Grüsch-Danusa, 10.3.2009 - Graue Maus in GraubündenEntgegen der miserablen Vorhersage ist das Wetter richtig schön an diesem Morgen. Im Morgengrauen war der Blick aus dem Fenster in Mastrils über dem Rheintal noch erwartungsgemäss durch dichte Wolken getrübt, als die Webcams in den Höhenlagen der Skigebiete schon wolkenlosen Himmel präsentierten. "Warum haben die ihre Webcams noch nicht aktualisiert", witzelten wir, als immer klarer wurde, dass die Cams ein reales Abblid der Wirklichkeit lieferten und auch hier in Talnähe sich die Wolken immer mehr auflösten.
Wir verbringen einen schönen Skitag in einen richtig hübschen kleinen Skigebiet, als sich dann nach dem Mittagessen doch die erwartete Wetterverschlechterung am Himmel abzeichnet. Der blaue Himmel bekommt einen immer dunstigeren Schleier und auf den umliegenden Gebirgskämmen quellen plötzlich Wolken auf. Unsere Halbtageskarte ist längst abgelaufen und auf uns wartet die letzte Talabfahrt. Per Ski könnten wir ein Grossskigebiet erreichen und den Tag dort zu Ende bringen - eine Möglichkeit, die wir noch eine Stunde zuvor verfolgen wollten. In der Früh hatten wir genau das wiederum nicht vor gehabt, sonst hätten wir gleich eine Tageskarte genommen, die besagtes Grossskigebiet eingeschlossen hätte. Aber ein hochgelegenes Grossskigebiet bei Wetterverschlechterung aufzusuchen, ist auch nicht so das Wahre. Also: "Allons enfants de la patrie"; fahren wir ab zur Talstation, um dem Skigebiet Grüsch-Danusa auf die Pelle zu rücken.
Das Danusa-Gebiet liegt in einer Höhenlage zwischen 630 und 1800 Metern und damit komplett im bewaldeten Bereich. Es sollte somit ein ideales Schlechtwetterskigebiet sein. Auch verspricht es mit 4 schwarzen von insgesamt etwa 10 Pisten eine grosse Abwechslung bei den Schwierigkeitsgraden. In den letzten Tage ist mein Interesse an diesem Skigebiet stetig grösser geworden, während bei meinem Mitfahrer Snowotz das anfänglich grosse Interesse etwas nachgelassen hat.
"Weniger wiit - weniger tüür" ist der Slogan des Grüscher Gebiets; tatsächlich ist man schnell dort. Bei Landquart markiert ein gewaltiges Felstor den Eingang zum Prättigau, und nach passieren dieser Engstelle ist man auch schon in Grüsch angelangt. Dieses hübsche Dorf liegt links auf der Sonnenseite, während das Skigebiet rechts der Hauptstrasse im Schatten liegt und und nicht nur deswegen zunächst mal einen kühlen und funktional-spartansichen Eindruck macht. Teile der Zufahrtsstrasse und der Parkplatz sind unbefestigt und so von Schlaglöchern verziert, dass die Übequerung mit einem Normal-PW schon sehr gewöhnungsbedürtig ist. Das graue Kassenhäuschen ist in Containerbauweise errichtet, die graue Station der 8EUB in offener Bauweise. Der wetter- und ensemblebedingt grauen Tristesse setzt das Unternehmen jedoch geballte Farbenpracht bei Unternehmensschriftzügen und Gondeldesign entgegen. Unplausibel und widersprüchlich zeigt sich die Öffungsstatusanzeige im Vacca-Bereich. Irgend etwas kann da nicht stimmen. Das Gebiet ist schwer kategorisierbar: Zu gross für ein Kleinskigebiet, irgendwie nicht gross genug für ein mittleres. Die tragende Säule in der Mitte ist die Zubringer-EUB, die in zwei Sektionen ganz nach oben führt, links davon führt eine Sesselbahn auf die Alp Danusa hinab, rechts gibt es eine Schleppliftkette auf einem benachbarten Höhenrücken hinunter, flankiert von einem Bonzai-SL, der eine "Hinterum-Abfahrt" bedient.
Hier der Pistenplan:
Wenden wir uns der 8EUB zu: Zunächst fallen die extrem stylishen bunten Leitner-Rücken-an-Rücken-Gondeln auf. Zugegebenermassen machen aber klassische CWA-Kabinen einen weit wertigeren Eindruck.
Schnee hat es noch ausreichend, die Höhe des Talbodens entspricht an diesem Tag etwa der Schneefallgrenze (komisches Wort, das lässt offen, was unterhalb dieser Grenze passiert - Sonnenschein etwa?; deutlicher ist da der Ausdruck limite pluie/neige, dieser Begriff ist eindeutig). Noch ist es aber trocken und nur in dunstiger Form bewölkt.
Kurz vor der Mittelstation blickt man auf die zweite Sektion und die rote Piste Nr. 3. Menschen sieht man keine.
Man blickt zurück auf die Winkelstation mit Durchfahrbetrieb. Menschen sieht man keine.
Schon ziemlich weit oben fällt der Blick auf ein Steistück der dankenswerterweise nicht gewalzten schwarzen Piste Nr. 2. Hier ist endlich ein Mensch zu sehen, aber was fast schon unheimlich ist: Jetzt - um 14.00 Uhr - zieht er die erste Spur des Tages in die ungewalzte Neuschneeauflage von etwa 40 cm. Was bitteschön bedeutet das?
Das nächste Bild zeigt das letzte längere Spannfeld der EUB. Mit etwa 1.400 + 2.100 Meter Länge ist dies schon eine stattliche Anlage und ich bin nicht böse darum, dass man die beiden Vorgänger-DSB bereits nach Ablauf der ersten Konzessionsperiode in den Ruhestand geschickt hat.
Die Bergstation. Jetzt fallen erste Schneeflocken vom Himmel:
Von der Bergstation führt am Osthang die etwa 800 m lange Danusa-4SB hinunter zur gleichnamigen Alp. Diese Bahn ist eine Occassion und hat vorher bereits in der Weissen Arena als Scansinas-Bahn ihren Dienst getan. Dort stellte sie die Verbindung Laax-Flims her und hat eine DSB ersetzt, um nur wenige Jahre später ihrerseits durch eine EUB ersetzt zu werden.
Die Landschaft auf dieser Alp ist durchaus hübsch, die beiden Pisten sagen mir jedoch relativ wenig. Sie sind recht anspruchslos, was zunächst kein Makel ist; jedoch ist auch die Trassierung nicht besonders anregend. Dies kann aber auch am immer trüber werdenden Wetter liegen.
Auf der anderen Seite - also am Westhang - geht es deutlich deftiger zur Sache. Die Piste beginnt in recht freiem Gelände und wird nach unten hin immer mehr zur Waldschneise, immer steiler und hat gut überschaubare Kurven. Eine recht knackige Piste, auf der ein wenig Fahrfreude aufkommt, aber komischerweise auch im überschaubaren Rahmen.
Unten, wo es recht interessant ist, konzentriere ich mich aufs Fahren und verzichte aufs Photographieren. Dies fällt mir erst wieder im Lift ein, dem recht zügig fahrenden Schwendi-Schlepper von WSI (Walter Städeli Ingenbohl) mit einem geschätzten runden Kilometer Länge und einer teilweise ordentlich steilen Trasse.
Unten fällt uns zu unserer Enttäuschung auf, dass der Vacca-Lift samt Piste wirklich geschlossen ist. Auf Nachfrage erzählt uns der Schwendi-Liftwart, dass sich der Vacca-Liftwart gestern eine Fraktur zugezogen habe und erst für Übermorgen ein Ersatz-Liftwart angeheuert werden konnte. So heisst es heute also: Stillstand wegen Personalmangels.
Vom oberen Bereich der Schwendi-Trasse sieht man am Gegenhang den erst vor etwa 10 Jahren neu gebauten Bünda-Schlepplift. Dieser erschliesst seitdem die Herbstgaden-Hintenrum-Abfahrt (Nr. 8 ). Früher war offenbar ein langer Ziehweg mit teilweisem Anstieg zu bewältigen.
Dieser Bünda-Lift - ein Leitner-Schlepper - ist mit geschätzten 250 Metern extrem kurz. Auch hier wieder ein fast schon beängstigendes Kuriosum: Jetzt - um etwa 14.30 Uhr - legen wir erst die Spuren 2 und 3 in die Schleppertrasse. Seit Betriebsbeginn heute früh hat vor uns erst eine einzige Kreatur diesen Lift benutzt - eindeutig zu erkennen an der singulären Skispur in der Trasse. Das hat aber auch seinen Grund. Wie befürchtet ist mangels Vacca-Betrieb auch die Herbstgaden-Piste geschlossen und der Lift bedient nur den Snowpark zuzüglich befahrbarer, aber uninteressanter Walzenzenspur. An diesem Tag "parkt" aber auch keiner.
Um die Pisten 3, 4 und 5 zu erreichen, folgt man dem Schwendi-Lift auf der rechten (von oben aus gesehen) Seite. Die Pisten biegen dann gleich nach rechts ab.
Wir folgen der schwarzen 4, die dankenswerterweise - wie alle Schwarzen an diesem Tag - ungewalzt geblieben ist. Es folgt ein netter und langer Tiefschneeritt (Tiefschnee? Na ja, 40 cm etwa) zur Mittelstation. Die Abfahrt ist objektiv gesehen nicht schlecht. Waldbereiche wechseln mit Alpgelände ab, die Piste bietet viele Kurven und viele Wechsel im Gefälle. Die Tatsache, dass man aus kurzer Entfernung aufs Gondeldach guckt, lässt erahnen, dass das hier ordentlich steil ist.
Der Schneefall wird stärker. Das Baumgruppengelände ist nett, die Abfahrt schön kupiert.
Aber was im Mittelgebirge oder den Voralpen höchst attraktiv wäre, wirkt hier eher unspektakulär und wird von der tristen Stimmung noch zusätzlich in den Hinterrund gedrängt.
Die letzten Hänge bis zur Mittelstation sind, wie der Rest weiter oben, leicht verspurt.
Wieder oben angekommen, hat sich der Schneefall nochmals verstärkt. Dieses interessante Gefährt steht vermutlich im Zusammenhang mit der hier offenbar regen Kinderskischule, die auch an diesem Tag trotz weitgehender Gästeflaute einen Kurs abhält.
Gleich neben der Bergstation geht es in die schwarze Piste Nr. 2, die ebenfalls zur Mittelstation führt und, wie vorher erläutert, ungewalzt ist. Nach der Entjungferung um 14.00 Uhr ist inzwischen ein handvoll Spuren angelegt. ...
... Wir fügen zwei weitere hinzu.
A bissle staubt's noch.
Wehmütiger Blick zum benachbarten Höhenrücken mit der Bergstation des geschlossenen geschlossenen Vacca-Lifts.
Nachfolgend der Vacca-Lift weiter unten, der mit 1,8km Länge ein wichtiger Bestandteil des Skigebiets ist.
An dieser Stelle biegen wir in die schwarze Piste Nr. 5 ein, die zur Talstation des Schwendi-Lifts führt. Diese ebenfalls unpräparierte Piste ist der Reinfall des Tages. Mit gefrorenen Spuren und gefrorenen Schneeblöcken stellt sie sich als nahezu unfahrbar dar. So gerne ich Herausforderungen beim Skifahren mag - dieser Hang ist einfach nur ätzend zu fahren.
Ein letztes Mal widmen wir uns dem Sektor Danusa-Alp mit 4SB. ...
... bevor es um 16.00 Uhr endgültig über die rote Piste Nr. 3 gen Tal geht. Diese rote 3 ist an diesem Tag als einzige Piste zur Mittelstation gewalzt. Im unteren Bereich bietet sich unseren Augen wieder mal ein an diesem Tag extrem seltenes Ereignis: Ein skifahrender Mit-Gast.
Ich nehme die schwarze Talabfahrt Nr. 10 in Angriff, die hier die Gondelbahn unterquert und sich als Piste herausstellt, die zu weit mehr als der Hälfte aus Ziehweg und Quer-Abfahrt besteht.
Aber sie hat auch einige richtige "Fahr-Hänge", wobei der Schnee dort immer schwerer wird.
Die kurzen Hänge in der Falllinie sind nicht gerade flach, hätten aber meines Erachtens noch als "rot" durchgehen müssen.
Ganz unten quert die Piste wieder lang am Hang entlang - zurück zur Talstation. Hier unten heisst die auszuübende Sportart aber eher Wasserski. Die Schneemange an und für sich ist freilich noch üppig.
Die Schneelage ist ohnehin höchst interessant. Während sich das Rheintal bei Landqaurt nach zwischenzeitlichen Schneefällen innerhalb eines Tages stets wieder grün präsentiert, liegt hinter dem Felstor trotz nahezu identischer Meereshöhe eine gut gesetzte Schneedecke.
Fazit: Eindeutig kann man sagen, dass sich die vermutete Eignung als Schlechtwettergebiet bewahrheitet hat. Vermutlich wirkt auch dieses Gebiet bei Sonnenschein besser als bei trübem Wetter, aber im Gegensatz zu hochalpinen Gebieten kann man es hier auch bei Schlechtwetter aushalten. Obkektiv gesehen sind auch die Abfahrten recht ordentlich. Insbesondere die drei Pisten von der Bergstation zur Mittelstation sind lang, natürlich kupiert, anspruchsvoll, kurvenreich, führen mehr durch hübsche Baumgruppen als durch Waldschneisen und sind durch eine Gondelbahn erschlossen, deren Fahrzeit in einem angenhemen Verhältnis zur Abfahrtszeit steht. Dennoch kommt bei uns keine richtig grosse Begeisterung auf. Liegt es am stets schlechter werdenden Wetter? Liegt es an der mangels Mit-Gästen fast schon bedrohlich einsamen und verlassenen Stimmung? Liegt es an dem wenig alpinen Charakter, den man hier in den Zentralalpen eigentlich nicht erwartet? Liegt es daran, dass ausgerechnet an der Sesselbahn keine überragenden Pisten zu finden sind? Ich kann es nicht sagen, sondern nur feststellen, dass mich das Skigebiet subjektiv nicht vom Hocker gerissen hat und dass es sich im Vergleich mit Rest-Graubünden eher unauffällig darstellt.
Allerdings will ich das Gebiet nicht zu sehr vor-verurteilen. Immerhin konnte ich mit dem Vacca-/Herbstgadenbereich einen Sektor nicht kennenlernen, der einen beachtlichen Anteil des Gebiets ausmacht und einen zusätzlichen Höhenrücken erschliesst. Möglicherweise sorgt erst dieser Sektor dafür, dass eine gewisse Weitläufigkeit entsteht, die dieses Gebiet endgültig aus der Kategorie Kleinskigebiet herauskatapultiert und eine ganz andere Perspektive hervorruft. Möglicherweise werde ich irgendwann diesbezüglich mehr wissen. Bis dahin gilt: Das Gebiet wird bei mir auch weiterhin in folgender Kategorie rangieren: Bei schlechtem Wetter bietet es sich für einen Tag an, bei gutem Wetter gibt es in der Region aber Vieles, was ich bevorzuge.