Hochtour 06.08.-10.08.2012 | Um den Gurgler FernerDurch meine Mitgliedschaft im Alpenverein der Sektion Fulda (ich wurde letztens erst wieder ungläubig dafür ausgelacht, dass es in Fulda einen Alpenverein geben soll
) wo ich mittlerweile sogar als Jugendleiter aktiv bin, komme ich immer wieder in den Genuss genialer Touren. Gletscher-Skifahren ist dort allerdings eher nicht im Aktionsradius inbegriffen- im Gegenteil sind die meisten diesem "Missbrauch" der Gletscher eher abgeneigt. Ich bin ja der Meinung, dass Pistenmodellierung das deutlich größere Übel als Gletscherskifahren darstellt, aber das merkt ja fast keiner und deswegen regt sich leider auch keiner drüber auf... (Im Skigebiet wird verständlicherweise im Sommer nicht gewandert).
Das soll jetzt aber kein Anstoß zu einer Diskussion sein, nur die Einleitung zu einer anderen Tätigkeit, die man im Sommer auf dem Gletscher ausüben kann: Das Wandern.
Im Frühjahr 2012 bekam ich ein Mail, die die Ausschreibung zur Hochtour 2012 enthielt. Damit sollte sich unsere Jugend nach der
Wildspitz-Tour vor zwei Jahren auch dieses Jahr wieder in große Höhen begeben. In der Ausschreibung waren diese Höhen sogar mit über 4000m angegeben.
Das Ziel hieß also Bernina. Wirklich? Die meisten Teilnehmer waren auf 4000m noch nie unterwegs, wir wussten also nicht, ob das ganze überhaupt konditionell machbar ist, es wird sogar von vorherigen Problemen bei der Akklimatisation berichtet- leider auch bei mir. Und auch das Wetter ist immer ein einschränkender Faktor- ob uns der bis dahin quasi nicht vorhandene Sommer 2012 gerade in dieser Woche gutes Wetter spendieren sollte, konnten wir natürlich nicht wissen.
Aufgrund dieser Faktoren sprachen wir uns bei der Vorbesprechung letztlich gegen die Schweiz aus, da die Übernachtungskosten in Österreich deutlich niedriger sind (4€ vs. ca. 20€!!) und sich damit die Schweiz für die nicht für die gesamte Gruppe ganz realistische Tour nicht "gelohnt" hätte.
Zusätzlich hätten wir bei der Bernina-Tour wegen geplanter Überschreitungen (Hütte-> Berg-> andere Hütte, also mit vollem Gepäck über den Gipfel) auf den Hütten Essen müssen, statt selbst zu kochen, was das ganze noch deutlich teurer gemacht hätte.
So ging es also doch "nur" nach Österreich, in die Ötztaler Alpen mit dem Hochwildehaus als Hauptstützpunkt.
Und so sah dann das Ergebnis laut GPS aus. (Alle GPS-Tracks lassen sich für eine größere Auflösung anklicken)
Höhenmeter insgesamt (mit Schalfkogel): 4386hm Aufstieg und Abstieg.
Die Abfahrt erfolgte am Montag-Morgen- für drei von uns bedeutete das ein wenig Stress - wir waren erst am Nachmittag des Vortages von der Kletterfreizeit aus dem Elbsandstein zurückgekommen.
So liefen wir auch erst gegen 17 Uhr in Obergurgl los- passenderweise genau als die ersten Regentropfen vom Himmel fielen...
GPS-Track 06.08.2012: +674hm; -92hm
Entsprechend trüb zeigte sich der Himmel beim Aufstieg durch das "Industriegebiet" von Obergurgl, was wir aber sehr schnell hinter uns lassen konnten. Vorgenommen haben wir uns den Aufstieg von Obergurgl (1930m) bis zum Hochwildehaus (2885m)- aber bei diesem Wetter und der fortgeschrittenen Zeit?
Immer weiter bergauf geht es über den unstylishen Fahrweg, während das Wetter immer unangenehmer wird...
Zum Glück gibt es aber noch die Langtalereckhütte. An der dortigen Pause entschieden wir kurzerhand, den Aufstieg zu "unterbrechen" und dort (auf 2450m) zu übernachten. Am nächsten Tag mussten wir dann eben zusätzlich zu der geplanten Tour noch zum Hochwildehaus aufsteigen.
GPS-Track 07.08.2012: +1188hm; -720hm
Am nächsten Morgen (Aufstehen war demnach um 5 Uhr angesagt) ging es dann weiter...
Auch wenn sich das Wetter zuerst nicht ganz von der schönsten Seite zeigte...
Wurde es sehr bald deutlich besser. Somit befinden wir uns jetzt schon oberhalb des Gurgler Ferners
Die Gletscherbäche befördern sogar am Morgen schon Schmelzwasser der hier im Nebel verdeckten Gletscher ins Tal. Tagsüber ist das Rauschen auch aus der Entfernung ständig ein bedrohlicher Begleiter...
Nicht nur der Gletscherskifahrer bekommt den Gletscherschwund ständig zu spüren. Auch als Wanderer wird man damit konfrontiert durch nach wenigen Jahren veraltete Karten, auf denen der eingezeichnete Weg über den Gletscher nun ein Geröllfeld ist. Noch auffälliger sind Wanderführer, die mittlerweile unbegehbare Wege oder Gipfel aufweisen, da der Gletscher sich oben zurückgezogen hat und nur ein sehr steiles Geröllfeld zurückgelassen hat. Auch ist fast jeder Gipfel mit der Begehung eines mehr oder weniger langen Grates verbunden, der mit den Jahren länger und steiler wird, weil der Gletscher fehlt.
Das Hochwildehaus taucht kurz aus dem Nebel auf
Nach gut 2 Stunden Aufstieg erreich wir dieses dann auch. Dort werden dann erstmal die Rucksäcke von unnötigem Ballast befreit- also im Wesentlichen das Abendessen für die nächsten Tage- und die eigentliche Tour beginnt.
Zuerst noch auf einem Wanderweg und an einem See vorbei...
erreichen wir den Gletscher
Mit Steigeisen geht es nun weiter in Richtung des heutigen Tagesziels: Die Hohe Wilde, die links neben dem zentral im Bild gelegenen Annakogel herausschaut. Diesen wollen wir beim Aufstieg auch noch "mitnehmen".
Da kommen wir her, ganz klein ist in der Bildmitte das Hochwildehaus zu erkennen
Am Mitterkamm entlang geht es zuerst sehr flach in Richtung Ziel
Schon über 3000m wird es langsam steiler- Zeit zum Schlussspurt
Blick auf den Seelenkogel
Blick auf den Langtaler Ferner
Und schließlich erreichten wir den Annakogel, der mit 3333m Höhe der erste Dreitausender der Tour darstellt.
Das Tagesziel somit nicht mehr fern...
Deshalb steigen wir (über ein nerviges Geröllfeld) wieder zum Gletscher ab
Nur noch hier hoch, links ist das Gipfelkreuz schon sichtbar...
Aber es sollte nicht sein. Während die erste Seilschaft schon fast auf dem Gipfel war, nahmen wir das letzte steile Stück in Angriff- auf reinem Blankeis. Darauf kam schließlich unser Seilschaftserste ins Rutschen und wurde immer schneller- der Rest der Seilschaft hatte schließlich keine Chance mehr, die Rutschpartie zu bremsen. Alle wurden mitgezogen, aber zum Glück auf dem flach auslaufenden Hang bald wieder gebremst.
Das Ergebnis sind dank den Steinen im Hang massig Schürfwunden bei einem von uns, die ersteinmal versorgt werden. Währenddessen bemerke ich, dass mein Fuß wohl auch nicht ganz unbeschadet davon gekommen ist, ich war offenbar bei der Aktion umgeknickt...
Unter diesen Umständen war ein Weitergehen auf die Hochwilde für uns leider nicht mehr möglich.
Und so mussten wir -so kurz unter dem Gipfel- schauen, wie wir die 467 Abstiegs-Höhenmeter zur Hütte bewältigen...
Also da runter...
Mit einem stützenden Verband an meinem Fuß ging dies dann zum Glück auf dem weichen Gletscher doch relativ gut, An Bildern gibt es aber von mir nur noch dieses eine. Auf dem letzten Stück, was dann ein Wanderweg und nicht mehr auf dem Gletscher war, konnte ich dann meine zum Glück mitgenommenen Wanderstöcke als Krücken missbrauchen, somit ging das auch relativ gut.
Kein GPS-Track (nur grob eingemalt) am 08.08.2012: ca. +/- 808hm
Eine Tour war für mich am folgenden Tag dank dem Fuß leider definitiv nicht möglich. So blieb mir nichts anderes übrig, als auf der Hütte zu bleiben und den anderen bei der Tour auf den Schalfkogel zuzuschauen...
Zuerst konnte ich aber ausschlafen, was in den Ferien generell ein relativ seltenes Ereignis war
Während die anderen wieder um 5 Uhr das Lager verließen, stand ich gegen 9 Uhr auf, und machte es mir nach dem ausgedehnten Frühstück auf den Steinen vor der Hütte bequem, um auf den Gegenhang zu schauen.
So sieht er in der Übersicht aus...
Und so sieht der Gurgler Ferner in der Übersicht aus^^
Und da sind sie- beim Abstieg im Schneefeld unterhalb des Schalfkogels.
Und auch die Kleinleitenspitze wurde "mitgenommen", einer der Gruppe ist links neben dem Fels am Kamm zu erkennen
Und es geht wieder abwärts über den Kleinleitenferner
...
Durch die Schneefelder und Geröll...
Über den Gurgler Ferner...
Zum See, an dem dann noch ein wenig geplanscht wurde. Unmöglicherweise zogen in dieser Zeit dann Wolken rein- und zwar genau so, dass ich fast die ganze Zeit im Schatten saß und genau unten am See Sonne war... Da wollte mich wohl jemand verarschen
Blick von meinem Beobachtungspunkt zurück zur Hütte- und somit meine gesamte Wanderung des Tages.
Na gut, schauen wir nochmal das Tal hinunter und beenden diesen Tag.
GPS-Track 09.08.2012: +959hm; -778hm
Der nächste Tag wurde für verschiedene Dinge genutzt: Zuerst festigten wir noch unsere Kenntnisse in der Spaltenbergung mit einem Eiskurs. Anschließend war eine Wanderung ohne ein ambitioniertes bzw. definiertes Ziel geplant, die zeitlich begrenzt war, denn wir wollten am Nachmittag noch auf das Ramolhaus wechseln.
Meinem Fuß ging es (entgegen meiner Erwartungen nach dem Zustand der beiden vorigen Tage) wieder relativ gut, so konnte ich komplett am Tagesprogramm teilnehmen- inklusive dem Hüttenwechsel.
Eiskurs am Gurgler Ferner, insbesondere die "Seilrollen" Technik zur Spaltenbergung wurde nochmal geübt..
Für die Wanderung setzten wir (wobei hier nur die Hälfte der Gruppe mitging) uns dann doch ein recht ambitioniertes Ziel: Den Bankkogel- der Linke der drei hier sichtbaren Berge. Ambitioniert war das vor allem durch das gesetzte Zeitlimit...
Denn nachdem wir zügig den unteren Gletscher überquert hatten, erwartete uns oben ein sehr interessanter Eisbruch, der sich als sehr zeitraubend herausstellte...
Damit wurde der Gipfel zeitlich vollends unmöglich und wir drehten wieder um. Aber so konnten wir immerhin im Spaltenbruch ein wenig Gletschererfahrung sammeln, das hat sicher nicht geschadet.
Beim Rückweg musste dann noch ein etwas breiterer Gletscherbach überquert werden, gar nicht so einfach
Dann folgte der Wechsel auf das Ramolhaus- mit 3006m nochmal ein Stück höher gelegen als das Hochwildehaus- und eben über 3000m- also eine ordentliche Höhe. Zum Glück waren wir mittlerweile gut akklimatisiert, sodass das kein Problem mehr darstellte.
Überhaupt hatte ich zum Glück auf der gesamten Tour überhaupt keine Probleme mit der Höhe, selbst auf über 3000m konnte ich noch einen "Sprint" einlegen. Aber wir haben uns auch wirklich vorbildlich langsam nach oben getastet mit Hütten auf 2450, 2800 und 3000m Höhe. Das ist dann schon ein Unterschied zu Gletscherbus 1+2+3 nacheinander mit 7m/s den Berg hochschießen und vorher die Nacht im Bus verbringen...
Auch die Lage auf dem Felszacken ist sehr interessant (und ja, da müssen wir jetzt hoch
)
Denn erstmal geht es noch ein ordentliches Stück nach unten
An Wegmarkierungen wurde definitiv nicht gespart
Nachdem die Hütte erreicht war, was für einige fast in einem Berglauf ausartete, galt es dann noch den Blick von der Hütte zu genießen, bevor die Wolken sich davor schoben und in der Nacht Regen brachten.
GPS-Track 10.08.2012: +757hm; -1841m (!!)
Für den nächsten Tag hatten wir uns den Ramolkogel als Gipfelziel ausgesucht.
Und das Wetter sah wieder gut aus
Auch auf dem Gurgler Ferner
Mittlerweile sind wir auf dem Ramolferner
Nach der relativ einfachen Gletscherwanderung galt es nun, diesen Grat zu bezwingen. Zuerst waren das recht große, aber meist lose Brocken, was sehr unangenehm zu laufen war. Weiter oben dann fester mit leichten Kletterstellen. Letzteres gefiel mir dann deutlich besser
Blick zur Anichspitze, deren Grat aber noch deutlich unschöner zu begehen als der des Ramolkogel aussieht.
Ankunft am Mittleren Ramolkogel, Blick auf den Hauptgipfel. Wie man sieht, wäre zum Erreichen dessen nocheinmal eine ähnlich lange Strecke am Grat zurückzulegen gewesen -und das ganze natürlich auch wieder zurück- worauf wir nicht wirklich Lust hatten. Damit beließen wir es bei dem mit 3518 auch nicht gerade niedriegen mittleren Ramolkogel.
Es geht wieder hinab
Und was jetzt? Aus verschiedenen Gründen wird plötzlich geplant, schon heute statt morgen abzusteigen und nach Hause zu fahren. Wir wollen aber wenigstens noch einen weiteren Gipfel mitnehmen- da bietet sich die Anichspitze (auch nördlicher Ramolkogel genannt) an. Der im Führer beschriebene Weg über den Westgrat sieht sehr unangenehm aus, aber wie ist es mit dem Südgrat? Hier sind die Felsbrocken deutlich größer und sehen gut begehbar aus. Wir schauen nach und entdecken sogar ein paar Wegmarkierungen, auf jeden Fall lässt sich der Grat gut gehen und die Anichspitze wird für uns ein 10-Minuten-Gipfel
Von dort aus nochmal der Kamm des Ramolkogels im Überblick
Nach dem Eintrag ins Gipfelbuch (und endlich einem Gipfelkreuz für mich) ging es auch schon wieder hinunter
Und endlich auch eine Schuhski-Abfahrt- einfach auf den Hacken der Bergschuhe über Schneefelder abfahren. Das lässt sich ähnlich steuern (und bremsen!) wie beim Skifahren und ist wohl die schnellste und spaßigste Variante, um über ein Schneefeld nach unten zu kommen. Aber nur, wenn das Schneefeld flach ausläuft oder man zumindest nicht unbedingt am Ende eine Felswand>100m runterfällt, wenn man mal die Kontrolle verliert...
Steigeisen ausziehen und schnell weiter zur Hütte, denn von dort aus stehen noch über 1000hm Abstieg bevor...
Um wieder zum "Parkplatz" zu gelangen (diese Einrichtung ist wohl in Obergurgl ein Fremdwort...)
Gruß,
Tobi