahre später konnte man im Alpinforum erfahren, um was für einen besonderen Lift es sich dabei handelt, erbaut von der Firma Trojer aus Algund im Vinschgau, die 1946 mit die ersten Sessellifte in Italien baute, später federführend an der Realisierung von Meran 2000 beteiligt war und unter dubiosen Umständen daran zu Grunde ging. Details der Firmengeschichte kann man inzwischen nachlesen unter
http://freeweb.dnet.it/trojer/
All dieses veranlasste uns zu einer Tour im September 2004, um nachzusehen was von dem alten Lift noch übrig war. Er steht übrigens auch heute noch, obwohl sein Abriss seit Jahren gefordert wird. Allerdings gibt es dabei Schwierigkeiten bezüglich der Zuständigkeit, wie folgender kleiner Ausschnitt aus einem Protokoll des Südtiroler Landtags vom 18. September 2007 zu illustrieren vermag. Es handelt sich um die Antwort auf eine Anfrage der Grünen, wann der Lift endlich entfernt würde. Dabei wird zunächst auf die Vorgeschichte eingegangen:
Zitat:
Der letzte öffentliche Betrieb des Sesselliftes war im Jahr 1991. Im Jahr 2002 wurde mit Dekret des damaligen Landesrates für das Transportwesen die Abbruchverfügung ausgestellt, und zwar an den Konzessionär, Bergbahnen Hühnerspiel Ladurns GmbH. Es gab dann ein Antwortschreiben des Konzessionärs, in dem festgehalten wird, dass die Anlage im Auftrag des Italienischen Heeres erbaut worden ist, um den strategischen Stützpunkt auf 2.700 m Meereshöhe zu erreichen. Besitzer und Eigentümer ist das Italienische Verteidigungsministerium, Abteilung Luftwaffe. Die Kurverwaltung und die Bergbahnen GmbH waren lediglich die Betreiber der Anlage. Einige Monate später wurde vom damaligen Landesrat Di Puppo die Militärbehörde aufgefordert, den Abbruch zu tätigen.
Ein Jahr später erfolgte eine wiederholte Aufforderung zum Abbruch an die
Militärbehörde mit fotografischer Beilage und dem Hinweis auf die Gefährlichkeit der Anlage, wiederum von Seiten des Landesrates Di Puppo. Im September 2005 erfolgte wieder eine schriftliche Anfrage an die Militärbehörde, um den Stand der Dinge zu erfahren, eingereicht vom damaligen Amtsdirektor Dr. Heinrich Brugger.
Im Jahr 2006 gab es eine neuerliche Aufforderung an die Militärbehörde zum dringenden Abbruch, mit dem Hinweis auf die Gefahr und die Aufforderung, diese stillgelegten Teile abzutragen, unterzeichnet von Landesrat Widmann. Am 1. August 2006 schreibt die Militärbehörde, die Aeronautica Militare, an das Verteidigungsministerium, und gibt das sogenannte "nulla osta" für den Abbruch dieser Anlagen.
Am 7. August dieses Jahres erfolgt eine schriftliche Anfrage zum Stand der Dinge und eine wiederholte Aufforderung zum Abbruch, unterzeichnet vom Landeshauptmann. Am 10. August d.J. hat dann Landeshauptmann Durnwalder persönlich dem Verteidigungsminister Parisi dieses Schreiben übermittelt und ihn ersucht, darauf einzuwirken, dass diese Anlagen endlich abgetragen werden.
Nun aber zu unserer Tour. Schon die Auffahrt von Sterzing zur Hühnerspielalm, rd. 1900 m hoch gelegen, gestaltet sich zu einem kleinen Abenteuer. Unvermittelt wird aus der asphaltierten Straße eine schmale Schotterpiste, ein besserer Feldweg, der über mehrere Kilometer bis zu einem kleinen Parkplatz rd. 20 Gehminuten von der Hühnerspielalm und der Talstation des ESLs führt. Dieser Weg dürfte im Winter kaum zu befahren sein.
Für den Aufstieg zur Bergstation unterhalb der Amthorspitze über 850 hm benötigten wir im freien, teils recht steilen Gelände direkt entlang der Lifttrasse etwas mehr als zwei Stunden, der Abstieg ging nach ausgiebieger Rast und Begutachtung der Infrastruktur an der Bergstation in rund anderthalb Stunden über die Bühne. Dabei boten sich immer wieder schöne Ausblicke in die Stubaier Alpen, auf den Kessel von Sterzing, zum Penser Joch und über den Brenner bis zur Innsbrucker Nordkette.
Einige Impressionen.
Die Talstation
Der Lift überwand immerhin stolze 850 Höhenmeter
Von der ersten Sektion, die von Gossensass herauf führte, sind nur noch die Fundamente vorhanden.
Blick von der Hühnerspielalm auf die Lifttrasse
Tarnfarbe schien hier nicht so wichtig zu sein
Nach dem ersten Steilstück wird der Hang etwas flacher
Ideales Skigelände eigentlich, mit grandioser Aussicht. Schade dass das alles aufgegeben wurde.
Panorama über Sterzing
Oben kommen die ersten Funkmasten der Bergstation in Sicht
Nochmal im Zoom. Rechts des Lifts geht es ziemlich steil nach unten.
Oben angekommen: Bergstation und Relaisstation, heute wohl hauptsächlich zivil genutzt und komplett automatisiert
Alles schon ein bisschen im Verfall begriffen
Einstmals herrschten hier strenge Sitten
Beim Abstieg. Steilere Zwischenabschnitte ermöglichen Blicke wie diesen.
Auf dem Rückweg noch einmal der Blick nach oben
Blick zurück im Abendlicht
In Gossensass findet man noch die ehemalige Talstation der ersten Sektion
Und immer wieder grüsst dieses faszinierende Autobahn-Bauwerk