Tag 4 von 6, DSB "Malgha Laghetto" (Leitner 1973), 25.01.2007
* Die Kanonen von Lavarone *
Ein morgendlicher Blick aus dem Fenster offenbart die Situation: Ich habe zwar Schnee mitgebracht, aber nicht genug! Im Skigebiet von Lavarone "feuert" man aus allen Rohren und nutzt die seltenen Minusgrade einer ansonst (fast) naturschneefreien Saison.
Die Bezeichnung "Skitour dei Forti", also "Skigebiet der Festungen" spielt auf umfangreiche Hinterlassenschaften aus den Tagen des ersten Weltkrieges an.
Mich interessieren mehr die technischen Zeitzeugen der jüngeren Vergangenheit und ich mache mich auf die Suche nach der Leitner DSB von 1973. In der Rubrik "zu verkaufen" des italienischen Forums
www.funivie.org hatte ich eine interessante Anzeige entdeckt, die diese Anlage nach Ende der Saison 2006/2007 zum Verkauf anbietet. Ich starte mit der 3SB "Tablat".
Durch Misch- und Tannenwald geht es bergauf.
Die schlichte Bergstation wird von einer großen gelben Umlenkscheibe dominiert.
Über eine beschauliche Waldabfahrt gelange ich zur Talstation der 4SB "Monte Ust".
An deren Bergstation (=Mittelstation!) heißt es aussteigen.
Über eine zum Teil recht steile Piste geht es talwärts.
Von der Talsohle bietet ein Förderband Aufstiegshilfe in Richtung der historischen DSB.
Es geht vorbei an recht skurrilen und verlassen wirkenden Hotelbauten.
Dann erreiche ich mein Ziel: Die alte Leitner DSB "Malga Laghetto" aus dem Jahre 1973. Ich kann mein Glück kaum fassen, diese Bahn ist noch mit den alten, sich trapezförmig nach oben verjüngenden Zentralstützen ausgerüstet. Die Talstation ist in einer interessanten offenen Bauweise ausgeführt.
Leider sind sowohl an den Niederhaltern wie auch allen Stützen die geschraubten Seilrollen im Zuge einer Revision gegen die Scheibenversion ausgetauscht worden. Meines Erachtens geht durch diese Maßnahme ein wesentlicher Teil der originalen Charakteristik verloren!
Leider wirkt die Anlage schon recht mitgenommen. Dieser Eindruck wird durch die braune Lackierung und den bedeckten Himmel immens verstärkt.
Sämtliche Niederhalter sind in Portalbauweise realisiert.
Krönung sind - wie immer bei Anlagen dieser Bauart - die 8er Rollenbatterien mit Waagebalkenaufhängung.
Ab und zu reißen die Wolken des bedeckten Himmels auf und geben einen Blick auf die Umgebung frei.
Die Bergstation hat die typische Leitner-Kombination von Zentralstützen und Einfahrportalstütze.
Das Design der Antriebsstation lässt keine Wünsche offen und passt haargenau zum Baujahr...
Auch hier herrscht der "freundliche" braune Farbton vor.
Der Liftwärter mag zuerst nicht so recht glauben, dass sich ein Ingenieur aus Norddeutschland für die alte Technik interessiert und extra dafür angereist ist. Nach einem kurzen Gespräch und einer "Friedenspfeife" ist er jedoch gerne bereit, das Herz der Anlage dem unangemeldeten merkwürdigem Gast zu zeigen.
Wie üblich sind Haupt- und Notantrieb rechts bzw. links des großen Getriebes positioniert.
Wenngleich die Anlage von außen einen etwas pflegebedürftigen Eindruck macht, zeigt der Maschinenraum, dass hier kompetente, interessierte und verantwortungsbewusste Maschinisten arbeiten.
Die großzügige Verglasung biete einen guten Ausblick auf den oberen Teil der Trasse.
Der freundliche Liftwärter bestätigt die traurige Tatsache, dass die Anlage im Sommer abgebrochen und durch eine 4KSB ersetzt wird.
Interessanterweise befindet sich die Bergstation des Leitner ESL "Malga Rivetta" in der Trasse der alten DSB.
An der Talstation dieses Schleppliftes befindet sich die "Bar Ristorante Rivetta", in der ich den mit der Tageskarte zu 25,- EUR erhaltenen Gutschein für ein Bier und einen heißen Toast mit Käse & Schinken einlöse.
Des weiteren befindet sich dort auch ein kleiner Graffer Übungslift mit verglastem (!) Antrieb.
Der Leitner ESL scheint etwas neueren Baujahres zu sein.
An der Hütte entdecke ich diesen interessanten Dachrinnenabfluss.
Nach dem Mittagessen folge ich der alten DSB talwärts.
Von oben wirkt der Hotelkomplex noch merkwürdiger.
Wie schon anfangs berichtet, wird aus allen Kanonen beschneit. Im Laufe des Tages erweist sich das Durchfahren durch diesen permanenten Eisregen als sehr unangenehm; jedoch habe ich Verständnis für das Ausnutzen der seltenen Minusgrade.
Kurz oberhalb der Talstation überquert die DSB eine Strasse.
Während ich photographiere nähert sich ein Schneepflug. Klar, dass ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen lasse.
Vorbei an der Talstation begebe ich mich zur Talstation der 4SB "Monte Ust" um zurück nach Bertoldi zu gelangen. Auch hier erfolgt die Beförderung in der Talsohle mit Hilfe eines Förderbandes.
Wieder heißt es an der Bergstation (= Mittelstation!) aussteigen.
Eine kurze Waldabfahrt bringt mich zur Talstation der Graffer DSB "Soneck", die mich zurück auf den Monte Tablat bringt.
Deren Bergstation ist in Zentralbauweise ausgeführt.
Die Talabfahrt verläuft parallel zur 3SB "Tablat".
An der Talstation wartet eine Prinoth T4S auf ihren nächsten Einsatz.
In Bertoldi selber steht das Vorängermodell Prinoth T4 in der Nähe des Übungsliftes.
Dieser Graffer Schlepplift ist wegen Schneemangels nicht in Betrieb.
Neben diesem finde ich auch noch eine ältere Leitner H400D mit Schild und Fräse.
Für den ÖPNV setzt ATESINA unter anderem den formschönen DallaVia Tiziano ein.
Ich beende meinen Besuch im "Skigebiet der Festungen" und mache mich auf den Weg nach Nord Brescia. In Chiesa entdecke ich von der Strasse eine sehr LSAP-verdächtige Installation.
Bei näherer Betrachtung wird meine Vermutung bestätigt.
Über jeden Zweifel erhaben...
Da die Strasse in Richtung Folgaria um diesen Berg herum führt, werde ich auch auf der anderen Seite fündig.
Eigentlich wollte ich es bei einigen Zoom-Aufnahmen belassen und weiterfahren, doch dann sah ich etwas rotes Bekanntes...
Im Inneren dieser LSAP-Talstation stehen ein "gerupfter" Prinoth BIG und ein halbwegs kompletter S-JUNIOR.
Man beachte die Türaufschrift!
Einige Meter weiter finde ich auch noch dieses Arrangement.
Es handelt sich um den Graffer LSAP-Skilift "Elbele".
Bei der Straßenmeisterei in Carbonare ist man nicht kleinlich: 4-Achser!
In Folgaria steht diese Graffer DSB.
Klein (kurz) aber fein...
Von Folgaria geht es über die sehenswert trassierte Strasse bei Terragnolo in Richtung Roverto.
Direkt neben der Strasse kann man tief in's Tal blicken.
Ein abendlicher Blick auf Rovereto.
Über Rovereto, Riva del Garda, das Val di Ledro und Storo nähere ich dem Val di Gaffaro. Ziel ist Gaver mit der DSB "Monte Misa" (Leitner 1971). Immer enger wird die Strasse; es ist bereits nach 20 Uhr und ich scheine weit und breit der einzige Mensch unterwegs zu sein.
Ich passiere den Ort Valle Dorizzo und schließlich auch Gaver. Alles ist dunkel. Die Strasse verwandelt sich in einen Waldweg, ist aber relativ frisch und gut geräumt.
Plötzlich Ende Gelände; nichts geht mehr: Eine Brücke mit Sperrschild und Schneebarriere!
Ich mache kehrt und beginne mit der Quartiersuche. In Gaver selbst sind alle Häuser geschlossen oder privat. An der Sessellift Talstation finde ich einen einsamen Mechaniker, der mich zurück nach Valle Dorizzo schickt. Außerdem erfahre ich, daß nur Wochenendbetrieb angesagt ist. Enttäuscht mache ich mich auf den Weg zurück und komme tatsächlich nach viel Überredungskünsten im Albergo "Stella Alpina" für 25,- EUR mit Frühstück unter. Das Zimmer ist mit seiner spartanischen Einrichtung aus den 60er/70er Jahren absolut retro-verdächtig, aber die Herzlichkeit der schon etwas älteren Wirtsleute entschädigt für diese Einfachheit.
Fazit: Das "Skigebiet der Festungen" bietet für seine Lage von 1.300 bis 1.400 Metern durchaus interessante Abfahrten. Es ist mit seinen Gegebenheiten absolut Kinder- und Familienfreundlich. Für diesen schneearmen Winter waren die Pisten in einem exzellentem Zustand; dieses Dank der zum Teil permanenten (allerdings recht nervigen) Beschneiung. Ich werde gerne wiederkommen.
Fortsetzung folgt:
Tag 5 von 6, Passo Maniva (Dosso Alto)
* Fußspuren im Schnee *