Tag 6 von 6, DSB "Monte Misa" (Leitner 1971), 27.01.2007
* Deutz in aller Welt *
Es ist 7 Uhr als der Wecker klingelt. Eigentlich viel zu früh für Ferien, aber für den heutigen Tag steht viel auf dem Programm. Ich blicke aus dem Fenster und muss innerlich grinsen. Valle Dorizzo wirkt wie ausgestorben, aber jeder dritte Baum oder Busch ist mit "Weihnachtsbeleuchtung" geschmückt.
Nach einem schnellen Frühstück mache ich mich auf den Weg nach Gaver. Das Val di Gaffaro liegt noch im Schatten, aber die Gipfel sind schon von der Sonne erleuchtet. Es scheint ein schöner Tag zu werden, wie mir der Wirt schon am Vortag versprochen hatte.
In den Höhen scheint ein kräftiger Wind zu wehen.
Nach dem Erwerb einer Halbtageskarte für 15,- Euro stehe ich um Punkt 9 Uhr am Sessellift.
Ehe ich mich der historischen Anlage widme, muss ich erst "warm" werden und erkunde das Skigebiet. Von der Bergstation hat man einen schönen Ausblick in Richtung Passo Groce Domini. Er liegt weiter links des Bildes.
Auch der Ausblick in Richtung des Val di Gaffaro kann sich sehen lassen.
Die schwarze Abfahrt führt relativ parallel zu der DSB talwärts. Ich folge jedoch der roten/blauen Route, die erst einen Schlenker nach Nordwesten macht. Dort treffe ich auf die Talstation des Schleppliftes "Cadino Alto" und die Bergstation des "Cadino Basso".
Die beiden letzten Stützen des "Cadino Basso" bieten ein wunderschönes Motiv (nicht wahr, Trincerone?).
Leider sind diese beiden Lifte und auch der bei der Talstation des "Cadino Basso" beginnende Schlepplift nicht in Betrieb. Somit folge ich weiter der Piste.
Ein paar Meter weiter erklärt sich, warum die Passstrasse nicht geräumt ist.
Zu weiten Teilen folgt die Skipiste der Strasse und benutzt diese zuweilen sogar.
Auf meinem Weg talwärts passiere ich die Bergstation des Schleppliftes "Camprass Sud".
Die letzten Meter verläuft die Piste parallel zu diesem.
Die frisch verschneite Landschaft sieht richtig märchenhaft aus.
Der Schlepplift "Camprass Sud" ist eine richtig schöne konventionelle Anlage ohne Schnickschnack.
Antriebsstation Leitner Typ B.
Doch zurück zu der alten DSB, welche ja auch der Grund meiner Reise war. Im Sonnenlicht wirkt die Anlage wesentlich freundlicher, als am Vortage.
Leider sind auch hier im Zuge einer Revision die originalen geschraubten Seilrollen gegen einteilige Scheibenrollen ausgetauscht worden.
Durch die originale Farbe "Leitnergrau" der Stützen wird das ursprüngliche optische Erscheinungsbild der Anlage jedoch noch weitestgehend unterstützt.
Die Doppelstütze 8 ist als Niederhalter-/Hochhalterkombination ausgeführt. Eine typische Leitner-Anordnung der damaligen Zeit.
Selbst die originalen "vietato dondolare !" Schilder sind noch vorhanden, wenn auch der rote "LEITNER" Schriftzug inzwischen verblichen ist.
Rollenbatterien sind in allen Variationen vorhanden, hier z.B. als 6er am Waagebalken.
Als 8er am Waagebalken, natürlich - wie schon des öfteren erwähnt - das Optimum!
Auch talwärts nett anzusehen.
Obwohl sonst alle einzelnen Niederhalter in Portalbauweise gehalten sind, gibt es im oberen Teil der Trasse einen Zentralniederhalter in Doppelbauweise!
Der Einfahrbereich der Bergstation ist mit einer Dreifachkombination von zwei Zentral- und einer Portalstütze, jeweils mit 8er Rollenbatterien am Waagebalken, klassisch ausgeführt.
Ein wunderschönes Arrangement, an dem ich mich nicht satt sehen kann.
Und von der anderen Seite...
Die Antriebsstation ist in einem gefälligen Zweckbau untergebracht.
Souverän und unbeirrbar dreht sich die rote mächtige Seilscheibe.
Auch hier löst mein Wunsch den Antrieb zu sehen Erstaunen aus. Nach wenigen Sekunden erhellt sich jedoch das Gesicht des Liftwärters und geht in einem breiten Grinsen auf: Er hätte da etwas besonderes altes aus Deutschland... Wir betreten den Maschinenraum und er zeigt lächelnd auf den Notantriebsdieselmotor.
Ein alter DEUTZ-Dieselmotor des Typs F8L614 mit 170 PS.
Mit diesem Motortyp ist zufälligerweise auch mein Magirus-Deutz Rundhauber ausgerüstet!
Ich schaue etwas näher hin und traue meinen Augen nicht: Das zwischen Dieselmotor und Hauptgetriebe verbaute Getriebe kommt mir ebenfalls sehr bekannt vor. Es handelt sich um ein 6-Gang LKW Getriebe des Typs ZF AK 6-55 bei dem allerdings die Schaltkulisse durch eine Führung auf den ersten und Rückwärtsgang blockiert ist. Während in meinem Magirus die stehende Version zum Einsatz kommt, ist hier die liegende Ausführung eingebaut.
Hier nochmals der Notantrieb von der Schwungradseite gesehen.
Aber diese Anlage hat noch eine weitere Besonderheit vorzuweisen: Der Hauptantriebselektromotor ist nicht direkt mit dem Hauptgetriebe gekuppelt, sondern ein original Leitner Untersetzungsgetriebe ist zwischengebaut.
Durch das Fenster des Maschinenraums hat man einen schönen Blick auf die Einfahrportalstütze.
Während ich mich begeistert umsehe, verschwindet der Liftwärter wieder nach unten auf seinen Posten an der Ausstiegsstelle. In einem Nebenraum entdecke ich die original Schalttafel.
Diese Schalttafel sieht der im alten Leitner-Prospekt verdammt ähnlich...
Irgendwann muss diese im Zuge einer Revision ersetzt worden sein.
Nach einem letzten Blick auf das mächtige Hauptgetriebe verlasse ich die "heilige Stätte".
Von Zeit zu Zeit fegen Windböen über den Gipfel und verursachen einen regelrechten Schneesturm.
Ich bedanke mich vielmals bei dem freundlichen Liftwärter und mache mich auf meine letzte Abfahrt. An den Bäumen entlang der Strecke sind die typischen Bergungsleitern, wie sie Leitner damals geliefert hat, gelagert.
Ein letzter Blick auf das obere Gaffaro Tal.
An der Talstation fotographiere ich noch eine Leitner LH 420 Pistenraupe.
Auch eine LH 500 W (?) ist vor Ort.
Ich verlasse diesen gastlichen Ort nur ungern und versuche noch möglichst viel von der Gegend "aufzusaugen".
Bei Sonnenschein ist auch in Valle Dorizzo nichts mehr von dem ungemütlichen Grau in Grau zu spüren.
Weiter unten im Tal ist der meiste Neuschnee inzwischen weggetaut.
Ich nutze die Gelegenheit und statte Bagolino einen kurzen Besuch ab.
Am Talausgang empfängt mich der Lago d'Idro.
Auf der Staatsstrasse SS 237 fahre ich in Richtung Trento. Dabei passiere ich ein mächtiges Wasserkraftwerk.
Zügig komme ich im Val Giudicarie voran.
In Ponte Arche kann ich diesen schönen IVECO 370 mit DallaVia Aufbau ablichten.
Ab Trento nehme ich die Brennerautobahn bis Sterzing. Den letzten Teil muss es einfach die alte Passstrasse sein. Ich nutze die Gelegenheit um nach den Überresten der alten Leitner ESB "Malga Zirog" zu schauen. Das Talstationsgebäude steht noch.
Allerdings sind sämtliche metallene "Innereien" auf das Brutalste entfernt worden. Ein trauriger Ort; andachtsvoll betrachte ich das jetzt als Holzlager benutze Gebäude.
Kurz vor der Grenze kratzt dieser Schneepflug am Asphalt.
Die erste Tankstelle in Österreich ist "meine": Der fast leere Tank wird wieder aufgefüllt.
Ich benutze weiter die alte Brennerstrasse und gelange über Innsbruck, Telfs, Fernpaß, Reutte nach Füssen. Bevor ich auf die A7 in Richtung Norden fahre kehre ich in Seeg beim Schmidwirt ein. Lächelnd bringt mir die hübsche Kellnerin Nihal meinen Zwiebelrostbraten. Bis Ulm ist die BAB schneebedeckt, danach salznaß. An diesem Tag schaffe ich es noch bis zur Ausfahrt 100 "Gramschatzer Wald". Im direkt am Autohof gelegenen "Hotel am Wiesenweg" bekomme ich ein schönes und geräumiges Einzelzimmer für 45,- Euro.
Fazit: Das Skigebiet von Gaver bietet nette und abwechslungsreiche Pisten in schönster Umgebung. Obwohl der Parkplatz an der Talstation sehr gut gefüllt war gab es weder Warteschlangen noch Gedränge. Wie Trincerone schon schrieb, bietet Gaver die Atmosphäre Südtirols der 80er Jahre. Gaver hat nur einen entscheidenden Nachteil: Es ist sehr weit weg!